Noch was aus eigenem Versuch: Ich stieß Anfang des Jahres beim Surfen zufällig auf eine Gibson-Junior/Krautster-artige Gitarre von "Stagg", deren Straßenpreis um die 200,- liegt und bei Amazon kurzzeitig für unter 100,- angeboten wurde. Da habe ich dann meine eigenen Nachhaltigkeitsbedenken (Arbeitsbedingungen, Umwelt/Lacke/Chemie etc.) beiseite geschoben und wollte es dann einfach mal für mich wissen und habe das Teil bestellt.
Ich muss gestehen, dass ich geflasht war, wieviel Gitarre es für das Geld gibt. Die Gitarre zeigte viele der zu erwartenden Mängel, wie wenig stimmstabile Mechaniken, schlecht entgratete Bundenden, stumpfe Bünde etc. Die Basis schien mir aber gesund, die Gitarre klang recht resonant, der Hals war gerade, die Saitenposition war ok. Der angenehm breite Hals gefiel mir gut, ebenso dessen Satin-Finsih. Deswegen fing ich an, die Gitarre nach meinem Gusto auzupimpen:
- Hochwertige Hardware von Gotoh, Faber (Brücke, Steg, Buchsen) in dezentem Relic-Finish ersetzte die billig verchromten Guss/Blech(?)-Teile
- stimmstabile Relic-Mechaniken von Gotoh
- diverse "geagete" Kleinteile von Crazy-Parts
- Knochensattel und Setup vom Gitarrenbauer
- Bundkanten und Bünde habe ich selbst verschliffen, bzw. poliert
- Gewicht 2,8 kg! (keine Ahnung, aus was für einem Sperrholz der Body ist ... resoniert aber wie Hölle ...)
Die Gitarre spielt sich wirklich gut jetzt, ist stimmstabil und die Hardware hat ganz offensichtlich akustisch eine Menge bewirkt. Die Gitarre ist jetzt akustisch noch lauter, spricht wahnsinnig schnell an und ist auch sehr, sehr dynamisch. Eigentlich hatte/habe ich auch vor, die PUs + Elektronik zu ersetzen, ich konnte mich aber noch nicht dazu durchringen, weil mir das so schon gut gefällt.
Amp Amp klingt die Gitarre total "holzig", die P 90-PUs haben ordentlich Biss und Output und bietet die erhofften Klangfarben zwischen meiner Fender und der Gibson.
Die Gitarre hat jetzt insgesamt inkl. Koffer 400,- gekostet, dafür bekommt man natürlich auch schon echt brauchbare gebrauchte Gitarren aus "besserem Haus". Dennoch konnte ich anhand der "Stagg" gut nachvollziehen, wo bei den ganz billigen Gitarren gespart wird - und wo man eben noch etwas durch Austausch/Nacharbeit herausholen kann.
Nun bin ich kein E-Gitarren-Sammler und würde die Stagg nicht mit teuren Gitarre vergleichen wollen.
Fakt ist aber auch, dass sie sich im Vergleich zu meinen persönlichen Referenzpunkten (einer 84er Explorer und einer 86er Japan-Strat, die ich ewig besitze und entsprechend gut kenne) wirklich gut schlägt: Die Stagg ist akustisch die lauteste Gitarre, reagiert dynamischer als die beiden, die Bespielbarkeit ist mit den nachbearbeiteten Bünden und dem Setup durch den Profi wirklich gut.
Explorer und Strat fühlen sich dafür viel "smoother" an, klingen über das ganze Griffbrett total ausgewogen und kraftvoll, wo die Stagg teilweise einfach "unrunder" und "rauher" agiert. Aber das ist auch über 30 Jahre altes, eingeschwungenes Holz. Und diese beiden Gitarren haben zusammen knapp 15 potentielle Nachfolger kommen und gehen sehen ...
Im Ergebnis ist das aber auf jeden Fall eine von Handling, Bespielbarkeit und Stimmstabilität (!) her absolut live-taugliche "No-Nonsense"- Rockgitarre für überschaubares Geld. Die "Aura des Besonderen" umweht sie aber auch für mich nicht, 'ne echte Krautster wäre mir schon lieber ;-)
PS: Falls ich tatsächlich mal Lollar-PUs und ordentliche Potis nachrüsten sollte, werde ich mal berichten ...