Frage zum zweihändigen Spielen

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Nachtfluegel
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Hallihallo,

gestern hatte ich im Gesangsunterricht ein Stück gehabt (Gavotte von Johann Georg Wittenhauer), bei welchem die beiden Hände jeweils unterschiedliche Sachen spielen. Vorher hatte ich die rechte Hand geübt und hin und wieder auch die linke, aber jeweils eben einzeln. Jedenfalls habe ich es gestern im Unterricht irgendwie hinbekommen, mit beiden Händen zwar sehr stockend, aber doch gleichzeitig zu spielen. Ich führe zwar noch Krieg gegen die Noten, aber während ich das Stück gespielt hatte, kam mir nie Zweifel darüber auf, dass zweihändiges Spielen nicht zu schaffen wäre.

Nur wie übe ich sowas jetzt am besten? Seit Beginn des Unterrichts habe ich nie die Hände getrennt geübt, sondern zusammen - ich kann das anders auch nicht, sonst werde ich zappelig :)
 
Eigenschaft
 
Ich lerne gerade Kirchenorgel, da lautet die Devise: erst rechts, dann links, dann beides zusammen.

Das zusammen darf aber schon stattfinden, bevor die linke Hand zu 100% sicher ist.

Fpr mich erschließt sich die Bedeutung der Töne aus der linken Hand auch oft erst zusammen mit der rechten.
 
Hallo Nachtfluegel,

das Notenbild der Gavotte ist sehr übe-freundlich. Du brauchst 1. Schleifen und 2. Geduld.

1. Schleifen

Nimm dir immer zweitaktische und später viertaktische Schleifen vor: Vom Auftakt bis Takt 2 oder Takt 4 (bis zum gis), dann wieder von vorn.
Schleifen kannst du dir zwischen zwei Stellen bilden, wo es dir gefällt, also auch nur das dritte System wiederholen.

2. Geduld

Entscheidend ist dein richtiges Übetempo, und das kannst du sogar selbst herausfinden:
Wenn du
- fehlerfrei durchkommst, dann hast du zu langsam gespielt und wirst dich wahrscheinlich langweilen.
- nach zwei Vierteln immer rauskommst, dann war es noch zu schnell, hier wirst du dich wahrscheinlich ärgern.
- ein paar Noten oder die ganze Schleife fehlerfrei spielst und dann rausfliegst, dann hast du DEIN Tempo.

Der Kommentar meines Vorredners zum Thema rechte Hand (RH) - linke Hand (LH) ist sicher eine individuelle Entscheidung. Ich verfahre auch so, aber RH - LH nur einmal durch, dann lieber ganz langsam beidhändig.
 
Hallo Nachtflügel.

Ich übe grundsätzlich von vornherein beidhändig. Erst links, dann rechts, dann beide zusammen, dass haben wohl die meisten von uns irgendwann mal gelernt. Jedenfalls die Älteren unter uns. Ich halte das aber für Zeitverschwendung. Nur wenn es wirklich schwierig wird, muss ich einzelne Passagen einzeln üben.

Andreas
 
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Nur wie übe ich sowas jetzt am besten? Seit Beginn des Unterrichts habe ich nie die Hände getrennt geübt, sondern zusammen - ich kann das anders auch nicht, sonst werde ich zappelig
Warum wirst Du zappelig?
Wie artikulierst Du die linke Hand? spielst Du im zweiten Takt Legato oder Portato? Bindest Du in der rechten Hand das a' an das gis' oder trennst Du die melodischen Abschnitte?

Es gibt so viele Gestaltungsfragen (selbst bei so einem kleinen Stückchen), die man für jede Stimme isoliert beantworten muss, dass es auch Sinn macht, sie einzeln zu üben.
Besonders bei polyphonen Kompositionen sollte man jede Stimme für sich lernen - und singend gestalten können. Allerdings mehr die Stimmen als die Hände, da die Stimmen gerne von einer Hand zur anderen wandern.

Wenn man von Beginn an beide Hände zusammen erlernt, besteht die Gefahr, dass der Bewegungsablauf zu einem unauflösbarem Ganzen wird. Das macht es einem sehr schwer, später in einzelne Stimmen eingreifen, um zum Beispiel nur in einer Hand leiser zu werden, in der anderen ein Crescendo einbauen, oder um anders zu artikulieren, phrasieren usw.
Um die Unabhängigkeit der Hände zu üben, ist also ein getrenntes Lernen ratsam, selbst dann, wenn man das Stück schon mit beiden Händen spielen kann.
Das gilt natürlich nicht für alle Stücke, aber je polyphoner, umso mehr.

Die Unabhängikeit lässt sich noch mehr üben, indem man alles spielt, aber nur eine Stimme hörbar, die andere drückt die Tasten nur stumm.
 
Ich übe meist gleich beide Hände zusammen. Es sei denn es ist ein schweres Stück, dann bleibt einem nichts anderes übrig als erst die rechte Hand, dann die linke Hand zu üben und dann beide Hände zusammenzuführen.

-> Als tip: Viel Bach spielen!!!
 
Ich übe zuerst die linke, dann die rechte Hand - es sei denn, da ist nur eine Melodie, und die geht über beide Hände.
Wenn man nur eine Hand übt, kann man viel besser die Strukturen herausarbeiten.
 
Glaube es ist relativ egal welche Hand man zuerst übt. Spielt eigentlich keine Rolle. Ich übe auch oft abwechselnd und dann zusammen.
 
Ich lerne gerade Kirchenorgel, da lautet die Devise: erst rechts, dann links, dann beides zusammen.

Jup, so habe ich früher im Unterricht auch gelernt. Hände einzeln, Pedal extra, dann alle Zweierkombinationen (links-rechts, links-Füße, rechts-Füße) und dann erst alles zusammen. Aber ehrlich: Selbst geübt habe ich nur in Ausnahmefällen so. Mir leuchtete der Sinn einfach nicht ein, Einzelbewegungen zu üben, die dann durch die Hinzunahme der anderen Gliedmaßen wieder zerschossen werden, ganz gleich, wie gut sie einzeln schon liefen. Und an meiner Verwunderung über die mangelnde Infragestellung eines solchen eigentlich ineffizienten Vorgehens innerhalb der Orgellehrerschaft hat sich bis heute, auch nach einem umfangreichen Orgelstudium (Kirchenmusik-A), nichts geändert.

Das zusammen darf aber schon stattfinden, bevor die linke Hand zu 100% sicher ist.

Unbedingt! Denn das isolierte Spielen einzelner Gliedmaßen ist für das Gehirn ein anderes Bewegungsprogramm als die Koordination aller Gliedmaßen im kompletten Satz. Es bringt meines Erachtens wenig, ein Einzelprogramm zu perfektionieren, das in dieser Form am Ende gar nicht gebraucht wird.

Fpr mich erschließt sich die Bedeutung der Töne aus der linken Hand auch oft erst zusammen mit der rechten.

Das ist ein ganz entscheidender Punkt! Die vertikale/harmonische Dimension auszublenden trägt nicht unbedingt dazu bei, dass man sich die Töne merken kann, da sich der gleiche Ton völlig unterschiedlich anfühlen kann, je nach dem, welche Rolle er im Gefüge einnimmt. Aus dem gleichen Grund finde ich Einzelstimmproben im Chor, bei denen der harmonische Background fehlt, nur von sehr begrenztem Wert, in 85% der Fälle, in denen ich das bisher beobachtet habe, waren die Stimmproben sogar ziemlich sinnlos.

Wofür das vertikal reduzierte Üben durchaus Sinn machen kann, ist die Klangvorstellung. Da würde ich aber definitiv eher nach Stimmen reduzieren und nicht nach Gliedmaßen. Außerdem sollte man da nach Möglichkeit schon eine Vorstellung vom harmonischen Ablauf haben, damit man die Stimmverläufe zumindest ansatzweise richtig einordnen kann. Dann jedenfalls kann es musikalisch eine Menge bringen, wobei man sich aber bewusst machen muss, dass das mit dem Üben der letztendlich benötigten Bewegung so gut wie gar nichts zu tun hat. Aber wie wichtig die Klangvorstellung trotz allem ist, habe ich auch erst recht spät zu verstehen und schätzen gelernt.

Ich empfehle bei koordinationstechnisch schweren Sätzen grundsätzlich das horizontal reduzierte Üben im ganzen Satz, auf deutsch heißt das: Langsam kurze Abschnitte (z.B. einzelne Takte von der 1 bis zur nächsten 1) im ganzen Satz üben, das ist zumindest für das Bewegungslernen deutlich effektiver. So habe ich mir im Kimu-Studium auch den großen Reger-Schinken für die Orgelabschlussprüfung draufgeschafft: Den Schlussakkord zuerst, dann die beiden letzten Akkorde, dann die drei letzten Akkorde und so weiter (glaubt mir, bei Reger ist das manchmal echt nötig, so konzentriert zu arbeiten!). Also z.B. von hinten üben. :) Für die Bewegungskoordination und die Vorstellung vom harmonischen Ablauf ist das eine enorm effektive Vorgehensweise.
 
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@Colorido: Du formulierst schöne Gedanken.
Das beidhändige Üben macht natürlich bei homophonen Stücken mehr Sinn. Auch bei solchen, bei denen Figuren zerrissen werden sobald man eine Hand weglässt. Bei anderen Stücken sollte man dagegen nicht zwischen zwei Händen unterscheiden, sondern zwischen verschiedenen Stimmen.

Als Beispiel einmal alle drei Sätze der Mondscheinsonate:
Der zweite Satz kann oder sollte kompakt, also beidhändig geübt werden, da meiner Meinung nach das zutrifft, was Du im folgenden sagst:
Die vertikale/harmonische Dimension auszublenden trägt nicht unbedingt dazu bei, dass man sich die Töne merken kann, da sich der gleiche Ton völlig unterschiedlich anfühlen kann, je nach dem, welche Rolle er im Gefüge einnimmt.
Besonders im Trio benötigt man auch aus rhythmisch-harmonischen Gründen die Bassnoten auf der "eins", um die synkopische Wirkung der Oberstimme zur Geltung zu bringen.

Der dritte Satz besteht aus vielen Bausteinen, die man getrennt und für sich genommen unterschiedliche erarbeiten kann. Es macht schon Sinn, die 16-tel Arpeggien mit der rechten Hand einzeln zu üben, wenn die linke Hand auch recht einfach spielbar ist. Man hört aber immer die fehlende Prägnanz, den verwackelten Anschlag bei denen, die gleich mit beiden Händen loslegen, besonders in den zwei sich verdichtenden Takten sieben und acht.
Erst recht gilt das aber für das lyrisch-elegische Gis-moll Thema (2. Thema). So wichtig für die Melodie das harmonische Fundament auch sein mag, man muss diese Linie auch isoliert gestalten (können). So wie ein Sänger seine Arie singen können muss, ohne den Orchesterpart im Rücken. Die Artikulation, die Dynamik, das phrasierende Atmen gilt nur dieser Stimme alleine. Würde man das gleich zusammen üben, geht einem ganz viel von der rethorisch-musikalischen Wirkung verloren. Die linke Hand hat dagegen die Aufgabe sich ganz ohne Akzente zurückhalten zu können. Eine ganz andere Aufgabe.
Aus eher technischen Gründen würde ich auch die Läufe der rechten Hand im A-Dur-Zwischenspiel isoliert üben, um die Akzente der linken Hand nicht zu übertragen.
Ganz anders wieder das Staccato-Achtel-Thema, das man am Besten mit beiden Händen zusammen üben sollte, da es ganz vertikal gedacht ist.

Der Erste Satz ist eines der besten Beispiele dafür, seine 10 Finger nicht in zwei Hände aufzuteilen, sondern in viele einzelne Stimmen. Und in diese einzelnen Stimmen müssen ganz souverän voneinander geführt, gedacht und gespielt werden. Ein Grund, weshalb das Stück für Anfänger kaum zu bewältigen ist.
Nur ein Beispiel: BeispielBei Klavierspielern, die alles im Block lernen hört man immer eine zu laute dritte Achteltriole in der Mittelstimme, bevor die Oberstimme die 16tel spielt. Weil sie das Gewicht auf diesen Finger verlagern. Schlimmer noch: sie haben sich durch ihre Übemethode an das daraus folgende Hörergebnis so sehr gewöhnt, dass sie nicht mehr hören, wo die Mittelstimme Ereignisse aus den anderen Stimme fälschlicherweise übertragen haben.
Wenn es also darum geht, dem musikalischen Ziel eines solchen Stückes näherzukommen, ist es manchmal fast notwendig, ein Stück so zu üben, wie es komponiert wurde, es möglicherweise zu dekonstruieren um es dann wieder zusammenzusetzen sich einzelne Stimmen genau anzuhören, anzuspielen, egal welche Hand, eine Stimme hinzukommen zu lassen, die neue Wirkung verinnerlichen und verstehen und so weiter.
Übrigens: Um sich den Notentext eines solchen Stückes anzueignen kann man durchaus alles zusammenspielen. Das ist aber ein anderes Thema. Das mache ich dann gerne auch so, dass aufgelöste Akkorde wieder zusammengeführt werden also alles Homophon gespielt wird. Klappt bei dem ersten Satz wunderbar. Und man erhält sich den Reiz des Neuen, wenn man dass alles wieder aufbricht und in einzlene Stimmen verteilt.
 
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Sehr schön geschrieben!

Natürlich muss die Wahl der Übmethode immer zum angepeilten Ziel passen. Meine Ausführungen entspringen auch aus dem Geiste einer Opposition zur gebetsmühlenartigen Predigt immer der gleichen Übmethode (nämlich des getrennt Übens) durch zahlreiche Kollegen (vor allem von Kirchenmusikern, aber auch in zahlreichen Tastenschulvorworten zu lesen), von denen viele einfach nur das wiederkäuen, was ihnen ihrerzeit eingetrichtert wurde, und nur wenige sich jemals darüber Gedanken gemacht haben, was gezieltes und vielfältiges Üben eigentlich bedeutet, geschweige denn, dass sie sich Gedanken über das Unterrichten gemacht hätten.
 
Nachtrag (vielleicht kann ein Mod ja meine beiden Posts verschmelzen):

Am wichtigsten finde ich es beim einzeln Üben trotzdem, sich klar zu machen, dass das Ergebnis nicht ohne weiteres gleich eins zu eins in das zusammengesetzte Spielen übernommen werden kann, sondern auch dieser Schritt wesentlichen Übaufwand erfordert - selbst wenn die grundlegende Koordination schon funktioniert. Das merke ich gerade bei einem Soul-Groove, den ich in der linken Hand übe und der allein sehr leicht ist. Damit die rechte Hand ihn nicht zerschießt, übe ich mit letzterer alle möglichen Figuren dazu, um die Koordination zu trainieren.

Rechts kann ich zum Beispiel mittlerweile 16tel-Ketten in der Pentatonik dazu spielen, während ich den Groove links auch richtig schön tight und energetisch spielen kann. Wenn ich aber die Artikulation rechts verändere, wenn ich also zum Beispiel deutliche Akzente auf die Downbeats und die letzten Sechzehntel vor diesen setze (also quasi mit den Akzenten einen punktierten Rhythmus bilde, während die restlichen 16tel dazwischen weiterlaufen), muss ich diese neue sowohl musikalische als auch körperliche Bewegung wieder neu mit der linken Hand koordinieren. Mit der rechten Hand einzeln sind die Akzente in den 16teln kein Problem, und ein fetter Groove links mit normalen 16teln rechts auch nicht. Aber die Koordination der akzentuierten 16tel-Linie mit dem Groove links ist wieder eine ganz neue Aufgabe, bei der der Groove links erstmal deutlich an Energie verliert und sich darauf beschränken muss, in time zu bleiben.

Was mir bei einem überwiegenden Teil derjenigen, die das einzeln Üben als ultima ratio propagieren, übel aufstößt, ist, dass so getan wird, als sei das Zusammensetzen keine große Aufgabe mehr, und als könne man eine einzeln sicher erübte Artikulation ohne große Schwierigkeiten in den kompletten Satz integrieren, denn das stimmt nach meiner Erfahrung definitiv so nicht.
 
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Ich (auch noch Anfänger) schaue mir zu allererst grob die beiden Zeilen einzeln nacheinander durch, um mir etwas Orientierung zu verschaffen (Sind Akkorde drin? Sind Teile Unisono? usw.). Dann lerne ich mir das Lied Takt für Takt (als ganzes, beidhändig) ein. Es bringt mich persönlich absolut (noch?) nicht weiter, bei zwei verschiedenen Melodien die Zeilen nacheinander zu üben. Ich muss den Klang des Taktes als Ganzes erfassen. Dann wiederhole ich den Takt einzeln mehrmals. So kämpfe ich mich Takt für Takt durch bis die erste Takt-Reihe komplett ist.usw. :)
 
@Colorido: Glaube totale unabhängigkeit der Hände gibts es eigentlich nicht wirkllich.
 
Volltreffer, Du liest da gerade meine Gedanken! :great:

Ich glaube, das liegt daran, das jeder von uns nunmal nur ein einziges Gehirn hat und echtes Multitasking gar nicht existiert, sondern jene, denen man diese Fähigkeit nachsagt, die verschiedenen Teilfertigkeiten so gut aufeinander abgestimmt haben, dass es so wirkt, als könnten sie mehrere das Bewusstsein fordernde Dinge gleichzeitig tun. In Wahrheit springen die auch nur blitzschnell und souverän gedanklich zwischen den verschiedenen Ebenen hin und her.

Musikalisch besonders deutlich wird das an Strawinskys »Le Sacre du Printemps«, dessen Einleitung von Polyphonie und besonders Polyrhythmik nur so strotzt. Ich kenne zwei Fassungen, wo welche es versucht haben, das alles alleine zu spielen, eine für Klavier und eine für Orgel. Überzeugt hat mich keine davon, da diese Musik davon lebt, dass viele verschiedene Dinge gleichzeitig und dabei souverän nebeneinander her laufen. Ein einzelnes Gehirn kann unmöglich so viele Dinge gleichzeitig überzeugend steuern. Aber schon wenn nur ein weiteres Gehirn hinzu kommt, es also zwei Musiker spielen, ist der Qualitätszuwachs ein ganz enormer. (Ein Beispiel, das mich bis heute schwer beeindruckt, ist die Version, die der Notre-Dame-Organist Olivier Latry und seine Frau zu zweit an der selben Orgel zustande gebracht haben.)
 
Ein einzelnes Gehirn kann unmöglich so viele Dinge gleichzeitig überzeugend steuern
ich denke, dass (gute) Schlagzeuger in der Hinsicht ziemlich fortgeschritten sind.
Was mir in Erinnerung bleibt, ist ein Video (das ich leider nicht mehr finde), in dem ein einzelner Mensch ein Stück wie dieses (ob es genau das war, weiß ich nicht) alleine performt:

(als Solo: rechte Hand 2 Rhythmen, linke Hand und beide Füße die restlichen drei)
Woran ich mich aber auch noch erinnere, ist die Unterschrift unter dem Video (sinngemäß):
was der Film nicht mehr zeigt, ist, dass 10 Sekunden nach Ende des Stücks mein Gehirn implodierte
 
Fortgeschritten ja, aber mit Sicherheit nicht perfekt. Was man besonders in einem solchen Fall einübt, ist das Gesamtprogramm, das sich aus allen Komponenten ergibt. Das lässt aber bei zunehmender Komplexität kaum Möglichkeiten für die Feingestaltung der einzelnen Stimmen. Dabei ist es am ehesten noch möglich, dynamische Feinabstufungen innerhalb einer Stimme zu machen, aber auch das nur mit Abstrichen. Bei Agogik hört es dann komplett auf, weil man immer nur ein Grundtempo und dazu pro Grundpuls nur eine Unterteilung empfinden kann, alle anderen Rhythmen (z.B. 3 gegen 4) leitet man vom Grundrhythmus ab. Man ist also in der Gestaltung einer Linie, die im Konfliktrhythmus zu einer anderen erklingt, agogisch sehr eingeschränkt, weil der empfundene Grundrhythmus ein anderer ist. Bei Strawinskys Sacre ist genau das der springende Punkt: Die Musiker eines Ensembles haben zwar einen gemeinsamen Grundpuls, aber jedes Gehirn kann sich auf die Subdivision einstellen, die es gerade zu bewältigen hat, unabhängig von den anderen Gehirnen, und die eigene Linie auch agogisch gestalten, was ein einzelnes Gehirn, das alles gleichzeitig steuern soll, nicht kann. Deshalb liegt die Betonung bei meiner vormaligen Aussage auch auf »überzeugend«.

Die Musik von Steve Reich enthält im Vergleich zu Strawinsky (oder gar Romantikern und Impressionisten) kaum Agogik oder Mikrotiming, sie lebt unter anderem auch vom Maschinellen. Dadurch kann sich ein Musiker, der eine ursprünglich für mehrere Musiker geschriebene Musik Reichs alleine aufführen will, fast vollständig auf die rhythmische Dimension konzentrieren und diese so weit perfektionieren, dass es überzeugend klingt. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass sich die einzelnen Stimmen rhythmisch in irgendeiner Weise klar aufeinander beziehen lassen, also genau festgelegt oder herleitbar ist, wann im linearen zeitlichen Ablauf was erklingt. Letzteres ist nicht mehr klar gegeben, wenn von den einzelnen Stimmen agogische Gestaltung erwartet wird, um die Musik zum Leben zu erwecken.
 
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Naja leider habe ich gestern beim Unterricht das Lied nich mehr angespielt. Dafür gabs zwei neue Lieder, wo man jetzt Rythmus in der linken Hand (ähnelt so dem Standartspiel des E-Basses) und Akkorde in der rechten Hand spielt. In einem weiteren Stück spielt man links und rechts ganze Oktaven, meist in Achteln und ab und zu gegenläufig (und verdammt, dass erinnert so an die Mondscheinsonate xD ). Beide Übungsstücke klingen auch toll, sobald sie laufen - dafür werd ich schon sorgen :G

Aktuell denke ich, dass das unabhängige Spielen auf jeden Fall machbar ist. Ich muss nur schauen, ob seperates Üben beider Hände oder das sofortige Zusammenspiel besser ist. Zurzeit habe ich beides kombiniert versucht und das ging bisher auch.

Ich freu mich schon so sehr auf die ersten Sonaten :)
 
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Ich erinnere mich noch wie ich vor ca. 10 Jahren meine ersten schwierigeren Stücke gelernt habe wo beide Hände unterschiedliche Figuren verfolgen. Das war schon sehr mühsam am anfang, aber es geht dann schnell voran.
 

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