So, ich habe mir die Demo nun auch mal installiert, und möchte meinen Eindruck mitteilen. Vorweg die Info, dass es sich um die Linuxversion handelt, und der Rechner ein älteres, auf dem Atom N270 basierendes System mit einem GB RAM ist.
Installation
Die Linuxversion kam als *.deb, kann also auf debianbasierenden Systemen direkt mit dem Paketmanager installiert werden. Im Normalfall beinhaltet ein Paket die Information, welche Software in welcher Version das Programm benötigt, so dass der Paketmanager sie entsprechend mitinstallieren kann. Bei dem Guitar Pro-Paket sind diese Informationen unvollständig. Einige Abhängigkeiten waren angegeben und wurden entsprechend aufgelöst, das Programm ließ sich anschließend problemlos installieren - aber nicht starten. Die libstc++ meines Systems (Lenny, also die offiziell stabile Debianversion) war offenbar zu alt. Leider war es auch nicht möglich, Guitar Pro dazu zu bewegen, eine eigens für es gebaute Version zu benutzen.
Da ich es dennoch gerne testen wollte, habe ich auf die als »Testing« gelabelte Version geupdated, und einen neuen Versuch gestartet. Wieder verlief die Installation problemlos, wieder wollte es nicht starten. Die Fehlermeldung war, wie auch schon beim ersten Versuch, ohne große Aussagekraft. Offenbar kennt GP6 nur pulseaudio als Schnittstelle, was schlecht für diejenigen ist, die ansonsten mit jackd arbeiten. Pulseaudio lässt sich aber als Client in jackd einbinden, ist nur ein wenig Arbeit, und braucht am Ende auch ein paar mehr Ressourcen, als nötig wäre.
Test
Das Programm selbst macht einen überraschend guten Eindruck, die Oberfläche verhält sich weniger träge, als befürchtet. Nach dem Start (ohne "Jingle") und dem Erstellen eines Tabs liegt die CPU-Last im Rahmen dessen, was man von einem Programm erwartet. Das ändert sich aber, sobald ein Ton abgespielt wird (auch ohne RSE): Dann liegt die Last im Mittel bei 80-90%, und fällt auch nicht wieder ab, wenn nichts mehr abgespielt wird. Die mitgelieferten Beispieldateien lassen sich gerade noch so abspielen, wenn das Programm den Sound nicht selbst ausgeben muss (sondern das Midi-Backend es macht), mit RSE sind maximal 2 Spuren drin - und auch da gibt es schon kleinere Aussetzer. Bei der Benutzung von Midi fällt auf, dass etwa Bends nur sehr grob aufgelöst werden. Feinere Sachen, wie Vibrato, wurden gar nicht wiedergegeben. Der Speicherverbrauch war während des gesamten Tests angemessen.
Auffällig sind die vielen Fehler und Warnungen, die das Programm auf der Konsole von sich gibt. Es sind größtenteils Sachen, die das Toolkit (QT4) betreffen und so nicht zu schlimm sind, bei sauber geschriebenen Programmen jedoch nicht in diesen Mengen vorkommen sollten.
Klang der RSE, Bedienung und so werden nicht anders sein, als bei den Versionen für die anderen Systeme, darüber steht hier im Thread ja schon einiges.
Fazit
Die Idee ist gut, die Umsetzung mangelhaft. Offenbar hat man die Windowssourcen hergenommen, einige rudimentäre Anpassungen bei den Schnittstellen vorgenommen und das in ein Paket gepackt. Bei OSS und anderer Freeware sehe ich ein, dass ich da manchmal selbst etwas basteln muss, bis es läuft - bei kommerzieller Software erwarte ich, dass es nach dem Installieren läuft. Es wäre nicht viel Arbeit, in dem Paket alle benötigten Abhängigkeiten anzugeben. Etwas mehr Arbeit wäre es, die Oberfläche sauber zu implementieren, aber auch da würde ich erwarten, dass es ordentlich gemacht ist, wenn man Geld von mir für das Programm haben möchte. Ich wäre sogar bereit, etwas mehr Geld auszugeben, wenn die Entwickler auch eine Anbindung für den im Musikerumfeld sinnvoller einsetzbaren jackd einbauen würden, vorausgesetzt, das Ressourcenproblem wird auch gelöst: Dass die RSE einige Ansprüche stellt, ist klar - auch, wenn da im Grunde nur Samples durchgehen. Wobei ich nicht einmal glaube, dass es (nur) daran liegt, denn die Prozessorlast steigt ja auch im Midibetrieb im gleichen Maß an. Schlimmer ist der Punkt, dass die Last so hoch bleibt, wenn das Programm dann gar nichts macht.
Alles in Allem: Den Zustand des Programms würde ich allenfalls bei einer frühen Beta erwarten.
cu,
Das Nichts