ich glaube nicht, dass sie das wollen. Die wollen Geld verdienen, mit was ist egal.
Na ja, zum einen ist so ein einzelnes Pop-Singvögelchen für eine große Plattenfirma wesentlich leichter zu beherrschen – und verkauft mehr – als ein Quintett durchgeknallter Rock&Roller (die womöglich auch noch schon lange genug dabei sind, daß sie wissen, was sie sich rausnehmen können).
Zum anderen hätten die Majors es sicherlich gern, wenn Rockmusik ausstirbt, weil dann die Leute aufhören, vor den durchgestylten, gewinnmaximierten Pop- und R&B-Produktionen der Majors davonzulaufen und sich der Konkurrenz in Form von Alternative-Rock-Bands bei Indie-Labels (bzw. zunehmend im Selbstvertrieb übers Netz) zuzuwenden – weil es keine Alternative-Rock-Bands mehr gibt.
Ich glaube auch nicht, das EInzelkünstler weniger kosten. Es wird ein bestimmter Betrag ausgeschüttet ... es ist eben nur Pech für den Künstler, wenn er sich das noch durch 5 teilen muss. Ein Label hat ja keine soziale Ader und sagt "ok, ihr seid 5 Leute, also zahlen wir euch 5 x so viel wie dem Solokünstler".
Schätze, da muß man auch unterscheiden zwischen Newcomers, die sich über den Tisch ziehen lassen, und ganz großen Namen bzw. alten Recken, die zwar ein Schweinegeld bringen, aber auch schon mal dem Manager auf den Tisch kacken und/oder damit drohen, ihren Vertrag nicht zu verlängern (oder gleich zu kündigen) und zur Konkurrenz zu gehen.
Warum?
3:30 Minuten waren schon in den 1950ern die goldene Dauer für radiotaugliche Songs.
Bis Mitte der 60er waren sogar 3:00 Minuten schon lang. Das meiste war kürzer. Man kam sogar davon mit Songs, die unter 2:00 Minuten lang waren. Ich meine, die Songstrukturen waren teilweise noch simpel (A-A-B-A-B-A und so).
Zep und die Eagles haben sich schlicht geweigert, Radioversionen von Stairway und Hotel aufzunehmen oder zusammenzuschneiden.
Das hat auch Bob Dylan damals. Er hat in "Like A Rolling Stone" die Strophen extrem lang gemacht (ohne daß es wirklich auffiel), den Refrain extrem lang gemacht (ohne daß es wirklich auffiel) und dem Ding dann auch noch vier Strophen verpaßt. Die Nummer wurde so ziemlich exakt sechs Minuten lang. Und er bestand darauf, daß das Ding in voller Länge auf 7" gepreßt wird. Resultat: die längste Single aller Zeiten.
Die wurde zwei Jahre später von den Beatles entthront mit "Hey Jude", wo von den ca. 7:30 Minuten vier aufs Outro entfallen, das redundant ist und von den Radiosendern auch ausgefadet werden kann – so kann man's auch machen. Bob Dylan hat den Sendern kaum Raum zum vorherigen Ausfaden gegeben, und zum Kürzen auf Radioformat hätten sie zwei der vier Strophen rausschneiden müssen.
Led Zeppelin waren ja noch hinterlistiger. Die haben das Rausschneiden ganzer Parts aus "Stairway" unmöglich gemacht, indem sie den Song allmählich immer schneller werden ließen. Hätte man was rausgeschnitten, hätte man auf einmal einen Temposprung gehabt. Vorzeitig ausfaden wär doof gewesen, weil der Song erst kurz vor Schluß seinen Höhepunkt erreicht. Ein fadebares Outro gibt's auch wieder nicht. "Stairway" wurde nie als Single veröffentlicht, weil 8:00 Minuten nicht auf 7" mit 45/min paßten, und wurde trotzdem zu Zeps größtem Hit. Für Radiosender war die einzige Alternative zum Ausspielen der Albumversion, den Song gar nicht zu spielen.
Besser fand ich noch die Antwort von Freddy Mercury, als ihn ein Verantwortlicher der Plattenfirma anschnauzte, Bohemian Rhapsody sei mit 6 Minuten viel zu lang, um erfolgreich zu werden.
"Diese sechs Minuten sind für die Ewigkeit."
Das Bemerkenswerte an der "Bohemian Rhapsody" ist, daß die Nummer eigentlich erst an der Drei-Minuten-Marke richtig kultig wird. Ein Outro hat sie in dem Sinne auch nicht wirklich. Die Radiosender hatten nie eine andere Wahl, als das Stück voll auszuspielen.
Man könnte schon fast meinen, Freddie wäre ein Prophet gewesen und hätte
Wayne's World vorausgesehen.
M.E. liegt es nicht an der Industrie, dass ein 7-Minuten-Song kein Hit mehr werden kann. Das ist heute genau so möglich wie früher.
Hits mit Überlänge hat es immer gegeben, allerdings um so eher, wenn die Radiosender die Chance hatten, sie zurechtzuschneiden.
Pop-Beispiel: "(I've Had) The Time Of My Life" aus
Dirty Dancing ist über sechs Minuten lang. Selbst wenn man das Outro – den sich wiederholenden Refrain – sich wegdenkt, werden die fünf Minuten überschritten. Die Radiosender haben aber zumindest diese gut fünf Minuten jahrzehntelang immer ausgespielt.
Allerdings fehlt mir der Input seitens der Künstler hier eine solche Hymne abzuliefern. Wenn ich immer auf Nummer sicher gehe und kein Risiko mehr eingehe, weil ich Marktforschern mehr vertraue als meiner Intuition als Musiker, werde ich auch gar nicht erst den Versuch machen, diese Richtung einzuschlagen.
Ich glaub, der Bock ist auch gar nicht mehr da, und die heutigen Stile geben das kaum mehr her. Das hat man höchstens noch in ein paar Metal-Spielarten und überall da, wo "Progressive" dran steht. Aber Chart-Hits werden daraus nicht mehr.
Frühere Stile gaben da ganz einfach ganz andere Sachen her. Als in den 60ern der Blues neu kultiviert wurde, wurden die Nummern gern mit Soli über Soli in die Länge gezogen.
Im Psychedelic Rock wurden Songs ewig lang, weil man keinen Bock hatte, so schnell mit dem Song voranzukommen, geschweige denn ihn zu einem Abschluß zu führen. Ohne das 12-Takte-Raster konnte man Einzelsoli über Minuten ziehen. "Down By The River" von Neil Young & Crazy Horse ist auf der Platte neun Minuten lang – und hat live schon an der Halbe-Stunde-Marke gekratzt. Da haben The Grateful Dead auch eine Menge Einfluß gehabt. Legendär ist auch "In-A-Gadda-Da-Vida" von Iron Butterfly (17:00 Minuten): Hat ähnlich wenig Inhalt, aber die Soli und Instrumentalparts wurden gnadenlos in die Länge gezogen, so daß der Song wie ein musikalischer Trip wirkt. Deshalb konnte die Singleversion auf unter drei Minuten gekürzt werden. (So manch ein Rocksender spielt übrigens, wenn man sich den Song in der Wunschstunde wünscht, die Albumversion komplett aus.)
Ca. 1970 kam dann Art Rock auf, wo Stücke und Alben zu Kunstwerken wurden und schon dadurch ausuferten. Dasselbe passierte im Prog Rock und im Krautrock, der ja nochmal abgefahrener war als Prog Rock.
In den späten 70ern, als sich die Rockmusik eigentlich schon ziemlich gesetzt hatte und feste Strukturen gefunden hatte, trat dann Jim Steinman in Erscheinung. Der schrieb Rocksongs in bombastischem Wagneropernformat mit ziemlich verquasten Abläufen, vor allem für Meat Loaf. "Bat Out Of Hell" schafft fast zehn Minuten. Natürlich haben Vertreter diverser Medien gemosert, das sei zu lang, und Jim Steinman habe keine Ahnung von richtigen Songabläufen. Die Singleversion wurde dann gerade so gekürzt, daß sie noch auf 7" paßte, war also immer noch über sieben Minuten lang. Auf Various-Artists-Compilations findet man manchmal eine noch kürzere Version, die wohl zähneknirschend fürs Radio gemacht worden war. Weil aber auch die den meisten Sendern noch zu lang ist, läuft die Nummer kaum im Radio – und wenn, dann auf dedizierten Rocksendern, die mindestens die gut siebenminütige Singleversion spielen.
Ähnliche Story mit "I'd Do Anything For Love (But I Won't Do That)": 12:00 Minuten in der Albumversion. Bei der Singleversion war man gnädig und kürzte sie auf etwas mehr als fünf Minuten, aber auch das war den Radiosendern zu lang, und einen offiziellen Radio Edit gab's nie. Deswegen haben Radiosender häufig selbst Hand angelegt und den Song auf ca. 3:30 eingestutzt, u. a. durch völliges Entfernen des Duetteils.
Übrigens sind auch etliche Gn'R-Nummern aus Popsicht absurd lang. Popsender spielen Gn'R nur, wenn es a) eine Ballade ist und b) gut zu kürzen geht. Trifft nur auf "Knockin' On Heaven's Door" zu, das beim Ansatz des zweiten Gitarrensolos weggezogen wird (Bob Dylan hätte den Jungs sicherlich sagen können, wie sie seinen Song so hätten arrangieren können, daß sie den Radiosendern den maximal möglichen Stinkefinger hätten zeigen können, aber Axl hätte sich selbst vom Komponisten und Originalinterpreten da nicht reinreden lassen), und auf "November Rain", das eigentlich ein neunminütiges Schlachtschiff ist, sich aber irgendwie auf unter fünf Minuten reduzieren läßt (unter anderem, indem wieder einmal Slashs Solo den Rotstift kriegt).
Metallica hat ja bis auf wenige Ausnahmen immer schon lange Songs gemacht.
Zum großen Hit (und damit meine ich außerhalb der Metalszene) wurde dann auch nur "Nothing Else Matters". Das ist von allen Metallica-Songs noch am wenigsten Metal und läßt sich auf radiotaugliche Länge zurechtfaden. Selbst "The Unforgiven" spielt man lieber in der Dance-Cover-Version von der Heinzmann. Und auf die Albumversion von "Master Of Puppets" kann man bei Popsendern vergeblich warten.
zu den Drummern: früher fand ich es auch immer cool, wenn Drummer besonders gut oder technisch waren. Bewundernswert finde ich es heute immer noch. Aber inzwischen habe ich da sehr abgespeckt. Im Grunde mache ich - überspitzt ausgedrückt - einen guten Drummer daran fest, was er NICHT spielt, sprich wenn es ein Drummer nicht schafft einen stinknormalen "Uff-Klatsch" so zu spielen dass es grooved wie Sau, ist mir der Rest fast egal
Bestes Beispiel Billie Jean oder auch zeug von Kenny Aranoff. Der meinte auch, dass er immer simpler spielte im Lauf der Jahre. Aber das WAS er spielt, knallt eben
Fast noch besseres Beispiel: Klaus Dinger (RIP). War ganz früher bei Kraftwerk, später u. a. bei NEU! und la Düsseldorf. Der spielte extrem simpel, aber mit der Energie und Präzision einer Maschine. Wer's nicht kennt (ist aber ohne Gitarren): "
Rheinita".
ja: ich sehe die Gitarre halt erstmal als Instrument, mit dem man auf die schnelle Musik machen kann, ohne langwierig irgendwas lernen zu müssen. Sind in den Grundzügen halt einfache Bewegungsabläufe und mit ein, zwei Akorden kann man schon Lieder begleiten.
Ironischerweise war es genau
das, was Ende der 70er in England für den Synthesizer sprach. Man konnte ihn ja nicht spielen lernen – das mußte man auch gar nicht. Die jungen Leute in den Arbeiterstädten sahen Kraftwerk und sagten: "Wenn das Synthesizerspielen ist, dann kann ich das auch." Flugs waren ein paar Pfund in einen (zur Not jungen gebrauchten) billigen Korg-Synthesizer investiert, und dann hieß es mehr oder weniger "Dilettanten olé".
Van Halen fing auch als Coverband an ;-)
Das taten auch die Beatles und die Stones. Die Beatles coverten amerikanischen Rock & Roll und wurden genau dafür damals nach Hamburg geholt (als sie noch "Beat Brothers" hießen und Tony Sheridans Begleitband waren): Die vielen Liveclubs auf dem Kiez wollten Rock & Roll haben, aber die amerikanischen Originalkünstler waren schon 1960 Riesenstars und viel zu teuer, und einheimische Coverbands hatten den Nachteil, daß die Sänger kein Englisch konnten. Die sangen bestenfalls mit schwerem Akzent und schlimmstenfalls irgendwelchen Kauderwelsch.
Tja, und die Stones gehörten damals zu den englischen Bands, die alte Bluesnummern exhumierten und nachspielten. Das taten neben etlichen anderen Bands auch Fleetwood Mac, und die verpaßten sogar den Zeitpunkt, wo es an der Zeit war, damit wieder aufzuhören, weil sie sich damit inzwischen lächerlich machten. Ende war eigentlich erst, als sie von Lindsey Buckingham und Stevie Nicks übernommen und zu deren Begleitband gemacht wurden.
Joe Cocker hatte zeitlebens die Hälfte seiner Hits mit Covers. (Bei Laura Branigan muß man sich fragen, ob die je was eigens für sie Geschriebenes als Single rausgebracht hat.) Und Showaddywaddy waren immer eine Coverband.
Martman