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DieWiedergeburt
Gesperrter Benutzer
Ich werde mich in dieser neuen Threadreihe einigen Gitarristenmythen annehmen und versuchen etwas Klarheit in die mysthischen Grundfragen des Gitarristentums hineinzubringen. Heute gehts los mit der Frage:
Kommt der Ton aus den Fingern? Oder aus dem Amp? Oder doch ganz woanders her?
1. Die forschungsmethodische Perspektive
Betrachtet man die Frage nach den Quellen des Tons aus forschungsmethodischer Perspektive, so kann man grundsätzlich sagen, dass es eine gewisse Menge von Quellen für klangliche Varianz (sog. Varianzquellen) gibt, aus denen sich der Ton speist. Eine Varianzquelle ist JEDE Variable, deren Veränderung eine Änderung (Variation) des hörbaren Klangs bewirkt. Beim Gitarrenspiel ist folglich JEDES veränderliche Element der Signalkette eine potentielle Varianzquelle, beginnend bei den Fingern welche den energetischen Anfangsimpuls liefern, der von den weiteren Kettengliedern überformt wird. (Varianz ist hier übrigens nicht im strengen statistischen Sinne gemeint, sondern mehr als Synonym für Variationen/Veränderungen)
Beispiel für Varianzquellen innerhalb einer Signalkette:
Finger->Gitarre->Kabel->Effekte->Vorstufe->Endstufe->Lautsprecher->Ohr
Jede dieser Variable ließe sich bei Bedarf weiter aufdifferenzieren in Subvariablen, z. B. bei der Gitarre in Holz, PUs, Bauweise, usw. Oder bei den Finger in Anschlagsposition, -winkel, -stärke, etc.
2. Prüfmethodik/Schätzung der relativen Einflussgröße
Will ich wissen, welche dieser Varianzquellen den Klang hauptsächlich beeinflusst, so kann ich das durch eine Variablenvariation unter der ceteris paribus Bedingung mit anschließendem Paarvergleich herauskriegen.
2.1 Variablenvariation mit ceteris paribus Bedingung
"Variablenvariation unter ceteris paribus Bedingung" heißt, ich halte ALLE anderen Einflussgrößen konstant und variere genau eine Varianzquelle so extrem wie möglich und höre hin, wie stark sich der Klang dadurch ändert (i. e. wieviel klangliche Varianz durch Änderung dieser Variable erzeugbar ist). Der entscheidende Punkt ist dabei, dass immer nur EINE Variable verändert werden darf und der Rest konstant bleibt, da ich NUR DANN eindeutig auf die veränderte Variable als Ursache für die Klangänderung zurückschließen kann. Ändere ich mehrere Variablen gleichzeitig, könnte JEDE der veränderten Variablen eine Ursache der Klangänderung sein - das hilft an dieser Stelle natürlich nicht weiter, denn ich will ja Einflüsse isolieren.
Beispiel
Will ich also wissen, für wieviel klangliche Varianz die Variable "Finger" verantwortlich ist, könnte ich einfach möglichst unterschiedliche Gitarristen (mit verschiedenen "Fingern") über das gleiche Rig spielen lassen und hören, wieviel sich am Klang ändert. Unter diesen Bedingungen können die Gitarristen NUR durch ihre unterschiedliche Spielweise Einfluss auf den Klang nehmen, mithin können NUR die Finger als Ursache klanglicher Variationen in Betracht kommen.
Gleiches lässt sich für jede andere Variable durchführen, beispielsweise für die Variable "Verstärker". Bei Konstanthaltung aller anderen Einflussfaktoren beobachte ich die maximale klangliche Variation, die sich durch unterschiedlichste Verstärker erzeugen lässt. Nach Durchführung dieser Schrittes habe ich ein hörbares Resultat, dass mir zeigt, wieviel sich klanglich durch die jeweilige Varianzquelle bewegen lässt.
2.2 Vollständiger Paarvergleich
Nachdem ich die Variablenvariation unter der ceteris paribus Bedingung (=partielle Variation) für diese zwei Variablen durchgeführt kann ich hergehen und vergleichen: War die klangliche Varianz, die ich durch die partielle Variation der "Variable" Finger erzeugt habe größer/kleiner/gleich der Variation, die ich durch die partielle Variation der Variablen "Verstärker" erzeugt habe? Das Ergebnis könnte dann etwa lauten: Durch die Wahl verschiedenster Verstärker kann ich mehr Klangvariationen erzeugen als durch die Wahl unterschiedlicher Finger, also gilt Varianz (Verstärker) > Varianz (Finger)
Führe ich derartige Vergleiche für alle Varianzquellen durch (sog. vollständiger Paarvergleich), und notiere mir jedes Mal, welche Variable aus dem betrachteten Pärchen mehr oder weniger Einfluss hat, so erhalte ich am Ende dieses Prozesses eine Rangordnung der Varianzquellen. Diese Rangordnung erlaubt mir nun eine Aussage darüber, welche Variable relativ zu den anderen mehr oder weniger Einfluss auf den Klang nimmt.
Hypothetisches Beispiel für eine Rangordnung der Varianzquellen
Varianz (Amp) > Varianz (Effekte) >Varian (Finger) > Varianz (Gitarre) -> Varianz (Kabel)
Will heißen: Die größte erzielbare Klangvariation ist über die Varianzquelle "Amp" zu erzielen. Am zweitstärken wäre der Einfluss, der sich durch Effekte erzielen lässt usw.
Mit einer auf diese Weise gewonnenen Rangordnung der Varianzquellen habe ich also die Möglichkeit auf nachvollziehbare und überprüfbare Weise Aussagen darüber zu machen, woher denn der heißgeliebte Ton hauptsächlich kommt. Das sich dabei die Finger wirklich als die größte Varianzquelle herausstellen sollten, ist fraglich.
Soweit die Theorie mit der ich herausfinden was die einzelnen Elemente der Signalkette zum Klang beitragen...
3. Die Einflussschätzung in der Praxis sieht wie so oft ganz anders aus: Jeder behauptet was er will, so dass der Sound mal aus den Fingern, mal aus dem Amp oder auch mal aus dem Kabel/der Batterie des Effektgeräts (Eric Johnson) kommt?
Gründe dafür könnten u. a. sein:
4. Probleme meines Ansatzes:
Weiteres in Kürze.
In Ansätzen durchgeführt habe ich eine derartige Analyse (mit Erläuterungen) hier: https://www.musiker-board.de/vb/pla...den-sound-14-pleks-im-vergleich-mit-mp3s.html
Kommt der Ton aus den Fingern? Oder aus dem Amp? Oder doch ganz woanders her?
1. Die forschungsmethodische Perspektive
Betrachtet man die Frage nach den Quellen des Tons aus forschungsmethodischer Perspektive, so kann man grundsätzlich sagen, dass es eine gewisse Menge von Quellen für klangliche Varianz (sog. Varianzquellen) gibt, aus denen sich der Ton speist. Eine Varianzquelle ist JEDE Variable, deren Veränderung eine Änderung (Variation) des hörbaren Klangs bewirkt. Beim Gitarrenspiel ist folglich JEDES veränderliche Element der Signalkette eine potentielle Varianzquelle, beginnend bei den Fingern welche den energetischen Anfangsimpuls liefern, der von den weiteren Kettengliedern überformt wird. (Varianz ist hier übrigens nicht im strengen statistischen Sinne gemeint, sondern mehr als Synonym für Variationen/Veränderungen)
Beispiel für Varianzquellen innerhalb einer Signalkette:
Finger->Gitarre->Kabel->Effekte->Vorstufe->Endstufe->Lautsprecher->Ohr
Jede dieser Variable ließe sich bei Bedarf weiter aufdifferenzieren in Subvariablen, z. B. bei der Gitarre in Holz, PUs, Bauweise, usw. Oder bei den Finger in Anschlagsposition, -winkel, -stärke, etc.
Kurzer Exkurs: Was ist Klang/Ton?
Die Wahrnehmung eines Klangs lässt sich durch folgende Variablen beschreiben:
Klang resultiert also aus der Summe aller Einflussfaktoren, die auf die vier vorgenannten Variablen einwirken.
- Tonhöhe (=Frequenz),
- Tondauer,
- Lautstärke,
- Klangfarbe (resultiert aus unterschiedlich zusammengesetzten Obertonspektren)
2. Prüfmethodik/Schätzung der relativen Einflussgröße
Will ich wissen, welche dieser Varianzquellen den Klang hauptsächlich beeinflusst, so kann ich das durch eine Variablenvariation unter der ceteris paribus Bedingung mit anschließendem Paarvergleich herauskriegen.
2.1 Variablenvariation mit ceteris paribus Bedingung
"Variablenvariation unter ceteris paribus Bedingung" heißt, ich halte ALLE anderen Einflussgrößen konstant und variere genau eine Varianzquelle so extrem wie möglich und höre hin, wie stark sich der Klang dadurch ändert (i. e. wieviel klangliche Varianz durch Änderung dieser Variable erzeugbar ist). Der entscheidende Punkt ist dabei, dass immer nur EINE Variable verändert werden darf und der Rest konstant bleibt, da ich NUR DANN eindeutig auf die veränderte Variable als Ursache für die Klangänderung zurückschließen kann. Ändere ich mehrere Variablen gleichzeitig, könnte JEDE der veränderten Variablen eine Ursache der Klangänderung sein - das hilft an dieser Stelle natürlich nicht weiter, denn ich will ja Einflüsse isolieren.
Beispiel
Will ich also wissen, für wieviel klangliche Varianz die Variable "Finger" verantwortlich ist, könnte ich einfach möglichst unterschiedliche Gitarristen (mit verschiedenen "Fingern") über das gleiche Rig spielen lassen und hören, wieviel sich am Klang ändert. Unter diesen Bedingungen können die Gitarristen NUR durch ihre unterschiedliche Spielweise Einfluss auf den Klang nehmen, mithin können NUR die Finger als Ursache klanglicher Variationen in Betracht kommen.
Gleiches lässt sich für jede andere Variable durchführen, beispielsweise für die Variable "Verstärker". Bei Konstanthaltung aller anderen Einflussfaktoren beobachte ich die maximale klangliche Variation, die sich durch unterschiedlichste Verstärker erzeugen lässt. Nach Durchführung dieser Schrittes habe ich ein hörbares Resultat, dass mir zeigt, wieviel sich klanglich durch die jeweilige Varianzquelle bewegen lässt.
2.2 Vollständiger Paarvergleich
Nachdem ich die Variablenvariation unter der ceteris paribus Bedingung (=partielle Variation) für diese zwei Variablen durchgeführt kann ich hergehen und vergleichen: War die klangliche Varianz, die ich durch die partielle Variation der "Variable" Finger erzeugt habe größer/kleiner/gleich der Variation, die ich durch die partielle Variation der Variablen "Verstärker" erzeugt habe? Das Ergebnis könnte dann etwa lauten: Durch die Wahl verschiedenster Verstärker kann ich mehr Klangvariationen erzeugen als durch die Wahl unterschiedlicher Finger, also gilt Varianz (Verstärker) > Varianz (Finger)
Führe ich derartige Vergleiche für alle Varianzquellen durch (sog. vollständiger Paarvergleich), und notiere mir jedes Mal, welche Variable aus dem betrachteten Pärchen mehr oder weniger Einfluss hat, so erhalte ich am Ende dieses Prozesses eine Rangordnung der Varianzquellen. Diese Rangordnung erlaubt mir nun eine Aussage darüber, welche Variable relativ zu den anderen mehr oder weniger Einfluss auf den Klang nimmt.
Hypothetisches Beispiel für eine Rangordnung der Varianzquellen
Varianz (Amp) > Varianz (Effekte) >Varian (Finger) > Varianz (Gitarre) -> Varianz (Kabel)
Will heißen: Die größte erzielbare Klangvariation ist über die Varianzquelle "Amp" zu erzielen. Am zweitstärken wäre der Einfluss, der sich durch Effekte erzielen lässt usw.
Mit einer auf diese Weise gewonnenen Rangordnung der Varianzquellen habe ich also die Möglichkeit auf nachvollziehbare und überprüfbare Weise Aussagen darüber zu machen, woher denn der heißgeliebte Ton hauptsächlich kommt. Das sich dabei die Finger wirklich als die größte Varianzquelle herausstellen sollten, ist fraglich.
Soweit die Theorie mit der ich herausfinden was die einzelnen Elemente der Signalkette zum Klang beitragen...
3. Die Einflussschätzung in der Praxis sieht wie so oft ganz anders aus: Jeder behauptet was er will, so dass der Sound mal aus den Fingern, mal aus dem Amp oder auch mal aus dem Kabel/der Batterie des Effektgeräts (Eric Johnson) kommt?
Gründe dafür könnten u. a. sein:
- die wissenschaftliche Methodik ist nicht bekannt, so dass keine systematischen Tests durchgeführt werden können (insbesondere gilt dies für die lieben "Fach"-Zeitschriften)
- selbst wenn die Methodenkenntnis da ist, ist eine methodisch saubere Herangehensweise ist unangenehm aufwendig, um nicht zu sagen ZU aufwendig
- kommt es doch zu mehr oder weniger systematischen Tests werden trotzdem noch Fehler begangen, die die Aussagekraft schmälern: Beispielsweise könnte beim Variieren von Variablen nicht die maximale Variationsbreite ausgeschöpft werden. Dies führt zum Unterschätzen des Variablenbeitrags zur klanglichen Varianz. Beispiel: Ich teste den Einfluss von Plektren auf den Klang. Wenn ich nur ähnlich klingende Nylon-Plektren teste und dann folgere, Plektren hätten nur wenig Einfluss auf den Klang unterschätze ich die klangliche Varianz, da ich nicht die gesamte Variationsbreite der Variable abgedeckt habe, etwa durch Metalplektren oder andere Materialien.
- Ebenfalls sehr häufig bei Tests zu beobachten: Konfundierung (=gemeinsame Variation) von Variablen: Es ist in der Praxis oft nicht möglich GENAU eine Variable zu variieren und ALLE anderen konstant zu halten. Meistens werden doch immer MEHRERE Variablen auf einmal geändert, so dass ein genauer, ursächlicher Rückschluss auf die Verursachervariable nicht mehr möglich ist. Beispiel: Es ist sehr aufwendig Gitarrenholz, PUs und Gitarrenbauform GETRENNT voneinander zu variieren. Variert man sie zusammen kann es zu widersprüchlichen Aussagen bezüglich der Wirkung von Klanghölzern, PUs und Bauweisen kommen, da man eben nicht mehr weiß, was nun verantwortlich war für die Klangänderungen.
- Ein eher psychologischer Grund: Genaues, methodisch sauber gewonnenes Wissen ist oft gar nicht erwünscht, weil es tradierte Gitarristenmythen und subjektive Überzeugungen "erfahrener" Spieler zerstört. Es geht hier also um Selbstwertschutz ("Ich als erfahrener Spieler kann doch nicht falsch liegen!" und die Aufrechterhaltung von angenehmen Kontrollillusionen darüber, worauf es "wirklich" anzukommen scheint (Bestes Beispiel: Batterie- und Kabelfetisch von Eric Johnson, der selbst die Flöhe husten hört). Einem Erkenntnisfortschritt ist dies nicht dienlich.
4. Probleme meines Ansatzes:
- Es gibt wahrscheinlich Interaktionen zwischen Variablen, die sich durch eine PARTIELLE Variation (alles andere wird also KONSTANT gehalten) nicht erfassen lassen. Beispielsweise könnte die Kombination aus "Finger" und "Amp" in ihrer Wechselwirkung miteinander MEHR Klangvariation erzeugen, als wenn man lediglich die einzelnen partiellen Varianzbeiträge addiert. Anders ausgedrückt: Das ganze ist u. U. mehr als die Summe seiner Teile.
- Es ist nicht möglich die erzeugte klangliche Variation genau durch Zahlen zu quantifizieren, etwa als Prozentangaben. Man kann nur ein größer/kleiner/gleich angeben, ohne genau zu wissen wie groß die Unterschiede sind. Dh. es gibt kein numerisches Maß für die Klangvariation. Wer ein solches kennt/konstruieren kann möge dies bitte kurz erläutern.
- ansprechendes Instrumentalspiel ist mehr als nur Klang im hier definierten Sinne. Melodien, Rythmen und weitere Variablen höherer Ordnung wirken sich ebenfalls auf das Gesamterlebnis, was durch meinen Ansatz jedoch nicht erfasst ist.
Weiteres in Kürze.
In Ansätzen durchgeführt habe ich eine derartige Analyse (mit Erläuterungen) hier: https://www.musiker-board.de/vb/pla...den-sound-14-pleks-im-vergleich-mit-mp3s.html
- Eigenschaft
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