Hallo Allesamt,
nach etwas Lesestoff und ein paar Fehlerbeschreibungen, 1429 Beiträge lese ich mir aber nicht durch, möchte ich hier mal ein wenig über die Reparatur eines Dual-Showman-Reverb erzählen, vielleicht kommt ja dabei der Eine oder Andere dahinter und weiß dann etwas mehr...
Das alte Teil, Bj.74, wurde mir in einem recht erbärmlichen Zustand gebracht, das Tolex hing teilweise in Fetzen ab, alle Schrauben waren angerostet, eine 6L6GC zerbrochen, von Glanz keine Spur mehr zu sehen, erste Sichtkontrolle Ende.
"Ja, ich habe den vor etwa 20 Jahren weggestellt" sagte der Künstler, "und jetzt will ich wieder Musik machen und da ist er mir wieder eingefallen, schau doch mal nach..."
Im Gegensatz zur äußeren Erscheinung sah innendrin alles noch recht passabel aus, eingeschaltet habe ich ihn aber erst nachdem ich die Netzelkos getauscht hatte, alle, und die Endröhren gezogen, vorher natürlich alle Röhren raus und die Kontaktstifte gereinigt, die Fassungen ebenso, das Masterpoti war festgerostet, aber war doch noch zu retten, natürlich auch mal grob durchgemessen und eingeschaltet, lief, alle Spannungen da, zwei Endröhren eingesetzt und das Ding hat die Gitarre wieder laut gemacht.
Leider war ja eine alte 6L6 zerbrochen, das lag daran, dass das Chassis so verbogen war dass die eine Röhre damit in Berührung kam und dadurch kaputtgehen musste, vielleicht nicht sofort, aber eine reelle Überlebenschance hatte sie nicht.
Um dieses Chassis geradezubiegen, wenn man das richtig machen will, muss der Netztrafo ausgebaut werden, die Röhrenfassungen alle lockergeschraubt sowie auch die Drossel und der AÜ, überhaupt alles weg was dort in der Nähe ist, erst dann darf man Gewalt anwenden, wenn mans richtig machen will...
Also gesagt getan, übrigens nicht zum ersten Mal bei dieser Marke..., zwei Bretter auf ein drittes genagelt so dass das Chassis gut draufpasst und mit Hammer und Holz das Teil gerichtet, geht problemlos, gerade weil dieses Blech eigentlich recht schwach ist und man damit auch eigentlich keine solchen Verstärker bauen sollte.
Dann habe ich, wie beim letzten Mal auch, zwei etwas stärkere Blechstreifen zugeschnitten und passend gemacht, so dass sie vom Ende des Chassis bis etwa 5cm über die Befestigungsschrauben des AÜs reichen, und anschließend das Teil wieder zusammengebaut, um das jetzt wieder zu verbiegen bedarf es mehr als nur einem etwas härteren Transport.
Weil im Amp wirklich gute alte Sylvania-Endröhren drin waren, die auch noch eine Emission hatten über die sich einige Neubauten freuen würden, habe ich zwei davon noch drinlassen können, zur Dritten hatte ich leider keine die zu ihr gepasst hat, dafür sind zwei auch recht alte RCAs reingekommen, mit dem Bias-Balace-Regler war der Unterschied gut auszugleichen, hat sogar noch Platz.
Zwei Vorstufenröhren musste ich noch tauschen weil es im Speaker krachte als ich etwas bei ihnen angeklopft hatte, die Halltreiberröhre hat schöne Funken gesprüht und wollte auch raus, und dann lief er wieder, der Clean-Kanal hat mir nicht gefallen, aber dazu kann er nix weil ich andere Soundvorstellungen habe als vielleicht der Leo, der Vibrato-Kanal dagegen ist schon ein Hammer, was der kann soll ihm erstmal einer nachmachen!
Nachdem ich dann auch noch die Ungeziefernester aus dem Halltank entsorgt hatte und den alten Schaumstoff, oder was das auch immer war das mir da entgegenbröselte, mit neuem ersetzt hatte ging auch wieder der Hall, doch, schöner Hall.
Aber das Teil hat dann doch etwas gebrummt, erträglich zwar aber für meinen Geschmack zu viel, mit dem Entbrummer war das nur einigermaßen hinzubekommen, hatte ich den einen Kanal etwas besser dann brummte der andere etwas mehr, hab ich dann so gelassen, mit dem Gedanken dass es früher nicht besser ging.
Und Rauschen war natürlich auch da, und das auch nicht gerade wenig, zwar kein Niagara wie man es von Amps kennt die eine Vorstufenröhre mehr drin haben, wurde auch nicht besser mit anderen Röhren, also blieben dann doch die alten drin.
Aber insgesamt war ich mit dem Tel nicht besonders zufrieden, ich weiß eigentlich schon warum ich keinen Fender haben will...
Da gabs auch noch andere Nebengeräusche, vom gelegentlichen Knacksen bis zum Rauschen das ich nicht zuordnen konnte, dreht man an einem Poti wirds besser, dreht man an einem anderen ist wieder da, aber weil ich an diesem Teil jetzt schon recht viele Stunden hinter mich gebracht hatte lies ich ihn mal fünf Stunden an einem Lastwiderstand laufen und gab Radio auf beide Eingänge, und das dann etwa drei-Viertel auf. Gemessen hatte ich vorher fast 107 Watt Ausgangsleistung, war also da das Schätzchen, und weils nachher auch noch da war wurde es am nächsten Tag freudig abgeholt und alles war gut!
Am nächsten Abend Anruf, Vibrato-Kanal geht nicht.
Hingefahren, zum Glück nicht weit, erste Vorstufenröhre im Sockel gerissen, ist aber nichts Ernstes, sowas kann und darf auch passieren, erstens weiß ich nicht was die schon hinter sich hatte und zweitens weiß ich auch nicht was noch geschehen ist, bei mir ist er gelaufen, dort nicht, und geprüft hatte ich alle.
Weil ich keine dabei hatte und mir der andere Kanal zu viel brummte und ich die anderen Nebengeräusche nicht ertrug bat ich den Patienten noch einmal in die Praxis.
Mit etwas Abstand zur Sache fällt mir oft das Denken leichter, natürlich neue Röhre rein, dann den Entbrummer angesehen, der war durchgebrannt und hatte nur noch an beiden Enden Kontakt, und siehe da, jetzt brummte es schon viel schöner, so wie es eben sein soll.
Aber es knackste und irgendwo musste noch ein Würmchen nagen, aber das war kein Würmchen.
Ich habe dann gemessen und mir gefiel die neg. Gitterspannung an den Endröhren nicht, sie war nicht stabil, das Digivoltmeter kam nicht zur Ruhe, auch die Gitterspannungen an anderen Röhren gefielen mir nicht, weil sie da waren, und nicht Null wie es sein muss.
Das Vibrato knackste, mein Messgerät war mit einer Klemme an Masse angeschlossen und mit der anderen Spitze bog ich irgendeinen Kondensator etwas zurecht und hatte auf einmal so 85 Volt drauf, vom Pappdeckel!
Die ganze Pappe auf der die Bauteile sind stand unter Strom!
Egal wo ich gemessen habe, zwischen 60 und 400V waren dort drauf, überall!
Feuchtigkeit! Etwa 10 Minuten den Fön auf eine Stelle gehalten brachte gar nix, nur dass kein Wachs mehr dort war, verdampft, aber immer noch der gleiche Messwert, und ab dann begann ich ernsthaft am alten Leo zu zweifeln, nicht nur dass er zu dünnes Blech fürs Chassis genommen hatte, er hat auch noch Pappe reingebaut und anschließend alles mit Wachs vollgespritzt so als ob damals in den USA nichts Vernünftiges zur Verfügung gestanden hätte und die Sonne immer schien.
Also alles raus und eine Epoxyd-Glashartgewebeplatte rein, nicht eine, drei, auch die auf der die Elkos sind war genauso krank, die dritte mit den Dioden natürlich auch.
Wie langs gedauert hat frag mich bitte niemand. Aber dann war Ruhe, und als ich dann auch noch den beiden Vorstufenröhren (V1A-V2A) und der Hallröhre (V4A) eine stabilisierte und brummfreie Spannungsversorgung geschenkt hatte, natürlich aus Silizium, wie sonst, kann dieser alte Amp jetzt voll aufgedreht werden ohne dass irgendein Nebengeräusch zu hören ist, wirklich gar keins, außer dem jetzt geringem Rauschen der Vorstufen, und daran ist nichts zu ändern, auch Metalloxydwiderstände bringen dort nicht wirklich viel, aber fast Null Brumm, man muss schon das Ohr an den Speaker halten um noch Brumm zu finden, Rauschen wie gesagt, ja etwas.
Seitdem tut der Amp seinen Dienst, brav, ohne Mucks, der weiß jetzt wie der Hase läuft...
Nein, ich will wirklich keinen Fender haben, ich hatte einen Twin-Reverb-II, da hebt man sich fast nen Bruch, und der war auch nur zu laut und aus Pappedeckel, können die von mir aus gerne behalten.
Seit der Zeit habe ich auch keinen mehr angenommen, geht damit bitte sonstwohin.
Viel Freude mit der Pappschachtel,
John