Also wieder zurück zum Thema:
Wie hat man also früher die Frequenzen gemessen?
"Früher" ist natürlich ein sehr weiter Begriff. Wann früher?
Da die Frequenz "Schwingungen pro Zeiteinheit" bedeutet, ist natürlich die Genauigkeit der Zeitmessung ganz entscheidend.
Wer weiß heute noch, daß eine ungenaue Zeit "früher" wochenlanger Zeitverlust, Krankheit und Tod bedeuten konnte. Nämlich für die Schifffahrt, wo man ohne genaue Zeit (Schiffschronometer) z.B. Inseln nicht wiederfinden konnte (
Längenproblem).
Wie sahen die Uhren z.B. um 1200 aus? Ja, die Uhrzeit konnte man i.d.R. nur bei Sonnenschein ablesen. Mechanische Uhren waren erst um um 1300 nachweisbar. Und die konnten nur riesengroß gebaut werden, nämlich als Kirchturmsuhr oder Rathausuhr. An Sekunden oder Minuten war nicht zu denken. Man gab sich mit einem Stundenzeiger zufrieden.
Zu Luthers Zeiten hatten die Kirchenuhren keine koaxialen Zeiger wie heute, auch die genauere Pendeluhr gab es noch nicht. Die hat sich erst Galileo Galilei um 1640 ausgedacht, doch gebaut hat sie erst sein Sohn.
Immerhin gab es seit 1585 Uhren mit Sekundenzeiger. Damit war die Sekunde als neue Zeiteinheit erfunden. Und die brauchen wir wohl schon, für die Messung einer Frequenz in Schwingungen pro Sekunde.
Wie kann man jetzt die Frequenz des Tons z.B. einer Orgelpfeife damit messen?
Ob und wie man es damals gemacht hat weiß ich nicht, doch so hätte man es machen können:
Da Zahnräder durch die Uhren schon bekannt sind, könnte man eine Zunge auf der Unterlage eines großes Zahnrades so befestigen, wie auf einem Glücksrad (oder einer Ratsche). Hat das Rad einen Duchmesser von 1 m, beträgt der Umfang 3,14 m. Befindet sich auf jedem Zentimeter ein Zahnrad und dreht man das Rad mit einer Umdrehung pro Sekunde, dann erzeugen wir 314 erzwungende Schwingungen pro Sekunde. Immer schön auf die Synchronität mit dem Sekundenzeiger achten! Oder vielleicht sogar mit der Uhr mechanisch koppeln?
O.K., nun haben wir einen Ton von 314 Hertz. Fertigen wir ein Zahnrad mit 422 Zähnen, so haben wir die "Berliner Stimmhöhe" von 1752.
(Zur Frequenzbestimmung der o.g. Orgelpfeife müßten wir das passende Zahnrad fertigen, das einen schwebungsfreien Ton mit der Orgelpfeife produziert.)
Bach stimmte übrigens mit 415,5 Hz, hat das aber sicher nicht gemessen. Ein New Yorker Steinway-Klavier von 1880 wurde mit 457 Hz gestimmt. Man einigte sich 1885 auf einer Konferenz in Wien auf 435 Hz, im Jahr 1939 in London auf 440 Hz.
Es gäbe noch eine andere Möglichkeit einen Ton mit definierter Frequenz zu erzeugen, wenn man die Zeit nur genau genug messen kann (Stoppuhr):
Dazu braucht man theoretische Kenntnisse und man hat praktischerweise eine senkrechte Felswand in der Nähe. Dann könnte man ein Echo erzeugen und durch die Zeit die Schallgeschwindigkeit bestimmen.
Wenn man keine Felswand hat: Man nehme einen Vorschlaghammer, einen Amboß und ein Fernglas. Nun schaut der "Schmied" auf den Sekundenzeiger und haut jede Sekunde auf den Amboß. Ein Beobachter steht z.B. in 340 m Entfernung und beobachtet das Geschehen mit dem Fernglas. Doch er hört auch zu. Beträgt jetzt die Schallgeschwindigkeit 340 m/sec, so sind der optische Eindruck des Schlages und der akustische Eindruck "synchronisiert" - in Wirklichkeit nur scheinbar, da der Schall eine Sekunde bis zum Beobachter braucht. Wenn es nicht "synchron" ist verändert er seinen Abstand so lange bis es "synchron" ist. Dann mißt er die Strecke bis zum Amboß und hat die Schallgeschwindigkeit.
Wozu ist das nützlich? Das wissen die Theoretiker, denn die kennen das Gesetz c = lambda * ny
oder: die Schallgeschwindigkeit ist das Produkt aus Wellenlänge und Frequenz.
bzw.: Frequenz = Schallgeschwindigkeit/Wellenlänge
Jetzt könnten wir berechnen, wie lang ein Rohr sein muß, damit z.B. 440 Hz erklingen - wenn wir wüßten, wie die Luft in einem offenen Rohr (Flöte) oder einem geschlossenen (gedackten) Rohr schwingt. Das steht z.B. in
Physik und Musik auf Seite 4. In der Praxis werden es nicht genau die 440 Hz sein, aber ungefähr. (Der Unterschied ist der zwischen Theorie und Praxis.)
Noch eine weitere ältere Methode zur Frequenzbestimmung:
Man läßt eine rußgeschwärzte Walze mit definierter Geschwindigkeit drehen, z.B. eine Umdrehung pro Sekunde. Dann konstruiert man eine Stimmgabel, wo an Ende eines Zinkens eine kleine Nadel befestigt ist. Man hält die Nadel mind. eine Sekunde an die sich drehende Walze. Eine Sinusschwingung wird so aufgezeichnet. Man zählt die Schwingungen aus, die sich auf einem Umfang abgezeichnet haben.
Sorry for your wasted time! Aber wenn man mal ins Nachdenken kommt...
Viele Grüße
Klaus