Du verallgemeinerst und wirfst alles unter einen Hut.
Mit welchem PreAmp hast Du den Vergleich gemacht?
Mit welcher Gitarre.
Mache ich den Vergleich mit ein paar älteren Marshall, wirst Du feststellen, daß die Varianz, die durch den PreAmp entsteht, minimalst ist, da der Eigenklang des Verstärkers nur um klitzkleine Nuancen verschoben wird. Sprich: die Klangregelung ist relativ ineffektiv.
Nehm ich nun eine Gibson B.B. King Lucille mit Varitone-Schaltung an eben einen solchen Marshall, dann wird die erzielte Varianz der Gitarre wohl größer sein als die des Preamps.
Nimmst Du eine gute Strat mit guten Tonabnehmern, wird die -je nach Setup des Gitarristen- eine ähnliche Varianz haben.
Ich hab mich bisher etwas zurückgehalten, weil ich noch abwarten wollte, wie sich das entwickelt, aber ich muß sagen, daß dieser Thread momentan weit davon entfernt ist, irgendwelche Klarheiten zu produzieren, wie es in Deinem Eröffnungspost prognostiziert wurde.
Der Ansatz ist okay, aber wenn Dein Anspruch wissenschaftlicher Natur ist, dann sollten die angebrachten Argumente einer Diskussion auch standhalten.
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Woher der Ton wirklich kommt?
Aus den vielzitierten Fingern. Aus dem Gespür des Gitarristen für Artikulation, Timing und Dynamik. Und aus der Fähigkeit, dies über die Finger an die Saiten weiterzugeben.
Auch wenn der Gitarrist einer Tagesform unterliegt und die Bedingungen nicht immer optimal sein werden, wird der Gitarrist, der seinen Ton schon hat, ihn immer noch in einer identifizierbaren Qualität rüberbringen.
Wie der Ton entsteht?
In der heutigen Zeit haben viele Gitarristen mehrere Hürden, die einer Tonentwicklung "im Wege stehen".
1. wenige Vorbilder, die auch wirklich den eigenen Ton zelebrieren
Nimmt man nun ein 15-jährigen Jungspund und fragt ihn, warum er Gitarre spielt, dann kommen oftmals solche oder ähnliche Antworten:
- wegen den Mädels ( gut, da hat sich damals und heute wenig geändert
)
- wegen Bands wie Nirvana, Billy Talent, Linkin Park usw. ( füge beliebig Namen ein ). Also Bands, die nicht gerade für einen artikulierten Tone bekannt sind, sondern eher Riff-orientiert arbeiten.
Die wenigen, die heute noch den Ton zelebrieren: Clapton, Santana, Eric Johnson, John Mayer usw. gelten ja für die Kids erstmal als Spacken.
Auc Guns'n'Roses waren Ende der Neunziger ziemlich verpönt. Tom Riepl, Studiogitarrist und Musiker der 80er hat in der G&B damals beklagt, daß man kaum mehr Soli hört in der heutigen ( in den 90ern ) Musik. Damals hab ich ihn auch belächelt, weil er mir einfach wie ein Relikt einer vergangenen Ära vorgekommen ist. Heute verstehe ich seinen Denkansatz. Die Gitarre wird zwar vielerorts auch heute noch als Kunstform verwendet, die Artikulation und das gezielte "Spielen" von Noten jedoch nicht mehr als Ausdrucksform wahrgenommen.
Fehlen die Vorbilder, fehlt der Ansporn, es nachzueifern.
2. High-Gain Amps.
Bis in die 80er hinein gab es eigentlich nur zwei Möglichkeiten, wirklich High-Gain zu spielen: Pedale und weit aufgerissene Röhrenamps ( die dann meist noch "heiß" gemacht wurden ). Pedale konnte jeder kaufen, die getuneten Amps blieben der entsprechenden Käuferschicht überlassen.
Worauf ich hinaus will: heutzutage hat man die Auswahl zwischen zig Modellen mit aberwitzigen Gainreserven zu relativ günstigen Preisen. Sicherlich: ein Engl oder ein Mesa, Diezel oder dergleichen kosten einen Haufen Geld. Aber wenn man sich mal im Forum umguckt, sind die doch recht weit verbreitet. Sprich: auch leistbar.
Um einen singenden Klang oder einen dicken, angezerrten Klang für Single-Notes zu bekommen, muß man also nur noch ein Knöpfchen drehen. Dazu noch ordentlich Hall und Effekte und fertig ist eine Suppe, die einem Stadion-Rock suggeriert.
Ein befreundeter Gitarrenverkäufer hat es mal so ausgedrückt:
Die Unzulänglichkeiten verschwinden in der Suppe und man klingt erstmal gut. Gutes Gefühl, das Ding wird gekauft.
Schließlich ist man eigentlich oftmals nicht mehr gezwungen, an sich zu arbeiten, da man alles auf
anhörbar hinbiegen kann.
Das war halt früher anders: die alten, heiß gemachten Marshalls blieben trotzdem, was sie sind: gnadenlos ehrliche Amps, die einem immer auf der Rasierklinge haben tanzen lassen. Man war immer kurz davor, die Kontrolle zu verlieren und dann zog der Amp einem was über. Das hat den einen Vorteil: es prägt wahnsinnig dein Spiel. Es fordert Dich zu Aufmerksamkeit heraus und zu vorausschauenden Spiel.
3. fehlende Akustik-Gitarren
Ich habe noch mit der Akustik Gitarre gelernt. War halt damals so, da diese oftmals einfach billiger und eher verfügbar waren als E-Gitarren. Die damaligen, billigen waren bei Weitem nicht so gut, wie heutige in der Preisklasse. Geschweige denn, die Amps.
Wenn man akustisch spielt, spielt man nuancierter. Man hat ein unmittelbareres Feedback des Anschlags und kann mit wenigen Mitteln den Klang färben. Außerdem wird man nicht durch andere Dinge abgelenkt ( mit was für einen Pickup soll ich spielen, mehr Gain, weniger Gain usw. ) Akustisch zu spielen ist die ehrlichste und bodennaheste Art, Gitarre zu spielen. Da lernt man das ABC.
Heute fangen viele schon mit der E-Gitarre an, weil sie halt verfügbar ist. Kein Thema. Aber der Anreiz, wirklich bei den Basics anzufangen, fällt halt weg. Als ich meine erste E-Gitarre und Verstärker hatte, drehte ich diesen logischerweise auf Anschlag auf und "rockte" somit durch die Gegend. Wenn man eine E-Gitarre hat, möchte man halt möglichst schnell die Rockstar-Dinger spielen.
Mein persönliches Fazit:
es läuft halt alles darauf hinaus, sein Handwerkszeug zu lernen. Effekte sind sicherlich, um auf das Thema nochmal einzugehen, ein Varianzfaktor, der den Sound verändert, aber den Ton prägt er nicht.
Gitarren beeinflussen uns sicherlich an der Herangehensweise bei unserem Spiel. Eine gute Gitarre kann inspirierend wirken und ein bestimmter Gitarrentyp regt mit Sicherheit auch an, eine bestimmte Musik damit zu spielen. Deshalb halte ich die Gitarre auch prägend bei der Tonentwicklung.
Ein Amp prägt den Sound, den man rübertransportiert, aber nicht den Ton, die Botschaft. Man kann auch hard & heavy und aggressiv über einen ultra-cleanen Amps rüberkommen.
Halte jetzt nicht sonderlich viel, eine Wissenschaft daraus zu machen, was jetzt mehr zum eigenen Ton beiträgt und die ganze Sache zu sezieren. Nur, um am Ende feststellen zu müssen, daß die ganze Rechnung nicht aufgeht.