Das eine Stradivari in einem vergleichsweise kleinen Raum eher spitzer anhört und nicht den Wohlklang eines Instruments hat, den man im Vergleich besser findet, kann ich absolut nachvollziehen.
Im kleinere Raum klingen die lauten, auf Durchsetzungsfähigkeit eingestellten Geigen, eher “unscharmanter“ egal ob Guarneri, Stradivari oder eine andere Solistengeige.
Sie sind darauf ausgelegt und eingestellt, dass sie einen großen Raum füllen und mit einem Abstand von 20-50 Metern eben gut klingen.
Da kurzfrequentere, höhere Töne jedoch in der Luft stärker als niederfrequentere, tiefere Töne gedämpft werden, kommen die Höhen eben zu den Bässen verhältnismäßig leiser beim Hörer an. Deshalb werden sie überbetont von der Geige erzeugt um dann beim Publikum ausgewogen und durchsetzungsfähig, also gut hörbar, anzukommen.
Ich denke auch, dass sich durch die Aufnahmetechnik der Geschmack in den letzten Jahrzehnten geändert hat und man eher wärmere und nicht so schrille Geigen als “gut klingend“ einstufen würde. Mir persönlich geht es jedenfalls so.
Die Instrumente sind manchmal ein wenig zickig. Wenn man den Bogen nicht genau an der richtigen Kontakstelle führt, klingen sie sandig und matt. Oft entwickeln sie auch in einem größeren Saal, mit einer plötzlich überraschenden Tragfähigkeit erst ihre wirkliche Qualität.
Wenn dann noch der von
@Daniela Violine beschreibende Effekt dazu kommt, dass man genau wissen muss wie und wo man einen guten Ton aus der Geige zaubern kann, ist es vorauszusehen, dass leichter spielbare und wohlklingendere Geigen das Rennen machen.
Mich wundert es jedenfalls nicht wirklich, da sie mir ebenfalls viel besser gefallen.
Trotzdem ist vieles einstellbar, denn kleine Nuanzen an der Steposition, leichte Stegänderungen, die Position der Stimme, die Saitenwahl das sind alles Parameter die den Klang der Geige total beeinflussen.
Geigen können auch nach ihrem Einsatzgebiet eingestellt werden.
Was sich nicht so leicht umstellen lässt ist die Spieltechnik, die Erfahrung und der Geschmack des Spielers, bzw. der Spielerin.
Sie beurteilt den Klang in heftiger Lautstärke direkt am Ohr. Da herrscht kein Wohlklang bei lauten, auf Distanz abgestimmten Geigen.
Trotzdem entscheidet der Klang und das Zurechtkommen der Spielerin in dieser Lage ihr Wohlfühlen und “eins mit dem Instrument werden“.
Das stellt sich viel leichter bei einem ähnlich (zum gewohnten) klingenden und reagierenden Instrument ein, als bei einem unbekannten, eher zickiger reagierenden Instrument.
Nicht jede Spielerin kommt mit jedem Instrument gleich gut zurecht und kann somit besser und schlechter spielen. Das ist dann instrumentenabhängig.
Ich würde auf einer Stradivari lang nicht so gut klingen wie auf meiner Geige. Einem Stradivari-Spieler geht es aber genau umgekehrt!
Und man darf den Erwartungsvorschuss und die anziehende Wirkung einer Stradivari auf dem Plakat nicht unterschätzen. Gerade durch den Ruf dieser Geigen, füllen sich Konzertsaäle leichter und man traut dem Solisten mehr zu, wenn er eine Stradivari spielt, da man ja weiß, dass das nur die Besten tun können, bzw. auch dürfen und überhaupt die Gelegenheit dazu bekommen!