Aber zurück zum Thema: Blues als weltweit gehörte und produzierte Form ist meiner Meinung nach gar nicht mehr zu definieren. Wie Peter Wicke über Rock schon schrieb ist Blues meiner Meinung nach dass, was "als solches wahrgenommen wird."
Und genau darin liegt das Problem.
Die Frage, die ich schon öfter ohne befriedigende Antwort, gestellt habe, ist doch, warum das so ist. Warum ist es heute "notwendig" (wen es nicht interessiert, welche Musik er gerade hört oder spielt, dem kann das natürlich egal sein. Kein Problem. Mir und ein paar anderen ist es eben nicht egal.) zu definieren, was Blues ist.
Es ist ganz offensichtlich so, dass gerade im Bereich der sog. Pop - Musik ein riesiges Interesse daran besteht, vielen, vielen Künstlern und Songs den Stempel "Blues" aufzudrücken. Es ist so, dass dieser Stempel dem Musiker Atmosphäre, Feingefühl, Tiefe, Ehrlichkeit, Glaubwürdigkeit usw. testiert. Warum sonst würde jemand "beleidigt" reagieren, wenn ihm entgegenhält "Das hat mit Blues nicht zu tun!"?
Dies hat hat imo dazu geführt, dass dieser Begriff im Laufe der Zeit nach und nach "verwässert" wurde.
Es gibt ja in vielen Foren Rubriken unter dem Motto "Was hört Ihr gerade?" (oder so ähnlich). Was einem da so unter dem Titel "Blues" vorgestellt wird, zieht manchem Blues - Enthusiasten die Schuhe aus. Da findet sich von spanischer Volksmusik über Allen - Stivell - mäßige keltische Musik, Schmusejazz usw. so gut wie alles! Bei einem "Veto" liest man dann immer wieder: "Für mich ist das Blues!".
Nee, tut mir leid, da klappen sich mir die Fußnägel nach oben!
Ich kann mich doch nicht beim Bowling bei einem Strike hinstellen und ständig "Alle Neune!" schreien und auf die verwundert Blicke der Umgebung sagen: "Also für mich ist das Kegeln!".
Als ich begann mich für Blues zu interessieren, so Ende der 60er Jahre, da war es klar, was Blues ist. Im Plattenregal stand Blues. Sucht heute 'mal beim Mediamarkt nach "Son House". Blues? Folk? Jazz? Oldies? Weltmusik?
Genauso verdrehe ich die Augen, wenn ich im Bluesregal Leute finde wie Joe Cocker, Stoppok, Keith Jarrett, Pete Seeger oder Woody Guhtrie.
Keine Erfindung, alles erlebt.
Und deshalb wehre ich mich einfach gegen diese Beliebigkeit. Es will mir nicht in den Kopf, was ehrenrührig daran sein soll, wenn etwa ich oder andere erklären, dass irgendetwas eben kein Blues ist. Was bringt Leute dazu, aggressiv zu reagieren und mir und anderen "Spiessigkeit", "typisch deutsches Schubladendenken" usw. vorzuwerfen.