Hey Paule und alle anderen,
ich fand deinen "letzten Satz" gar nicht soooo falsch und schon gar nicht OT.
Ein bisschen idealistisch ausgedrückt, vielleicht.
Es ist aber wohl legitim, sich von seinen Überzeugungen zu entfernen.
Die Wissenschaft könnte bei der Bestätigung deiner These helfen, bzw. hat schon geholfen und wahrscheinlich begegnet jeder Mensch der Musik auf irgendeine Weise, einmal für immer, immer wieder neu, oder nur in einem Lebensabschnitt.
Für uns zählt die Intensität der Musik, ihre stärkende Vielfalt, die unser Dasein stärkt und unser Leben in der Gemeinschaft oder auch nur allein verbessert.
Im Grunde hat Foxytom meine Gedanken vorweggenommen.
Auch ich gehe regelmäßig aus dem Haus, um Musik mit anderen Menschen zu machen.
Zeitweise war es das Einzige im Leben, was mich dazu brachte, Kontakt mit anderen Menschen zu suchen.
Ich dachte alles andere kann ich alleine schaffen.
Um meine Musik zu machen, brauchte ich immer die Inspiration und die Kreativität von Musikern, obwohl ich meine Songs und meine Texte seit zwanzig Jahren selber schreibe und dabei für mich immer noch weiter lerne, ist es immer noch dieser "Magic Moment" beim Arrangieren eines Musikstückes, wenn plötzlich alles zusammengeht, den ich suche.
Nach dem ich süchtig bin.
Ich habe mich oft gefragt, ob ich das nur aus egoistischen Motiven betreibe, meine Mitmusiker also quasi "benutze" um meine musikalischen Bedürfnisse auszuleben.
Ich kann die Frage nicht beantworten, aber ich weiß, dass die Musik (und meine Texte als Teil davon) meine Sprache ist, mit den Menschen in Kontakt zu treten.
(deshalb schreibe ich konsequenter Weise nur noch auf deutsch.)
Ich habe die Musik als mein Schutzschild, das mich auch tragen kann (wie bei den Galliern)
Ich würde von der Anlage meiner Persönlichkeitsstruktur her nie mit irgendwas auf eine Bühne steigen. Für die Musik mache ich sogar nen Frontmann.
Die Musik macht mich stark und ich werde über Äußerlichkeiten hinaus auf eine Art und Weise für das was ich da mache, bestätigt, die beinahe mein ganzes Selbstbewußtsein und Selbstwertgefühl hervorruft.
Sowohl im Kreise meiner Bandmitglieder als auch bei den Leuten, die meine Mukke und meine Texte kennen, habe ich damit einen Weg gefunden anderen Menschen nahe zu sein, ohne ihnen Nahe zu treten.
Aufdringlichkeit und Angeberei hasse ich wie die Pest. (Auch wenn sich das hier vielleicht ein bisschen dick aufgetragen anhört) Ich will die Welt nicht verbessern und auch keinen Zeigefinger erheben. Ich bin zu faul für die Politik und zu ängstlich für Greepeace.
Aber ich habe meine Musik, sie ist auch irgendwie eine Waffe, meine Antwort auf die trüben Nachrichten aus der Tagesschau, mein ganz persönlicher Hoffnungsgedanke und meine Stütze, wenn ich ganz unten war.
Und sie ist ein Angebot,
ein Angebot mich kennenzulernen, wenn man will, ohne Gegenleistung oder Verpflichtung.
Eine tiefe Verbundenheit im Geiste, die auf vielerlei Arten ausgeprägt sein kann, kann sich so entwickeln. Und das macht mich glücklich.
Meine Musik ist ein ständiges Anklopfen an die verschlossenen Türen hinter denen die Menschen sitzen.
Manchmal passiert es, dass ich reinkommen darf.
Es ist ein bisschen so wie mit euch hier im Forum, obwohl es nicht die individuelle Musik ist, die uns verbindet, sondern der Glaube, uns vermeintlich auf derselben Welle zu befinden.
Dabei sind wir wohl auch mit allen Nichtmusikern in der gleichen Nussschale im Ozean des Universums unterwegs.
Viele Menschen wollen im Leben unbedingt etwas bewegen, etwas Großes tun, berühmt werden, ein Gutmensch sein oder in den Geschichtsbüchern stehen oder etwas an ihre Nachkommen weitergeben. Sei es nur der Glaube an die Kraft der Wahrheit und der Liebe.
Meine Motivation und Stärke und die daraus für mich erwachsende Verantwortung ist die Musik. Also mache ich Musik, so gut wie ich kann.
Für mich, damit ich überleben kann.
Für meine Frau und meine vier Kinder, damit sie sich auch mal an mir aufrichten können.
Und für alle, die mich kennen lernen wollen, um gemeinsam Mensch zu sein und Glück zu empfinden.
Das ist meine Überzeugung. Musik ist im besten Falle Hoffnung, Respekt und Vertrauen.
Es ist nicht wichtig, ob man diese Erkenntnis zwanzig Jahre oder zwei Tage in seinem Herzen bewegt.
Es ist auch nicht wichtig, ob man zwischendurch mal die Spur verlässt.
Auch ich spiele hin und wieder blutrünstige Ego-shooter am PC - warum nur?
Aber das ist ein anderes Thema.
Wie oft habe ich gedacht, warum machst du das eigentlich, wo sind deine Ziele.
Wie oft hat es mich früher runtergezogen, realisieren zu müssen, wie klein die Chancen sind, mit eigener Musik erfolgreich zu sein.
Wie oft war ich enttäuscht, wenn die Versprechungen der "Wichtigen Leute aus dem Business" sich mal wieder als unhaltbar erweisen sollten.
Meine Musik ist mein Thermometer, dass mir zeigt, dass ich noch nicht kalt geworden bin.
Und eben das ist für mich ein Indiz, dass ich erwachsen geworden bin und mitten im Leben mit vielen interessanten Zeitgenossen stehe.
Ich danke euch für die Aufmerksamkeit.
Grüße
willy