Hallo Mecky
Während es draußen stürmte, habe ich es mir mit meinen Mundharmonikas gemütlich gemacht, etwas herumexperimentiert und im Laufe des Tages ein paar Notizen gemacht.
nach wie vor ist für mich das Akkordspiel auf Mundharmonikas nahezu bedeutungslos.
Bei so einem "Anwenderprofil" ist das Richterstimmsystem meines Erachtens nur dann interessant, wenn das Spielen von Bluenotes möglich sein soll. Und dann muss eine Bluesharp her. Wird das verneint, empfehle ich vorzugsweise das Solo-Stimmsystem mit der Perspektive, sich später auf dieser Basis Richtung chromatische Mundharmonika weiter zu entwickeln.
Wenn Du Dich nun als "Chrom-Spieler" für das Richter-Stimmsystem interessierst, musst Du Dir halt überlegen, was Du letztlich damit anfangen willst. Beim Einzeltonstpiel bringt es meiner Meinung nach außer einer neuen Klangerfahrung keine Vorteile. Im Gegenteil. Man muss viel tricksen, um an die unter dem Grundton fehlenden Töne zu gelangen. Und deshalb macht für mich das Musizieren auf einer Oktav- oder Tremolo-Harp mit Richter-Stimmsystem nur dann Sinn, wenn man Interesse an ein z.B. mit Terzen und Quarten gestütztes Melodiespiel hat.
oft ist es aber so dass dieses- (Akkordspiel) eher eine Art Notbehelf für Alleinspieler ist.
Wie heißt es so schön? Kommt drauf an ...
Im Richter-Stimmsystem ergeben viele der nebeneinander angeordneten Blas- und Ziehzungen automatisch eine Begleitung mit stützenden Terzen und Quarten. Es gibt eine ganze Reihe von Volksliedern, die gerne mit dieser Art Harmonisierung gesungen werden. Und dafür passt diese Art des Mundharmonikaspiels sehr gut und wirkt dann auch in keiner Weise als Notbehelf. Es ist eine bestimmte Form des 2-stimmigen Musizierens. Nicht mehr und nicht weniger. Ob man das mag, ist dann wieder eine andere Sache.
Immer dann, wenn das Akkordspiel nach Notbehelf klingt, werden die im Richtersystem steckenden Möglichkeiten zur Begleitung von Melodien meiner Meinung nach entweder falsch oder nicht raffiniert genug eingesetzt, bzw. bei Melodien benutzt, zu denen der aus dem Richter-Stimmsystem resultierende Stil der Begleitung nicht passt.
Der auch von mir benutzte Begriff Akkordspiel ist in diesem Zusammenhang möglicherweise missverständlich, weil viele da in der Regel an einen Zusammenklang von mindestens 3 Tönen denken. Ich meine damit beim Mundharmonikaspiel aber nicht so sehr Drei- und Mehrklänge sondern vor allem Zweiklänge, gemäß dieser Definition.
https://de.wikipedia.org/wiki/Akkord#Arten_und_Aufbau_von_Akkorden
Normalerweise bezeichnet man erst mindestens drei unterschiedliche Töne als Akkord, wobei es sehr häufig auch Zusammenklänge nur zweier Töne gibt, die trotzdem akkordische Funktionen erfüllen.
Immer dann, wenn diese akkordischen Funktionen nicht stimmen bzw. nicht zum Melodieverlauf passen, probiere ich aus, ob ich mit der Kombination von verschiedenen Mundharmonikas weiter komme.
Die Möglichkeiten des Richter-Stimmsystems auszuloten, fand ich im Laufe der Zeit immer spannender. Die spezielle Tonanordnung der untersten Oktave mit der Doppelung der Quinte und der daraus resultierenden Möglichkeit die Dominante zu spielen finde ich sehr reizvoll. Auf einer Bluesharp stört mich das systembedingte Fehlen der tiefen Quarte und der tiefen Sexte bei bestimmten Liedern allerdings, weil ich lieber in Straight-Position mit möglichst wenig Benden spiele. Es gibt eine ganze Menge Lieder, die sich deshalb ohne Benden auf einer Bluesharp nur in der oberen Lage spielen lassen, was dann dazu führt, dass man sich mit der verdrehten Tonfolge der oberen Oktave auseinandersetzen muss.
Die mir seit vielen Jahren vertraute C/G-Wender (Comet) bietet dafür keine Lösung. Auch die bereits vorgestellte C/Bb Kombination nicht. Aber das Stimmsystems Deiner neu erstandenen F-C-Wender tut es. Das ist der Sinn dieser speziellen F-C-Kombination! Sie lässt sich besonders gut für F-Dur Melodien nutzen, die unter den Grundton gehen! Also für Melodien mit einem Tonraum wie z.B. 5 6 7 8/1 2 3 4 5 6.
Beispiele:
1. "Aus grauer Städte Mauern".
Der Strophen-Teil funktioniert auf der C-Dur Seite mit dem C startend als Solo. Also ohne Begleittöne.
Der Refrain (Halli-hallo) funktioniert nur auf der F-Dur Seite. Da kann man ihn nach Belieben ein- oder mehrstimmig spielen.
Auf der C-Dur Seite passt die Mehrstimmigkeit bei diesem Lied nicht. Auf der F-Dur-Seite schon. Das ist aber nicht generell so.
2. All mein Gedanken
Diese Melodie beginnt man auf der F-Seite.
Den zweiten Teil spielt man dann einige Takte (Du, du, du sollst an mich gedenken) auf der C-Seite,
und den Schluss wieder auf der F-Seite.
3. Es ist ein Ros entsprungen
Die Melodie funktioniert im Prinzip ähnlich wie Beispiel 2.
4.Heiligste Nacht
5. Es tagt, der Sonne Morgenstrahl
6. Fliegt der erste Morgenstrahl
Mit diesen Melodien ist das Spiel etwas kniffeliger, weil man da mitten im Melodiebogen ganz kurz hin und her wechseln muss.
Für solche Aktionen wäre es praktischer, wenn man mit einem Schieber zwischen F- und C-Harp wechseln könnte.
usw. usw.
Zum Schluss noch eine kurze Anmerkung zur Zungenblock-Technik.
In den Ziehkanzellen liegen Sexte und Septime der Dur-Tonleiter nebeneinander. Das ist bei mehreren Stimmsystemen der Fall. Stört eine der beiden Stufen beim zweistimmigen Spiel, hat man zwei Möglichkeiten. Entweder man verschließt die Kanzelle des störenden Tones mit Zungenblock und kombiniert auf diese Weise die rechts und links davon angeordneten Töne oder schaltet in diesem Moment auf Einzeltonspiel um. Auf der Comet und der Kreuzwender bevorzuge ich das Umschalten auf Einzeltonspiel. Auf der
Fanfare-S von Seydel (Solo-Tremolo) spiele ich auch mit Zungenblock. Auf der Edelstahlabdeckung mit runden Öffnungen ist das in keiner Weise unangenehm. Und es klingt sehr schön, so wie die Fanfare gestimmt ist.
Viele Grüße
Lisa