Absolut - da hat sich bei mir in den letzten Jahren auch sehr viel getan. Durch die veränderten Sehgewohnheiten macht das alte "monster-of-the-week"-Format zum Glück kaum noch Sinn und ich habe den Eindruck, dass die Macher sich auch viel mehr trauen als früher. Mein Film-Serien-Verhältnis hat sich jedenfalls heftig geändert.
Das Sehverhalten ist damals wirklich anders gewesen. Man hat sich jede Woche auf eine neue Episode gefreut und sich je nach Relevanz der Serie Zeit dafür genommen. In den USA soll es bei der Erstausstrahlung von "Miami Vice" sogar so gewesen sein, dass die Leute extra zu hause geblieben sind oder sich getroffen haben. Dabei lief die Serie an einem Freitag Abend, ein denkbar schlechter Zeitpunkt für hohe Einschaltquoten, weil da viele unterwegs sind.
Wenn man keinen Videorecorder hatte und eine Folge verpasst hat war das ärgerlich, weil man nicht mitreden konnte, tragisch war es aber auch nicht. Bis auf ein paar Doppelfolgen war jede Episode in sich abgeschlossen und nächste Woche ging es mehr oder weniger bei 0 wieder los. Heute ist es oft so, dass man sich gleich eine ganze Staffel holt und diese in einem Rutsch ansieht. DVD und Streaming sei Dank. Zu Videozeiten gab es da höchstens mal Kassetten mit 2-4 Folgen drauf und ich kannte wenige Leute, die bereit waren Geld für eine Serie auszugeben. So nach dem Motto: "Kommt doch alle zwei Monate im Fernsehen und ist eh nur eine TV Produktion...".
Die Serien von heute wären vor 30 Jahren noch gar nicht möglich gewesen, weil man einfach zu schnell aus dem Thema raus gewesen wäre und vor lauter Verwirrung das Interesse verloren hätte. Man muss nur mal bei "The Wire" eingeschlafen sein...
Heute kann ich mir eine verpasste Folge am nächsten Tag auf diversen Streamingportalen ansehen und bleibe ein Ball.
Im Vergleich zu heute waren viele der damaligen Serien natürlich "einfache" Kost, trotzdem sind da auch ein paar Schätzchen dabei, die ich mir immer wieder mal gerne ansehe. "Raumschiff Enterprise" hat trotz der "billigen" Produktion durchaus Charme. "ALF" kann ich mir auch immer wieder ansehen. Die Serie ist so angelegt worden, dass sowohl Kinder als auch Erwachsene Spaß daran haben können, ähnlich wie bei den "Simpsons". Andere Serien wie "Knight Rider", das "A-Team", "Kampfstern Galactica" oder "Ein Colt für Alle Fälle" kann ich mir aber nur aus Nostalgiegründen ansehen. Wenn damit nicht bestimmte Kindheitserinnerungen verbunden wären, würde ich im TV wohl schnell umschalten. Das merke ich bei diversen Serien aus den 80ern, die ich damals nicht gesehen habe oder die mich damals nicht so interessiert haben.
Ich hoffe, dass die Serienmacher aber weiter so viel freie Hand bekommen und uns mit "anspruchsvollen" Stoffen versorgen. So einige Serie, die ein kleines Juwel ist und schlechte Einschaltquoten hatte wurde glücklicherweise trotzdem verlängert und ist zum Kult avanciert. "Stromberg" (nun ja, kein ganz großes Kino, aber damals eine tolle Abwechslung in der deutschen TV-Landschaft) hat damals auch keiner angeschaut. Kultstatus hat die Serie durch die Streams und die DVDs erreicht. Es wurde eine Petition bei Pro 7 eingereicht, damit die Serie nicht abgesetzt wird.
"Halt and Catch Fire" hat auch nicht die besten Quoten gehabt, läuft aber mittlerweile, zu meiner Freude, auch schon in der dritten Etappe.
Nicht, dass es bald nur noch "Bubblegum-Mainstream-Mist" gibt, der sofort ab der ersten Folge zünden muss und "gute" Stoffe sich nicht mehr entfalten können.
Bei "Vinyl" finde ich es aber schade, dass sie aufgrund kreativer Differenzen eingestampft wurde. Da hätte man noch mehr daraus machen können.
"Rom" wurde leider auch nicht weitergeführt, weil die Requistien abgebrannt sind. Das römische Reich hätte da ja noch so einige "Story" liefern können.
"Jericho" hat man auch just dann abgesetzt, als die Serie gerade spannend wurde. Ging es in der ersten Staffel noch um das Überleben und tappe im Dunkeln, was eigentlich genau passiert, entwickelte sich die zweite Staffel in eine mehr politische Richtung und das Leben unter "fremder" Besatzung.