ich denke übrigens, dass das "einspielen" bei elektr. gitarren doch sehr überbewertet wird...
man darf nicht vergessen, dass all die leute in den 60ern, nach deren gitarrensounds sich heute so viele sehnen, und für vintage-kram unsummen hinlegen, dass diese musiker damals auf neuen oder relativ neuen instrumenten und amps gespielt haben...
Das sehe ich, mit Abstrichen, nicht so.
Einerseits sehe ich, daß beim Einspielen sich die Gitarre nochmal maßgeblich verändert. Das trifft sogar auf günstigere Gitarren zu. Da schwächen sich z.B. bei längerem Spielen, Deadspots ab. Auch nimmt eine Gitarre, nach längerem Gebrauch, die Stärken und Schwächen des Spielers auf.
z.B. klang meine Martin Akustik am Anfang recht matt und arschlos in höheren Lagen. Nach forciertem Spiel in genau diesen Lagen zeigten sich schon nach ein paar Monaten erste positive Fortschritte in genau diesen Lagen. Jetzt, nach ein paar Jahren klingt sie insgesamt sehr viel ausgewogener als früher. Bei E-Gitarren dauert es immer etwas länger, bis sich merkliche Fortschritte zeigen und vieles geschieht schleichend. Aber wenn ich mir ältere Aufnahmen von Songs mit heutigen des gleichen Lieds anhöre, wundere ich mich schon, wie anders das oftmals klingt, obwohl das gleiche Zeugs benutzt wurde ( ich bin da penibel und dokumentiere eigentlich immer alles, was benutzt wurde und wie es benutzt wurde ). Sicherlich spielt da auch das variable Spiel des Gitarristen und dessen eventuelle Entwicklung eine Rolle ( vielleicht ist ja der ausschlaggebend? ), aber ich meine, einen Unterschied festzumachen.
Vom haptischen Standpunkt tut sich natürlich auch einiges. Kanten schleifen sich ab, Bünde werden glatter, Lack scheuert weg und wird weniger klebrig. Das Spielgefühl wird besser. Besseres Spielgefühl drückt sich dann meistens auch in einem besseren Ton aus, weil man mit der Gitarre besser kommuniziert.
Zum Gegenargument, daß die Gitarren der goldenen Ära damals ja auch neu waren:
in den 50er und 60er Jahren war die Holzauswahl eine ganz andere. Es gab in den USA noch riesige Holzlager und unzählige kleine Sägewerke, die ihre eigenen Lager unterhielten. Da war es einfach noch öfters der Fall, daß Hölzer, die 30 Jahre zuvor geschlagen wurden, irgendwo noch rumlagen. Und davon geriet dann halt so manche Planke in die Hallen von Gibson und Fender.
Die Nachfrage nach solchen Edelhölzern war nicht so groß, wie das, was an Holzabbau anfiel. Auch konnte man damals noch Hölzer verwenden, die heute aus Artenschutzgründen nicht mehr exportiert/importiert werden dürfen, z.B der im Sprachgebrauch üblich genannte Honduras-Mahagoni und Rio-Palisander.
Sprich: man hatte eine große Auswahl an gut abgelagertem Holz, um damit, vom heutigen Maßstab gesehen, wenige Gitarren zu produzieren.
Nun war es damals so, und da darf man es sich nichts vormachen, daß das Holz wohl relativ wahllos aus den Regalen genommen wurde und verarbeitet wurde. Die bewußte Holzsselektion ist heute wohl besser als damals, nur war das verwendete Holz damals von höherer Güte. Dieser laxe Umgang führte auch damals zu vielen tonalen Blindgängern, die halt die letzten 30 bis 40 Jahre nicht überdauert haben und uns somit nicht erreicht haben. Wir kennen heute als die heiligen Vintage-Gitarren eben diese Exemplare, die es wert waren, die Zeit zu überdauern. Und die klangen halt damals schon gut.