In der Zeit vor 1937 gab es ja zum Teil wohl sehr heftige Dispute, ob die enge oder weite Mensur die "richtige" wäre. Ich möchte mal ein praktisches Beispiel anhand zweier Blockflöten, welche vor 1936 gebaut wurden, geben. Sie sind in A gestimmt, haben eine Gesamtlänge von 38,5 cm und eine klingende Länge von 34,2 cm. Also sind beide eigentlich gleich in der Stimmung.
Die linke ist recht eng gebohrt, die rechte sehr weit. Bei einer Messung der Innenbohrung macht das ungefähr 3 -4 mm aus. Man kann schön sehen, wie die Bohrungen der Grifflöcher dadurch bei der weiten Mensur deutlich weiter oben ansetzen.
Die rechte, weit mensurierte hat einen vollen, weichen und warmen Klang, vor allem in der Tiefe. Die linke ist eher kerniger und "härter" im Klang.
Welcher Klang einem besser gefällt kann man noch unter "Geschmacksache" handeln.
Das Problem, welches ich auch bei anderen, weit mensurierten Flöten dieser Zeit immer wieder bemerke ist, das die weit mensurierten in der Höhe einfach versagen.
Davon ausgegangen, dass man das Daumenloch halb abdeckt, kann man die linke, eng mensurierte deutlich weiter in die Höhe ziehen.
Dunkelblau gibt die abgedeckten Löcher wieder und im Falle der linken erreicht man noch ganz einfach ein C mit dem angegebenen Griff, während rechts bei der weiten es bei E endet und man das F# nicht durch öffnen des nächsten Fingers erreicht, sondern durch abdecken der mit hellblau gezeichneten Löcher. Mehr geht nicht, egal was ich auch probiert habe. Es wird unsauber bis schrill.
Inzwischen habe ich einige dieser weit mensurierten Modelle, welche diesen Mangel aufzeigen, sie enden fast alle spätestens an dieser Stelle.
Nur ein positives Beispiel habe ich unter meinen Flöten, eine schlichte Herwiga Sopran von König, auch in deutscher Griffweise und mit sehr weiter Mensur, in etwa um die selbe Zeit gebaut. Diese ist problemlos bis zum Es in der dritten Oktave zu spielen.
So kann ich anhand meiner Flöten feststellen, dass die enge Mensur, welche ja auch eher in Richtung der barocken Modelle geht, der weiten Mensur im Tonumfang meist deutlich überlegen ist... mit Ausnahme des Herwiga Modells.
Wer sich etwas für die Geschichte der Blockflöte interessiert und ein wenig Lesestoff dazu haben möchte, dem sei ein Artikel von Hermann Moeck, "Zur Nachgeschichte der Blockflöte"
in der Zeitschrift Tibia Ausgabe 1978/1 ab Seite 13 und 1978/2 S. 79 empfohlen.