das ist schon klar, aber was macht denn Helix und Co anders als Boss, außer das da eben schnellere und leistungsfähigere Chips drin sind?
Nach wie vor wird mit den Dingern simuliert.
Die leistungsfähigeren Chips ermöglichen u.a. eine "genauere" Simulation. So etwas wie Dynamik gab es vor zig Jahren noch gar nicht. Die Latenzen konnten auch schon stark reduziert werden und das ist ein wichtiger Punkt für ein "direktes" Spielgefühl. Eine Simulation per se ist doch auch nicht schlecht? Vor allen unzählige Simulationen der "klassischen" Sounds in einer kleinen Kiste.
Mit einem Knopfdruck von Clapton zu Blackmore. Viele haben doch auch gar nicht die Möglichkeit sich die "originalen" alten Kisten zu holen und standesgemäß zu betreiben. Ich kann auch mal schnell ganz abgefahrene Kombinationen ausprobieren. Das Marshall JMP-Profil mit einer IR von einem Fender Blackface kombinieren oder sogar noch eine 1960 mit dazumischen. Das ist wie ein großer Malkasten mit dem man spielerisch experimentieren kann.
Ich bin auch der Meinung, dass Leute wie Hendrix mit Modellern experimentiert hätten, wenn es sie gegeben hätte. Wenn Jim Marshall da mit einem völlig neuen Amp um die Ecke gekommen wäre, hätte er sich nicht gesträubt mal einen Blick drauf zu werfen.
Ich glaube an alle diese Prognosen nicht so wirklich, weil sich dahinter immer noch (heutzutage noch verständlich) die Ansicht verbirgt, dass Modeller inhärent schlechter wären. Vielleicht nicht mehr ganz so schlecht wie vor 10 oder 15 Jahren, aber eben immer noch schlechter. Sämtliche Erfahrungen, die wir bislang mit Modellern gemacht haben, basieren auf der Beobachtung einer Technik, die sich vor unseren Augen (oder besser: Ohren) aus ihren Kinderschuhen langsam zu einer ernst zu nehmenden Alternative entwickelt (AXE-FX und Kemper sind die ersten beiden Modeller, die auf breiterer Front auch von sog. Profis wirklich akzeptiert werden, davor mussten zu viele Abstriche gemacht werden).
Um nur mal ein Beispiel - hier: aus dem Bereich Transistor-Modelling - zu nehmen: Der Peavy Bandit mit der noch heute verwendeten Transtube-Technik ist bereits um die 20 Jahre alt und wird trotzdem immer noch gerne gespielt und empfohlen. Wieso? Ganz einfach: Weil er das, was er macht, einfach gut macht. Das hat er vor zig Jahren schon und tut es auch heute noch. Das heißt, deine Vermutung ließe sich auf die typischen 1980er-Kreissägen übertragen, die wahrscheinlich wirklich niemand mehr (es sei denn aus nostalgischen Gründen) spielen möchte, nicht aber auf die besser entwickelten und ausgefeilteren Modelle - deren Halbwertszeit ist dann halt länger.
Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir das auch im Bereich der High-End-Modeller erfahren werden: Teure und ausgefeilte Geräte, deren Software in Details weiterentwickelt wird, die aber eine vergleichsweise lange Laufzeit haben werden und nicht mehr so schnell wie diejenigen Vertreter veralten, die lediglich "okay" oder "nicht übel" sind. Wenn ein bestimmtes Qualitätslevel erreicht bzw. überschritten wurde, dann ändert sich alles.
Bei Sachen wie dem Transistor-Modelling kann ich schon zustimmen. Ein Sansamp Classic hat heute Kultstatus, der Peavey Bandit ist u.a. auch wegen des guten Preis-/Leistungsverhältnisses beliebt, auf seinen direkten Konkurrent, der Marshall Valvestate, kein Modeller, trifft das aber auch zu.
Etwas anders ist es meiner Meinung nach aber bei digitalen Modellern. Da war die Klanggüte einfach noch nicht so toll, Latenzen waren auch spürbar. Da hört man einfach die Unterschiede zwischen einem Pod 2.0 und einem Kemper. Mag sein, dass irgendwann mal ein Level erreicht wird, wo es kaum noch etwas zu verbessern gibt, der Kemper hat die Latte ja schon mal ein gutes Stück höher gelegt, aber irgendwann kommt ein neues Gerät auf den Markt, dass noch tiefer in die Materie eindringt, die Obertöne noch dreidimensionaler wiedergibt, minimal direkter reagiert usw. und schon ist der Kemper nicht mehr der Platzhirsch. Er hat aber ebenso wie das AxeFX den Vorteil nicht so schnell zu "veralten", weil u.a. durch das Profiling immer wieder neues Futter nachgeliefert wird. Ein Pod hatte eine feste Anzahl an Amps, Effekten und Boxensimulationen. Die Parameter zum Einstellen waren auch begrenzt, mit MIDI-Kabel konnte man am Rechner noch etwas mehr verstellen, das war es aber auch schon. Beim Pod XT hat man nachgebessert, indem man Amps und Effekte im Gerät "versteckt" hat und man diese gegen Cash freischalten konnte (Model-Packs). So konnte man die Leute auch etwas bei der Stange halten, weil es dann z.B. Marshall Silver Jubilee gab oder einen Diezel VH4.
Von daher sind die Hersteller mit dieser "offenen" Architektur schon auf einem guten Weg. Die Gitarristen können ihr GAS befriedigen und der Hersteller selber muss dabei gar nicht aktiv werden, da man auf Third-Party-Ware zurückgreifen kann.