uh-oh ja, der mit dem Kleiderschrank

Also diese Box ist wohl nach heutigen Maßstäben ein echter Dinosaurier, vor allem von der Größe her. Bin irgendwie ganz schön froh, dass die nicht mehr in unserer Backline steht ... aber hier bezahlt man ja praktisch nur den Amp, insofern schon ein guter Preis. Ein Bassman 100 ist von den Abmessungen her aber dann auch schon ne andere Liga als ein 50, der Charme eines kleinen leichten Amps mit gigantischem Sound ist da irgendwie weg ... das fand ich ja an dem kleinen Bassman Top so super. Trägt nicht mehr auf als ein Vox Nighttrain, verspeist diesen aber in puncto Sound mal eben zum Frühstück.
tatsächlich wurden die kleineren amps (champ, princeton, deluxe, vibrolux) weitgehend unverändert bis zum ende der sf-era (1981) gebaut!
erst ab 1977 wurden die eingriffe bei den größeren amps so stark, dass sie sich klanglich deutlich von ihren vorgängern unterschieden.
Naja, der Champ den Du mir verkauft hast hat zB schon einige Unterschiede zum älteren Modell, das ich früher mal hatte. Nicht in der Schaltung, aber man merkt schon, dass
Fender in den 70ern nicht mehr unbedingt alle Bauteile nach klanglichen Vorgaben der Entwicklungsabteilung ausgesucht hat. In "the soul of tone" wird das mit dem CBS Einkaufssystem erklärt. Das Management von CBS erlaubte es nicht, ein Bauteil, das bestellt werden sollte, konkret zu spezifieren. Du konntest also als Entwickler nicht sagen "in Amp xyz soll ein Jensen P12Q Speaker verbaut werden", sondern Du konntest nur sagen: Wir brauchen in dem Modell einen 12' Speaker mit 8 Ohm, der ungefähr XY W Leistung hat. Der Einkauf geht dann natürlich her und kauft das, was sie gerade am günstigsten kriegen. Die Leute da sind ja weder Techniker noch Musiker. Bei dem 78er Champ betrifft das zB die Kondensatoren und das Gehäuse (MDF statt Sperrholz).
Ein geiler Amp ist das nach heutigen Maßstäben aber natürlich trotzdem, denn ehrlich gesagt glaube ich, dass heute noch an ganz anderen Stellen gespart wird und oft klanglich noch wesentlich unterlegenere Teile verbaut werden. Die es damals einfach noch gar nicht gab. ZB die kleinen, grauschwarzen Elkos, die heute in praktisch jedem Amp sind. Einen großen Posten billigste Elkos in China zu kaufen war wohl in den 70ern nicht möglich, heute schon ... auch elektrisch scheinen die 70er Amps trotz der chaotischen Bauweise stabiler zu sein. Dass Amps auch rauschen und brummen können, habe ich erst von neuzeitlichen Verstärkern gelernt. Die Silverfaces, egal aus welcher Zeit, waren da total unanfällig und sind das bis heute.
Eine Möglichkeit zum direkten Vergleich von meinem SF-Twin mit einem BF-Twin hatte ich sogar mal, und fundamental waren die Unterschiede wirklich nicht. Vielleicht klang der BF etwas harmonischer, obertonreicher und voller, das kann aber auch am Zustand/Typ der Lautsprecher (beim BF waren neuere drin) oder an sonstwas gelegen haben. Auf jeden Fall hatten beide die gleichen Stärken (Frequenzumfang, Klangfülle, toller Hall, wirksamer Equalizer, praktisch keine Nebengeräusche) und aber auch die gleichen Schwächen (Durchsetzungsvermögen, Gewicht). Die Verarbeitung war bei dem Blackface aber in allen Belangen besser. Das Gehäuse stabiler und passgenauer, im innern keine unnötig langen Kabelwege, sondern ein aufgräumtes Layout ... die großen 70er Fender sind ja die reinsten Rattennester.