Hallo Leute
also, da ich hier jetzt schon viel gelesen habe, über verpasste Chancen und was wäre wenn, möchte ich euch jetzt mal meine Geschichte erzählen.
Als Knirps hat mich die Musik schon immer interessiert und es stand auch für mich fest, das ich mal selbst Musik machen will.
Mit 14 habe ich mir dann meine erste Gitarre gekauft, eine Hertiecaster, gebraucht. Da kein Geld für einen Gitarrenlehrer da war, habe ich mir alles selbst beigebracht und mir von älteren Freunden einiges abgeschaut. Als ich dann eine Lehre angefangen habe und etwas Geld verdient habe, kaufte ich mit was besseres, eine weiße Strat mit Ahorngriffbrett von Luxor. Ich war Stolz wie noch was und das Üben fiel mir jetzt auch wesentlich leichter, denn die Hertiecaster war einfach nur mies gewesen.
In der Berufsschule lernte ich dann jemanden kennen der Schlagzeug spielte und wir kamen ins Gespräch das damit endete, das wir eine Band gründeten. Er kannte noch einen Gitarristen der auch noch singen konnte, einen Bassisten und einen Keyboarder. So war die Band "Sunbirth" geboren. Wir coverten alles mögliche, hatten einige eigene Songs und spielten auf Partys und später auch auf kleineren Festen. Wir waren gar nicht mal so schlecht.......
Von dem anderen Gitarristen lernte ich noch einiges dazu und war nach drei Jahren Gitarre spielen wirklich gut und auch ziemlich schnell. Ich hatte meine Gitarre in jeder freien Minute in der Hand und übte täglich mehrere Stunden.
Dann war mir zwei mal pro Woche eine Bandprobe zuwenig und ich habe mir eine zweite Band gesucht bei der ich einsteigen konnte. Jetzt war ich ausgelastet und hatte gefunden was ich gesucht habe. Ich konnte mit zwei Bands proben, wir hatten kleinere Auftritte und eine Menge Spaß.
Das ganze ging knapp 5 Jahre so weiter, mit Höhen und Tiefen und hat sich dann totgelaufen. Meine eigene Band hat sich aufgelöst und die andere kurz darauf ebenfalls.
Ich hatte dann noch eine andere Band gefunden die Musik in meiner Richtung gemacht hat, allerdings haben sie auch um Geld zu verdienen "Unterhaltungsmusik" gemacht. Das war überhaupt nicht meine Welt und deshalb bin ich ausgestiegen.
Jetzt spielte ich nur noch für mich.
Dann lernte ich meine Frau kenne und gründete eine Familie, hatte einen festen Job und kaum noch Zeit zum spielen. Außerdem drückte des öfteren die Finanzlast und ich beschloß eines Tages mein Equipment (4 Gitarren, Luxor, Hoyer, Fender, Marshall usw.) zu verkaufen. Ich war 25 zu diesem Zeitpunkt.
Vor zwei Jahren hat sich meine Tochter entschlossen Gitarre spielen zu lernen. Also bin ich mit meiner Family in die Stadt gefahren und wir sind in einen Gitarrenladen gegangen.
Dort habe sich dann meine Tochter eine Gitarre ausgesucht und ich habe mir gleich auch eine gekauft, klar, so kann ich es Ihr besser beibringen. Es war eine günstige Westerngitarre, nichts besonderes.
Ich war zu diesem Zeitpunkt 46 Jahre alt.
21 Jahre lang hatte ich keine Gitarre mehr in der Hand gehalten, aber es hat mich sofort wieder gepackt. Ich konnte noch ein paar Akkorde und sogar noch ein paar Melodien.
Und es sollte auch nicht die einzige Gitarre bleiben. Mittlerweile spiele ich wieder E-Gitarre.
Allerdings ist die Zeit nicht spurlos an mir vorbei gegangen. Nach über zwei Jahren die ich jetzt wieder spiele, merke ich, daß ich längst nicht mehr so schnell bin wie früher und es auch nicht mehr sein werde. Mir fällt es schwer einen Song einzustudieren, zu lernen, zu üben, mich zu konzentrieren. Überhaupt dran zu bleiben und einen Song komplett lernen.
Ich habe viel zu wenig Zeit für die Gitarre und auch leider keinen eigenen Raum zum üben.
Weil ich auch nicht immer die nötige Ruhe zum spielen habe, habe ich mich auch darauf verlegt an meinen Gitarren zu bastlen, sie besser zu machen. Das macht mir auch eine Menge Spaß, allerdings nicht soviel wie darauf zu spielen.
Meine Frau liebt die Musik von Santana und ich habe angefangen "Europa" für sie (und natürlich auch für mich) zu üben. Klappt ganz gut, aber da ich leider zu wenig Zeit zum Üben habe, dauert es ewig bis ich es kann. Wenn ich dann wieder ein Stück weiter gekommen bin und ein paar Tage nicht zum spielen kam, hatte ich das meiste wieder vergessen (nein, ich habe kein Alzheimer
).
Aber egal,mir macht es heute aber auch einfach Spaß, ein bißchen zu schrammeln, einfach mal nach einem harten Arbeitstag den Amp hochzudrehen und abzurocken. Egal was, auch wenn es schief klingt. Und wenn ich mal down bin, dann spiele ich etwas langsameres, auch egal ob es schief klingt. Hauptsache ich habe eine Gitarre in der Hand.
Und wenn ich mal Ruhe und Zeit habe, dann übe ich irgendwas neues ein, aber ich habe immer das Gefühl viel zu wenig Zeit zu haben......................................
Ich liebe es zu spielen, meine Frau hört mir gerne zu, aber ich habe auch das Gefühl in den letzten 21 Jahren einiges verpasst zu haben.
Wenn ich damals nicht aufgehört hätte....
Man, 32 Jahre Gitarre, ich wäre wahrscheinlich ein Top Gitarrist.
Oder auch nicht, vielleicht wäre etwas anderes dazwischen gekommen?
Das ist etwas was mich nicht mehr loslässt seit ich diesen Thread gelesen habe.
Was wäre wenn?
Aber das alles soll nicht so negativ klingen. Ich bin froh das ich wieder Gitarre spiele, wenn auch mehr schlecht als recht. Ich habe eine super Frau und 4 Kinder, außerdem einen ziemlich sicheren und gutbezahlten Job. Uns geht es gut, aber ich bereue es nicht wieder früher mit dem spielen angefangen zu haben. Ich habe viel verpasst und kann das nicht mehr aufholen.