Blindtest rüttelt am Stradivari-Mythos

Stradivarigeigen wurden nahezu ausnahmslos umgebaut. Der Geigenhals und das Griffbrett wurden verlängert, der Hals etwas steiler gestellt und es wurde ein höherer Steg verwendet. Der originale Wirbelkasten mit Schnecke blieb erhalten und wurde am neuen Hals angeschäfte. Dadurch wurde der Saitendruck auf die Decke etwas größer. In Folge dessen musste zusätzlich auch ein etwas dickerer Bassbalken eingebaut werden.
Wer vor diesem Hintergrund noch von der Temperatur oder der Mondphase beim Fällen vor 300 Jahren spricht, kann nicht mehr erwarten, von MIR weiterhin ernstgenommen zu werden. Just sayin'.
Bei den Western ist sogar schon ein paar Tausend € vorher die Grenze erreicht.
Das wäre schön. Für den Preis bestelle ich "meine" Kim Walker bei dir.
 
Dieser thread hat mir Fragen beantwortet die ich mir gestellt habe seit ich den Namen Stradivari zum erstenmal gehört habe. Vielen Dank an alle!
Mein Fazit: Die überragende alles übertreffende Stradivari ist eine Sage aus alten Zeiten die noch lange weiter erzählt wird.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 3 Benutzer
Ich selbst durfte einige Jahre ein Dienstinstrument spielen: ein Giuseppe Antonio Rocca, erste Hälfte 19. Jh. Wert heute um die 250 000 bis 300 000 €.
Richtig glücklich wurde ich mit diesem Instrument nie.

Da spielt man ein, vermeintliches Premium-Instrument im Wert eines 1-Familienhauses, und findet das dann eher so mittelgut?
Da steht nicht, dass das Instrument von @Daniela Violine nicht gut war. Da steht nur, dass sie mit dem Instrument nicht glücklich war. Ich extrapoliere mal von meinem Instrument auf die Situation von @Daniela Violine - ich kenne das, man hat ein eigentlich wunderbares Instrument in der Hand, das aber entweder Charaktereigenschaften hat, die mit mir nicht harmonieren, oder es spricht mich "einfach nur" emotional nicht an.
Als ich das letzte Mal ein Instrument für mich suchte, hatte ich die Möglichkeit, ein Instrument, das vom Namen her bei uns fast der Stradivari entspricht, zu einem für mich erschwinglichen Preis zu erwerben. Ich fuhr mehr als 200 km in die Schweiz, um es anzuspielen und - so der Plan - zu kaufen. Das Instrument entsprach genau meinen Erwartungen ... und dennoch kaufte ich es nicht, da es mich emotional kalt ließ. Also fuhr ich unverrichteterdinge wieder heim. Vier Wochen später fuhr ich die Strecke erneut, da ich vom Verkäufer einen Anruf erhalten hatte, er hätte ein Instrument, von dem er sich vorstellen könnte, dass es für mich passe. Hingefahren, gesehen, gespielt, gekauft. Keine "Stradivari", ein eher unbekannter Hersteller, nur halb so teuer wie das andere, aber genau meines ...
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 5 Benutzer
Da steht nur, dass sie mit dem Instrument nicht glücklich war.
So habe ich das auch verstanden. Dazu gab es halt die Situation, die Geige als Dienstinstrument trotzdem spielen zu müssen.
Ich denke, wenn ein Berufsmusiker (oder meinetwegen auch Amateur) jeden Tag viele Stunden mit dem Instrument und der Musik verbringt und auch Talent dazu hat, ergeben sich deutlich Gespür und Vorlieben sowie Abneigungen zu den Nuancen, die dem Außenstehenden nicht transparent sind. Da Geigen gegenüber anderen Instrumentengruppen für den Laien ziemlich uniform erscheinen, sind die Differenzen auf den ersten Blick noch feiner. Nicht wie bei den E-Gitarren, wo man halt die Les Paul, Strat oder Super-Strat bevorzugt. Eigentlich wie bei allem - je tiefer man eintaucht, desto größer stellen sich die Feinheiten dar.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Dazu gab es halt die Situation, die Geige als Dienstinstrument trotzdem spielen zu müssen.
ich denke mal, dass man so ein Instrument auch ablehnen darf. Von Musikcorps der Bundeswehr stand da nix.
 
Von Musikcorps der Bundeswehr stand da nix
Die Musikcorps machen üblicherweise Blasmusik und sind im Streicherbereich regulär nicht besetzt.

Als es noch den Wehrdienst gab, da sind die Zwangsdienstleistenden mit Streicherhintergrund manchmal in den Spielmannszug geraten (ohne Gehörschutz unerträglich, für Musiker ohnehin eine Qual), und durften dann zu Adventskonzerten auch mal mit Streichinstrumenten auftreten. Tatsächlich habe ich zu dem Zweck mal eine "Bundeswehrgeige" gespielt, das war ein feines Instrument, ohne Zettel aber ganz klar heute in der 5.000€ Liga, damals wohl das doppelte in DM. Hab das Ding echt gern gespielt, kurz nach meinem Dienstende gingen alle Instrumente als Spende nach Afrika. Hoffentlich wird sie dort weiter gespielt...

Zum Thema:
Mit dem "Mythos Stradivari" wird viel Geld verdient. Händler, Veranstalter, Künstler - die haben alle ein Interesse daran, mit "Stradivari" den Umsatz zu steigern. Daher wird der Mythos auch mit allen Mitteln verteidigt. Ich kenne genau 2 Streicher, die mit solchen alten Instrumenten mit lächerlich hohen Preisen musiziert haben. Beide berichteten, dass diese Instrumente um ein Vielfaches zickiger waren als neue Geigen, d.h. es dauert Monate, die eigene Spielweise an das Instrument anzupassen und dann erst entfaltete sich das Klangspektrum. Die Dinger sind wie Formel 1 Autos - sauschnell, wenn alles zusammenpasst, im allgemeinen Straßenverkehr aber mit schlechter Rundumsicht und sehr kurzen Federwegen - bei Stau auch nicht schneller als ein alter Polo.

Der Musiker macht die Musik, nicht das Instrument...
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 2 Benutzer
S
  • Gelöscht von cello und bass
  • Grund: Bitte beim Thema bleiben
Tremar
  • Gelöscht von cello und bass
  • Grund: Bitte beim Thema bleiben
Unter den Profistreichern gibt es eine nicht geringe Anzahl von Musikern, die davon überzeugt sind, dass nur sehr alte, vornehmlich italienische Instrumente, die lange genug gespielt wurden richtig gut klingen können. Neben Stradivari gibt es noch die Instrumente von Guarneri der Gesú, die ähnlich hoch gehandelt werden. Auch andere Geigenbauer stehen bei Händlern und Investoren hoch im Kurs. Die Guarneris waren eine Geigenbauerfamilie: Großvater, Vater und Söhne. Als Solisteninstrumente sind auch die Violinen von Giovanni Battista Guadagnini sehr gesucht. Im 19. Jh. standen die Violinen von Nicola Amati hoch im Kurs. Amati war der Lehrer vieler Cremoneser Geigenbauer. Es wird vermutet, dass auch Antonio Stradivari bei ihm in die Lehre ging. Daneben gibt es noch eine Menge anderer berühmter italienischer Geigenbauer.

Ein Geigenbauer der sehr gut restaurieren kann muss nicht unbedingt auch wirklich gut im Neubau von Geigen sein. Das eine schließt das andere jedoch nicht aus.

Für Diejenigen die es interessiert verlinke ich hier das Video eines Geigenrestaurators und Händlers über Streichinstrumente als Investition:


Hier noch ein Video das zeigt, was man mit einer alten, beschädigten Geige anstellen kann um sie wieder in einen spielbaren und auch optisch guten Zustand zu versetzen:

Natürlich gibt es sehr alte Instrumente in hervorragendem Originalzustand. Aber auch zu Tode reparierte Geigen werden inzwischen zu horrenden Preisen gehandelt, wenn ein berühmter Name dahinter steht. Es ist ein Markt, der nur am Rande etwas mit Musik zu tun hat.

Warum bevorzuge ich eine neue Geige, wenn ich auch ein alte, sehr wertvolle spielen könnte? Ganz einfach, weil sie besser klingt!
Ich bin eben nicht davon überzeugt, dass ein Streichinstrument durch das Alter immer besser wird. Um auf einer Geige einen tollen Klang zu erzeugen hilft unter anderem auch Üben.
 
  • Gefällt mir
  • Interessant
Reaktionen: 6 Benutzer
Ist das so, wie bei alten Autos, wo das Stück Blech mit der Fahrgestellnummer ausreicht und alles drum herum neu aufgebaut werden kann?
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
punkadiddle
  • Gelöscht von cello und bass
  • Grund: Bitte in Thema bleiben
Bei dem ganzen Thema dürfte Psychologie der entscheidende Faktor sein. Der Name Stradivari (Guaneri, Amati…) erzeugt Emotionen und eine gewisse Erwartungshaltung. Dadurch wird ein Spieler auch anders spielen, wenn er eine solche Geige in der Hand hält. Ganz unabhängig davon, ob sie technisch nun wirklich besser ist als ein anderes Instrument.

Für den professionellen Durchschnittsgeiger macht das vielleicht nicht viel aus, aber an der Spitze der Solisten-Szene weltweit kann dieser psychologische Faktor doch entscheidend sein, um ein Verschmelzen von Instrument und Interpret zu begünstigen.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Es werden bei Geigen nötige Reparaturen gemacht, bei denen natürlich auch kleinere Hölzer verbaut werden, so wie das @Daniela Violine schon mit der Halsverlängerung mit angeschäfteter Schnecke beschrieben hat.
Auch Stege, Kinnhalter, Saitenhalter, Griffbretter, Stimme und Sattel sind Ersatzteile, aber Decke und Boden werden sicherlich repariert und nicht getauscht werden um die Geige und deren Klang zu erhalten.
 
Liebe leute,
Ich bitte euch alle, freundlich über das Thema Stradivari hier zu diskutieren!
ich bin gerade im Urlaub und hab am Handy hier durchgefeudelt, vielleicht dabei auch richtiges und wichtiges gelöscht, aber das kann ich gerade nicht ändern.
Meist ist der Streichet*innenbereich sehr friedlich und ich bitte alle - Stsmmuser*innen und Gäste - dafür zu sorgen, dass es so bleibt!


Ergänzung nach Rückfrage:

leider ist der Thread eskaliert mit Anfeindungen und Beleidigungen. Diese Beiträge habe ich gelöscht, auch wenn in manchen von denen auch etwas sachdienliches stand. Die Beiträge einzeln zu moderieren und den sachlichen Teil stehen zu lassen, ist mir in der Fülle der Beiträge doch zu viel gewesen. Leider.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hmm.. ich glaube, spätestens mit dieser Aussage hört mein Verständnis für die Materie auf. Und damit meine ich, dass ICH nicht mehr folgen kann. Da spielt man ein, vermeintliches Premium-Instrument im Wert eines 1-Familienhauses, und findet das dann eher so mittelgut?
Scheint ja irgendwie ein geigerspezifisches Phänomen zu sein.
Nö, weshalb? Den Tele-Spieler wirst Du - wenn's um die Musik und nicht um die Alterversorgung geht - eher mit einer mittelguten Tele als mit einer 59er Paula-Goldtop glücklich machen. Steinway- und Bechstein-Flügel gehen mir klanglich sonstwo vorbei (sind halt keine Bösendörfer...., unser eigenes Klavier ist ein Rönisch, das allen in der Familie besser gefällt als ein deutlich teureres Bechstein oder Steinway), und wenn ich die freie Wahl habe, dann spiele ich lieber eine meiner älteren klassischen Gitarre aus deutscher Fertigung, als eine sehr teure spanische. Den Streichern darf's da durchaus ähnlich gehen, die Streichinstrumente in unserer Familie sind allerdings (bisher) eher in der Preislage der Monatsmiete einer mittleren Wohnung einer Kleinstadt als in der Preislage eines gekauften Einfamilienhauses...
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Ein Geiger, der auf einer Stradivari dauerhaft spielen darf hat es geschafft.
Ist sowas wie ein Ritterschlag. Kommt gut an beim Publikum und der Fachwelt.
Ich glaube nicht dass viele Menschen bei dieser Ehre noch irgendwie objektiv urteilen können :evil:

Ich kann es mangels geigerischer Fähigkeiten auch nicht:opa:
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Ein Geiger, der auf einer Stradivari dauerhaft spielen darf hat es geschafft.
Da ist was dran, einen Ritterschlag lehnen nur ganz wenige ab.

Ich kenne zumindest einen Geiger, der eine bei besonderen Anlässen geliehen bekommt.
 
Das ist ja toll für Ihn :hat:

Klingt er damit Deiner Meinung nach anders oder gar besser als früher?
Oder hat der Stolz seine Musikalität verdorben:evil:

Was ich ihm natürlich nicht wünsche.
 
Wie heist es doch so schön?

Du bist der Stradivari unter den Ar***geigen ;)
 
  • Haha
  • Gefällt mir
Reaktionen: 2 Benutzer

Ähnliche Themen


Unser weiteres Online-Angebot:
Bassic.de · Deejayforum.de · Sequencer.de · Clavio.de · Guitarworld.de · Recording.de

Musiker-Board Logo
Zurück
Oben