Ich hab in meiner langen Bandzeit relativ wenig Castings machen müssen. Bei den meisten Musikerwechseln stand der Nachfolgende schon fest, die erste Probe war mehr obligatorisch. Man kannte sich, wusste, was die anderen so drauf haben und passte dann schon.
Einmal suchten wir allerdings für unseren Keyboarder bei der Tanzmucke Ersatz. Wir hatten eigentlich 6 Monate Zeit, so viel Vorlauf hatte er uns gegeben. Da waren schon komische Typen dabei. Einer kam aus der Alleinunterhalterecke, brachte auch nur eine quasi Tischhupe mit, während unser damaliger Keyboarder mit Technik ziemlich gut ausgestattet war. Allerdings hat er uns echt umgehauen, was er aus der Kiste rausgeholt hat. Das Equipment ist halt nicht alles, man muss damit umgehen können. Alleine spielerisch war er unserem Keyboarder deutlich überlegen. Aber die Chemie stimmte nicht, und er wollte parallel seine lukrativen Alleine-Gigs weitermachen und hätte uns damit viele Terminkonflikte beschert.
Ein weiterer Keyboarder kam eher aus der Hardrockschiene, spielte aber noch in einer Top40-Band, die sich aber auflösen sollte, betonte auch, dass er nur mit Lederweste und freiem Oberkörper auftritt. Gesang = Fehlanzeige, nicht einmal Backings. Und unser Repertoire gefiel ihm nicht. Wir sind dann tatsächlich nochmal zu nem Gig seiner Band gefahren, tierisch technischer Aufwand, das repertoire gar nicht so weit entfernt von unserem, spielerisch = na ja... hatte sich auf jeden Fall für uns erledigt.
Dann kam noch ein ziemlich junger Typ, mit 18 gerade mal halb so alt wie wir zu der Zeit. Keyboard war eigentlich nicht sein Hauptinstrument, wobei er eigentlich passabel spielte, wenn er sich auch soundtechnisch nicht sonderlich gut vorbereitet hatte. Allerdings wollte er mir - ich war damals der Gitarrist der Band - auf der Gitarre vorspielen, wie ich bestimmte Soli spielen müsse, und unserem Bassisten hat er dann auch noch gleich gezeigt, wie bestimmte Grooves gespielt werden müssen, und wie man vor allem slappt, was unserem Bassisten gar nicht lag, auch nicht zwingend erforderlich war.
Einer kam völlig unvorbereitet, kannte auch kaum irgendwelche Songs - Hä? Alles bekannte Songs aus den letzten 30 Jahren Charts, Evergreens, Oldies, die jeder kennt - seine Fertigkeit am doch recht eingeschränkt geeignetem Keyboard, das er mitgebracht hatte, war sehr verbesserungswürdig. Aber der Hit war, auf die Frage, warum er denn die Songs nicht kennt, ob er kein Radio hört? Nein, Radio hört er gar nicht. Das hat er aus seinem Auto auch ausgebaut, weil ihn das so sehr vom Fahren ablenkt.
Wir haben's dann sein lassen, noch einen ordentlichen Abschlussgig, und sind dann auseinander gegangen.
In den Folgebands gab es recht wenig Wechsel. Die erste Band, die ich nach der Tanzmucke gegründet hatte, fand sich sehr schnell, weil wir uns alle kannten. Den Bassist hatte mein Bruder aufgetan, ein Jamaikaner, der unheimlich gegroovt hat, und mal eben ein paar Mark King Nummern runtergespielt hat, als wär das gar nichts. Leider musste er sehr schnell wieder aussteigen, seine Frau wollte nicht, dass er neben der Arbeit auch noch Zeit mit einer Band verplempert
Wir bekamen relativ schnell einen Tipp für einen anderen guten Bassisten. Als er in den Proberaum kam, war erst einmal Stirnrunzeln angesagt. Er sah nicht nur wie ein Versicherungsvertreter aus, war nicht nur so gekleidet, sondern war tatsächlich einer. Das passte alleine optisch schon nicht zu uns, wie er da mit Anzug und Krawatte seinen Bass umhängte. Aber als er loslegte - meine Fresse - ich kenne bis heute keinen besseren Bassisten. Ganz nebenbei spielt er noch mindestens genauso gut Gitarre und hat ne Blues-Stimme wie ein Schwarzer.
In den letzten Jahren haben wir dafür Probleme, eine Sängerin zu finden, nachdem unsere meinte, sie wär zu alt für den Job
Eine gute Sängerin zu finden, ist glaube ich die größte Herausforderung, vor allem für Rock-Soul-Funk-Coverband. Da muss schon ein wenig Power in der Stimme sein, dann ist eine Sängerin immer eine Frontfrau, sollte daher eher extrovertiert sein, möglichst auch noch einigermaßen gut aussehen - Sorry -> 5€ in die Machokasse - na ja, und dann muss auch noch die Chemie stimmen.
Wir haben ne Menge Sängerinnen durch, entweder keine oder gruselige Stimme, keine Erfahrung auf der Bühne, oder Familie und dadurch zeitlich eingeschränkt.
Eine hatten wir, die war echt gut, sah spitze aus, aber sie hatte eigentlich eine eigene Singer-Songwriter-Band, und erhoffte sich, mit uns ein paar Bezahl-Jobs zu machen, um über die Runden zu kommen. Das konnten wir nicht bieten.
Eine sah gut aus, konnte auch so leidlich singen, und wir hätten mit ihr gearbeitet. Aber es scheiterte an ihrer Motivation, auch ein Auto anschaffen, war für sie keine Option, was zwingend erforderlich gewesen wäre, um zum Proberaum zu kommen.
Für eine haben wir uns dann tatsächlich entschieden, die dann aber nach einem halben Jahr schwanger wurde - nicht von einem von uns! - was dann auch erst einmal erledigt war.
Die letzte, die wir darauf hatten, wäre mit einigen Kompromissen, hauptsächlich was die Stimme angeht, wohl von der Band mehr oder weniger akzeptiert worden. Auch hier wären wir bereit gewesen, mit ihr zu arbeiten. Aber da war wieder die Familie das Problem, dass sie nur max. einmal im Monat zur Probe kommen könnte - also nix mit wirklich an etwas arbeiten - aber die Tatsache, dass sie sich dann auch nur anteilig an der Proberaummiete beteiligen wollte, war dann das nogo-Kriterium.
Fazit: lieber keine als Unzufriedenheit in der Band.