Welchen Kennwiderstand soll denn das NoLoad-Poti haben?
Um das zu klären, habe ich mich intensiv mit der Frage befasst, inwieweit sich die Lastkapazität auf die Arbeitsweise des Potis auswirkt. Hierzu hast Du u. a. schon folgende Simulationen erstellt:
Fall 1 (oben ): Strat-TA, 2 logarithmische Standardpotis 250 kOhm, CT=22 nF
Fall 2 (u. li. ): Tele-Steg-TA, Potis wie oben, CT=560 pF
Fall 3 (u. re.): Tele-Steg-TA, Potis wie oben, CT=6,8 nF
Nun zur Interpretation der Diagramme:
In Fall 1 findet sich ziemlich in der Mitte des Regelweges eine resonanzfreie Zone. Am Rechtsanschlag findet man eine Resonanzspitze, die rund 5 dB hoch ist. Ohne die ohmsche Belastung durch das Tone-Poti (der von Dir simulierte NoLoad-Fall) wäre sie etwa 8,5 dB hoch. Am Linksanschlag bildet sich ebenfalls eine Resonanzspitze, die nun nicht mehr durch den Widerstand des Potis bedämpft wird. Da die Güte aber eine Funktion der Resonanzfrequenz ist, wird auch diese Spitze mehr oder weniger bedämpft, in unserem Falle zufällig auf etwa denselben Wert wie am Rechtsanschlag.
In den beiden Endstellungen findet man also eine etwa gleich hohe Spitze, und wenn man das Poti in Richtung Mittelstellung dreht, nimmt diese Spitze in beiden Fällen etwa gleich schnell ab. Man sieht das daran, dass im ersten Diagramm die sechs obersten Kurven zwei "Sätze" bilden, in denen die Kurven etwa gleiche Abstände voneinander haben. Dieses symmetrische Verhalten kommt auch dadurch zum Ausdruck, dass die rote Kurve im zweiten Diagramm halbwegs symmetrisch zur 50-Prozent-Geraden verläuft. Ferner nimmt, wenn man das Poti aus einer der Endstellungen wegdreht, jedes Mal die Resonanzfrequenz ein wenig ab. Man erkennt das an der grünen Kurve im zweiten Diagramm, die bei logarithmischer Darstellung wohl noch um Einiges gleichmäßiger ausfiele.
Kurz und gut, die ganz zugedrehte Höhenblende arbeitet im linken Viertel des Regelweges, also beim leichten Aufdrehen, ähnlich wie die voll aufgedrehte Höhenblende beim leichten Zurückdrehen, nur eben mit einer anderen Resonanzfrequenz. Theoretisch könnte man sie also sowohl zum Umschalten der Resonanzfrequenz als auch zur Regulierung des Resonanzpegels verwenden. Leider liegt die niedrigere der beiden Resonanzfrequenzen so tief, dass der gesamte forcierte Bereich unterhalb von 1 kHz liegt und bei 1 kHz bereits eine Absenkung auftritt. Bei weiterem Aufdrehen kommt man in die resonanzfreie Zone. Erst bei 70 % schmiegt sich die Kurve endlich an die Null-Dezibel-Linie an. (Unter Lautsprecherbauern ist diese Charakteristik als equal ripple response bekannt und unterscheidet sich von einer Butterworthcharakteristik dadurch, dass recht weit innerhalb des Übertragungsbereichs, diesseits der Abstimmfrequenz, wieder eine leichte Senke auftritt, in diesem Fall um 1 kHz herum.) Erst auf den letzten drei Zehnteln des Regelweges kommt es zu einer Überhöhung im Präsenzbereich, die dem Klang Farbe gibt.
Fazit aus Fall 1: Auf den beiden linken Dritteln des Regelweges bekommen wir nur verschiedene Schattierungen von Dumpf. Dass die Resonanzpegelkurve (rot) und die Resonanzfrequenzkurve (grün) schön gleichmäßig verlaufen, ändert daran nichts. Die Resonanzpegelkurve sollte besser einem gestreckten V mit der Spitze etwa auf dem Punkt 0 dB/50 % gleichen, und der linke Ast der Resonanzfrequenzkurve sollte auf deutlich höherem Niveau liegen. Dann hätte man eine feinfühlig arbeitende Höhenblende und eine musikalisch brauchbare Lastkapazitätsumschaltung in Einem.
Kommen wir nun zu Fall 3, der noch die größte Ähnlichkeit mit Fall 1 hat. CT ist hier etwa um den Faktor 3 kleiner, und es wird ein anderer Tonabnehmer verwendet. Am Rechtsanschlag ergibt sich jetzt eine um ca. 1 dB verminderte Spitze, die zudem bei einer niedrigeren Frequenz liegt als in Fall 1. Im Gegensatz dazu ist die Spitze am Linksanschlag höher geworden (und liegt natürlich auch bei einer höheren Frequenz), eine Auswirkung der verringerten Kapazität. Das Gefälle der Resonanzpegelkurve ist deshalb im linken Fünftel des Regelweges wesentlich größer, als es Steigung bzw. Gefälle auf dem restlichen Regelweg sind. Die Kurve gleicht zunächst einer Linkskurve, hat bei knapp 5/8 des Regelweges einen Nulldurchgang und steigt ab da fast perfekt linear an. Außerdem ist die resonanzfreie Zone schon viel kleiner geworden und etwas in die rechte Hälfte des Regelweges verschoben. Bis hierhin haben wir es also mit einer recht asymmetrischen Kurve zu tun. Ein Anflug von Symmetrie zeigt sich darin, dass die Abschnitte 20-30 % und 70-80 % einigermaßen symmetrisch zueinander verlaufen.
Die Kurvenschar in der oberen Hälfte des Diagrammpaares spiegelt naturgemäß dasselbe Verhalten wider. Die jeweils dritte und vierte Kurve von oben (türkis/preußischblau bzw. orangebraun/helltürkis) verläuft in beiden "Kurvensätzen" auf etwa gleicher Höhe. Lediglich die Abstände zwischen oberster und zweitoberster sowie zweiter und dritter Kurve sind im Mitteltonbereich deutlich größer als im Präsenzbereich.
Eine Resonanzfrequenzkurve gibt es hier zwar nicht, aber aus der Kurvenschar lässt sich ablesen, dass bei einer Bedämpfung der Resonanzspitze - gleich, ob sie durch Rechts- oder durch Linksdrehung geschieht - auch die Resonanzfrequenz zunächst recht gleichmäßig abnimmt.
Fazit aus Fall 3: Da die "Linksanschlagsresonanzfrequenz" größer und die resonanzfreie Zone sehr klein geworden ist, kann man wohl bei keiner Einstellung mehr von einem übermäßigen Frequenzgangabfall sprechen. Im mittleren Drittel des Regelweges, in dem die Überhöhung annähernd konstant bleibt (von unter einem Dezibel bis hin zu völligem Fehlen mit einer Güte ganz knapp unter Butterworth-Niveau), bewirkt das Tone-Poti eigentlich nichts weiter als eine gleichmäßige Verschiebung der oberen Grenzfrequenz. Im rechten Drittel bleibt fast alles beim Alten; das Poti arbeitet lediglich etwas feinfühliger, da man für eine gegebene Höhenabsenkung weiter zurückdrehen muss. Das linke Drittel des Regelweges beschert uns sozusagen eine "Outputwunder-Humbucker-Simulation". Ganz oder fast ganz zugedreht ergibt sich auch eine relativ hohe Spitze, so dass es nicht gar so farblos klingt. Damit lässt sich schon etwas mehr anfangen als mit dem Aufbau aus Fall 1.
Fall 2 schließlich zeigt, was passiert, wenn man den Kondensator sehr klein wählt. Am Linksanschlag ist die Spitze noch höher geworden; rund 8 dB sind es jetzt. Während die Resonanzfrequenz beim Aufdrehen praktisch nicht mehr absinkt, verläuft die Resonanzpegelkurve bis zur 70-Prozent-Marke wie mit dem Lineal gezogen. Die Überhöhung sinkt dabei von 8 auf 4,5 dB, was also zwischen einem alten Höfner-Humbucker und einem DiMarzio PAF liegt. Bei weiterem Aufdrehen pendelt der Resonanzpegel nur noch leicht um die 4-Dezibel-Marke herum, während die Resonanzfrequenz naturgemäß ansteigt. Die Resonanzpegelkurve zeigt also statt eines Lochs nun einen Tiefpunkt, der noch weiter nach rechts verschoben ist und nun bei 5/6 des Regelweges liegt. Bei einem NoLoad-Poti würde sich am rechten Rand des unteren Diagramms noch ein Sprung auf kaum weniger als 7 dB Höhe anschließen, was in etwa dem Resonanzpegel am Linksanschlag entspricht.
Fazit aus Fall 2: Im Gegensatz zu den Fällen 1 und 3 bekommt man hier immer eine ausgeprägte Spitze, deren Höhe sich schön gleichmäßig regulieren lässt, wenn man niedrige bis mittlere Einstellungen wählt. Das erscheint mir schon als recht brauchbare Low-Output-Humbucker-Simulation. Nachteilig ist, dass sich die höhenarme "Mittelstellung" sehr weit nach rechts, auf fünf Sechstel des Regelweges, verschoben hat. Dadurch liegen auch die Resonanzpegel für "Mittelstellung" und Rechtsanschlag sehr dicht beieinander, so dass die Höhenblende im "Single-Coil-Modus" praktisch unwirksam wird.
Das NoLoad-Poti scheint also gleichmäßiger zu arbeiten.
Dieser Vorteil kann, wie wir gerade gesehen haben, auch in einen Nachteil umschlagen! Die Wechselwirkung zwischen Poti und Kondensator ist so komplex, dass man die Schaltung immer in ihrer Gesamtheit betrachten muss. Dass sie dermaßen eklatant ausfällt, hatte ich beim Verfassen des Posts Nr. 21 noch nicht auf dem Schirm. Aber aus Fehlern lernt man ja.
Je nach Tonabnehmern, Hölzern und Hardware könnte es auch sein, dass man in der "Mittelstellung" die Resonanz stärker bedämpft wissen will, als es mit dieser Schaltung möglich ist. Es könnte also sein, dass man ein ungewöhnlich niederohmiges Lautstärkepoti braucht oder das vorhandene mit einem geeigneten Festwiderstand überbrückt. Im "Humbuckermodus" macht das eigentlich nichts aus, da hier der Resonanzpegel sehr gut justierbar ist. Er liegt dann eben im Maximum (also am Linksanschlag) nicht mehr bei 8 dB. Leider ist nun auch der Resonanzpegel bei voll aufgedrehtem Poti sehr gering. Spätestens jetzt wird das NoLoad-Poti interessant.
Nun überlegen wir uns, wie denn das für diesen Fall ideale Poti aussehen müsste. Das konventionelle Poti, das hier simuliert wurde, zeigt bei 2/3 des Regelweges denselben Resonanzpegel wie am Rechtsanschlag. Bei 5/6 hat die Resonanzpegelkurve ihr Minimum. Multipliziert man diese Werte mit 0,6, so ergeben sich 40, 60 und 50 % des Regelweges. Das Poti würde also im mittleren Bereich symmetrisch arbeiten, wenn die Widerstandsbahn im Verhältnis 3:5 zusammengeschrumpft würde. Unsere erste Forderung gilt also einer Widerstandsbahn, die bei 60 % des Regelweges einen Wert von 250 kOhm erreicht.
Soweit zur Symmetrie im mittleren Bereich. Was können wir für einen vernünftigen Kurvenverlauf auf den obersten 40 % des Regelweges tun?
Ein NoLoad-Poti würde am Links- und Rechtsanschlag in etwa für denselben Resonanzpegel sorgen. Also gilt die zweite Forderung einem unendlich hohen Widerstand am Rechtsanschlag.
Von Nachteil ist, dass sich der Widerstandswert bei einem No-Load-Poti in der Nähe des Rechtsanschlags sprunghaft ändert. Unter Zugrundelegung des üblichen 250-kOhm-Modells könnte man den Resonanzpegel im "Single-Coil-Modus" also praktisch nur in 2 Stufen ändern:
Fast voll aufgedreht -> um 4 db herum
Voll aufgedreht -> vielleicht 7,5 dB
Die dritte Forderung muss daher einer kontinuierlichen Zunahme des Widerstandswerts auf den letzten 40 % des Regelweges gelten.
Lassen sich diese Forderungen miteinander vereinbaren? Schauen wir uns einmal kurz an, wie ein logarithmisches Poti so arbeitet. Die meisten erreichen m. W. bei 80 % des Regelweges die Hälfte ihres Widerstandswertes. Man kann also für jedes Fünftel des Regelweges eine Halbierung des Widerstandswerts annehmen. Im unteren Bereich muss die prozentuale Abnahme des Widerstandswerts allerdings etwas größer ausfallen, sonst hätte das Poti am Linksanschlag noch 3 1/8 % des aufgedruckten Wertes. In Wirklichkeit sind es 0 %.
Ein logarithmisches 1-Megohm-Poti hätte also ungefähr bei 60 % des Regelweges einen Wert von 250 kOhm. Damit wäre Forderung 1 schon erfüllt!
Bis zum Rechtsanschlag steigt der Widerstandswert kontinuierlich an, weiterhin einer logarithmischen Kurve folgend. Forderung 3 ebenfalls erfüllt!
In voll aufgedrehtem Zustand sind die beiden Potis praktisch parallelgeschaltet, während am Linksanschlag des Tone-Potis nur noch das Lautstärkepoti arbeitet. Bei einem NoLoad-Poti ergibt sich hier jeweils ein Wert von 250 kOhm. Mit diesem Widerstand wird der Tonabnehmer also belastet, wenn sich das Tone-Poti in einer seiner beiden Endstellungen befindet. Das ist, wie wir gesehen haben, bei Verwendung eines niedrigkapazitiven Kondensators wünschenswert.
Mit zwei konventionellen 250er Potis ergeben sich Werte von 250 kOhm am Linksanschlag und 125 kOhm am Rechtsanschlag. Das ist genau die Situation, die allen drei Simulationen zugrunde liegt. Das macht sich gut mit einer größeren Kapazität von bspw. 6,8 nF.
Hat das Volume-Poti 250 kOhm und das Tone-Poti 1 MOhm, dann ergeben sich Werte von 250 bzw. 200 kOhm. Die Bedämpfung am Rechtsanschlag fällt also schon ziemlich gering aus, und die dritte Forderung ist nun in erster Näherung ebenfalls erfüllt! Halleluja!
Übrigens entspricht die Situation, wenn beide Potis voll aufgedreht sind, der in einer "klassischen" CBS-Tele (Bj. 1969-1981) , die dieselben Potiwerte in umgekehrter Anordnung (1 MOhm für Volume, 250 kOhm für Tone) verwendete. Welches der Potis jetzt in Reihe zum Kondensator liegt und ob er 560 pF oder den hundertfachen Wert hat, spielt an dieser Stelle gar keine Rolle.
Nun hat man über den ganzen Regelbereich eine mehr oder weniger ausgeprägte Resonanzspitze, die sich aber durch Überbrückung des Lautstärkepotis mit einem geeigneten Festwiderstand bedämpfen lässt, wobei sich diese Dämpfung auch in der Mittelstellung des Tone-Potis zeigt. Wählt man z. B. einen "Überbrückungswiderstand" (im Folgenden RÜ genannt) von 330 kOhm, so hat man quasi ein Lautstärkepoti mit 142 kOhm, das die Resonanzspitze bei geringen bis mittleren Einstellungen des Tone-Potis gegenüber unserer Simulation bedämpt. Am Rechtsanschlag des Tone-Potis wird der Tonabnehmer mit 124,5 kOhm belastet, so dass die Spitze im Vergleich zu unserer Simulation praktisch nicht bedämpft wird.
Man könnte auch einen "Bremswiderstand" (im Schaltbild RT genannt) einfügen, der aber lediglich bei niedrigen am Linksanschlag den Resonanzpegel bedämpft.
Eine Option wäre noch die Kombination dieser beiden Maßnahmen, z. B. RÜ=1 MOhm und RT=220 Ohm. Nebenbei bemerkt sorgt RT nicht nur für eine Bedämpfung der Spitze am Linksanschlag, sondern bewirkt theoretisch am Rechtsanschlag genau das Gegenteil, da er sich als Erhöhung des Potiwerts auswirkt. In der Praxis wird das allerdings nichts, da RT in dieser Beziehung als vernachlässigbar gering anzusehen ist.
Ideal wäre ein Poti, dessen abgegriffener Widerstandswert in der Nähe des Rechtsanschlags logistisches Wachstum zeigt und exakt am Rechtsanschlag den Isolationswiderstand erreicht. Noch besser wäre es, wenn das "heiße" Ende (das ja bei einem reinen Regelwiderstand nicht benötigt wird) mit einem zweiten Schleifer verbunden wäre und das Gehäuse mit der Mitte der entsprechenden Widerstandsbahn, die an beiden Enden unendlich hohen Widerstand hat. Diesen zweiten Widerstand könnte man dann mit einem geeigneten Festwiderstand in Serie schalten und díese Kombination zur Überbrückung des Lautstärkepotis verwenden. Die Resonanzspitze würde dann in der Mittelstellung besonders stark bedämpft, und diese Dämpfung würde beim Verlassen der Mittelstellung schnell abnehmen. Auf diese Weise ließe sich erzwingen, dass der Punkt stärkster Resonanzbedämpfung auch bei ungeschickter Kondensator-Poti-Kombination immer in der Nähe der Mittelstellung liegt.
Als Fazit aus diesem Endlos-Post kann man aber festhalten, dass 250 kOhm für Volume und 1 MOhm für Tone wohl die günstigsten Ausgangswerte sind, sofern man in den Endstellungen moderat unterschiedliche Resonanzfrequenzen haben und die Höhen zur Mittelstellung hin gleichmäßig absenken will.