Die Tür nach oben ist offen, aber nur, solange keine Konsonanten dabei sind ^^

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Strato Incendus
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Hi zusammen,

ich war Anfang Juli dieses Jahres erfreulicherweise in der Lage, die "Tür nach oben", was den Vollstimmen-Umfang angeht, ein ganzes Stückchen weiter auf zu stoßen. Im Gegensatz zu früher, wo ich versucht habe, quasi mit "Schwung" an die hohen Töne heranzugehen (was dann oft in Gebrüll endete ^^ ), habe ich's wirklich einfach mit stumpfem, LANGSAMEN Tonleiter-Singen probiert: Bei einem Ton angefangen, der noch recht entspannt klappte, aber eben schon im Passagio lag (so f', fis' oder g'). Und dann immer diatonisch nach oben, immer erst dann weitergehen, wenn der vorherige Ton an der richtigen Stelle im Kopf "sitzt", aber schon in einem Atemzug (meistens auf einem Ruf-Laut wie "whoa!" oder "wäh" ^^).

Dieses "richtig Sitzen" habe ich meistens daran gemerkt, dass der hintere Gaumen immer ein bisschen weiter nach oben geklappt ist, je weiter ich in den Tönen nach oben ging (ich schätze mal, Stichwort hintere Weite?). Das mir sonst bekannte Verkrampfen bei hohen Tönen wurde dadurch fast komplett verhindert. So, als hätte man einen Faden oben an der Schädeldecke, an dem die ganzen Töne hängen und der durch geht bis zum Oberkiefer. Und wenn man diesen Faden nach oben zieht, wölbt sich auch der Gaumen immer etwas weiter nach oben und hinten ist mehr "Platz".

Das nur mal, um die bei vielen Sängern ja so beliebte Bildsprache zu benutzen. :)

So konnte ich mich dann meist schonmal bis zum d'' rauftasten, in einzelnen Fällen war sogar mal ein f'' oder g'' möglich - einfach dadurch, dass dieses Gefühl, dass jeder Ton immer anstrengender wird als der nächst tiefere, schlagartig weggefallen ist. Von diesen letzten beiden Extremtönen einmal abgesehen konnte ich den Ton dann auch durchaus so lange halten, wie ich wollte, oder auch mal dezent ein Vibrato versuchen, d. h. der Ton fühlte sich nicht mehr so "unbeweglich" an, wie es der Fall ist, wenn man einfach nur "hochbrüllt".

Soweit so gut, alles schön. Effektiv höher singen als vorher kann ich aber trotzdem noch nicht. :D Problem:
1) Meistens muss ich mich, ähnlich wie in besagter Tonleiter-Übung (f', g', bb', c'', d'' usw.), von unten in einen solchen Ton "hineintasten", damit der ganze Klang eben resonanzmäßig an der richtigen Stelle sitzt und dieses "Hochklapp-Gefühl" entsteht. Wenn ich versuche, ein c'' oder auch schon h' direkt anzusingen, geht das meist in die Hose, weil ich dann eben wieder die Tendenz habe, das ganze dem primitiven Instinkt nach mit zuviel "Schmackes" zu machen. :D Und wenn ich schon keine komplette Tonleiter da rauf singen muss, dann doch zumindest eine Sirene (z. B. eine Quinte vom komfortablen e' rauf aufs h'), um dann quasi wie auf einer Gitarre in den Ton hinein zu sliden oder ihn zu "benden".

2) Das Ganze klappt logischerweise nur mit weit offenem Mund. Mein GL hat mich ja zum Glück schon drauf hingewiesen, dass Textverständlichkeit (durch klare Aussprache der Konsonanten) zwar nett ist, in hohen Lagen jedoch kontraproduktiv, weil sie meist zu zu viel Verspannungen im Kiefer etc. führt. Dann versteht der Zuhörer vielleicht das Wort, aber man kriegt dan Ton nicht, und wenn doch, er aber dann gebrüllt klingt, verstehen die anderen im Zweifel trotzdem nix UND es hört sich dann auch noch besch*ssen an.

Den Kompromis wäre ich also bereit zu machen, ich muss da oben ja nicht in glasklarem Oxford English singen. Aber man will ja in der Höhe trotzdem schon etwas Abwechslungsreicheres machen können als immer nur "whoa-oh-oh" ^^. Sowas eignet sich schließlich höchstens mal zum Improvisieren.

Im Moment aber sind in dieser Höhe Konsonanten und alles, was einen dazu bringt, den Mund wieder etwas zu zu machen (folglich also auch die Vokale i und u), mein Untergang. ;)

Ne Idee, woran's liegen könnte? Ich würde in dem Fall wirklich mal gerne eine Hörprobe machen von z. B. dieser Tonleiter-Geschichte, wo man dann diese (wie ich sie empfinde) Resonanzverschiebung bei jedem Ton etwas mehr merkt, aber leider ist unserem Aufnahme-Notebook vor ein paar Tagen die Festplatte abgeschmiert. :mad: Unsere Songdateien hatten wir zum Glück gesichert, aber mit neuen Aufnahmen ist deshalb im Moment erstmal nix.
 
Eigenschaft
 
Der Schlüssel liegt darin die Luft noch viel, viel langsamer fließen zu lassen, in den Flanken weit zu bleiben (Stichwort: Einatemspannung!) und dann gut dosierte elastische Impulse aus dem Unterbauch geben.
Allgemein muss man die Luft wirklich so stark abbremsen, damit sie in der Höhe noch händelbar ist - das unterschätzen viele.
 
Danke, Kenshi! ;)

Dass ich für diese hohen Töne auf einmal deutlich weniger Luft brauche (fast schon so wenig, als würde ich sie in der Randstimme singen), war mir nämlich auch schon aufgefallen, und ich habe mich ein bisschen gewundert, wie das denn sein kann. ;)

Aber zusätzlich - wenn möglich - weiterhin den Mund weit aufzumachen ist wahrscheinlich trotzdem weiterhin sinnvoll, oder? Ich meine, mal von dir gelesen zu haben, dass du das auch machst... (oder es liegt an deinem Avatar-Bild) ^^
 
Mund aufmachen ist kein Ding, Vokale müssen auch abgeändert werden, klar.

Aber: Konsonanten führen zu Stauungen in der Kehle, mehr noch, wenn du einen hohen Ton singst. Diese Stauungen verringerst du durch langsames Fließen der Luft.
 
Hast du schon einmal versucht, die Konsonanten nicht so hart zu nehmen, sodass der Luftfluss etwas stetiger bleibt?

Du meintest ja, dass i's und u's in der Höhe schwer fallen. Ich glaube, das ist relativ normal. Üblicherweise formt man diese Vokale in der Höhe dann ein wenig in Richtung ä bzw. a, welche mehr Weite im Mundraum lassen.
 
Das ist doch schonmal ein guter Fortschritt. So wie du es beschreibt, hört es sich so an, als ob du den "Sweet Spot" gefunden hast, auf dem die Vokaltrakt-Resonanz deinen Ton "trägt". Das ist übrigens in der Höhe meistens keine Vollstimme, sondern der berüchtigte "Fake-Belt".

Die Vokale "u" und "i" verlieren durch ihren besonders niedrigen ersten Formanten sehr früh die Fähigkeit durch die Resonanz des Vokaltraktes stabilisiert zu werden. Das "i" kann man in große Höhen noch sehr intensiv singen, indem man es vom Twang "tragen" lässt anstatt vom Vokaltrakt. Das klingt dann aber deutlich schärfer und penetranter. Das "u" kann man in großen Höhen nicht mehr "metallisch" singen, weil es einfach nicht stark genug getwangt werden kann.

Das Dilemma mit der Mundöffnung kann man nur lösen, indem man wieder etwas mehr Richtung Belting geht (also mit mehr Druck). Davon würde ich dir aber zunächst mal abraten. Versuch einfach mal gezielt zu üben, die Töne direkt anzusingen. Ein kleiner Trick dabei ist folgendes:

- Nimm dir eine Oktaven-Sirene von einem Bruststimmenton zu einem Kopfstimmenton, z.B. G3-G4. Dann startest du die Sirene auf einem gesummten M und öffnest während der Sirene den Mund so weit wie du es eben brauchst für den Ton (also so wie du es jetzt machst, nur nicht in Skalen sondern eine Sirene).

- Wenn du so eine Sirene gut machen kannst, beginnst du damit die Sirene sukzessive immer schneller zu machen. Irgendwann kannst du sie so schnell, dass es eher eine Art "jodeln" ist, bei dem direkt von G3 auf G4 gesprungen wird (und damit auch direkt vom geschlossenen "M" in eine große Mundöffnung übergegangen wird). Auch bei professionellen Sängern hört man hin und wieder, dass sie kopfstimmentöne auf einem "Jodeln" ansetzen, das ist vom Prinzip her so ähnlich.

Später kannst du dann üben, wieder etwas mehr Masse in den Gesang zu bekommen. Das reduziert die Notwendigkeit einer großen Mundöffnung. Der Gesang wird dann wieder stärker vom Atemdruck und von den Stimmlippen selbst "getragen". Das lässt sich vor allem gut üben indem man ein druckvolles "b" vor den Ton setzt anstatt des "m".
 
Hi,Strato Incendus,

ich bin zwar selbst kein GL aber habe den gleichen Weg, den du jetzt gehst schon etwas hinter mir. Und wenn ich meinem GL glauben darf, ist es wohl der Richtige;-) Der Schlüssel zur freien Bildung von Konsonanten in der Höhe liegt tatsächlich in der Arbeit des weichen Gaumens und was du beschreibst ist goldrichtig, allerdings muss man mit der "Gaumenarbeit" noch einen kleinen Schritt weiter gehen. Doch der Reihe nach:

Mit der Justierung des weichen Gaumens modulierst du einerseits die Größe des Kopfresonator-Volumens, andererseits auch die Weite der Durchstrittsstelle vom Hals zum Kopf- bzw. Nasenrachen-Raum. Die erzielte Resonanzfrequenz ist dabei abhängig von beiden Parametern (wenn du über eine Flasche pustest hängt der Ton sowohl vom inneren Volumen als auch von der Größe der Flaschenöffnung ab).

Das sukzessive Hochklappen des Gaumens, das du beschreibst ist somit EIN Bestandteil dessen, was manche als Vokalausgleich, andere als "Resonant Tracking" bezeichnen. Was du damit machst, ist den Kopfresonator auf jeden einzelnen Ton genau abzustimmen. Wenn dieses Tuning während der Phonation exakt gehalten wird, dann hast du den zitierten "Sweet Spot" für diesen Ton gefunden. Der Ton "sitzt".

Wenn du aber mal genauer in den Rachen schaust, wirst du auch sehen, dass der Weiche Gaumen nicht nur eine vertikale Bewegung (das Hoch- und Runterklappen) ausführen kann, sondern auch eine horizontale, nämlich das Weiten- und Verengen der Gaumenbögen. Diese können sich wie ein Vorhang öffnen (für tiefe Resonanzen) oder bis zu einem kleinen Spalt (für hohe Resonanzen) verschließen. Genau diese Funktion auch mit zu trainieren, ist essentiell, um den Ton in der Höhe von der Artikulation (den Konsonaten) zu entkoppeln.

Denn es gibt eine Falle beim Resonant Tracking:

Du kannst nämlich die Resonanzfrequenz auf Vokalen auch sehr gut mit der ng-Zungenposition am harten Gaumen (hinten / vorne) modulieren. Nichts anderes tun wir im Deutschen ständig, wenn wir in der Sprechlage "a-e-i-o-u" bilden. Du kannst diese Funktion auch ohne Stimmgebrauch gut hören, wenn du ein stimmloses palatales "ch" wie in MICH aushältst und dann diesen Reibelaut durch o.g. Vor- / Zurückbewegung des Zungenrückens "filterst", so dass es klingt "Wie Wind der um die Häuserecken pfeift". Dieses Tuning kannst du theoretisch auch beim Singen benutzen, allerdings nur auf Vokalen, denn bei Konsonanten muss die Zunge "arbeiten gehen" und das Tuning ist sofort futsch. In tiefen und mittleren Lagen (der Sprechlage) fällt das allerdings nicht so auf, da hier noch die Brustresonanz dominiert.

In der Höhe muss aber auf ein anderes Filterprinzip umgeschaltet werden, dass- weil es in dieser Lage den Ton entscheidend trägt - weitgehend unabhängig von der Zungenposition ist. Auch hier ist der Laut "ch" hilfreich. Diesmal allerdings als velarer (vom weichen Gaumen ausgehender !) Reibelaut wie in "BACH". Mit etwas Übung wirst du feststellen, dass du dieses Schweizer- oder Holländer-CH "um die Häuserecken pfeifen" lassen, dass heißt filtern kannst, OHNE dabei die Zunge zu benutzen.

Um die Zunge aus dem Spiel zu nehmen, strecke sie auf BACHHHHH ganz weit aus dem Mund und versuche dann zu filtern. Gelingt dir das, dann benutzt du jetzt den korrekten Filter-Mechanismus, nämlich den im weichen Gaumen. Um hier genauso effektiv filtern zu können wie üblicherweise mit dem Zungenrücken, musst du sowohl die vertikale als auch die horizontale Bewegung des weichen Gaumens perfekt beherrschen. Das erfordert in der Regel einiges an Training, sowohl was die Muskelkraft dort als auch die Kontrolle anbelangt.

Irgendwann wirst du feststellen, dass du in der Höhe allein durch diesen Mechanismus verschiedene Vokale formen kannst. Am leichtesten ist 'Å' am schwierigsten ist 'U' wie broeschies richtig schrieb. Und zwar (fast) ohne Zungenbeteiligung. Diese Art der Vokalbildung wird vor allem im Englischen auch als Pharyngeale Resonanz bezeichnet.

Deren Präsenz ist die Voraussetzung dafür, dass du auch in der Höhe die Zunge nach Belieben mit Konsonaten beschäftigen kannst OHNE dass es dir sofort das Tuning der Resonanz, d.h. den Stimmsitz, zerschießt.

Auch hilfreich für einen schönen Ton in er Höhe ist es, jegliche Konsonanten soweit wie möglich mit den vorderen Teilen der Zunge zu bilden und unnötige "Kaubewegungen" des Zungenrückens beim Singen zu vermeiden.

Bevor ich das gecheckt hatte, konnte ich Stützen und Twangen wie ein Weltmeister und es klang trotzdem immer besch.... Mittlerweile kratze ich dank dieser Erkenntnis/Technik an den ganz hohen Metaltönen á la Axl Rose und es klingt, nunja interessant ;-))
 
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So wie broeschies es erklärt, mach ich es auch mit meinen Schülern. Allerdings hämmere ich ihnen immer wieder das mit der langsamen Atmung ein, weil man nur dann wirklich frei ist die Töne so zu formen wie man sie braucht. Sonst hat man immer mit Druck im Hals zu kämpfen. ^^
 
Okay, vielen Dank euch dreien! ;) Mit Sirenen habe ich's ja wie gesagt schon mal probiert, vor allem auch mit Quintsirenen (eben z. B. von e' nach h'), weil man dann ja - laut u.a. Robert Lunte - automatisch die Sirene langsamer machen muss, wenn sie insgesamt den selben Zeitraum einnehmen soll (was dann seiner Aussage nach das Muskelgedächtnis dafür auch stärker trainiert).

Dann käme also noch Bach dazu und das stärkere Luftabbremsen. Na, dann frisch ans Werk! ^^
 

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