Effiziente Übung(en) für jeden Tag?

Wenn Du das meinst, was ich zwischen den Zeilen lese: gerade Bebop beschreibt die Harmonien genau bis buchstäblich, wie die stiltypischen Arpeggios belegen, hier am Beispiel Confirmation illustriert.
confirmation.jpg

https://www.stretta-music.de/parker-charlie-parker-omnibook-1-nr-685709.html

Möglicherweise irritieren dein Ohr die ryhtmische Gestaltung, das häufig hohe Tempo oder Techniken der Substituion, Alteration und Chromatik sowie das gelegentliche Verschieben der Melodie gegen die unterliegende Harmonie.
Vor allem aber fand die Entwicklung des Bebop nicht allein durch Charlie Parker statt und wurde erst ab Ende der 30 Jahre formuliert, bei Charlie Parker waren Savoy und Dial Sessions 1945-1948 wahre Glanzlichter seiner Musik.

Gruß Claus
 
Ich hätte die Ironie offenbar explizit kenntlich machen müssen. ;-)
 
Mache mal Sprungübungen mit dem kleinen Finger über z.B. eine Okatve - ohne hin zu schauen, am besten mit geschlossen Augen. (...)

Hab's versucht und komme nicht aus dem Staunen.

Augen zu; RH machte mit dem Kleinfinger etwa fünf Sprünge vom g' auf g'' - jedesmal das g'' getroffen. Unglaublich, dachte ich, mach noch mal hier vom c' auf c'' - auch etwa fünfmal, alle genau getroffen. Jetzt du, LH, vom c runter auf C - mehre Sprünge, alle getroffen.
Bei dem vorletzten Sprung habe ich gemerkt, daß die Hand "mogelt". Der Kleinfinger tippte die Starttaste an und machte sich durch die Luft auf den Flug zu der Zieltaste, und genau in dem Moment schob sich der Daumen über die Starttaste, ohne sie zu berühren, und nahm in der Luft das Maß einer Oktave, dann tippte der Kleinfinger die Zieltaste an.
Da ich nicht weiß, ob solche Orientierungshilfen erlaubt sind, oder ob der Springer selbst seine Flugbahn "berechnen" soll, habe ich es so stehen lassen und machte mich an die beiden Übungsstückchen.

Erst das Präludium BWV 846.
Ich hatte das Stück zwar vor vielen Jahren (es sind wohl 4 oder 5 Jahre her) in der Musikschule gelernt und inzwischen wieder vergessen, aber die ersten 15 Takte sind mir wieder auswendig präsent. Das Stück habe ich immer nur als Fingergucker gespielt. Das sollte sich heute ändern. Damals hatte ich das Stück in drei Abschnitte aufgeteilt, heute wollte ich den 1. Abschnitt (Takte 1-11) blind spielen.
Augen zu und durch. Es hat auf Anhieb geklappt. Noch einmal - auch.
Zwar habe ich mich an einer Stelle verspielt, aber nicht weil ich die Tasten verfehlte, sondern weil das Gedächtnis einen kurzen Wackler hatte. Bei dem dritten und letzten blinden Versuch habe ich mich dann nur noch auf das Spielgefühl konzentriert. Unbeschreiblich.

Mit dem Burgmüller bin ich noch nicht so weit; ich habe nur die erste Seite ein paarmal durchgespielt, kann es aber noch nicht auswendig, weil ich es direkt vom Blatt spiele. Dennoch habe ich versucht, die Sprünge der LH in den (identischen) Takten 1, 5, 9 und 13 zu spielen, ohne auf die Tasten zu blicken. Auch das hat gut geklappt. In den anderen Takten habe ich die LH mit dem Auge kontrolliert, weil mir der Fingersatz für die LH etwas befremdlich/ungewöhnlich ist, außerdem verlangt mir allein das Blattspielen große Konzentration ab.

Auch wenn die Stücke pipi-leicht sind, bin ich sehr überrascht, daß es mit dem Blind-Spielen so glatt läuft, und gleichzeitig erfreut, weil ich dadurch ein neues Spielgefühl gewinne.
Danke, Jürgen, für diesen Vorschlag und seine verständliche Erklärung.

Ja, es mag Leute geben, die sich wundern, daß ich mich nach so vielen Jahren Klavierunterricht und Spielpraxis mit solchem Kinderkram beschäftige. Nun, in dieser Vorgehensweise fühle ich mich schon seit meiner Kindheit von dem großartigen Pädagogen Comenius, über den und seine Werke ich bereits im Kindesalter gelesen hatte, angestoßen zu sein.

Was Du da beschreibst können m.E. nur Wenige, die sich schon als kleines Kind frei mit einem Instrument beschäftigt haben (...)

Ja, den Eindruck habe ich auch.

Gruß, Bert
 
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Danke, Jürgen, für diesen Vorschlag und seine verständliche Erklärung.
Ich danke dir für die Rückmeldung, und ich freue mich, dass die Sprünge mit dieser Übung auf Anhieb so gut geklappt haben!
Bei dem vorletzten Sprung habe ich gemerkt, daß die Hand "mogelt". Der Kleinfinger tippte die Starttaste an und machte sich durch die Luft auf den Flug zu der Zieltaste, und genau in dem Moment schob sich der Daumen über die Starttaste, ohne sie zu berühren, und nahm in der Luft das Maß einer Oktave, dann tippte der Kleinfinger die Zieltaste an.
Da ich nicht weiß, ob solche Orientierungshilfen erlaubt sind, oder ob der Springer selbst seine Flugbahn "berechnen" soll, habe ich es so stehen lassen und machte mich an die beiden Übungsstückchen.
In deinem Text habe ich "ohne sie zu berühren" hervorgehoben. Ohne die Berührung war es gar keine wirkliche Orientierungshilfe durch den Daumen. Dass der Daumen "das Maß einer Oktave nimmt" kann sogar eine gute Hilfe sein, denn die Hand kann und soll natürlich Abstände "messen", denn über dieses "Mess"-Gefühl lernt und "weiß" die Hand schließlich die Abstände der Intervalle, die sie alle irgendwann zu spielen bzw. zu springen hat.
Oder war es vielmehr so, dass der seine Zieltaste ansteuernde kleine Finger wie von selbst ein Öffnen der ganzen Hand bewirkte? Dass diese sog. "Anweisungsmotorik", in diesem Fall des kleinen Fingers, also eine Weite in die Hand brachte, die aber keine gespannte Weite oder Streckung war, sondern mit einem eher aktiven und dennoch weichem, entspannten Ausdruck verbunden war?
Wie empfandest du deine Hand denn selber bei diesen Übungen?
 
Oder war es vielmehr so, dass der seine Zieltaste ansteuernde kleine Finger wie von selbst ein Öffnen der ganzen Hand bewirkte? Dass diese sog. "Anweisungsmotorik", in diesem Fall des kleinen Fingers, also eine Weite in die Hand brachte, die aber keine gespannte Weite oder Streckung war, sondern mit einem eher aktiven und dennoch weichem, entspannten Ausdruck verbunden war?
Wie empfandest du deine Hand denn selber bei diesen Übungen?

Bei den ersten Sprüngen dachte ich: Zauberei, und fühlte die kleine Freude, die uns seit Kindheit vertraut ist, wenn etwas Neues gleich/schnell gelingt. Die Frage, wie das die Hand macht, kam erst zum Schluß, eher retrospektiv (bei der Entdeckung der Daumenarbeit).
Es ist auch für mich schwierig, mich selbst und meine Bewegungen zu analysieren, weil ich ein Teil des beobachteten Systems bin, und allein durch die (aufmerksame) Beobachtung entziehe ich dem System (also auch den Händen) wichtige Ressourcen, wodurch sich die Bewegung der Hände verändern kann (im Vergleich zu Nicht-Beobachtung). Mitunter sind meine Hände mir gegenüber nicht so sehr gesprächig.
Aus dem Nachhinein-Blickwinkel habe ich dieses Gefühl: Ich hatte dem Kleinfinger nur die Anweisung gegeben: Hier fängst du an, da ist die Zieltaste, hüpf dahin. Der Kleinfinger ist losgeflogen und hat die ganze Hand mitgenommen, der Daumen blieb an der Startposition zurück (das führte zur Öffnung der Hand) und hat die Fluglänge abgemessen/kontrolliert, vermutlich auch die Information zum Anhalten/Landen an den Kleinfinger gegeben.

Auch wenn ich solche Blindflüge nie geübt hatte (zumindest nicht bewußt) und ein notorischer Fingergucker bin, denke ich, daß meine Hände viel besser blind spielen können, als ich es überhaupt ahne.
Gestern habe ich bei dem Präludium-Blindversuch erfahren, daß die Hände auch ohne Blickkontrolle zurechtkommen, ohne daß die Spielsicherheit darunter leidet. Allerdings handelt es sich um ein sehr leichtes Stück und der Blindversuch dauerte nur 11 Takte. Natürlich werde ich das Blindspiel auf das ganze Präludium ausweiten, aber selbst wenn das ganze Stück blind gelingen sollte, ist damit das Blindspielen (generell) noch lange nicht erlernt, oder gar der Blick auf die Tasten verzichtbar.

Mein Blick auf die Tasten ist eine wichtige Hilfe für das Gedächtnis, denn ich spiele (fast) alles auswendig, ohne aktiv/bewußt wahrzunehmen, welche Noten ich spiele, und diese Information kann ich während des Spielens nicht mehr von außen nachliefern (nicht mal beim Blick ins Notenblatt; also nicht so schnell, ich müßte das Spiel unterbrechen).
Die Hände kennen ihre Bewegungen und die der einzelnen Finger, die Augen helfen mit dem Spielbild/-muster auf den Tasten; das optische Muster der gespielten Tasten ist für mich das, womit ein routinierter Kammerspieler sein Gedächtnis aus dem Notenblatt stützt. Bloß - ich brauche diese Stütze viel häufiger.
Beim Blick auf die Tasten beobachte ich meist nur eine Hand, die andere spielt blind. Welche der beiden Hände beobachtet wird, ist auch ein "fester" Teil des Spielprozesses. Die Wahl der Hand, die beobachtet wird, ergibt sich aus dem Bedarf der Hände, ich selbst habe darauf keinen Einfluß. Ich stelle nur fest - da beobachte ich die LH und dort die RH, aber warum das so ist, entscheidet sich in dem Lernprozeß, wenn ich das Stück einlese und übe/erarbeite.

Vor diesem Hintergrund könnte die Fertigkeit meiner Hand, blinde Sprünge auf den Tasten sicher durchzuführen, den Blick auf die Tasten nicht vollständig ersetzen, weil in dem optischen Muster der gespielten Tasten ein Teil meines Notenblattes abgespeichert ist.

Nichtsdestotrotz empfinde ich es sehr bereichernd, das Blindspieltraining in den Übungsplan zu integrieren, und werde das Blindspielen nach und nach auch in die schwierigeren Stücke, die ich aktuell spiele, zumindest streckenweise einflechten. Denn das Schließen der Augen öffnet weite Räume, die man sowohl zum Spielen als auch zum Wahrnehmen nutzen kann.

Gruß, Bert
 
Das Thema "Spiel ohne Blickkontakt" ist zu komplex, um es hier detaillierter zu thematisieren. Für mich gehört es ausschließlich in die Kategorie der Blattspiel-Strategien, und sollte nicht zum zirzensischen Selbstzweck werden, nach dem Motto "Guckt mal, ich kann auch mit 'nem Sack über'm Kopf spielen!"

Da sich viele technische Unsicherheiten durch gezielte, d.h. antizipierende Blickkontrolle vermeiden lassen, verweise ich im Unterricht immer darauf, dass jemand, der nicht blind ist, darüber froh sein und sein intaktes Sehvermögen auch spieltechnisch sinnvoll nutzen sollte. Die bewußt eingesetzte Blickkontrolle sollte also letztlich genauso trainiert werden, wie der bewußte Verzicht darauf. Wobei letzteres eigentlich nur durch die Anforderungen von Blattspiel bzw. prima vista-Spiel zu legitimieren ist. Selbstversunkenes und "verzückt-entrücktes" Schließen der Augen beim Spiel ist natürlich ein anderer Fall ...
 
(...) und sollte nicht zum zirzensischen Selbstzweck werden, nach dem Motto "Guckt mal, ich kann auch mit 'nem Sack über'm Kopf spielen!" (...)

Das hat hier auch keiner empfohlen oder praktiziert.

(...) Die bewußt eingesetzte Blickkontrolle sollte also letztlich genauso trainiert werden, wie der bewußte Verzicht darauf. (...)

Ja, und genau so habe ich @LoboMix verstanden. Ausprobieren, nachfühlen.

Dort, wo ich auf den Blick auf die Tasten verzichten kann, kann ich die freigewordenen Ressourcen anderweitig dem Spiel zukommen lassen. Wo der Blick auf die Tasten als Kontrollinstanz (oder Gedächtnisstütze) benötigt wird, soll er auch verwendet werden.
Aber nur durch das regelmäßige/kontinuierliche Ausprobieren kann jeder Spieler das Maß zwischen Blindspielen und auf die Tasten schauen für sich selbst herausfinden.

Gruß, Bert
 
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Nach gut zwei Wochen meiner neuen Übungen möchte ich zu der Entwicklung (L'Hirondelle und Präludium BWV 846) eine kleine Rückmeldung geben.

Wie zu erwarten war, spiele ich die beiden Stücke, ohne es wirklich zu beabsichtigen, auswendig, dennoch halte ich mit den Augen regelmäßigen Kontakt zum Notenblatt. Genauer gesagt, L'Hirondelle spiele ich nur, mit dem Präludium fange ich an, ein bißchen zu "experimentieren".
Hierzu muß ich sagen, daß ich mit Bach nicht wirklich viel anfangen kann; in den ersten zwei Jahren Klavierunterrichts habe ich zwar einige einfache Stücke von Bach gelernt und erlernt, bis meine KL mit meinem Spiel voll zufrieden war, aber dann habe ich sie schnell wieder vergessen; das Übliche - Menuett in G-Dur u/o G-moll und ähnliche Stücke fand/finde ich nicht so aufregend.

Auch bei dem Präludium war mir nie klar, welche "Geschichte" uns Bach damit erzählen wollte, und so entwickelt sich für mich in diesem Stück, durch das tägliche Spielen und Beobachten, (m)eine "eigene" Geschichte.
Allein dadurch, daß ich das Stück in geschlossenen fünfstimmigen Akkorden (LH Zweiklang und gleichzeitig RH Dreiklang, anstatt in gebrochenen Wiederholungen) zügig durchgespielt hatte, gewann ich aus dem Stück einen neuen Eindruck - ja, da steckt etwas drin; da wird "eingeführt" (Takt 1-4), dann geöffnet (Oktave in RH), und im Laufe von 19 Takten wandern die Hände in die gleiche Stellung eine Oktave tiefer (vgl. 1. und 19. Takt).
Bei dieser Art des Durchspielens (geschlossene Akkorde) haben die Hände Zeit, das gespielte Stück anders wahrzunehmen, obwohl das Stück schneller gespielt wird, aber die Hände sind nicht so sehr detailliert mit sich selbst beschäftigt und können sich ruhig liegend auf den Tasten umschauen, reinhören, beobachten, Zusammenhänge erkennen.

Wenngleich ich, nach wie vor, von dem Sinn des täglich Übens von Tonleitern überzeugt bin, und ich habe sie die ganzen Jahre jeden Tag gerne geübt, konnte ich in den Tonleitern nichts (außer Fingerübung ohne praktische Anwendung) erkennen. Mit diesen beiden Stückchen ändert sich die Übung zu einer kleinen "Entdeckungsreise".

Gruß, Bert
 
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