Guten Morgen zusammen,
nachdem ich jetzt die letzten 11 Seiten durchgeackert habe , möchte ich (als Frau, als Sängerin, als MENSCH) nur noch ein klein wenig dazu beitragen. Zumal ja wiederholt nach weiblichen Sichtweisen und / oder Erleben gerufen wurde...
Eines Vorweg, bevor ich es vergesse... es gibt diese wunderbare Aussage einer Frau (ich muss zu Hause schauen, von welcher): sinngemäß 'Sexismus kommt heutzutage so leicht gewandet daher, dass er kaum mehr als solcher wahrgenommen wird'. Das hat sie glaube ich vor ca. 100 Jahren geschrieben!
Meine Erfahrungen sind in etwa diese: die allermeisten Männer (und auch Frauen) würden sich never ever als sexistisch betrachten, was sich dennoch nicht immer mit ihrem Verhalten deckt. Eben weil sie es schlicht nicht bemerken und auch immer mal wieder nicht bemerken wollen.
Denn was ich bemerkt habe, was mit bewusst ist, dafür trage ich Verantwortung, auch für das Nicht-Wissen, klar, aber sobald ich etwas weiß, kann ich mich nicht mehr herausreden und das ist unbequem. Da geht es dann schnell ans Eingemachte, an liebgewonne Gewohnheiten, an sich selbstverständlich anfühlende Privilegien...
Zum Thema Technik: selbst bei gleichem Kenntnisstand, nämlich bei ca. Null... wer führte, ganz automatisch, wie selbstverständlich und ohne jeden bösen Willen, die Gespräche darüber? Drei mal dürft ihr raten. Die (männlichen) Musiker, die von genauso wenig Ahnung beseelt waren wie ich. Meine Beiträge (und ich hatte mich tagelang in Technickforen usw. vergraben) wurden gehört, meist kommentiert mit so was wie ah ja, hmhm und dann redete die Männerwelt unter sich weiter.
Mir fällt es dann in solchen Situationen schwer, mich da dann weiter einzubringen. Ich tu 's trotzdem, frage auch weiter nach usw. aber einladend ist es nicht, zumal ja nicht die Ausnahme sondern die Regel.
Wie früher schon geschrieben: als Frau muss ich mehr leisten, mich mehr beweisen einfach nur, weil ich eine Frau bin. Da gibt es nix zu deutlen und auch nix wegzudiskuitieren.
Was mir selbstverständlich auch im allgemeinen Alltag auch immer wieder begegnet sind 'lustige' Sprüche. Ist ja alles nur ein Witz gewesen, nicht ernst gemeint, da musst du doch nicht so humorlos sein. Nun ja.
In jungen Jahren habe ich grundsätzlich die Straßenseite gewechselt, wenn vor mir eine Gruppe Männer war. Der blöden Sprüche wegen. Heutzutage gehe ich weiter, aber ich bin innerlich in Habacht Stellung. Und das hat nunmal negative Auswirkungen in allen Bereichen, ob ich sie ignoriere oder nicht.
Und dann die Sache mit der Sängerin. Aha, eine Frau im Metal - natürlich ist sie 'nur' die Sängerin, die Frontfrau, was soll sie auch sonst sein. Einer solchen Haltung zufolge muss ich also mindestens E-Bass spielen, um als Frau in einer Metalband ernst genommen zu werden. 'Nur' Sängerin reicht offenbar nicht. Dass es etliche 'nur' Sänger gibt, geschenkt. Und wenn ich nun auch noch growlen will - OMG! Glücklicherweise finden meine Kollegen das super, aber schaut euch die Kommentare über growlende Frauen an. Das ist einfach nur... sexstisch. Da wäre so ein Blind-Versuch wirklich mal spannend - ist es eine Frau, ist ein Mann? Obwohl... gab es ja. Arch Enemy haben das erste Album mit Angela Gossow unter Geheimhaltung ihres Geschlechts veröffentlicht und erst, als es erfolgreich war, ihren Namen preisgegeben.
Ich möchte hier weder Bashing betreiben, noch irgendwem an den Hals gehen, sondern es geht mir um Bewusstheit besonders in eben den kleinen Dingen, die NIEMALS klein sind, jedenfalls nicht für die Betroffenen. Es geht mir um Alltag. Um die alltäglichen Kleinigkeiten, egal ob Musikgeschäft oder anderswo, um die wir uns so ungern kümmern, weil soooo lästig.
Was immer hilft: die offene Unterstützung von euch anderen Männern. Dass ihr euch offen und direkt an unsere Seite stellt, nicht als das Beschützer-Alpha-Tier, nicht als die großen ich-erkär-dir-die-Welt-mein-Kind-Typen, sondern als Mensch für einen Menschen.
Ja, es ist irgendwie auch eine politische Diskussion hier, aber wenn 'das MB' ernsthaft mehr Frauen als Userinnen, Kolleginnen usw. will, dann führt, zumindest gelegentlich, kein Weg drum herum.
Gehabt euch wohl! Angelika