Ist mir persönlich noch nie passiert. Das scheinen ziemliche Idioten zu sein. Am besten die billige Gitarre aus dem Koffer holen und dann mit ihr alle an die Wand spielen!
Mal etwas ernster: ich habe Euch ja oben meine Strat-Karriere kurz beschrieben. Und ich hatte das Glück, dass ich auf jede neue Gitarre lange warten musste und für jede "bereit" war, als ich sie mir leisten konnte bzw. im Falle der Masterbuilt ich endlich dran war. Selbstverständlich ist es Unfug, dass der Kauf einer teuren Gitarre einen Anfänger zum John McLaughlin macht. Ich glaube nicht, dass es Leute gibt, die so blöd sind und dies allen ernstes annehmen.
Trotzdem muss ich hier kurz einlenken: meine persönliche Erfahrung mit den verschiedenen Gitarren hat mich erstens gelehrt, dass Du mit einem hochwertigen Instrument mehr Möglichkeiten und mehr Freiheiten hast, um Dich auszudrücken. Bevor mich jemand deswegen anfällt: der Ton ist nun einmal das Baumaterial, das uns zur Verfügung steht und das wir formen können - so, wie ein Künstler sein Farben oder seine Materialien hat, aus denen er seine Werke erstellt. Selbstverständlich wäre z.B. Tintoretto auch mit einem Bleistift oder mit Kreide fähig gewesen, beeindruckende Kunstwerke zu mahlen - aber er brauchte seine Farben, um sein Talent voll entfalten zu können. Selbstverständlich sind die meisten Leute - unter ihnen natürlich auch ich - weit davon entfernt, geniale Musiker zu sein, aber trotzdem ist es ab einer gewissen Reife und einer gewissen Spielerfahrung wichtig, dass man einen ton hat, den man gestalten kann.
Das bringt mich zu meinem zweiten Punkt: "gut" und "schlecht" sind sehr relative Begriffe und liegen im Auge des Betrachters (bzw. im Ohr des Zuhörers). Deswegen finde ich auch den Titel dieses Threads mehr als ein wenig daneben. Die Ansprüche werden mit wachsender Erfahrung und Spielstärke höher. Ich habe alle meine vier Strats, die ich oben erwähnt hatte, als "gut" oder sogar "sehr gut" empfunden, und mit allen vier verbinde ich schöne Erinnerungen.
Vielleicht ist die Ostblock-Strat heute etwas romantisch verklärt, aber auch bein intensivstem Nachdenken fällt mir kein Moment von damals ein, in dem ich irgend etas an ihr beanstandet hätte, obwohl sie sicherlich nicht besser als die billigste Harley Benton war. Als ich sie bekommen habe, hatte ich vorher schon etwa 18 Monate A-Gitarre gespielt, und ich hatte eine DDR-Transe namens "Vermona" mit 30 Watt und einen "Tubescreamer", den mir ein Freund zusammengelötet hatte. Ich war überglücklich, denn mein jugendliches Ostblock-Ohr empfand den Sound (wohl wegen der durchaus guten Single Coils) als "Strattig", und mit dem Tubescreamer konnte ich eigenlich einen Sound produzieren, den man mit etwas Wohlwollen als bluesig bezeichnen konnte. War es Schrott? Aus heutiger Sicht wohl sicherlich! War es Rock 'n' Roll? JAAA! Ich konnte Smoke on the Water für die Kumpels, The Wind Cries Mary und Layla für die Girls und Stones für meine Eltern! Selbstverständlich kamen Groupies - allein der Besitz einer E-Gitarre war damals genügend Womanizer-Startkapital! Also eine "gute" Gitarre.
Nach einigen Jahren intensiven Übens habe ich aber gemerkt, dass ich etwas neues brauche, da die Sozialisten-Strat doch nicht das gleiche ist wie eine Fender. Und dann kam sie: Eine 1994er Strat und ein Marshall Bluesbreaker. Um es noch zu toppen: ein echter TS 9. Die erste Strat und den Rest musste ich natürlich verkaufen, aber der diesbezügliche Schmerz war hinnehmbar. Als Teenager mit einigen Jahren Spielerfahrung habe ich die American Standard - die aus heutiger Sicht ja eher Durchschnitt ist - als überragend empfunden, und alle beneideten mich um sie. Also hatte ich wieder eine "gute" Gitarre, die mir auch lange - ganze 16 Jahre - als mein einziges Instrument treu geblieben ist. Ich habe sie mittlerweile in den Ruhestand versetzt, aber verkaufen werde ich sie nicht.
Mit dem fortschreitenden Alter kam auch ein höheres Gehalt, und es ist klar, dass man die Möglichkeiten nutzt, die einem das Leben bietet. Die Teambuilt Strat war schon ein Fortschritt im Vergleich zur American Strd, aber diie Masterbuilt war eine Offenbarung. Als ich sie nach langer, langer Wartezeit endlich bekommen habe, war ich erst einmal baff. Jedes - einfach jedes - Detail an ihr ist langsam zu genießen: das fängt mit dem Relicing und den leichten Rostspuren an, geht über die Josephina-Pickups und hört bei dem Hals noch lange nicht auf. Selbstverständlich ist mir klar, dass ich sehr viel Geld für das F an der vorderen und die Unterschrift auf der hinteren Seite des Headstocks bezahlt habe. Aber der Mann, dessen Name dort steht, hat sich sehr viel Mühe gegeben: der Hals übertrifft an Haptik wohl alles, was ich bis jetzt in der Hand gehabt habe. Man merkt auch, dass der Mann genau weiß, wie man verschiedene Zutaten so aufeinander abstimmt, dass das Resultat, das am Ende herauskommt, die Summe der Einzelteile bei weitem übertrifft (dieses Geführ vermisse ich übrigens oft bei kleineren Buildern wie z.B. Suhr oder Don Grosh). Ich könnte noch weiter schwärmen... Habe ich also eine "gute" Gitarre? Yes!
Warum ich hier meine Lebensgeschichte erzählt habe: "gut" und nicht "gut" sind relative Begriffe. Man sollte den Ollis dieser Welt aufmerksam zuhören (man kann das eine oder andere von ihnen lernen, vor allem als Anfänger), man sollte aber nie vergessen, wo man selbst steht. Eine Fender Strat aus Mexiko ist sicherlich eine "gute" Gitarre für einen Anfänger oder auch einen Fortgeschrittenen - die ersten Jahre kann man ohne weiteres mit ihr verbringen, und man wird sie danach zumindest als Backup-Gitarre behalten. Es ist aber nichts verwerfliches daran, wenn mit der Zeit die Ansprüche steigen und man später mehr Wert auf Details legt - und diese lassen sich die Hersteller nun einmal teuer bezahlen. Insoweit hat Olli mit seiner Blasen-Theorie mehr oder weniger Recht. Man sollte hier z.B. einfach mal in Ruhe eine "normale" Vintage Reissue Strat mit einer Teambuilt und einer Masterbuilt vergleichen, die von einem der "großen"Masterbuilder gebaut wurde. Die Unterschiede sind frappierend. Garantiert! Dies zeigt sich im Detailreichtum, am anspruchsvoll gemachten Relicing, am Finish des Halses, an den Pickups, etc. Sicherlich, kleine Unterschiede - aber trotzdem wichtig!