Bestellt und getestet: Das Wilkinson WVS50.
Statt bei
Ebay habe ich es bei
Black Dog Music gekauft, da ich bereits gute Erfahrungen mit dem Laden hatte. Natürlich in Shiney Chrome. Das WVS50 ist weder auf der Gotoh Seite, noch in deren Katalogen in der Wilkinson Sektion auffindbar. Keine Ahnung, warum es so stiefmütterlich behandelt wird, aber demzufolge scheint es auch kein offizielles Datenblatt mit den ganzen Maßen zu geben, weswegen die Händler anscheinend eigene Zeichnungen anfertigen müssen. So gibt es geringe Abweichungen, wenn man die Zeichnungen aus den beiden Angeboten vergleicht und ich weiß nicht, ob es tatsächlich unterschiedliche Versionen sind, oder die Händler einfach nicht so genau gemessen haben. Jedenfalls war ich mir sicher von Black Dog ein originales Wilkinson zu bekommen.
Hat mit der schnellsten Versandmethode umgerechnet 55 Euro gekostet und 3 Werktage später klingelte der GLS Bote.
Es kommt inklusive Hebel, Bolzen, Federn, Federkralle, Schrauben, sowie Sechskantschlüssel. Sprich allem, was man brauchen könnte.
Ich vergleiche es allerdings nicht mit dem kompletten Original, denn als ich die Gitarre bekam fehlten die Saitenreiter und der Gussblock war dabei zerbröseln. Deshalb vergleiche ich es mit der anderen Option: Dem
Sustainblock und den
Saitenreitern von Guitarfetish, welche sehr gut zur originalen Grundplatte passen und nun seit sieben Jahren drauf sind.
Die Verarbeitung des Wilkinson ist weitestgehend OK und dem Preis entsprechend. Damit meine ich die Entgratung der Kanten (deutlich besser als beim Original), Oberflächenbeschaffenheit der Saitenreiter, sowie des Sustainblocks.
Die Messerkanten sind hingegen ziemlicher Müll und haben das Wort "Messer" nicht verdient. Ich würde sie vor einem endgültigen Einbau definitiv schmaler feilen. Die Kanten der Originalplatte (sowie jedes anderen vernünftigen Tremolos) sind deutlich spitzer. Die Auflagepunkte der Wilkinson Bolzen sind sehr schmal und ebenfalls für eine spitze Kante ausgelegt, sodass hier eine Menge Reibung entstehen würde und die Stimmstabilität beeinträchtigt wäre.
Je nachdem wie das Instrument über die letzten drei Jahrzehnte be- bzw. misshandelt wurde, können natürlich auch die Kanten der Originalplatte platt sein und sollten nachgefeilt werden. Das habe ich vor sieben Jahren getan und sie sehen immer noch gleich aus. Soo schlecht scheint das Material also nicht zu sein.
Die Grundplatte des Wilkinson ist gehärtet und einen halben Millimeter stärker, das gesamte System wiegt jedoch 45 Gramm weniger, als das GFS-bestückte Original. Der Block ist zwar full size, besteht aber aus irgendeinem Guss und sieht deutlich poröser aus. Er ist 2mm niedriger und 3mm kürzer, als der GFS. Der GFS Block sieht definitiv hochwertiger aus und besteht aus echtem Stahl. Beim Wilkinson hat man dafür die Möglichkeit den Hebel mittels Madenschraube festzustellen.
Auch die Saitenreiter sind gegossen und komplett verchromt. Die GFS Reiter sind wiederum aus blankem Stahl gefertigt.
Insgesamt bekommt man mit dem Wilkinson eine festere, besser verarbeitete, aber trotzdem nachbesserungswürdige Grundplatte. Die übrigen Komponenten sind den GFS Parts qualitativ ziemlich unterlegen.
Der Einbau bereitete fast keine Probleme. Der Block passt gut in die Fräsung und der Bolzenabstand haut hin. Bei meiner Chery sind es genau 62mm von Lochmitte zu Lochmitte.
@grossmaggul meinte bei ihm wären es 60mm? Wenns tatsächlich 60 Mitte zu Mitte sind, dann wäre das für dieses Wilkinson zu eng.
Was nicht passt, ist die Aussparung im Schlagbrett unter den tiefen Saiten. Eine Schlagbrettecke ist jedoch schnell nachgearbeitet und das Gute ist - man kann das Tremolo trotzdem testen. Ich habe den Bolzen etwas weiter oben gelassen, womit die Saitenlage nicht wesentlich über 2mm lag. Zudem ist der Hals nicht geshimmt. Mit Shim oder aktiviertem Micro Tilt, sprich größerem Halswinkel, ist möglicherweise gar keine Nachbearbeitung notwendig.
Der Saitenverlauf war bei dem Ganzen die größte Ungewissheit, lag jedoch nach dem Einbau fast mittig. Der Rest sollte sich mit einer leichten Neuausrichtung des Halses beheben lassen, was bei meiner Strat problemlos möglich gewesen wäre.
Ein weiteres Problem war, dass die E Saite komplett am Polstift des Bridge-PUs vorbeilief. Wären die Kappen noch drauf, würde man es zwar nicht sehen, aber es wäre trotzdem suboptimal für den Klang. Das wird wahrscheinlich von Gitarre zu Gitarre mehr oder weniger ausgeprägt sein. Ich habe letztendlich die Bohrungen im Tonabnehmer selbst etwas seitlich versetzt, da mich das Gleiche auch mit dem Originaltremolo genervt hat.
Dass der Saitenabstand nun 54 statt 52,5mm beträgt ist ansonsten kein Nachteil. An den Griffbretträndern ist noch immer genügend Platz, dabei sind meine sogar
etwas stärker abgerundet.
Ich habe nur das Tremolo ausgewechselt und sonst keine der mitgelieferten Teile verwendet. Die Originalbolzen können problemlos weitergenutzt werden. Die beigelegten Wilkinson Bolzen samt Hülsen sind deutlich breiter, als die Originale, d.h. die Bohrungen müssten aufgebohrt werden. Ich wäre dabei sehr vorsichtig, da diese durch gar nicht mal so viel Holz von der Korpusfräsung getrennt werden, was sich manchmal folgendermaßen äußert:
Der Klang hat sich durch das Wilkinson merklich verändert. Es ist kein Tag und Nacht Unterschied, aber bereits beim Saiten Aufziehen klang die Chery glockiger und vielleicht sogar lauter bzw. heller. Auch verstärkt hat sie hörbar mehr Höhen bekommen, was vor allem Clean auffiel, oder anders ausgedrückt: Die oberen Mitten sind etwas zurückgegangen. Der Klangcharakter wurde ausgeglichener und weniger harsch. Verzerrt hatte sie vorher immer dieses penetrante, hochmittige Pick Attack, also so ein Schnalzen, wenn das Plektrum die Saiten trifft. Das lag nun stark im Hintergrund, weswegen für mich schnell feststand, dass das Wilkinson auf dieser Gitarre nur einen kurzen Auftritt haben würde, denn ich stehe total auf penetrantes Pick Attack und den ungehobelten Charakter, den diese Gitarre mit dem Originaltrem hatte. Das Sustain hat sich nicht verändert, aber irgendwas an der Ansprache und Resonanz war anders und nicht unbedingt besser. Kurz gesagt: Hätte ich sie so bekommen, hätte ich sie nicht behalten.
Das ist natürlich alles subjektiv und ich bin mir sicher, für viele würde das Wilkinson klanglich in die gewünschte Richtung gehen. Vor allem, wenn man überwiegend Clean spielt und versucht einen originalgetreueren Sound zu bekommen (warum auch immer man das von einer Ahorngitarre erwarten würde), könnte das in Verbindung mit zahmeren Alnico Single Coils noch mehr in die klassische Strat-Richtung wandern. Ich persönlich habe für sowas zwei andere Strats, die wiederum nicht das können, worin die Chery gut ist.
Diese Gitarren haben, aufgrund des ganzen Ahorns, präsente Mitten, anstatt glitzernder Höhen und runder Bässe, und wenn man da versucht mithilfe von Hardware und Pick Ups gegenzurudern, geht immer so ein Bisschen Lebendigkeit verloren, wie ich finde.
Zusammenfassend würde ich das Wilkinson empfehlen wenn:
1. Das gesamte Tremolo fehlt oder aus irgendeinem Grund getauscht werden muss. Ich kenne kein anderes namhaftes System, das für diesen Bolzenabstand ausgelegt ist.
2. Der Klang zu mittig oder pappig wirkt und man die Gitarre unbedingt behalten möchte.
Die GFS Teile sind nach wie vor meine Empfehlung, wenn man mit dem Klang zufrieden ist und diesen aufwerten will, ohne den Charakter all zu sehr zu verändern. Er bekommt dadurch mehr Volumen und Spritzigkeit, verschiebt sich aber frequenzmäßig nicht so stark und passt zum Grundton des Holzes.
Ich will das Wilkinson nicht zurückschicken, da die Bolzen minimale Abdrücke im Chrom hinterlassen haben. Wer Interesse daran hat, kann sich bei mir melden, mach ich gute Preis.