Was für mich seltsam war, waren nicht die 2015er Specs, die sind Geschmackssache, sondern der lausige technologische Ablauf ihrer Umsetzung. In jedem Industrieunternehmen werden Belastungstest mechanischer oder elektronischer Bauteile durchgeführt. Für Gibson hieße das, man hätte die Messingsättel auf ein paar tausend Stimmvorgänge testen müssen, bevor man sie einbaut. Das hat man offensichtlich nicht getan, mit dem Ergebnis, dass jeder, der die Gitarren nicht nur dreimal die Woche zu Hause spielte, spätestens nach 6 Monaten Probleme bekam. Die ersten härteren Ersatzsättel, die man an die verärgerten Kunden schickte, hatten gravierende Mängel. Wird es in 5 Jahren noch Ersatzteile geben, oder überlässt man das dann individuellen Gitarrenbauern, obwohl hier in den USA von Gibson lebenslange Garantie gegeben wird?
Die 2015er Gibsons sind alle geplekt, nur kommen die billigeren Varianten ohne jegliche Grundeinstellung zu den Händlern. Viele Händler hier in den USA lassen sich die Grundeinstellung noch zusätzlich bezahlen, der Musiker hat bei den Entfernungen hier meist nur die Wahl, online zu bestellen und einen kulanten Onlinehändler zu erwischen oder in den sauren Apfel zu beißen. Nun sind die meisten Musiker jung und können nicht allein von der Musik leben. Eine Gitarre einzustellen, ist sicher keine Hexerei, nur gibt es Dinge, die ich auch nach 40 Jahren lieber den Profis überlasse und Sättel fallen bei mir z.B. in diese Kategorie. 16-25 jährigen Enthusiasten diese Zusatzkosten aufzuhalsen oder sie Wochen auf Garantieleistungen warten zu lassen, in dem Wissen, dass die jungen Musiker oftmals noch auf die eine hart ersparte Gitarre angewiesen sind, ist schon miese Geschäftspolitik.
Das G-Force System arbeitete in den Gitarren, die ich in der Hand hatte, problemlos. Leider hat man in den USA nur eine Kurzbeschreibung des Systems beigelegt, die wesentliche Anteile der Bedienungsanleitung nicht enthielt. Nun ist nicht jeder computerbegeistert oder Hellseher. Der Ruf des eigentlich guten Systems war schnell ruiniert. Der Hinweis von Gibson auf das Internet war eine Frechheit. Was offensichtlich auch vielen Leuten in der Entscheiderebene bei Gibson nicht klar war, war die einfache Wahrheit, dass bestimmte Tunings oftmals auch mit wechselnden Saitenstärken einhergehen, vor allem im Metal-Bereich. Vielleicht wären einige Gitarren-Workshop-Videos für BWLer hilfreich gewesen, oder auch nur mal Videos von Chappers und dem "Captain" Lee Anderton, in denen Chappers die Saitenstärke im Studio teilweise sogar für individuelle Songpassagen wechselt und die Gitarre neu einstellt, weil es eben nicht damit getan ist, 10er Saiten mal eben schnell auf Drop XYZ zu tunen, da gibt es physikalische Grenzen.
Was jetzt die leichten Bodys der Gitarren oder breitere Griffbretter angeht, so ist das sehr individuell. Da ich von der klassischen akustischen Gitarre komme, bin ich z.B. was Griffbretter betrifft, Allesfresser, wobei meine Vorliebe mit zunehmendem Alter zu moderaten Baseballschlägerhälsen mit breiteren Griffbrettern tendiert. Zu den leichteren Gitarrenbodys sei nur Billy Gibbons von ZZ-Top zitiert, der sich selbst seine individuellen Nachbauten der Pearly Gates LP von Gibson heftig aushöhlen lässt. Sein Sound kommt von einem Rack mit Equalizer und Bass-OD, das jede Gitarre, egal ob Les Paul, Telecaster oder Spezialanfertigung exakt auf den selben Sound abstimmt. Mit anderen Worten, egal welcher Input, es kommt immer derselbe Sound raus, so das denn mit den Fingern klappt.
Die abgesackten Preise sind exakt die Reaktion des Marktes. Es ist ein Unterschied, ob ich bei einer eigentlich grundsoliden Gitarre mit gutem Sound mit veränderbaren Detailmängeln bei einem Preis von 1299 US-$ oder 799 US-$ lebe, wenn die Veränderung Tuner und Sattel bei um die 80 US-$ liegt. Allerdings werden derartige Detailmängel dem verkauften Image von Gibson nicht gerecht.