Ich bin im frühen Teenageralter zu den Pfadfindern gekommen und bis heute zumindest in einem gewissen Maße auch bis heute noch aktiv. Nun wäre es inzwischen unübersichtlich, alle dafür relevanten Beiträge zu zitieren, einige Anmerkungen gibt es von mir zu Thema aber auch.
Wie bereits mehrfach erwähnt, wurde der Gesang am Lagerfeuer in Deutschland insbesondere durch die Wandervogel-Gruppierungen, später durch die bündische Jugend und die nochmals später aufstrebenden Pfadfinderbünde kultiviert. Die Pfadinder unterscheiden sich bezüglich der Grundidee und des Konzepts von den beiden erstgenannten Gruppierungen insbesondere dadurch, dass es sich um eine Erziehungsbewegung handelt, in dem Fahrt und Lager nicht der Zweck sondern eine maßgebliche Methode im Rahmen der Erziehung z.B. zum selbstbestimmten Handeln, Übernahme von Aufgaben in einer überschaubaren Gruppe, das Erlernen von Verantwortung u.v.a., sind. Gemein ist aber allen genannten Gruppierungen, dass das Singen einen wesentlichen Teil an der Gemeinschaftsbildung darstellt.
Die hier mehrfach angeführte Wald- und Wiesenromantik stammt v.a. aus der Zeit der Gründung der ersten Wandervogelbünde und wurde von den deutschen Pfadfindern im Rahmen der Erlebnis- und Naturpädagogik auf Fahrt und Lager in ähnlicher Weise übernommen. Sie ist bei Pfadfindern im Ausland, obwohl der verantwortliche Umgang mit und in der Natur ein grundlegender Bestandteil des Lebens ist, nicht in vergleichbarer Weise ausgeprägt.
Hierin liegt nun ein wesentlicher Aspekt im Rahmen dieses Themas hier im Board. Die Wandervögel beriefen sich bei ihrer Gründung im späten 19. Jahrhundert nämlich in stark romantisierender Verklärung auf das Leben der Fahrenden Gesellen seit dem Mittelalter. Auch Landsknechtslieder werden dort sowie in großen Teilen der bündischen Jugendgruppen bis heute gesungen. Lagerfeuer waren da bereits Jahrhunderte vor dem Aufkommen erster Jugendbewegungen einfach eine Notwendigkeit und dass dort auch zusammen am Lagerfeuer gesungen wurde, dürfte auch klar sein.
Allerdings kann man das heute wohl, angesichts der Krisen, auch wieder beobachten, denke ich, (allerdings immer mit dem I phone in der Hand, oder?). Ob die dann Lagerfeuermusik machen,
keine Ahnung.
...sehr romantischer Gedanke...
Lieder werden 100% bis zum Ende gespielt, es ist sehr leicht, sich auf ein Stück zu einigen, Verspielen gibt es nicht, höchstens Netzaussetzer, endlich sind alle Styles möglich und das beste: Alle können mitmachen, sogar gleichzeitig, sogar jeder gleichzeitig sein Lieblingsstück...super, was für eine Atmosphäre...
Smartphones sind in diesem Zusammenhang nicht nur unromantisch, sondern v.a. auch wenig praktikabel. Das mag bei Treffen unter Campern auf Campingplätzen oder auf eintägigen Jungschartreffen in der Nähe von Gemeindehäusern ja sehr gut funktionieren, auf Fahrt und Lager aber nur sehr begrenzt. Im Gegensatz z.B. zu Bundes- oder Landeslagern oder vergleichbaren Großveranstaltungen werden die Zelte i.d.R. eben nicht direkt neben einem verbands- oder bundeseigenen Zentrum bzw. auf einem dazugehörigen Gelände durchgeführt. Dann ist nicht nur der Netzemfang oft unzureichend und erst in einer gewissern Entfernung hinzubekommen. Vielmehr ist zu beachten, dass die Nutzbarkeit als Mobiltelefon bei Bedarf im Notfall Priorität hat und die Akkulaufzeit trotz einiger Verbesserungen in den letzten Jahren eben endlich ist. Eine Mitnahme sogenannter Power-Bänke schiebt dieses Thema allenfalls auf. Es wird auf Fahrt und Lager also weiterhin klassisch aus Liederbüchern gesungen. Von diesen gibt es eine unüberschaubare Zahl, insbesondere hat auch jeder Bund und fast jede Region innerhalb dieser Bünde ein eigenes Liederbuch. Ich dürfte inzwischen wohl 20 bis 30 z.T sehr unterschiedliche Liederbücher in meiner Sammlung haben, an der Entstehung einiger davon habe ich selbst als Mitglied der jeweiligen Liederbuchredaktion mitgewirkt, zwei davon sind bis heute in größerer dreistelliger Stückzahl im Umlauf. Mitunter finden sich in solchen Büchern auch Lieder, die innerhalb der jeweiligen Gruppierung geschrieben wurden oder neu getextet wurden und die außerhalb des jeweilen Bunds oder Verbands nicht unbedingt jeder versteht.
Weitere bekannte und sehr verbreitete Liederbücher sind neben den hier bereits genannten insbesondere das sehr traditionelle Fahrtenliederbuch "Schwarzer Adler" aus dem Deutschen Pfadfinderbund Westmark und das etwas modernere BuLiBu (Bundesliederbuch) des Deutschen Pfadfinderbunds Mosaik. Während meiner Jugend habe ich solche Liederbücher in großer Anzahl gesammelt, im Rahmen der Nutzung auf vielen Fahrten sowie infolge mehrerer Umzüge hat sich die Zahl inzwischen aber etwas reduziert.
Gesungen werden sowohl in den verschiedenen bündischen Gruppierungen als auch deutlich mehr unter Pfadfindern aber nicht nur die oft erwähnten Fahrten-, Wander- und Lagerlieder. Auch diverse Popsongs, insbesondere aus dem Folk-Bereich, aber z.B. auch "Yesterday" von den Beatles oder "Lady in Black" von Uriah Heep sind ein weit verbreiteter Teil des in den Jugendverbänden und -bünden verbreiteten Liedguts. Streng und konsequent auf das traditionelle Fahrtenliedgut einschließlich der bereits genannten Landknechtslieder fokussiert sind heute allenfalls viele Gruppierungen innerhalb der Wandervogelbünde.
Wer Interesse an einer typischen bundesweiten Sammlung der im zweitgrößten deutschen Pfadfinderverband typischen Lieder haben sollte, dem lege ich hier einmal das Liederbuch "
Jurtenburg" aus dem Verband Christlicher Pfadfinderinnen und Pfadfinder ans Herz, das bis heute im verbandseigenen
Ausrüstungshaus F&F von jedem, auch ohne pfadfinderischen Hintergrund, bestellt werden kann. Dieses taugt aufgrund seiner Größe und des Gewichts zwar nicht allzu viel für eine Mitnahme auf Wanderfahrt mir der Sippe, ist aber vor allem als Nachschlagewerk über die Entstehung und die Geschichte der Lieder, jeweils mit Angabe zu verstehen. Für eine Mitwirkung war ich damals noch zu jung, auf Bundesebene aktiv wird man in der Regel erst im erwachseneren Alter, wenn man aus der aktiven Zeit der Gruppen- oder Stammesleitung herausgewachsen ist. Die mir gut bekannten Autoren haben seinerzeit sehr aktiv recherchiert und über mehrere Jahre alle verfügbaren Quellen, auch aus anderen Bünden einschließlich aus dem Bereich der Wandervögel und der bündischen Jugend, genutzt.
Zurück zur Ausgangsfrage, wo solche Lieder bis heute am Lagerfeuer gesungen gesungen werden und wo ich daran nach wie vor beteiligt bin:
Aufgrund einer sehr unglücklichen Verkettung vieler unglücklicher Umstände, an dessen Anfang der unverschuldete Unfalltod meines Verlobten, gleichzeitig Gründer und Gitarrist unserer Band, im März letzten Jahres stand, musste ich bis vor Kurzen zu einer längeren Behandlung in eine Klinik, so dass es bei mir abgesehen von einer Fördervereinssitzung in diesem Jahr bisher keinerlei pfadfinderische Aktivität gab. Das letzte Mal mit Pfadindern am Lagerfeuer gesungen habe ich somit im letzten Jahr. Auch während den Bundesversammlungen auf unserer Burg findet traditionsgemäß jeweils abends ein Lagerfeuer mit großer Singerunde statt, wo sich dann viele der Delegierten auch mit ihren Instrumenten, zu denen neben den üblichen Gitarren insbesondere auch Mandolinen, Banjos, Bouzukis, Geigen, Flöten und kleine Trommeln gehören, einfinden. Gesungen wird dann oft bis sehr weit nach Mitternacht.
Viele Bünde laden aber i.d.R. jährlich auf Landesebene zu einem Tag der offenen Tür ein, wo es am Abend dann oft ähnliche Gelegenheiten gibt, auch wenn dann natürlich etwas an fahrtentypischer Atmosphäre fehlt.
Das sollte hier jetzt für einen kurzen Überblick aber erst einmal reichen. Vielleicht fällt mir bei Interesse im Falle einer eventuellen Fortsetzung der Diskussion ja noch ein wenig mehr ein. "Trisha" ist übrigens auch mein Fahrtenname.