HaraldS
Mod Emeritus
Oftmals werden ja nicht mal mehr Midi-Musiker, sondern gleich mobile DJ's verpflichtet. Aber egal ob Midi oder MP3, das aus meiner Sicht perverse ist, denen werden dann teilweise trotz Sparmaßnahmen € 500 - 800 für den Abend bezahlt. Ich frage mich dann immer für was ? Für dieses Geld würden bestimmt auch ein paar Musiker spielen, oder ?
Ein interessanter Punkt. Ich war selbst mehrere Jahre in einer Galaband (Rhythmusgruppe+3 Bläser+2 Sängerinnen) unterwegs, also eher auf großen Galas (übrigens trotzdem mit Sequenzereinsatz). Ich habe dann in Salonorchestern gespielt (also historische Tanzmusik, alles live) und bin mittlerweile als Solo-Entertainment-Pianist unterwegs. Der Grund liegt u.a. darin, daß ich mein Lebensunterhalt mit Musik verdienen will. Musiker in Ensembles oder Bands müssen schon extrem gut gebucht sein (oder das Gehalt aus öffentlichen Subventionen beziehen, wie viele Orchester), damit der Lebensunterhalt gesichert ist. Die logische Konsequenz bei Freiberuflern liegt natürlich darin, daß weniger Musiker beschäftigt werden.
ABER: trotzdem ist Musik ein wertvolles Kulturgut, d.h. eine Dienstleistung, für die viele Menschen bereit sind, Geld zu zahlen. Genau deswegen kann der DJ 800,- Euro berechnen - weil beispielsweise die Musik auf einer Hochzeit durchaus als Wert angesehen wird. Genauso wie die vielen bunten Lampen, die ja auch Geld kosten. Braut und Bräutigam werden sich i.d.R. einig sein, daß da eine wertvolle Dienstleistung entsprechend honoriert werden muss. Und der DJ kann, wenn er mehrere Jobs dieser Sorte pro Monat hat, davon leben.
Natürlich würde für 800,- Euro vielleicht auch eine Hobbyband spielen. Das Ergebnis wäre möglicherweise auch künstlerisch hochwertiger. Aber bei Hochzeiten spielt das beispielsweise kaum eine Rolle, denn durch die starke mediale Prägung vieler Jugendlicher steht das Engagement von Livemusik bei der eigenen Hochzeit (wenn sie ein par Jahre später heiraten) gar nicht unbedingt zur Debatte. Die Möglichkeit, Livemusiker zu engagieren, ist meiner Erfahrung nach aus den Köpfen vieler Menschen verdrängt worden. Und selbst diejenigen, die diese Möglichkeit erwägen, sehen in einer Liveband eher einen Unsicherheits- und unnötigen Kostenfaktor, als einen qualitativen Gewinn.
Die gleiche Tendenz gilt übrigens auch für viele andere Handwerksberufe. Hast du schon mal einen Schneider beschäftigt, damit er eine für dich passende Hose näht? Vermutlich nicht, auch wenn es die ästhetisch möglicherweise bessere Lösung wäre (no offense intended ).
Meine Konsequenz sieht so aus, daß ich als Pianist für einige Veranstalter spiele, die Livemusik zu schätzen wissen. Damit ist allen Seiten gedient. Beim Publikum beobachte ich oft, daß auch sie Livemusik als Wert zu schätzen wissen, auch wenn sie selbst nicht direkt dafür bezahlen, sondern nur indirekt.
Harald