Blues Fundamentals

  • Ersteller hack_meck
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Um ein Missverständnis auszuräumen:
Martin weist in seinem Beitrag auf die musiktheoretischen Ausführungen in der Mini-Vorlesung von Marsalis hin und gibt dazu den time code an.
Obwohl das eigentliche Thema, wurde darauf in der Diskussion kaum bis gar nicht Bezug genommen.

Blues Fundamentals sind aber nun einmal die 12-taktige Form, die triolische Rhythmusauffassung, die Akkorde auf ersten, vierten und fünften Stufe sowie pentatonische Melodiebildung.
Das ist und bleibt überregional seit mehr als hundert Jahre verbindend und auch nichts mit Jazz, Rock oder "pur" Bluesmusiker/in zu tun.
Es gibt natürlich viele Abwandlungen und Erweiterungen, die stellen aber keine Grundpfeiler des Blues dar.

Ob man den weiteren Auführungen von Marsalis folgen mag, hängt schon eher von der persönlichen Sicht auf wesentliche Musiker/innen und Songs ab.
Ich fand die soziale und historische Darstellung anhand von Songtextbezügen ebenso wie die Verküpfung mit gespielter Musik sehr gekonnt und unterhaltsam.

Gruß Claus
 
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Blues Fundamentals sind aber nun einmal die 12-taktige Form, die triolische Rhythmusauffassung, die Akkorde auf ersten, vierten und fünften Stufe sowie pentatonische Melodiebildung.
Das ist eine nette Generalisierung mit vielen Wahrheiten, aber wie wir wissen sind Generalisierungen immer falsch (see what I did there ;)). Es gibt viele eindeutige Blues-Aufnahmen, die gegen eines oder mehrere dieser "Fundamentals" verstoßen.

Spontan fällt mir da immer sowas ein:

Mississippi John Hurt ist an dieser spannenden Grenze/Grauzone zwischen Blues/Country/Folk/Gospel/usw usw, ur-Amerikanisch, mit ur-Amerikanischen Themen in diesem Song (Take This Hammer, John Henry, usw.), heißt "Blues", aber ist es auch einer? Natürlich ist das auch ein Blues, wobei er den Kriterien oben nur zum Teil standhalten würde.

Ich erspare euch jetzt eine Liste vieler weiterer Beispiele, hatte ich ja mal an anderer Stelle probiert, ein wenig zu beleuchten.

Aber dem TE ging es ja vorrangig nicht um die musiktheoretische Beleuchtung, sondern um
Habt ihr andere Videos, die in ähnlicher Weise und Intensität das versuchen in Worte zu fassen, was wir bei Blues fühlen und wahrnehmen?
Und da muss ich leider sagen, dass mein Fundus erschöpft ist. Es gibt - gerade von den "alten" - ja eh schon wenig Aufnahmen, und noch viel weniger Interviews, und davon halt fast nix auf Video. Und in Summe wurde da auch recht wenig philosophiert, sondern Musik gemacht.

Einen hab' ich noch, mal wieder mein persönlicher Held:
 
die 12-taktige Form,

Ich bin ja Fan von 8 Takten (Key to the Highway z.B.) … damit kann man den Bassist so schön an die Wand fahren, weil Rückenmark nicht mehr reicht … 🤡🤡🤡🤡

Gruß
Martin
 
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Dass es Varianten gibt steht doch schon in meinem Beitrag.
Die Ausführungen von Marsalis haben damit wie mit Generalisieren nichts zu tun, sondern mit dem Thema "Blues Fundamentals", also der Lektion #1.

Was läuft denn ab, wenn man mit unbekannten Leuten das erste Mal musiziert probt und es geht um "Blues in F"?
Klarer Fall von einfachstem Blues Schema, denn schon Quick Change und Jazz Blues sowieso brauchen weitere Absprachen.

Natürlich kann man durch musikalische Vorbilder eine eigene Liebe zum Blues einer der bestimmten Tradtion oder eines individuellen Stils entdecken, durch Nachahmen übernehmen oder Elemente davon in einen eigenen Stil integrieren.
Das ist aber eine persönliche Entscheidung und nicht die Letkion 1 der Musiktheorie zum Blues, dessen Schema asl Erstes in Kapitel 1 von jedem kompetenten Lehrbuch steht.

Martin schreibt in Beitrag 1, "Der spannende Text ab ca. 2:15" und dann folgt genau das, was ich im Beitrag zuvor noch einmal wiedergegeben habe.
Wenn man sich mit Blues beschäftigt und nicht auf bestimmte Ausprägungen Wert legt, dann ist der Vortrag von Wynton Marsalis eine gute Einführung und weil er auch Rhetorik drauf hat ungleich spannender als der entsprechende Abschnitt im Wiki-Artikel zum Blues. :)

Gruß Claus
 
Vielleicht ist es auch eher ein Aneinander-Vorbeireden? (Wobei die Differenzen in den Auffassungen vom Blues bleiben.)

Ich würde das, was Claus aufzeigt als "essentials" bezeichnen - als das, was sich als musikalisch allgemeine (nicht einzige) Form herausgeschält hat und etwas darstellt, was einfach ist und sich deshalb für den Einstieg und die Praxis eignet und worauf sich alle einigen können, dass das Blues ist (ohne damit anderen Formen ihr "Blues-Sein" abzusprechen).

Als "fundamentals" würde ich eher die Fundamente verstehen - also das, worauf der Blues steht und sich entwickelt hat. Das steht vom Bild des Fundaments am Anfang des Baus und trägt alles andere.
Und das ist - so mein Eindruck - kein adäquates Bild dafür, wie der Blues entstanden ist und sich entwickelt hat.
Am Anfang eher mehrere Quellen und eine regionale, kulturelle und zeitliche Vielfalt des sich beeinflussenden Nebeneinander, woraus sich einige musikalische Formen und Traditionen herausschälen bzw. entwickeln, die wiederum - um beim Bild des Flusses zu bleiben - eigene Seitenarme bilden, die mitunter wieder mit dem Hauptstrom Kontakt haben.

Ein adäquates Bild zu finden, ist nicht einfach: es gibt ja das Bild des Baumes mit Wurzeln (Quellen), dem Stamm (dem Tragenden) und den Ästen (den Ausläufern, die wieder in die Breite geht). Es fasst für mich nur bedingt das Lebendige, strömende und interagierende, das immer da ist - aber anderes fasst es gut.
Die hier angesprochenen "fundamentals" würden aus meinem Verständnis zum Stamm gehören - wobei dann klar wäre, dass das, wie ja auch mehrfach geäußert, nicht der ganze Baum wäre.

x-Riff
 
Ein adäquates Bild zu finden, ist nicht einfach:
In der Tat ist es nicht einfach! Es gibt auch die Möglichkeit eines Kontinuums:

Blues ------‐----‐---‐--I-------------------------------------- Jazz

Blues ------‐--------------------------------I----------------- Country etc

Mal ist ein Stück näher beim Blues und bei einem anderen Stück näher beim anderen Genre. Es macht aber deutlich welche Wurzeln es hat, bzw. welche Einflüsse mit eine Rolle spielen.
 
Was läuft denn ab, wenn man mit unbekannten Leuten das erste Mal musiziert probt und es geht um "Blues in F"?
Na, da läuft meistens ein viel zu schneller unmotivierter Shuffle mit Endlos-Soli. What else? :D

Der Grund, warum ich immer ein wenig dagegen anstinke - ist mir natürlich bewusst, dass das nicht immer lieb rüberkommt, aber es geht ja um konstruktives aneinander reiben - ist halt der, dass ganz viele "den Blues" auf genau diesen kleinsten gemeinsamen Nenner reduzieren - es aber bei den "Größen" des Blues ganz viele Beispiele dafür gibt, dass es jede Menge Alternativen und Ausnahmen gibt, und dass Blues-Songs eben auch Songs mit klar vorgegebenen Strukturen und Riffs und Licks sein können.

Beispiel:

Den Song macht nicht das leicht abgewandelte Schema, den Song macht die Struktur im Verse und dieses Riff. Sofort erkennbar. Da braucht's eben mehr zu als "Blues in Tonart", den muss man kennen, oder es braucht ein Lead Sheet etc etc

Aber natürlich kann man jetzt im Thread trefflich diskutieren, was Fundamentals heißen soll und was nicht ... ich habe oben zitiert, nach was der TE mal Ausschau gehalten hatte, und es war sicherlich dicht die 347. Kreisrund-Diskussion zu "all things blues". Insofern ...
 
Die Frage nach der Abgrenzung des Blues von anderen Stilen beschäftigt mich jetzt auch schon eine ganze Weile. Hör- und spieltechnisch habe ich mich zuletzt sehr der Frühzeit 1926-1930 angenähert und bin dabei auf Blueser wie Blind Willie McTell und v.a. Blind Blake gestoßen. Die haben Blues aber auch Ragtime gespielt, was auch als eine Frühform des Jazz eingeordnet wird – ich muss mich hier auf Wikipedia verlassen. V.a. Blind Blake fasziniert mich enorm.

Seine erste Soloaufnahme und erster Hit von 1926 ist der West Coast Blues und der Early Morning Blues auf der B-Seite. Nun ist der West Coast Blues aber streng puristisch gesehen gar kein Blues sondern ein Rag – Es geht in der Akkordfolge von C auf E, A/A7, D7 auf G7 und zurück auf C.

Der Early Morning Blues ist ein Blues in C, der aber auch nicht einfach dem I-VI-Ver Schema folgt, sondern auch über A7 auf D7 auf G geht (sorry, ich kann es nicht besser beschreiben)

Blues und Ragtime – beim Hören seines Oeuvres harmoniert es und geht in einander über. Eben noch tippt man mit dem Fuß den Beat, und plötzlich will der Fuß Charleston tanzen.

Später hat Blake auch etwa mit dem Klarinettisten Johny Dodds zusammengearbeitet, der ein Mitglied von Louis Armstrong Hot Five war. Das Ergebnis ist eine verrückte Nummer wie der CC Pill Blues mit Xylophon und Slide-Wistle.

Fun Fact ( ich nenne es mal so): Ich habe auf Wikipedia zu Louis Armstrong gelesen, dass seine frühen Aufnahmen zu DEN absoluten Klassikern des Jazz zählen: Und das sind Nummern, die im Namen alle ein Blues haben – etwa West End Blues. Ich habe auch gelesen, dass der Blues eben ein fester Bestandteil des Jazz ist, dort eben aber anders gespielt wird als im Blues- Jazz ist also nicht was, sondern wie man es spielt. Das macht die Grenzziehung zwischen Blues und Jazz in manchen Fällen unmöglich.
 
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Ich persönlich finde das man das alles nicht so eng sehen sollte. In einem Schema gepackt wurde der Blues viel später als er entstanden ist. Und die alten Blues-/Jazz-/Ragtime-/Folkmusiker kümmerten sich nicht um sowas, wenn sie der Meinung waren das es für sie selbst ein Blues ist, haben sie es auch so genannt.
Für mich im Akustikgitarren Bereich ist es wenn überhaupt nur mit einem Wort zusammengefasst: Folkmusic.
Mississippi John Hurt ist genauso Blues wie es Blind Blake oder Robert Johnson ist, aber es ist alles auch Folk.
Der ganzen Sache ein Schema zu verpassen ist meiner Meinung der Zeit geschuldet und um sich mit vielen Musiker, wie z. Bsp. in einer Band, leichter zu verstehen. Was ja auch gut ist, ich war selbst in einer Rhythm & Blues Band und weiß wie wichtig das ist. Ob man es aber so spielen muss um Blues zu spielen, halte ich für Unsinn.
Aber das mag jeder sehen wie er meint.
 
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