Auf der Suche nach dem Blues-sound

diesen sehr unmusikalischen Reflektionen
Ich bin mir nicht sicher, ob dein Eindruck in mangelnder Erfahrung begründet ist... Deswegen sieh es mir nach, ich will nicht besserwisserisch rüberkommen.
Reflexionen sind doch nicht per se unmusikalisch. Sie sind im Gegenteil erst einmal das, was ein akustisches Instrument "wohl" klingen lässt. Wenn in der richtigen Dosis verwendet.
Wenn du natürlich Flatterechos, Raummoden, Überhöhungen, Kammfilter- oder andere negativen Raumeffekte meinst, kann ich das nachvollziehen.
Das sind aber Sachen, die sollte man eh versuchen, durch leichte Optimierungen in den Griff zu kriegen, unabhängig ob vintage oder nicht.
 
Aber meintest du nicht vielleicht einen Tiefpassfilter? Oder vielleicht auch beides? :D
Nö, Hochpass stimmt schon. Wirklich tiefe Bässe findest Du bei den Aufnahmen ja nicht. Zumindest wenn Du Dir Dein erstes Beispiel, "The're Red Hot", anhörst, da fehlt untenrum einiges. Ich habe auf meinem iPhone die "Complete Recordings" drauf, in die ich gerade nochmal reingehört habe. Die sind aber remastered, da wurde meines Erachtens nach etwas nachgebessert. Beziehungsweise ist die Quelle für die Version im Video etwas älter.

Was mache ich mit dem Rauschen? Dieses Schallplatten / Magnetband-rauschen? Theoretisch könnte ich das als isolierte Aufnahme irgendwo bekommen, aber ich denke fast, das ist etwas halbherzig.....
Du kannst ja mal einen Blick auf iZotope's Vinyl werfen. Von Audio Thing gibt es auch einen Vinyl Strip, der kostet aber.
 
Wenn Du den Sound wirklich haben willst, suche Dir einen guten Raum, denn danach wurde damals auch schon gesucht. Leih Dir ein Topmikrofon aus der damaligen Zeit wie diese:

http://echoschall.de/mikrofone/baendchenmikrofone/detail/siemens-ela-m25.html
http://echoschall.de/mikrofone/baendchenmikrofone/detail/melodium-42b.html
http://echoschall.de/mikrofone/grossmembran-kondensatormikrofone/detail/neumann-gefell-cmv563.html

Und nehme Mono alle Signale gleichzeitig auf.

Ein einfaches, billiges Mikro zu nehmen ist der falsche Weg, die wurden damals nur von Radio- und später Tonbandamateuren benutzt. Für professionelle Aufnahmen wurden damals immer die besten verfügbaren Mikros genommen!!! Und die besten verfügbaren Vorverstärker.

Die bekommst du auch bei Echoschall geliehen.

Der soundtechnische Flaschenhals waren die damaligen Tonträger.
 
Zuletzt bearbeitet:
@Hotspot ich weiß schon, was du meinst. Und ich habe mich vielleicht nur ein wenig ungut ausgedrückt. Wir meinen schon beide das selbe.

@Heizenhaus da werde ich mal rein schauen ;)

@Astronautenkost da hast du natürlich völlig recht, aber mir geht es eben darum, diesen Flaschenhals nachzuahmen. Ich mag die Idee mit dem billigen Mikro auch nicht, aber werde sie dennoch mal probieren. Das bisschen Geld tut nicht weh. Ein Mikrofon zu leihen kommt nicht in Frage, da ich das ja auf Dauer nicht zur Verfügung habe.

An die Idee, mit meinem NT1A aufzunehmen kann ich mich aber auch nicht so wirklich gewöhnen.
Schwierig...

Mal ne andere Frage.. Ist euch schonmal aufgefallen, dass manche Aufnahmen aus der Zeit recht eigenartige Dynamikschwankungen haben? Fast wie die alten Wachsrollen früher. Nicht so stark, aber eben hörbar. Wie kommt sowas zustande?
 
Was meint @Telefunky dazu?
 
Radio Eriwan: im Prinzip...
Astronautenkost und ich haben da teilweise unterschiedliche Auffassungen, was den Weg betrifft :D
Ich benutze solche Mikrofone aber nicht, weil sie billig sind, sondern um eine Vorstellung umsetzen.

Meine Martin hat einen speziellen Klang und ist mir aus einem Dutzend sofort im Ohr geblieben.
Üblicherweise bekommt sie ein TD26, soll sie etwas 'edler' klingen ein AKG D224, für Bass und Höhenbetonung ein MD441... die letzten beiden sind ja keineswegs Billigheimer.
Ein Neumann Kleinmembraner oder schlimmer noch: 2 davon... entspricht dagegen absolut nicht meiner Vorstellung, obwohl das erstklassige Mikrofone sind.
Bei einer Breedlove oder Hummingbird könnte es uU anders aussehen - aber die typischen 'strahlenden' strumming Sounds sind eh nicht so meins.

Eq und Kompression verwende ich selte bis gar nicht und möglichst wenig Effekte auf der Instrumentenspur, subtiler Hall wird gezielt ausgewählt.
Wenn Effekte, dann liegen sie auf einer eigenen Spur (wie in dem EKO Beispiel)...
selbige war übrigens ein echter Trümmerhaufen, aber mit Charme, leider hat's irgendwann die Decke zerrissen *schnüff*.
Ich benutze die DAW im Grunde wie ein Tonband, nehme natürlich die besseren Schnittmöglichkeiten am Rechner gerne mit.
Das Taktraster ignoriere ich komplett - wenn das timing schwankt, dann tut es das eben.
Insofern denke ich schon, dass ich da recht 'altmodisch' unterwegs bin.

Letztlich ist weniger eine Frage von richtig oder falsch, sondern dass die Arbeitsweise zu einem passt.
Ich habe die 'Akteure' lieber direkt auf der Spur, auch wenn man die Klangformung rein technisch in der DAW durchführen könnte.

cheers, Tom
 
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Ah .... mein "Fachgebiet" .... :)
Ein paar lose Gedanken:

was Du da an Musik gepostet hast fällt in die "elektrische Ära" ... dat heißt wir haben elektrische Mikrofone (in der Zeit normal Kohle, Band, Tauchspul, Kondensator wobei Tauchspul und Band erst ab ca. 1931 eingeführt - dementsprechend später verbreitet) und Direktschnitt auf Wachs- und Stahlplatten über Röhrenverstärker. Natürlich nicht Mehrspur, aber durchaus mehrere Mikrofone!
Magnetband gabs (außer in Deutschland) eigentlich erst nach dem Krieg dann so langsam.

Hier ein Video von 1931 im H.M.V. Studio London, welches immer noch steht und heute Abbey Road Studios heißt:

Siehste die dicken schwarzen Röhren die da überm Orchester rumhängen? Das sind Western Electric 47A (könnten auch 53er sein - sehen genauso aus, basically das Gleiche). Also Kondensatormikrofone.
In Deutschland kamen natürlich quasi ausschließlich CMV3 zum Einsatz (1928) die mehr oder weniger direkt das Reisz Kohlemikrofon im Marmorblock abgelöst haben. Siemens hat zwar noch das Bandmikrofon SM3 ab Anfang/Mitte der 30er gebaut (die frühen Versionen von 1924 sind irgendwie nie in Serie gegangen), die sind aber im Studio nie so recht eingesetzt worden.

Hier ein Foto von Django im Decca Studio Paris 1938:
http://www.patrus53.com/wp-content/...ées-Stéphane-Grappelli-Louis-Vola-900x672.jpg
Ziemlich sicher Bändchenmikrofone, die Franzosen haben Mikrofontechnisch so ein bisschen ihr eigenes Süppchen gekocht und viele krude Bändchenmikros hinterlassen die so selten sind das ich bislang (trotz Hilfe von anderen Fanaten) nicht rausgefunden hab was da genau rumhängt. Irgendwas aus den Melodium Fabriken wahrscheinlich.

Aber ja, die Mikrofone sind nicht "das Problem" (außer den Kohlemikros natürlich - die sind ein Problem :) ) da die Teile oft auch in der heutigen Zeit sehr gut für HiFi-Aufnahmen geeignet sind, ebenso die Verstärker.
Was Du also wirklich brauchst ist ne Schneidemaschine:


Hier ne Illustration einer Robert Johnson recording session ... keine Ahnung wie authentisch das ist, aber so in etwa hätte eine mobile Aufnahmesituation in den 30/40ern in USA ausgesehen:
https://violdam6.files.wordpress.com/2011/05/rj-vol2aa_img050052.jpg
Kohlemikrofon (z.B. Western Electric , Batteriekasten (fürs Mikro) mit Verstärker und dann auf den mobilen Schneidtisch.

Gibt durchaus Leute die noch Platten direktschneiden - auch mit 30er Jahre Technik.


:)

Ich bin gerade auf einer ähnlichen Odyssee wie Du, allerdings mit Magnetband 1930/40 ... also quasi die "deutsche Variante".
 
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So schwer ist das nicht. Flasche Whiskey, paar Gramm Koks, Kassettenrecorder auf den Tisch, Micro dran und dann loslegen. Gerüchten zur Folge soll auch ein Pakt mit dem Teufel helfen..... :evil:
 
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Also historisch betrachtet finde ich die Videos absolut intressant.
Ich habe mir auch weitere Videos angesehen, in denen heutzutage jemand mit so einem alten Apparat eine Platte selbst schneidet.

Ich sehe aber keinen großen Sinn darin, diesen Sound nachzubilden. Das hauptsächliche Nadelör scheint mir tatsächlich die Konservierung der Musik gewesen zu sein.

Letztendlich bin ich froh in einer Zeit zu leben, in der die Audiotechnik das Ohr ausreizt. D.h. was wir hören können, bietet die Technik.
Fürs Auge fehlt noch etwas: eine perfekte 3-dimensionale Projektion bzw. räumliche Darstellung.

Ich habe lange Zeit noch mit analogen Fotoapparaten "experimentiert", weil ich ein Kind deren Zeit bin. Digitales Fotografieren stellt diese Technik in Aufwand, Bedienung und Ergebnis deutlich ins Abseits.

Abschließend denke ich: wenn du den Blues-Song wie gewohnt recordest und dann mit so einem Schneideapparat einen Tonträger erzeugst, ist es authentisch.
Vielleicht kann man irgendwo schneiden lassen?
 
Hm.. Schneiden klingt natürlich sinnvoll, da bin ich dann aber immer abhängig von anderen. Ich werde mal einen Song aufnehmen, wie ich es immer tue und ausschließlich in der DAW altern lassen.
Dann nehme ich mal den selben Song und nehme ihn mit dem TD 20 auf, das habe ich mir mal in der Bucht geordert.
Bis dahin könnt ihr aber gern ein wenig diskutieren, denn das hilft mir natürlich sehr weiter :)
 
Mit Izotope Vinyl hatte ich recht schnell ein brauchbares Ergebnis für die künstliche Alterung, inkl. Knistern und Knacken. Ich habe allerdings auch nie überprüft, wie authentisch das Plugin tasächlich ist. Ich bin zwar noch in der Zeit von Schallplatten und Kassetten aufgewachsen, aber Platten hatte ich selbst nie. :rolleyes:
Das Plugin ist ja kostenlos. Deshalb wäre es mal einen Versuch wert, wie nah du damit an deine Soundvorstellung kommst.
 
Hier ne Illustration einer Robert Johnson recording session ... keine Ahnung wie authentisch das ist, aber so in etwa hätte eine mobile Aufnahmesituation in den 30/40ern in USA ausgesehen:
https://violdam6.files.wordpress.com/2011/05/rj-vol2aa_img050052.jpg
Ganz großartig :great:
Ich denke, das ist schon sehr authentisch. Das Kohlemikrofon ist ja auch ein spannendes Teil. Würde gern mal so ein Ding ausprobieren :)
Finde das Thema insgesamt auch sehr interessant. Danke @morphtec für den geschichtlichen Kurzabriss.
 
@Akkan ja, das teste ich auf jeden Fall :)

Und @morphtec ja, das war sehr interessant, danke.

Kennt jemand noch irgendwelche plug ins, die helfen könnten? Ich kann dann super einen vorher - nachher Vergleich machen
 
imho stellt das bereits erwähnte Izotope Plugin vermutlich die günstigste Lösung dar.
Die Verarbeitung basiert auf einem spektralen Ansatz, der deutlich weitergeht als reine Frequenzgang-Verbiegung.
Als Nebeneffekt hilft es dir auch 'echtes' altes Material aufzufrischen, ohne es grundsätzlich zu verändern.

cheers, Tom
 
Dieser spektrale Ansatz gefällt mir sehr gut. Man hat einfach mehr Möglichkeiten als mit "nur" einem EQ. Komme am Wochenende vielleicht dazu, das mal zu testen :)
 
Das Ding von iZotope hat einen großen Nachteil: die Settings werden nicht gespeichert.
Übernimmt das nicht der Host, also die DAW?
In Logic hat man neben den herstellerspezifischen Speichermöglichkeiten auch immer die von Logic für das Plugin.
 
Übernimmt das nicht der Host, also die DAW?
Ja, aber Du kannst im Plugin selbst keine Presets speichern. Wohl dem der eine DAW hat die Plugin-Zustände speichern kann (z.B. Reaper).
 
Das Kohlemikrofon ist ja auch ein spannendes Teil. Würde gern mal so ein Ding ausprobieren :)
Kohlemikros sind recht durchwachsen. Einerseits gibts die typischen Telefonelemente die ziemlich grausam klingen (nicht zwingend, aber meistens) und auf der anderen Seite hats Geräte wie das Reisz Mikrofon und die Double Buttons von Western Electric (und vergleichbare Produkte von RCA und Shure Brothers z. B.) deren Frequenzgang gar nicht sooo schlecht war. In deutschland ist nach der wilden Phase des Reisz Marmormikrofons z.B. das Kammermikrofon von Telefunken (Ela M101/1, natürlich gebaut von Siemens aber da weiß ich die Bezeichnung gerade nicht mehr) sehr beliebt gewesen weil es deutlich günstiger war als die neuen Kondensator- und Bändchenmikrofone. Also wenn Du damit experimentieren möchtest: die Teile laufen einem ziemlich oft bei Ebay und Konsorten über den Weg und sind sehr erschwinglich. Zum Betrieb muß man sich nur eine kleine Batteriespeisung basteln. :)
 

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