Interessante Geschichten hier, immer wieder unterhaltsam zu lesen.
Meine eigene begann schon vor einigen Jahren.
Ich lese hier immer, dass die Leute angefangen haben, als sie Metallica gehört haben
Das ging bei mir nicht, da sich in dem Jahr, als ich das erste Mal eine Gitarre in der Hand hatte, Metallica gerade gegründet hat.
Meine musikalischen Wurzeln liegen ohnehin wo ganz anders. Wie ich dazu kam, selbst Gitarre zu spielen? Ich würde mal sagen, der Zünder waren so Sachen wie Heart oft Gold, die in meinem Freundeskreis gern gespielt und gesungen wurden. Ich will die Hauptmotivation jetzt nicht darauf reduzieren, dass man besser bei den Mädels landen konnte - aber es funktionierte
Ich habe die ersten Jahre ausschließlich akustische Gitarre gespielt.
Folkrock und Blues, eigene Songs schreiben - das war, was mich als teenie fasziniert hat. Gitarre war dabei lediglich das Mittel zum Zweck und technische Versiertheit eher weniger im Fokus. Der Song zählte.
In meinen jungen Jahren "erbte" ich eine gar nicht mal so schlechte semiakustische E-Gitarre vom Sänger und Gitarrist Peter Klein der Zwickauer Band "Albatros", mit dem ich nach einem Gig eine Nacht durchzechte und jammte. Ich Idiot konnte damals nicht viel damit anfangen und "verschenkte" sie weiter für 50 Mark. Darüber ärgere ich mich heute noch.
Motivation, alle möglichen Akkorde zu lernen, hatte ich trotzdem. Als nach drei Jahren - alles autodidaktisch - die wichtigsten Barregriffe flüssig liefen, hatte ich das Gefühl, meiner rechten Hand mehr Aufmerksamkeit widmen zu müssen.
Ich kaufte mir ein Lehrbuch mit Schallplatte für Fingerpicking und adäquate Country-, Folk- und Bluesbegleitung. Damals waren Tabs nicht verbreitet und so war alles nur in Standard-Notation. Gut, dass die Platte dabei war, sonst hätte ich nie begriffen, wie das rhythmisch gemeint ist.
Nachdem ich die Platte das erste Mal hörte, war ich gelähmt vor Ehrfurcht und mir gleichsam sicher: das werde ich nie können.
Aber ich bin ein Holzkopf und wenn ich mir was in denselben gesetzt habe, muß ich mit ihm auch durch die Wand.
Ich weiß nicht, wie viele Male ich damals die einzelnen Pickingpattern wiederholt habe. Aber eins weiss ich mit Sicherheit: Nach monatelangem harten und teilweise verzweifelten Üben lief es immer flüssiger und irgendwann hatte ich es.
Wenn ich Rückschau halte, war das der Zeitpunkt, als aus mir wirklich ein Gitarrist wurde.
Mit 18 oder 19 hatte ich die erste Band, in dieser Zeit setzte ich mich auch erstmals ernsthafter mit der elektrischen Gitarre auseinander.
Ich wußte nicht viel darüber, wie eine Rockband funktioniert und was man alles machen muß, damit es so klingt, wie es soll. Aber ich wußte, dass wir ein Schlagzeug brauchten und einen E-Bass und dass ich da mit der akustischen untergehe (die ganzen "unplugged" - Sachen waren da noch nicht geboren, man unterschied eigentlich nur zwischen Rock mit Verstärkern, Schlagzeug usw. und Singer/Songwriter - Sachen ohne das alles).
Das war eine echt spannende Zeit, so völlig ahnungslos und naiv, wie wir da ran gegangen sind. Aber es hatte musikalisch so etwas unbeschwertes und freies, was ich später so nicht mehr erlebt habe. Es war mitten in den 80ern, ich stand auf die schon etwas in die Jahre gekommenen frühen Songs der Dire Straits und ihren Gitarrensound. Sowas in der Art versuchten wir auch zu machen, ohne natürlich spielerisch schon genug zu können.
Wie das Leben so läuft, ging irgendwann alles auseinander. Für mich war dann auch erst einmal komplett Schluss. Für gut 10 Jahre rührte ich keine Gitarre mehr an, da mich mein Leben (Kinder, Job, Umzüge...) vollkommen in Beschlag nahm.
Erst als im Jahr 2000 ein bluesender Arbeitskollege die Idee hatte, dass wir gemeinsam eine Blues-/Rockband aufziehen, fing ich schnell Feuer. Ich kaufte mir ein bisschen Equipment, eine (dämliche) Squier - Strat, die sch... klang aber billig war, etwas später eine geile Gibson LP Special und einen Line6 Flextone I.
Aus der Blues-/Rockband ist zwar nix geworden, aber die Energie haben wir mitgenommen und gleich noch eine weitere Band gegründet.
Diverses Rock-Coverzeugs. Ich persönlich bin nicht so der "Standard"-Rocker, mich langweilt das Zeug zu spielen, was sich die meisten Leute draufbringen, wenn sie Gitarre lernen.
Nicht, dass ich die alten Helden nicht mag, aber Hendrix, Townshend, Page, Gilmour... selber spielen? Habe ich eigentlich nie wirklich Lust drauf gehabt.
Die gesamte Weiterentwicklung der Spieltechnik, die mit Van Halen kam - was man "moderne Gitarre" nennt - spricht mich null an. Von drop-tunings und irgendwelchen Shreddersachen brauchen wir gar nicht erst reden - kein Interesse.
In den letzten Jahren bin ich eigentlich fast ausschließlich von verschiedenen Indiesounds beeinflußt. Ich spiele viel fast clean, gern mit Delay und Hall, gern Gitarren mit Trem/Bigsby. Und natürlich immer noch Akustikgitarre.
Das einzige, was ich wirklich lang und intensiv geübt habe, waren diverse Solotechniken und Solos früher von Slash und Herrn Knopfler und neuerdings von Nels Cline.
Tja, heute bin ich musikalisch sehr aktiv und spiele bis auf wenige Ausnahmen täglich mehrere Stunden. Ich habe ständig zwei Bandprojekte am Laufen, man kann schon sagen, dass ich fast meine gesamte Freizeit irgendwie musikalisch verbringe.
Manchmal wird es mir rein zeitlich etwas viel, da versuche ich dann, mich ein wenig zurück zu nehmen, um nicht das Augen zu verlieren, warum ich das alles mache: den Spaß.
Dann ziehe ich mich ins heimische Kämmerlein zurück und genieße es, in Ruhe einfach nur für mich zu spielen.
Ich übe schon lange nicht mehr um des reinen Üben willens. Gigs, Gigvorbereitungen, Songschreiben, Arrangements und Solo entwickeln sind Übung genug.
Meine Spielweise würde ich selbst als schwer kategorisierbar einschätzen. Irgendwie speziell(wie gesagt, ich mag keine Standards). Meine Stärken liegen nach wie vor im groovigen Rhythmusspiel mit kleinen Melodieschnipseln als Einlagen. Was für ein Stil? Keine Ahnung, irgendwie Roots-Rock mit einem leichten Hauch Country- und Southernrock gemischt mit Johnny Marr - ähnlichen Sachen. Oder so. Ich habe lange Zeit ohne Plek gespielt, da ich mit den Fingern deutlich mehr Kontrolle hatte. In letzter Zeit tendiere ich mehr zum Plektrum, wegen dem größeren Dynamikumfang.
Ich konzentriere mich derzeit verstärkt auf mein Solospiel, der Jazzmaster- Sound von Nels Cline hat es mir angetan.
Vielleicht werde ich bei Gelegenheit mal ein selbst entwickeltes Solo einstellen, setzt aber voraus, dass wir mal die Zeit finden, es gut aufzunehmen. Und natürlich, dass ich damit sicher genug bin. Das wird.
Ist jetzt doch so viel Text geworden und wollte ich einzelne Details der nun etwa 30 Jahre beleuchten, bräuchte ich noch viel mehr Zeit und Raum, deshalb nur ein grober Abriss
Vielleicht noch als kleine Ergänzung: Ich habe mir bei meiner Entwicklung nur Sachen zugemutet, die mir auch wirklich Spaß gemacht haben. Sportlicher Ehrgeiz in allen Ehren, doch der soll dort bleiben, wo er hin gehört. Und das ist nicht bei musikalischer Beschäftigung. Ich verabscheue nichts mehr, als seelenlos runter gespielte Gitarrentechniken, seien sie auch noch so hoch entwickelt. In meinen Augen hat das keinen Wert. Es ist viel einfacher, mit vielen gespielten Noten nichts auszudrücken als mit wenigen, gezielten Noten viel.
Eine Sache kann ich den jüngeren mit auf den Weg geben: Lasst es einfach fließen. Viele Sachen kommen im Laufe der Zeit von selbst und werden dann viel authentischer. Auch wenn das heutzutage anders scheint, hat man doch jederzeit und überall einen unerschöpflichen Fundus an Anregungen und Hilfen im Zugriff.
Lasst euch Zeit, vertraut auf eure eigene Kreativität und lasst ihr Zeit, sich zu entwickeln.