Ich würde so manchen der großen Kritiker hier gerne mal bei einer Veranstaltung auf der anderen, sprich Tonler-Seite erleben. Das würde glaube ich so einiges relativieren. In den letzten Jahren habe ich so einiges an Konzerten im kleinen Rahmen gemacht, der denke ich mal repräsentativ für die Mehrzahl an Gigs ist.
Es stimmt, nur selten trifft man auf wirklich hervorragende Tontechniker. Aber habt ihr euch schon mal überlegt, dass der Job nicht so anziehend ist, wie man aus der Ferne vielleicht denkt? Das fängt bei den Arbeitszeiten an. Die Band trundeln vielleicht am späten Nachmittag an. Da ist die Ton-Crew (die in kleinen Läden schon mal aus nur ein oder 2 Leuten bestehen kann) seit mehreren Stunden am Arbeiten. Material holen, Bühne aufbauen, System aufbauen, System einstellen, Monitoring einstellen, Bühne vorverkabeln, FOH aufbauen und verkabeln, Pult vorprogrammieren usw. sind nur ein paar der Punkte, die vor dem Eintreffen der Bands erledigt werden wollen.
Während dem Konzert ist man eigentlich im Dauerstress und muss vieles gleichzeitig erledigen. Im Gegensatz zum Abmischen von Recordings kann man sich ja nicht auf eine Sache nach der anderen konzentrieren, sondern muss alle im Blick haben. Geht gerade ein Instrument unter und wenn ja, warum und was kann ich tun? Passen die Hallräume? Passt die Delay-Geschwindigkeit? Kommt jetzt gleich eine Stelle, die ich mit Effekt betonen will? Baut sich irgendwo ein Feedback auf? Wie bekomme ich den Gesang mehr nach vorne? Ups, da kommt ja plötzlich ein Gitarrensolo, wie bringe ich das am besten nach vorne? Ist das ein Störgeräusch und wenn ja, wo kommt es her? Wer den Job noch nie gemacht hat, kann sich schwer vorstellen, was da alles zu beachten ist. Das da immer mal wieder Dinge untergehen und Prioritäten gesetzt werden müssen, ist vollkommen unvermeidelich.
Und nach dem Konzert ist es selten mit einem schnellen Abbau getan. Die Musiker gehen schnell zum Feiern über, man muss schon froh sein, wenn sie irgendwann ihr Geraffel von der Bühne entfernen. Bis alles andere abgebaut und verräumt ist, wurde es bei mir gerne mal 3 bis 4 Uhr früh. Den Job macht nicht jeder, gerade wenn wir von der kleinen Liga reden, in der man sehr verwundert angeschaut wird, wenn man einen Tagessatz in der Größenordnung von 250 € verlangt (aus meiner Sicht die untere Kante für halbwegs professionelles Arbeiten).
Im Prinzip ist es ganz einfach: Wer guten Ton will und sich auf seinen Tonler verlassen können will, der hat seinen eigenen und bezahlt ihn anständig. Wer das nicht will, muss auch damit rechnen, dass er nicht das beste, höflichste und zuvorkommenste Personal bekommt. Wenn die Leute das freiwillig und ohne Bezahlung machen, kann man keine professionelle Dienstleistung erwarten.
Der Tontechniker arbeitet für den, der ihn bezahlt. Wenn das nicht die Band, sondern der Veranstalter ist, wird seine erste Priorität darin liegen, diesen zufrieden zu stellen, damit er wieder gebucht wird. Das muss nicht immer vorteilhaft für die Musik sein (über die teils merkwürdigen bis weltfremden Vorstellungen und Ansprüche von Veranstaltern haben wir noch gar nicht geredet), ist aber aus Sicht des Technikers ein nachvollziehbares Vorgehen.
Was macht der Techniker? Dreht uns - trotz mehrfacher Ermahnung - die Monitore ab.
Gabs dazu eine Begründung? Grottige Akustik führt sehr schnell zu Feedbackproblemen, bei denen lautes Monitoring physikalisch einfach nicht funktioniert.
Der Musiker bestimmt den Sound, der Techniker führt ihn aus - mit den Mitteln seiner Wahl. Der Geschmack eines ausführenden Technikers ist nicht von Belang
Das setzt aber quasi voraus, dass der "Sound" des Musikers passt. Wie oft hat man es aber in der Praxis mit suboptimalem Equipment und ebensolcher Einstellung dessen zu tun? Was wenn die Band auf Grund von anderer Akustik auf der Open-Air-Bühne plötzlich vollkommen anders klingt, als im kleinen kahlen Proberaum? Dazu kommt noch, dass der Sound in vielen Bereichen von Pop, Rock, Metal usw. erst durch die Bearbeitung im Mischpult entsteht. Das extremste Beispiel ist hierbei sicher das Schlagzeug. Mikro dran, pegeln und Fader hoch funktioniert hier nur sehr eingeschränkt. Und an diesem Punkt kommt natürlich der Geschmack des Tonlers zum tragen. Anderes Beispiel: Gesang und Gesangseffekte. Natürlich ist es mein Geschmack und meine Entscheidung, wie ich Raumeffekte und Delays beim Konzert fahre. Von der Bühne hat man ja keine Möglichkeit, das für den Frontsound passend zu machen.
Vorbildlich finde ich, wenn der Techniker beim Soundcheck eine Session-Aufnahme im Leitungsweg vor dem Mischpult macht und sich diese mit den Musikern gemeinsam von seinem Platz aus anhört. Dann kann man gemeinsam an der Mischung feilen. Aber wenn die Grundhaltung nicht da ist, den Musiker unterstützen zu wollen, kommt sowas nicht zustande. Ich sehe das äußerst selten bis nie. Meist dirigiert der Techniker die Musikanten einfach nur durch und schon da kann man hören, ob das so einer ist, der sich von der Bassdrum gern die Eier schütteln läßt. Dann weiß man schon vor dem Konzert, daß der Sound scheiße wird.
Schöne Vorstellung, leider aus meiner Sicht realitätsfern. Wenn wir über Konzerte mit 3 oder mehr Bands reden, kann man schon froh sein, wenn jede Band ihren Soundcheck bekommt. Setzt ein frühes Eintreffen und Digitalpulte voraus, denn ich persönlich finde als Gast Soundchecks (Linecheck geht noch) zwischen den Bands nervig und versuche das so weit wie möglich zu vermeiden. Aber sich für jede Band eine Stunde oder mehr Zeit zu nehmen ist nur ganz selten drin. Außerdem sind wir dann bei der Situation "5 Leute , 1000 Meinungen". Geht im Studio, live nur sehr eingeschränkt. Priorität beim Soundcheck liegt auf dem Monitoring und der groben Abstimmung, der Rest passiert bei mir in den ersten Songs. Denn dann ist Publikum im Raum, die Band ist im Auftrittsmodus und das kann einen gehörigen Unterschied ausmachen.
Eine präsente Kick ist aus meiner Sicht kein eindeutiges Indiz für einen schlechten Sound, im Gegenteil. Eine dröhnige, alles dominierende schon eher, wobei Metal ohne Doublebass eigentlich auch keinen Spaß macht. Wenn man durch äußere Begebenheiten (Raum, PA, Band whatever) keinen guten Sound für alles hinbekommt, ist es aus meiner Sicht durchaus legitim, sich auf einzelne Aspekte zu konzentrieren und andere zu vernachlässigen. Die Kick bietet sich dafür einfach an, weil auch das Publikum das oft als "geil" empfindet. So was wie Fader bei Keyboards runter geht dagegen natürlich gar nicht.
Kick nicht zu laut: Eine zu laute Bass Drum macht ziemlich viel kaputt. Gate auf der Kick während der Show nachjustieren, oft spielen gute Drummer dort leiser als beim Einpegeln.
Liegt vielleicht an der Musikrichtung und meiner Art zu Mischen, in der ich hauptsächlich unterwegs bin, aber eine zu laute Kick bekomme ich selten hin. Ich würde "zu laut" durch "zu basslastig, komprimiert, dröhnend" ersetzen. Wenn man die Kick schön knackig und präzise macht, damit sie im Brustbein kickt und auch schnelle Doublebasspassagen noch eindeutig rüberkommen, muss man schon einiges an Material auffahren, um die Kick "zu laut" zu machen. Ich hatte zuletzt 2 218er-Subs an einem 3 kW-Eisenschwein und das war für 200 Leute nicht zu viel.
Gates sind ein gutes Stichwort. Ein Fehler, der mir auch schon unterlaufen ist, ist ein Tom-Gate, das sich durch Beckenschläge öffnet. Ein China über der Floortom ist da so ein Kandidat. Da wundert man sich ganz schnell, warum denn plötzlich die Becken alles platt machen, wo doch die Overheads fast zu sind.
Kick nicht zu laut: Eine zu laute Bass Drum macht ziemlich viel kaputt. Gate auf der Kick während der Show nachjustieren, oft spielen gute Drummer dort leiser als beim Einpegeln.
Kick nicht zu laut: Eine zu laute Bass Drum macht ziemlich viel kaputt. Gate auf der Kick während der Show nachjustieren, oft spielen gute Drummer dort leiser als beim Einpegeln.
Hall: Nicht übertreiben. Bei Ansagen unbedingt den Hall ausschalten.
Geschmackssache, ich mache den Hall inzwischen nicht mehr ganz aus, sondern reduziere ihn nur (Return etwas runter). Das gibt der Stimme immer noch etwas Größe. Ich finde, das klingt auch bei Ansagen besser, als eine ganz trockene Stimme und erhält mehr die Konzertatmosphäre. Nur andere Effekte wie Delay sollte man auf jeden Fall ausschalten.
Denn ich unterstelle einfach mal, dass die allermeisten Musiker sich so laut einstellen, dass sie sich selbst noch einigermaßen gut hören können.
Dem widersprechen aber die ganzen Threads, in denen Musiker anderes Equipment suchen, weil sie sich im Proberaum "nicht durchsetzen". Ein gut aufeinander abgestimmter Proberaum/Bühnensound ist leider keine Selbstverständlichkeit. Den Satz "der muss so laut, sonst klingt er nicht" habe ich leider auch schon zu oft von Gitarristen hören müssen. Der Leidtragende ist in der Regel Sänger, wenn kein richtig gutes oder In-Ear-Monitoring vorhanden ist.
Das müssen wir jetzt nur noch den Technikern sagen. Nur: was tun, wenn sie uns aufgrund ihrer Schwerhörigkeit gar nicht verstehen? Ich erlebe kaum ein Rock/Pop-Konzert, das nicht zu laut wäre. Und das hat mit unrealisierbaren Wünschen der Musiker oder oder überhaupt mit den Musikern so rein gar nichts zu tun.
Hm, bei mir hat bisher bei eigentlich jedem Konzert die Band bzw. die Bühnenlautstärke die Gesamtlautstärke bestimmt. Gut, große Sachen habe ich nur ganz vereinzelt gemacht. Man sollte beim Thema Lautstärke auch nicht vergessen, dass die körperliche Wahrnehmung des Basses mit an den Pegel gekoppelt ist. Ich bin sicher kein Freund übertriebener Lautstärken, im Gegenteil. Aber man will als Zuschauer doch auch das "Live-Feeling", zu dem ein bisschen Bass im Magen (je nach Musikstil) einfach dazu gehört.
Tontechniker mit Gehörschaden sind ein Problem, aber genauso Musiker mit dem selben Leiden. Und die sind mindestens so häufig, wenn ich mir nur die ganzen Drummer anschaue, die ohne Gehörschutz spielen. Was soll ich als Tonler machen, wenn ich der Meinung bin, dass die Soundwünsche des Musikers daher kommen, dass er über 4 kHz kaum noch was hört? Mit Kreissägensound mischen und hoffen, dass das Publikum genauso geschädigt ist und es wieder passt?
Ein großes Problem als Techniker sind ganz oft die Menschen am Mikrofon. Leise Stimmen, falsche Mikrofontechnik und laute Bands passen einfach schlecht zusammen. Wenn alleine die Leute aufhören würden, die Körbe der Gesangsmikrofone zuzuhalten, könnte sich der Sound auf sehr vielen Konzerten enorm verbessern.
Grundsätzlich habe ich die Erfahrung gemacht, dass die Zusammenarbeit umso entspannter ist, je erfahrener und professioneller die Band ist. Die Juze/Schulband beim ersten Gig macht am meisten Arbeit, gerade wenn einer dabei ist, der meinen Job am liebsten selber machen würde. Bei erfahrenen Bands haben mir dagegen oft ein Linecheck plus minimale Monitoranpassungen gereicht und es hat gerockt. Wenn der Bandsound stimmt, muss man auch nicht viel schrauben.
Ein Hinweis an die Bands in Sachen Monitoring sei noch erlaubt:
Ich bin großer Fan der allgemeinen Zeichensprache für Monitoranpassungen während des Gigs (Daumen hoch für mehr, Daumen runter für weniger). Ist einfach professioneller, als Ansagen. Klar kann es sein, dass man das als Mischer nicht sofort sieht, aber auch dafür sollte man als Musiker Verständnis haben. Das Thema Multitasking habe ja schon angesprochen.