Ich möchte, nachdem ich ja nun doch schon den einen oder anderen Monat im Forum angemeldet bin und mich auch sehr wohl fühle, nun einmal schreiben, wie ich eigentlich zur Gitarre gekommen bin.
1967, als ich im zarten Alter von sieben Jahren war, starb mein Großvater und hinterließ unter anderem ein Hohner-Akkordeon. Wie es hieß habe er sich gewünscht, dass ich es bekomme und darauf spiele. Mal abgesehen davon, dass ich mit 7 Jahren diesen Riesenklopper kaum tragen konnte, war Akkordeon auch nicht mein Instrument. Ich verweigerte die Annahme.
Durch die damaligen
Kurzschuljahre bedingt (Einschulung im Frühjahr 1966) kam ich bereits mit 9 Jahren in die 5. Klasse. Dort gab es einen Musiklehrer der von jedem Schüler erwartete, ein Instrument zu spielen. Instrumente waren aber nicht etwa Gitarre, Schlagzeug oder ähnliches, sondern Flöte (welche Art auch immer), Klavier und ähnliches. Dieser Lehrer war ein ausgesprochener Klassik-Fan und schlimmer noch, es gab aus seiner Sicht keine andere berücksichtigungswürdige Musik.
Die Schüler, die kein Instrument spielen konnten, bekamen die Blockflöte aufgezwungen. Und Noten lernen war ebenfalls angesagt. Ich fand Blockflöte Mist und Noten umso mehr, folglich erhielt ich in Musik die Note "mangelhaft". Zum Glück wurde Musik ab der 7. Klasse "eingespart".
Mit etwa 12 Jahren (1972/73) eröffnete ich meinen Eltern, dass Gitarre doch ein annehmbares Instrument sei. Mein Vater weigerte sich jedoch aufgrund der bisherigen Erfahrungen mir eine zu kaufen. Unser Nachbar hatte aber eine alte, ausgenudelte Gitarre mit Nylonsaiten. Die lieh er mir und ich nahm Gitarrenunterricht. Soweit ich mich heute erinnere handelte es sich bei dem Gitarrenlehrer um einen Studenten, der sich ein paar DM dazuverdienen wollte. 1/3 des Unterrichts fiel aus, die andere Zeit ging er mit wenig Lust an die Sache heran, kurz, ich lernte C, F, G und A-moll und das war's auch schon ziemlich. Aber ich übte und wurde nur einmal von meiner Mutter ausgebremst, weil meine Finger ein wenig bluteten.
Da ich nun doch bewiesen hatte, dass ich spielen wollte, kaufte mir mein Vater von einem Bekannten aus Halle (damalige DDR) eine gebrauchte E-Gitarre, endlich
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Damals wie heute liebte ich die Beatles. Ich sparte mir das damals sauteure Buch "Beatles Complete" zusammen und übte wie ein Irrer die Lieder.
Während meines Konfirmandenunterichtes lernte ich die Tochter eines Pastors kennen. Sie war ein wenig älter als ich und spielte auch während der Gottesdienste Gitarre. Sie bot mir an, mir einige Dinge beizubringen. So lernte ich dann "endlich" den Quintenzirkel und wie man Barré richtig greift. Ich saugte etwa ein Jahr lang alles auf, danach meinte sie, den Rest müsse ich mir selber beibringen.
Ich traf mich mit einem weiteren Gitarristen und wir beide spielten gemeinsam, auch öffentlich, ich die Schlaggitarre, er die Lead-Gitarre. Ich war etwa 16 Jahre alt und war stolz wie Oskar. Kurze Zeit später kam noch jemand zu uns, ein Ass als Lead-Gitarrist (so empfanden wir das damals) und dann sah er auch noch aus, wie Lennon. Ich kaufte von einem Freund für kleines Geld einen Höfner Violinenbass und wir probten in einer alten Ziegelei.
Etwa ein Jahre später fiel die "Band" auseinander, jeder hatte so sein eigenes Ding und zusammen hatten wir fast gar nichts mehr. Beim örtlichen "Jugendchor" wurde ein Gitarrist gesucht, da machte ich dann mit. Mit dem Organist und dem Schlagzeuger des Chores machten wir parallel dann noch ein eigenes Projekt. Wir spielten Anfangs auf Kinder-Discos und Jugendtreffs, zuerst umsonst, später für kleines Geld. Nach und nach bekamen wir auch größere Aufträge, dafür ging die Musik in eine Richtung, die nicht die Meine war (Black Föös und ähnliches).
1978-1979 hatte ich einen längeren Aufenthalt in London bevor ich im Sommer 1979 wieder zur Schule gehen sollte. Wäre dies nicht gewesen, wäre ich sicherlich heute weltberühmt.
Nein, im Ernst, ich war in London in einer Clique, einer von Ihnen produzierte gerade eine Band denen ein Bassist fehlte. Ich hätte den Job haben können lehnte aber ab, weil ich ja in Deutschland im Sommer zur Fachoberschule gehen wollte. Na ja, ich glaube, ich hatte auch ne ganze Menge Schiss.
Irgendwann hatte ich kaum noch Zeit und ich verkaufte den Bass für 70 DM mit Koffer (ich beisse mich heute noch in den Arsch). Die irgendwann angeschaffte 12-saitige Gitarre verliess mich ebenfalls (Decke gebrochen) und am Ende hatte ich nur noch die alte tschechische E-Gitarre (aus der DDR, die), die in der Ecke verstaubte.
Anfang dieses Jahres hab ich dann den Entschluss gefasst, dass ich wieder anfangen möchte. Ich erfüllte mir einen Traum und kaufte mir eine Epiphone Casino, welche ich, weil sie in Europa zu der Zeit nicht zu bekommen war, in Kanada bestellte. Damit meine Frau nicht allzu böse wird, hab ich allerdings nur das "Eco-Modell" gekauft, also nicht die Lennon-Nachbildung für über 2000 Euro. Seitdem geht es nach und nach wieder aufwärts, was das Spielen angeht. Die Theorie verlernt man nicht, aber die Finger sind nicht mehr so geschmeidig und auch die Hornhaut muss wieder aufgebaut werden. Man muss sich täglich die Zeit nehmen und auch manchmal dazu zwingen, aber es macht Spaß und vor kurzem habe ich mir noch eine Epi-Paula Custom geleistet. Bis hierhin ist meine Frau auch milde gestimmt, da ihr gefällt, was sie hört.
Ich mache heute das, was mir früher schon Spaß gemacht hat; ich spiele Songs, hauptsächlich Beatles, aber auch U2 und andere schöne Dinge nach und freue mich, wenn ich einigermaßen in die Nähe des Originals komme (es wird nicht wirklich in die Nähe kommen, aber ich bilde es mir einfach ein, und das reicht).
Der Verkäufer eines örtlichen Musikgeschäftes, bei dem ich zuletzt einen Satz Saiten gekauft habe meinte, nachdem ich Anfangs nach D'Addario fragte, dann aber eine halbe Stunde mit ihm über Vorzüge und Nachteile dieser und jener Marke sprach um dann am Schluß doch die anfangs anvisierte D'Addario Saiten zu kaufen "alle Gitarristen haben einen Schaden". So sei es und das ist auch gut
Euch allen ein frohes Weihnachtsfest,
Michael