Alte Blockflöten in deutscher Griffweise

Interessant sind auch die verschiedenen Formen der Löcher
  • mit/ohne Unterschneidung
  • welche Löcher unterschnitten
  • Form bzw. Größe der Unterschneidung
  • Richtung der Unterschneidung
  • b/h Doppelloch ja/nein
  • g/gis Doppelloch ja/nein
 
Interessant sind auch die verschiedenen Formen der Löcher

Ja, man könnte noch nach einigen Kriterien das ganze betrachten und wird nicht so schnell fertig. Das ist ja das interessante wenn man so viele verschiedene Modelle und Varianten hat.
Wenn man dann noch eng, mittel und weit mensurierte vergleichen kann kommt man nur noch ans Staunen was Flötenbauer so alles gebastelt haben:D

Aber den Klappenvergleich fand ich gerade deswegen interessant, da dieses Thema immer wieder mal aufkommt, da nicht jeder so große Hände hat wie ich.
 
Ja, die Klappen sind schon ein sehr interessantes Thema. :great:
Ich nahm mal an, die Unterschneidungen könnten auch dabei helfen, die Abstände der Grifflöcher zu verringern. Aber wenn ich mir dann ansehe, in welche Richtungen die Unterschneidungen gelegt wurden, scheint mir eher das Gegenteil der Fall zu sein. Es sei denn ich gucke verkehrt oder interpretiere was ich da sehe falsch.
 
Ich nahm mal an, die Unterschneidungen könnten auch dabei helfen, die Abstände der Grifflöcher zu verringern. Aber wenn ich mir dann ansehe, in welche Richtungen die Unterschneidungen gelegt wurden, scheint mir eher das Gegenteil der Fall zu sein.

Nicht unbedingt das Gegenteil, es ist einfach ein anderer Arbeitsschritt. Unterschneidungen sind nach meinem Verständniss "Feinjustierungen", welche an fertigen Instrumenten vorgenommen werden.
Thalheimer weist zum Beispiel in seinem Buch:"Die Blockflöte in Deutschland 1920-1945" darauf hin, dass Hermann A. Moeck, als er 1930 Blockflöten in sein Sortiment aufnahm, das Intonieren und Stimmen selbst gemacht hat...
Dadurch kam er zu einer höheren Qualität als die Konkurrenz und hatte einen guten Erfolg
Thalh. S. 162

Aus dieser Zeit habe ich auch eine Tuju in F Alt, welche sehr sauber intoniert ist.
 
Hmmm, .... irgendwie einleuchtend.

Eine andere Geschichte sind dann die "Kamine", von denen das Tuning ebenfalls beeinflusst wird.
Grunwald erklärte mir die Begründung der "Kaminlöcher" an seinen Flöten damit, dass er damit die Luftsäule gezielt "um die Ecke rum" verlängert hat, um den Weg der Finger zu verkürzen.
 
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Hmmm, .... irgendwie einleuchtend.

Eine andere Geschichte sind dann die "Kamine", von denen das Tuning ebenfalls beeinflusst wird.
Grunwald erklärte mir die Begründung der "Kaminlöcher" an seinen Flöten damit, dass er damit die Luftsäule gezielt "um die Ecke rum" verlängert hat, um den Weg der Finger zu verkürzen.

Wenn man Blockflöten knicken kann, geht das wohl auch mit Luftsäulen (ist ja nix anderes irgendwie, oder?). Klingt einleuchtend für mich.
Gute Idee....
 
die Luftsäule gezielt "um die Ecke rum" verlängert

Den Begriff kenne ich eigentlich eher von der Querflöte, da wird ja richtig ein Stück Rohr aufgelötet oder gezogen. Aber das dürfte doch dann genau so den Ton beeinflussen wie wenn man zuviel abschleift. Ich stell mir das schwer vor, da eine saubere Intonierung und vernünftige Griffweisen auf diese Art zu bekommen.
 
Angeblich soll das Knicken einer Blockflöte den Klang nicht verändern - vorstellbar ist das für mich nicht. Aber wenn es gesagt wird.........
 
Angeblich soll das Knicken einer Blockflöte den Klang nicht verändern

Das knicken ist ja nicht den Tonraum verlängern/vergrößern.

"um die Ecke rum" verlängert

Wenn man in etwa auf diese Weise absägt und um 180° verdreht, dann ändert sich zwar die Richtung, aber das Volumen bleibt gleich. Anders wäre es, wenn noch ein Stück verlängert werden würde.
knick.jpg

Wenn man hingegen den Raum eines Tonloches verlängert, dann vergrößert man ihn. Auch wenn es nur ein wenig ist.

tonloch.jpg
 
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Aber das dürfte doch dann genau so den Ton beeinflussen wie wenn man zuviel abschleift.
Wenn man hingegen den Raum eines Tonloches verlängert, dann vergrößert man ihn.
So ist es. Dabei wird die Luftsäule irgendwie größer/länger und der Ton logischerweise tiefer. Vor meinem Besuch bei Grunwald hatte ich mir trotz meines großen Interesses für Instrumentenkunde über genau diesen Punkt irgendwie nie Gedanken gemacht. Aber dann sah ich diese Aufsätze (Kamine) und die mehr oder weniger tiefen Dellen an einzelnen Flöten und wurde neugierig.


Grunwald erklärte mir die Begründung der "Kaminlöcher" an seinen Flöten damit, dass er damit die Luftsäule gezielt "um die Ecke rum" verlängert hat, um den Weg der Finger zu verkürzen.
Mit "um die Ecke rum" meinte ich natürlich keinen "geknickten" Flötenkopf, sondern dass so ein Kamin etwa 90° zum Flötenrohr steht. Der Abzweig ist zwar sehr kurz, aber machts irgendwie. ... Man könnte ja mal probieren, mit Knete einen "Kamin" auf ein Loch zu setzen. Dann könnte man heraus bekommen, wie stark sich diese oder jene Höhe auf die Intonation auswirkt. ...
 
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die mehr oder weniger tiefen Dellen
Diese "Dellen" sind doch nur bei den Doppellöchern, wenn ich das richtig sehe. Das ist doch normal, da sonst Doppellöcher nicht gut greifbar sind, aber da entsteht ja eher ein längerer Weg, da der Finger ja tiefer liegt.

Die Kamine scheinen nur für den kleinen Finger der rechten Hand gemacht zu sein, wie bei meiner Trichterflöte von Adler-Heinrich. Da habe ich ja schon geschrieben, dass das tiefe C zu tief gestimmt ist. Das wollte ich noch mal genauer wissen und habe es mit Stimmgerät überprüft. Es ist in etwa 15-20 Cent zu tief, was ja jetzt nicht gerade wenig ist und gerade dieser Ton verträgt auch keinen hohen Anblasdruck. Wenn ich mehr Druck drauf gebe, dann wird der Ton sofort unsauber und scheppert. Mit weniger Druck fällt es noch viel tiefer ab. Da die Flöte insgesamt recht hohen Anblasdruck braucht, fällt das tiefe C völlig aus dem Rahmen und man neigt dazu es eher nicht zu benutzen.

In diesem Fall hat der Kamin sicher den Ton verändert, leider nur nicht unbedingt vorteilhaft. Alle anderen Töne lassen sich sauber anspielen. Wenn sie nicht so schön neu wäre könnte ich in Versuchung kommen und es mal vorsichtig abschleifen, in der Hoffnung doch noch ein "gutes" C heraus zu holen... :whistle:

Mit "um die Ecke rum" meinte ich natürlich keinen "geknickten" Flötenkopf
Die Erklärung war ja nur eine Antwort auf @Lily de Lil `s Post, das du es weist ist mir schon klar ;)
 
...........t und gerade dieser Ton verträgt auch keinen hohen Anblasdruck. Wenn ich mehr Druck drauf gebe, dann wird der Ton sofort unsauber und scheppert. ........


Die Erklärung war ja nur eine Antwort auf @Lily de Lil `s Post, das du es weist ist mir schon klar ;)

Ich hatte schon verstanden, dass hier kein geknickter Flötenkopf gemeint war. Wenn aber ein Flötenkopf geknickt wird, wird ja, so dachte ich mir, auch der Luftstrom "umgeleitet", durchaus um einen gehörigen Winkel. Die physische Veränderung mag ja unterschiedlich sein (Kamin, Knicken), das Resultat ist ein umgelenkter Luftstrom........wobei es ja durchaus einen Unterschied machen kann, ob der Luftstrom an seinem Beginn (Flötenkopf) oder seinem Ende (Kamin) umgelenkt wird - aber ich hab keine Erfahrung, ich würde auch keine Flöte knicken lassen.

Was das "Kippen" des Tones angeht, bei stärkerem Blasdruck: das habe ich schon "einblasen" können, die Flöte sehr vorsichtig mit sehr langem und dabei wechselndem Luftstrom (rumspielen) de Flöte an höheren Blasdruck in den Tiefen (oder Höhen, je nachdem) gewöhnen können......es gibt ja Flöten die in den Tiefen (oder Höhen) schwächeln.....auch "Nebentöne" kann man zu einem grossen Teil "wegblasen"......
 
Was das "Kippen" des Tones angeht, bei stärkerem Blasdruck: das habe ich schon "einblasen" können

Das kenne ich von den vielen alten Flöten welche ich habe und komme auch gut zurecht damit. Da findest du alle möglichen Varianten. Da habe ich auch schon sehr viel probiert und herum "gespielt".

Das tiefe C bei der Trichterflöte lässt sich leider nicht einfach sauber einblasen, 15-20 Cent sind einfach zuviel daneben und man überbläst dann eher in die zweite Oktave. Durch die extrem großen Grifflöcher verhält sie sich auch nicht wie eine "normale Flöte", da verschwindet schnell der Druck. Auch wenn man in die zweite Oktave wechselt merkt man schnell, dass da seehr fein differenzierte "Daumenarbeit" nötig ist. Je höher man kommt, um so weniger darf man noch das Daumenloch öffnen und die Griffweise wird auch etwas anders wie üblich. Halbtöne mit halb abgedecktem Loch sind auch zum Teil schwierig.
 
Das kenne ich von den vielen alten Flöten welche ich habe und komme auch gut zurecht damit. Da findest du alle möglichen Varianten. Da habe ich auch schon sehr viel probiert und herum "gespielt".

Das tiefe C bei der Trichterflöte lässt sich leider nicht einfach sauber einblasen, 15-20 Cent sind einfach zuviel daneben und man überbläst dann eher in die zweite Oktave. Durch die extrem großen Grifflöcher verhält sie sich auch nicht wie eine "normale Flöte", da verschwindet schnell der Druck. Auch wenn man in die zweite Oktave wechselt merkt man schnell, dass da seehr fein differenzierte "Daumenarbeit" nötig ist. Je höher man kommt, um so weniger darf man noch das Daumenloch öffnen und die Griffweise wird auch etwas anders wie üblich. Halbtöne mit halb abgedecktem Loch sind auch zum Teil schwierig.
Danke, das wusste ich nicht - kenne nur barocke Blockflöten ....
 
Diese "Dellen" sind doch nur bei den Doppellöchern, wenn ich das richtig sehe. Das ist doch normal, da sonst Doppellöcher nicht gut greifbar sind, aber da entsteht ja eher ein längerer Weg, da der Finger ja tiefer liegt.

Ich denke mal schreibend weiter:
Da die Delle tiefer liegt, ist die Fingerkuppe näher an der Luftsäule, der "Abstecher" der Luftsäule Richtung Loch also kürzer als mit normaler Wanddicke bzw. einem "Kamin". Damit die schwingende Luftsäule beim Öffnen des Lochs für den dann klingenden Ton nicht zu kurz wird, muss man also darauf achten, dass die in Dellen liegenden Löcher von dem darüber angeordneten Loch weit genug entfernt sind. Je tiefer die Delle (= je dünner die Wand), um so größer der Abstand zum darüber angeordneten Loch, um so mehr muss sich der entsprechende Finger strecken.
Beim Feintuning muss also eine Wechselwirkung von Position (Abstand zum Nachbarloch), Wanddicke (Delle, Kamin, Form des Rohrinneren), Lochgröße und Unterschneidung beachtet werden.
Mit der Formulierung "Form des Rohrinneren" meine ich, dass sich beim Anordnen der Grifflöcher auch die Form der Röhre (zylindrisch, konisch) auf die Abstände der Grifflöcher (und was sonst noch? :nix:) irgendwie auswirkt.
Handelt es sich um eine konische Röhre, kann diese unterschiedlich gestuft / geformt sein. Ein Konstruktionsdetail, das beim Nachbau historischer Blockflöten außen nicht sichtbar ist, so dass ein Laie kaum ermessen kann, wie nahe ein äußerlich verblüffend ähnliches Neuinstrument dem Original tatsächlich kommt. Vielleicht erinnerst Du Dich, dass Thalheimer den Nachbau seiner Venezianerin diesbezüglich sehr genau betrachtet hat. Grunwald erzählte mir, dass er beim Aufbau neuer Flöten unter anderem auch mit der konischen Form experimentiert hat, um Stimmung und Klang zu optimieren.
 
In der Zeit vor 1937 gab es ja zum Teil wohl sehr heftige Dispute, ob die enge oder weite Mensur die "richtige" wäre. Ich möchte mal ein praktisches Beispiel anhand zweier Blockflöten, welche vor 1936 gebaut wurden, geben. Sie sind in A gestimmt, haben eine Gesamtlänge von 38,5 cm und eine klingende Länge von 34,2 cm. Also sind beide eigentlich gleich in der Stimmung.

Die linke ist recht eng gebohrt, die rechte sehr weit. Bei einer Messung der Innenbohrung macht das ungefähr 3 -4 mm aus. Man kann schön sehen, wie die Bohrungen der Grifflöcher dadurch bei der weiten Mensur deutlich weiter oben ansetzen.
Die rechte, weit mensurierte hat einen vollen, weichen und warmen Klang, vor allem in der Tiefe. Die linke ist eher kerniger und "härter" im Klang.

vergleich1.jpg


Welcher Klang einem besser gefällt kann man noch unter "Geschmacksache" handeln.
Das Problem, welches ich auch bei anderen, weit mensurierten Flöten dieser Zeit immer wieder bemerke ist, das die weit mensurierten in der Höhe einfach versagen.

Davon ausgegangen, dass man das Daumenloch halb abdeckt, kann man die linke, eng mensurierte deutlich weiter in die Höhe ziehen.
Dunkelblau gibt die abgedeckten Löcher wieder und im Falle der linken erreicht man noch ganz einfach ein C mit dem angegebenen Griff, während rechts bei der weiten es bei E endet und man das F# nicht durch öffnen des nächsten Fingers erreicht, sondern durch abdecken der mit hellblau gezeichneten Löcher. Mehr geht nicht, egal was ich auch probiert habe. Es wird unsauber bis schrill.

vergleich3.jpg


Inzwischen habe ich einige dieser weit mensurierten Modelle, welche diesen Mangel aufzeigen, sie enden fast alle spätestens an dieser Stelle.

Nur ein positives Beispiel habe ich unter meinen Flöten, eine schlichte Herwiga Sopran von König, auch in deutscher Griffweise und mit sehr weiter Mensur, in etwa um die selbe Zeit gebaut. Diese ist problemlos bis zum Es in der dritten Oktave zu spielen.

So kann ich anhand meiner Flöten feststellen, dass die enge Mensur, welche ja auch eher in Richtung der barocken Modelle geht, der weiten Mensur im Tonumfang meist deutlich überlegen ist... mit Ausnahme des Herwiga Modells.

Wer sich etwas für die Geschichte der Blockflöte interessiert und ein wenig Lesestoff dazu haben möchte, dem sei ein Artikel von Hermann Moeck, "Zur Nachgeschichte der Blockflöte" in der Zeitschrift Tibia Ausgabe 1978/1 ab Seite 13 und 1978/2 S. 79 empfohlen.
 
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Die Höhen sind ja nicht nur eine Sache der Mensur - sie sind auch eine Sache der Phase und des Labiums (soweit ich mich erinnere).
Wenn eine Flöte schwer in die Höhe kommt, guck ich mir die Phase an.
Oder missversteh ich grad was?
 
missversteh ich grad was?

Nein, sicher nicht. Aber das würde zu weit führen. Man könnte auch unter anderem noch die Grifflochweiten dazu nehmen. Aber da könnte man sich endlos in Details verlieren und anfangen genaue Messungen vorzunehmen. Das würde dann so langsam in eine wissenschaftliche Arbeit ausarten. Von daher beschränke ich mich auf die "relative Weite der Innenbohrung", welche bei obigem Beispiel gut messbar und ersichtlich ist.

Diese weiten Blockflöten wurden auch eher in der Stimmung A D gebaut. Solche "weit mensurierte" Flöten wie sie vor dem Krieg gebaut wurden findest du in aller Regel bei modernen Instrumenten auch nicht mehr, da man ab 1937 die Stimmung C F favorisierte. Diese wurden eher eng bis mittel gebaut.
 
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