Die Deutsche Griffweise-ein Fauxpas?

Na, wenn die für Traversflöte und Altflöte (mit ihrer ja doch unterschiedlichen Griffweise) geeignet sind, dann sind sie sicher auch für Flöten mit deutscher Griffweise kommod.

Also fröhliches Dudeln :whistle:
 
Zurück zur ursprünglichen Aussage von Peter Harlan:

Was du zitierst sind die neueren Aussagen Harlans, wenn man das Buch von Peter Thalheimer gelesen hat, dann fällt auf, dass er sich öfters widersprüchlich geäussert hat. Auch wann die erste Flöte gebaut wurde scheint so nicht zu stimmen. Ich vermute, dass Peter Harlan ein gewiefter Geschäftsmann war. Er hat ja auch nicht selbst gebaut, wie er lange behauptete, er hat immer bauen lassen.

"Als ich das dann sehr schnell verbesserte und wieder so wie die ersten baute … "

Dies stimmt auch nur bedingt, denn er lies sie ja weiter bauen und verkaufte binnen kürzester Zeit wohl tausende von Blockflöten, scheinbar schon 6-stellig.

Man muss wohl auch die poitischen Verhältnisse der 20er und 30er betrachten, um die Erfolge der deutschen Griffweise zu verstehen.

Es waren auch wirtschaftliche. Wenn man realistiert, dass gerade ein großer Krieg zuende ging und die Instrumentenbauer arbeitslos waren, da sich kaum wer etwas leisten konnte. Da kam ein kleines, günstiges und leicht zu lernendes Instrument, dass man dazu noch recht einfach bauen konnte, gerade recht. In kürzester Zeit boomte der Flötenmarkt.

Immerhin äußert sich der Flötenbauer Friedrich von Huene sehr lobend über einige Vorkriegs-Flöten wie Herwiga Solist und Rudolf Otto.

Max König, aus dessen Werkstatt die Herwiga- und Heinrichmodelle stammen, hat ja auch noch nach dem Krieg weitergearbeitet und viele seiner Erkenntnisse sind sicher auch in den modernen Flötenbau eingegangen. Deswegen sind ja auch noch sehr gute "Heinrich" flöten aus der Zeit vor dem Mauerbau zu bekommen. Gerade auch das Herwiga Modell hatte noch die "Rex" Variante, die als Meisterflöte gilt. Auch von Rudolf Otto habe ich unter anderem eine Altflöte, die nach 1950 gebaut wurde und wunderbar klingt.
 
Was du zitierst sind die neueren Aussagen Harlans, wenn man das Buch von Peter Thalheimer gelesen hat, dann fällt auf, dass er sich öfters widersprüchlich geäussert hat. Auch wann die erste Flöte gebaut wurde scheint so nicht zu stimmen. Ich vermute, dass Peter Harlan ein gewiefter Geschäftsmann war. Er hat ja auch nicht selbst gebaut, wie er lange behauptete, er hat immer bauen lassen.

Das ist mir auch schon aufgefallen. Ich würde nicht alles glauben, was Harlan so erzählt hat.

Ich habe übrigens in der Familie auch eine Rudolf Otto-Altflöte (aus den 60er Jahren). Sie klingt für sich genommen gut und warm und spricht in allen Lagen gut an. Im direkten (Blind-)Vergleich mit Altflöten der neusten Generation in der Preisklasse um 500 Euro fällt sie aber erkennbar ab - der Klang ist einfach zu schlicht und nicht modulationsfähig genug.

Genau so ging es mir mit einer Moeck Tuju, die ich mal als Schulflöte gekauft hatte. Die habe ich vom Flötenbauer aufwendig wieder "fit" machen lassen (Riss geklebt, Blockkante bearbeitet, Stimmung korrigiert) und dann klang sie auch wieder (für sich) toll. Trotz allem und obwohl ich an der Flöte lange gehangen habe, muss ich zugeben, dass sie klanglich mit modernen Flöten nicht mithalten kann. Besser vielleicht, als Einsteiger-Holzflöten unter 100 Euro, aber nicht wirklich top.
 
eine Rudolf Otto-Altflöte (aus den 60er Jahren)

Qualitative Unterschiede wirst du reichlich finden. Ich würde das meiste, was Schul- oder Chorflöte heisst in die preiswert bis billig Ecke stellen, aber auch da sind Schnäppchen zu finden vor 1945. Die "Solist" und ähnliche bezeichnete Flöten waren deutlich besser gearbeitet. Aber auch in dieser Zeit wurde schon recht schnell die "Massenware" beklagt, da dort wo schnelles Geld zu machen ist auch immer die Geier lauern...

Nach 1950 ist da eher Flaute meines erachtens und die alten Modelle wurden von den überlebenden Flötenbauern noch "aufgewärmt" für die eine oder andere Firma, bis dann in den angehenden 7oern völlig andere Modelle auf den Markt kamen.

Das Modell Tuju hat mich klanglich noch nie begeistert, egal welche ich in der Hand hatte, auch wenn sie eigentlich gut klingen.Die meisten davon werden auch Schul-Flöten sein.
 
Den folgenden Artikel von Herrmann Moeck fand ich noch interessant (erschienen in zwei Teilen):

Zur "Nachgeschichte" und Renaissance der Blockflöte
http://www.moeck.com/uploads/tx_moecktables/1978-1.pdf
http://www.moeck.com/uploads/tx_moecktables/1978-2.pdf

Hier ein paar Zitate:

Peter Harlan war - aus dem Geist der Jugendbewegung - auf der Suche nach einem gemeinschaftsfördernden und unkomplizierten, zur Innerlichkeit führenden Volksinstrument, wobei ihm historische Genauigkeit und Fachlich-Musikalisches zuweilen geradezu supekt waren. Für seine Zwecke neigte er so von vornherein auch mehr zum Renaissance-Flötentypus, wobei er sich aber recht frei auf sein "Instrumentenbauerfabulierbedürfnis" berief, ein Fabulierbedürfnis, das auch in vielem, was er sonst gesagt und geschrieben hat, hervortritt. Harlan wollte ein Instrument "welches durch noch so große Kunst nicht im Klang gesteigert, welches durch keinerlei Virtuosität in seinem Wesen verstümmelt werden konnte."

[Die deutsche Griffweise erlaubte] auch eine größere Freizügigkeit bei der Wahl der konischen Innenbohrung. Sie brauchte nicht so kompliziert zu sein und die Flöten waren somit leichter herzustellen. Flöten deutscher Girffweise haben so meist auch einen weicheren Klang, vornehmlich bei den tiefen Tönen. [...] Auf der anderen Seite entstand durch sie ein im Klang ganz neuer Flötentyp, den man natürlich mögen oder nicht mögen kann, wobei die weitmensurierten Flöten vor und um 1930 und später und die folgenden enger gebohrten zu unterscheiden sind.
 
Auf der anderen Seite entstand durch sie ein im Klang ganz neuer Flötentyp, den man natürlich mögen oder nicht mögen kann, wobei die weitmensurierten Flöten vor und um 1930 und später und die folgenden enger gebohrten zu unterscheiden sind.

Da hast du ja gerade den passenden Text zu meinem Geschreibsel da drüben gepostet :D

Das fände ich eigentlich auch am ehrlichsten, wenn man es einfach als neuen Flötentyp bezeichnet. Wenn man schaut, was moderne Flötenbauer alles erfinden, könnte man auch so manches als falsch bezeichnen... oder die Entwicklung geht halt wie immer einfach weiter und neue Dinge entstehen.
 
Nach dem 2. Weltkrieg und vor allem ab den 60er Jahren wurden in deutscher Griffweise fast nur noch einfache Schulflöten gebaut. Es macht daher Sinn zu differenzieren zwischen der deutschen Griffweise an sich und den Blockflöten aus der Vorkriegszeit. Darauf hat @funstrumentalist ja auch schon mehrfach hingewiesen.

Eben. Wer heute z. B. im Grundschulalter (da werden noch die meisten mit der Blockflöte konfrontiert) mit der Blockflöte anfängt, wird meist auch direkt mit der deutschen Griffweise vertraut gemacht. Da die deutsche Griffweise im Einsteigerbereich (C-Dur) einfacher zu greifen ist, ist es naheliegend, dass Kinder z.B. in der Grundschul-AG damit anfangen (wie gesagt, wir reden von Kindern zwischen 5-10 Jahren). Diese kommen wohl als Letztes auf die Idee, sich mit Vorkriegsinstrumenten zu beschäftigen. Eher werden die Eltern bei Amazon, Thomann o. ä. oder - sofern noch existent - im örtlichen Musikfachhandel - eine 10 € Yamaha, Aulos... Plastikflöte oder bei höherem Budget eine 60 € Moeck, Mollenhauer o. ä. kaufen. Damit fangen die Kids an.

Im Großen gibt es nun drei Möglichkeiten:
- Vermutlich am häufigsten: Das Ding ist ein paar Minuten/Stunden/Tage/Wochen interessant und fliegt danach in die Ecke oder die Mülltonne.
- Vermutlich am zweithäufigsten: Zum Hausgebrauch wird hier und da mal ein Liedchen gespielt.
- Vermutlich am seltensten (wenngleich in Internetforen überproportional vertreten): Der Spieler findet Interesse an anspruchsvoller Blockflöten-Literatur, dann ist eben ein Umlernen der Griffweise erforderlich.
 
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wie gesagt, wir reden von Kindern zwischen 5-10 Jahren

Du redest immer von Kindern zwischen, "wir" nicht...

Es haben auch schon ernsthafte Musiker die deutsche Griffweise gespielt und spielen sie immer noch. Gerade in Stockstadt sprach ich mit einem älteren Herrn, der profesioneller Spieler ist. Er hat Zuhause unter anderem einen ganzen Flötenchor von der Werkstatt Otto in deutscher Griffweise und spielt beide Varianten. Zitat: Da greift man halt einfach anders, kein Problem.

Es war beileibe nicht der einzige den ich an dem Tag traf, der solche Flöten spielt. Es einfach immer nur zu reduzieren auf Kinder und Tralala geht meines Erachtens am Thema etwas vorbei.

Viele Leute haben auch nicht im Hinterkopf, dass man zudem das Kopfstück der Blockflöte auch für Rhythmusübungen verwenden kann.

...und warum du das immer erwähnen musst, ob es zum Thema passt oder nicht verstehe ich nicht ganz, handelst du mit Blockflötenköpfen?
 
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Du redest immer von Kindern zwischen, "wir" nicht...Es haben auch schon ernsthafte Musiker die deutsche Griffweise gespielt und spielen sie immer noch [...] Es einfach immer nur zu reduzieren auf Kinder und Tralala geht meines Erachtens am Thema etwas vorbei.

Dass es diese "Exoten"-Ausnahmen gibt, bestreitet ja keiner. Nur: Wer (auf die breite Masse bezogen) kennt die? Daher ist die Frage berechtigt: Bei allen wirklich umsatzrelevanten Herstellern/Händlern (wie viele tausend Plastik-Soprane gehen wohl pro Tag bei Yamaha vom Band bzw. werden bei Thomann bestellt?) machen die 10 € Soprane - meist in deutscher Griffweise - den größten Marktanteil aus. Dann gibt es da wie gesagt in Deutsch noch ein paar etwas edlere Soprane bis ca. 70 €, dann hört es auf. Jeder kann sich ausmalen, wie viele dieser Instrumente an unter bzw. über 10-jährige Menschen verkauft werden.

...und warum du das immer erwähnen musst, ob es zum Thema passt oder nicht verstehe ich nicht ganz, handelst du mit Blockflötenköpfen?

Es ging um die Frage, welche Instrumente auch für kleine Kinder ideal für den Einstieg in die Musik sind. Und sofern man nicht allzu lärmempflindlich ist, eignen die sich ganz gut für Rhythmusspiele, -übungen etc.
 
Hat eigentlich jemand von euch mal zwei Modelle aus der selben Serie, die es in beiderlei Griffweise gibt (z.B. Rondo von Moeck) mit einem guten Stimmgerät miteinander verglichen, insbesondere die höheren Töne? Ich habe lange gedacht, dass die deutsche Griffweise schlecht sein muss, weil die Blockflöten in meiner Kindheit alle nicht besonders klangen, von meiner mit Hühnerfrikassee imprägnierten (Danke, kleiner Bruder!) Moeck Sopran bis zu den Alt-Tujus der älteren Mädchen oder die große braune Bärenreiter-Tenor, die eine aus der 10. Klasse spielte: Ich habe keine positiven Erinnerungen an sie. Dabei hängt es ja auch vom Spieler ab, und von der Erwartung, die man hat. Auf amazon frequentiert eine Frau, die förmlich über Blockflöten in deutscher Griffweise giftet, sie spricht von "unbrauchbar" und "verdirbt das Gehör" — das hat mich zum Nachdenken gebracht. Ich besitze mehrere Tin Whistles, die allesamt wie eine Blockflöte in deutscher Griffweise funktionieren, mit der Ausnahme, dass es nur sechs Löcher für die Finger und kein Daumenloch gibt. Aber die Grundtonleiter wird nach dem selben Prinzip gespielt: Ein Finger weiter hoch und es erklingt der nächsthöhere Ton, bis dann für den letzten Ton der Oktave umgegriffen werden muss. Die zweite Oktave wird exakt genauso gegriffen wie die erste, allerdings muss man in Ermangelung eines Daumenlochs schärfer blasen. Auf der "deutschen Blockflöte" verwendet man unten das Daumenloch, oben bleibt es gleich. Und nun das, worauf ich hinaus will: Ich besitze kein Stimmgerät, aber ich bin mir sicher, dass mindestens zwei meiner Whistles so tonrein sind, wie man es mit bloßem Gehör überprüfen kann. Beide Whistles sind handgearbeitet und wurden an den Löchern und am Labium nachbearbeitet. Ich spiele sie aber nur in D, G, und ab und zu mal in A — ein halb zugedecktes kleines Loch kann dieses Instrument verkraften. Das C für G-Dur mache ich mit einem Gabelgriff. Eine Whistle ist kein wirklich chromatisches Instrument, und die wenigsten Whistle-Spieler streben dies überhaupt an. Ich könnte mir vorstellen, dass die Blockflöte in deutscher Griffweise nach dem Vorbild der Whistle konzipiert wurde. Peter Harlan hielt sich zeitweise in England auf, und seine Blockflöten wurden nicht nur in C oder F gebaut: Paul Hindemith verlangt in seinem Werk für den Plöner Musiktag nach Harlan-Blockflöten in C, D und A. — Das, was Peter Harlan selbst gesagt hat, oder gesagt haben soll, widerspricht sich immer wieder. Und obwohl Peter Harlan natürlich nichts für seinen Bruder konnte, musste ich doch gerade sehr an Veit denken. Der verstand es definitiv, die Verantwortung auf andere abzuschieben. Wobei Filme für die Nazis zu machen ein Verbrechen ist, fragwürdige Blockflöten zu entwerfen eher nicht.
 
Hat eigentlich jemand von euch mal zwei Modelle aus der selben Serie, die es in beiderlei Griffweise gibt (z.B. Rondo von Moeck) mit einem guten Stimmgerät miteinander verglichen, insbesondere die höheren Töne?
Ich habe Yamaha-Blockflöten in meiner Sammlung die oberflächlich betrachtet baugleich erscheinen, sich in der Griffweise aber unterscheiden. Das Foto davon findest Du auf meiner Webseite.

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Vergleiche von preisgünstigen Kunststoff-Blockflöten mit barocker (!) Griffweise unterschiedlicher Hersteller brachten mir die Erkenntnis, dass nicht nur die Bauweise bezüglich des Griffsystems Einfluss auf die Intonation und den erforderlichen Griffvarianten hat sondern auch die feine Ausarbeitung mir nicht näher bekannter Details. Auch ohne Stimmgerät war zu erkennen, dass in der 2. Oktave ein bestimmter chromatischer Ton bei manchen Modellen klanglich auffällig aus der Reihe tanzt, obschon die Anordnung der Grifflöcher gleich zu sein scheint. Dazu kommt, dass das oberste Ende der 2. Okave nicht bei jedem Modelll gleich gut anspricht und auch mal zu tief hängen können. Nicht viel, aber etwas. Deshalb bin ich der Meinung, dass man nicht pauschal urteilen kann, sondern jedes Modell für sich betrachten und bewerten muss.

Aus meiner Sicht ist der wichtigste Kritikpunkt an der deutschen Griffweise, dass die Lochanordnung, die in der ersten Oktave den einfachen F-Griff ermöglicht, in der 2. Oktave einige komplizierte Gabelgriffe notwendig macht. Deshalb spiele ich nur noch Blockflöten in barocker Griffweise. Wie (und ob überhaupt) mit der deutschen Griffweise alle Töne sauber intoniert werden können, unterscheidet sich möglicherweise von Modell zu Modell. Daher lassen sich an meinen Instrumenten gemachte Beobachtungen nicht verallgemeinern.

Gruß
Lisa
 

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