[WORKSHOP] Mikrofonabnahme einer akustischen Geige "von innen"

Zu dieser Zielsetzung kann ich dem Ansatz nicht folgen.
Hallo @soundmunich, du hast bei deinem Zitat leider das Ende abgeschnitten ich schrieb ja nicht nur:
eine bessere Abnahmetechnik für meine Geige die sie etwas natürlicher klingen lassen würde, sondern vollständigerweise:
Also experimentierte ich im Januar und Februar 2020 weiter und suchte eine bessere Abnahmetechnik für meine Geige die sie etwas natürlicher klingen lassen würde als der K&K Big Shot unter dem Stegfuß auf der E-Saiten-Seite.
Die Abnahme sollte natürlicher als ein Piezo zwischen Steg und Decke klingen und rückkopplungsfester als ein Mikro von Außen sein.

Natürlich hast du damit recht:
Was der Zuhörer hört ist doch der Klang, der nach außen geht - der Zuhörer sitzt ja nicht im Inneren des Instruments. Wenn ich also den "natürlichen Klang" hören will, muss ich doch mein Ohr dorthin positionieren, wo es diesen Klang normalerweise wahrnimmt. Soweit ich mich erinnere gibt es u.a. für Geigen kleine Mikrofone an flexiblen Mini-Schwanenhälsen zur Befestigung an der Kinnstütze oder am Steg, um eben mit einem möglichst nahen Ohr das aufzunehmen, was von der Geige abgeht. Das ist das was man von der Geige direkt hört und was ich als ihren natürlichen Klang verstehen würde.
Das hatte ich als Versuch doch schon hier gemacht und beschrieben und am Anfang des Workshops erwähnt. Der Klang war nicht schlecht und hatte sogar relativ wenig von den Problemen die @HaraldS treffenderweise beschrieben hat:
Was von der Geige in wenigen Dezimetern oder gar Zentimetern an Klang abgeht, ist voll von Nebengeräuschen: den Fingern, die auf das Griffbrett auftreffen, Kratzgeräusche des Bogens, Atmen des Spielers, Nebengeräusche der Schulterstütze oder der Kleidung.
Es war letzten Endes im Vergleich zum Piezo schon "natürlicher", hat aber tatsächlich nur eine relativ kleine Stelle der Decke und einen Teil des Sounds, der aus dem F-Loch herauskommt, aufgenommen. Aber:
Damit war ich ... noch nicht so wirklich glücklich, da es eben im Livebetrieb immer wieder zu Rückkopplungen kam wenn ich zu nah an die Hauptlautsprecher gekommen bin.

Deshalb war ich ja auf der Suche einer rückkopplungsärmeren Mikrofonposition, die idealerweise noch etwas "echter" klingen sollte.
Ich versuchte es erst über das Kontaktmikrofon, testete die Grenzbereiche des F-Lochs aus und schob eben dann auch mal das Mikro in die Geige.
Dort erwartete ich genau das:
Im Inneren dürften die Schallwellen u.U. ganz wüst sein.
Es war aber erstaunlicherweise durchaus ein "annehmbarer Klang", der jedoch im Bereich der Resonanzfrequenz, oder auch der von @Stollenfiddler erwähnten
"Helmholtzresonanz"
stark überbetont war.
Das kennt man ja auch von kleinen Räumen wie Toiletten usw in denen man singt und dann durch Zufall die Resonanzfrequenz trifft, die heftig laut sein kann.

Ich merkte auch, dass die Geige innen an verschiedenen Stellen ziemlich unterschiedlich klingt und dass die Richtung, in die das Mikrofon zeigt, durchaus eine Rolle spielt.
Deshalb war für mich klar, dass ich da verschiedene Positionen und Richtungen ausprobieren muss um einen passenden Klang zu erreichen der halbwegs ausgewogen klingt, aber natürlich im Resonanzbereich per Notch-Filter oder schmalbandigem EQ abgesenkt werden muss.
Deshalb wurde es bei mir auch die "Lanze" und nicht nur ein Mikro in der Nähe des Endpins, welches in Richtung Korpusachse gerichtet ist und schon richtigerweise von @Stollenfiddler erwähnt wurde:
GeiGits Lanzenmikrofon ist zwar Eigenbau, ganz neu ist die Idee allerdings nicht - zeitweise (1980er Jahre) hat die gesamte Streicherabteilung des Londoner Symphonieorchesters solche Mikros im Korpus gehabt.
Zumindest habe ich nur solche Mikros im Netz als "käufliche Variante" gefunden, die nicht sehr weit aus dem Endklotz rausschauen: Amplistring
Oder meinst du etwas anderes @Stollenfiddler ?

Absolut richtig, und deswegen positioniert man ja im Studio i.d.R. ein Mikro in ca. 50-100cm Entfernung. Da, wo das Ohr eines Zuhörers auch realistischerweise wäre
So habe ich früher auch schon meine Geige aufgenommen und sogar eine Vergleichsaufnahme mit meinem Piezo aus einem Meter Entfernung hier in diesem Workshop und ebenfalls schon in diesem Review.
Das ist für den Live-Betrieb aber zur Verstärkung absolut ungeeignet und eigentlich ist der Abstand noch zu gering, da Solostreichinstrumente eher mit schärferem, lauterem Klang und überbetonten Höhen gebaut werden (Stichwort Formanten), damit der Klang beim Zuhörer besser ankommt und dann "passt". Tiefere Frequenzen tragen ja bekantlich weiter, als höhere. Und so ein Orchester ist vom Zuhörer meist eher 10-50 Meter entfernt.
Es gibt also Solo-Geigen, die über einem ganzen Orchester "strahlen" und sich durchsetzen können und eher weicher klingende, weniger dominant herausstechende instrumente, die dann besser zu einem Streichquartett passen.
Natürlich kann da bei der Aufnahme der Equalizer entsprechend eingestellt werden, aber manche Geräusche sind erst aus der passenden Distanz "schönklingend".
Erstaunlicherweise klingt meine Geige in ihrem Inneren mit dieser Lanzenposition mit dem Mikrofon nach oben, auf Höhe des Steges sitzend, mit passendem Equalizer ziemlich "natürlich", auch wenn alle Theorie dagegen spricht.
Aber deshalb habe ich ja die Aufnahmen gemacht und es kann sich jeder sein eigenes Bild davon machen.

Hier noch ein Link zum Ende eines Livestreams eines unserer Gottesdienste (45:48), bei dem ich ein Lied mit der Geige mit den aktuellen Einstellungen begleite: Klick
Ich verwende dabei sowohl das Lanzenmikrofon, als auch den Piezo und beide Signale durchlaufen über den Mikrofon- und Aux-Eingang meinen Line 6 POD HD500. (Dadurch bleibt der Gitarren-Eingang noch frei für die E-Gitarre und die Umschaltung geschieht automatisch über die Speicherplätze)

Eine "normale" Mikrofonierung wäre hier trotz InEar nicht möglich, da das Schlagzeug trotz Plexiglasumhausung dann voll in meinem Kanal mit drin wäre.
Das Lanzenmikrofon muss dagegen nicht sehr hoch ausgesteuert werden, da im Inneren der Geige ein ordentlicher Pegel vorhanden ist und man sogar ziemlich laut ins F-Loch rufen muss um über das Lanzenmikro verstärkt zu werden. :great:
 
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