Phasenumkehr vs. Polaritätsumkehr

  • Ersteller Socapex
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Zuersteinmal schwingt das Chassis wohl kaum aus, bevor das Erregersignal wegfällt bzw. stark reduziert wird. Zudem habe ich mit Absicht einen 10er angegeben, die kommen üblicherweise dem Signal recht gut hinterher. Aber ich habe es nicht eindeutig formuliert. Trotzdem, mir geht es nach wie vor um die halbe Periode, die das eine Signal "mehr hintendran" hat. Diese wäre ganz genauso an der Stelle, selbst wenn die Phasenverschiebung über das ganze Spektrum gleichbleibend 180° beträge (was sie mit diesem Filter nicht tut, ganz klar, aber das habe ich auch nie behauptet). Von Ausschwingen, etc. rede ich gar nicht. Unabhängig davon spielt das auch gar keine Rolle für das, auf das ich hinaus will. Mir geht es einzig und allein darum, dass ein Signal, welches im realen Betrieb vorkommen kann, um 180° phasenverschoben anders aussehen kann als polaritätsgedreht und somit diese beiden Dinge nicht vorbehaltlos gegeneinander austauschbar sind. Wenn das eine Chassis die zusätzliche Halbwelle "fährt", bevor das Filter und das Chassis ausschwingen, dann muss das zwangsläufig beachtet werden, wenn weitere Chassis zeitlich korrekt zu diesem ersten Schall mit abgeben sollen.
 
Mir geht es einzig und allein darum, dass ein Signal, welches im realen Betrieb vorkommen kann, um 180° phasenverschoben anders aussehen kann als polaritätsgedreht und somit diese beiden Dinge nicht vorbehaltlos gegeneinander austauschbar sind.
Du hast die Plots gesehen...
In dem Moment, wo ich ein Signal 'abschalte', falte ich mit einem Rechteck und hab massig andere Frequenzkomponenten. DIE sind es, die die 'zusätzliche Halbwelle' kreieren, diese 'Halbwelle' sieht zwar annähernd so aus, besteht aber weis Gott aus vielen anderen Frequenzkomponenten und nicht primär aus dem 100 Hz Sinus. Wenn du diese Frequenzkomponenten jetzt nicht durch einen Tiefpass jagst, sondern jede einzelne genau um 180!° Phasenverschiebst, löschen sie sich wieder aus und es kommt das invertierte Signal raus.
Also NEIN, es stimmt nicht was du sagst.

Was du sagst ist:
Ein 'real vorkommender Sinus' ist ein verhackstückelter Sinus, der mal schnell abgeschalten wurde, also mit einem Rechteck multipliziert. Wie EDEs Plot zeigt, hat das Spektrum dann mit einem Sinus nicht mehr viel gemein, sondern hat ein Spektrum von DC bis kHz
-> erstes Problem. Sobald der Sinus nicht von -unendliche bis unendlich geht, hat der eine spektrale Breite, und die ist bei einem abrubten Ende extrem ausgeprägt.

Jage ich das durch ein Filter, was bei 100 Hz 180° macht, dann macht es bei dem restlichen Driss von DC bis kHz auch 180°
-> Zweite Fehlannahme, denn das Filter hat eine Flanke und macht bei allen anderen Frequenzkomponenten was anderes als 180°. Insbesondere bei allem >100 Hz eine größere Phase...

Korrekt kann man dein Beispiel nur behandeln, wenn man das Signal, deine abgehackter Sinus, in die zig Frequenzen zerlegt, aus denen er besteht (genauer gesagt unendlich viele, wenn es nicht periodisch ist). Das macht die FFT. DANN kann ich jede Frequenzkomponente um 180° drehen, da ich bei jeder Frequenz genau eine Phase von 180° einstellen kann. Was dabei dann herauskommt bei der Rücktransformation ist schlicht und ergreifend das invertierte Signal, das lässt sich mathematisch in 10 sec. beweisen.
Trotzdem, mir geht es nach wie vor um die halbe Periode, die das eine Signal "mehr hintendran" hat. Diese wäre ganz genauso an der Stelle, selbst wenn die Phasenverschiebung über das ganze Spektrum gleichbleibend 180° beträge (was sie mit diesem Filter nicht tut, ganz klar, aber das habe ich auch nie behauptet).
NEIN, genau das wäre sie nicht. Diese Schwanz hinten dran sind genau die Reaktion deines Tiefpasses auf die mittlere Reihe von EDEs Plots. Jag mal nur diesen Sprung von 1 auf 0 durch dein Filter und schau was passiert. Multiplizier das mit dem invertierten Sinus und du bist da, identisches Ergebnis. Es ist die Reaktion des Filters auf den Sprung, nicht auf den Sinus!
 
Jens Droessler schrieb:
Mir geht es einzig und allein darum, dass ein Signal, welches im realen Betrieb vorkommen kann, um 180° phasenverschoben anders aussehen kann als polaritätsgedreht und somit diese beiden Dinge nicht vorbehaltlos gegeneinander austauschbar sind.

... Und nochmal muss ich dir sagen: Das Signal in deinem Beispiel wird einfach nicht 180° Phasenverschoben, weil das Filter es schlichtweg nicht um 180° schiebt.

Ganz nebenbei:
Dass das Signal auf der Zeitachse verschoben aussieht liegt an der so genannten Gruppenlaufzeit (Ableitung des Phasengangs über die Frequenz: -d/df phi(f))
Die Gruppenlaufzeit bietet "ein Maß" (aber auch wirklich nicht mehr als ein grobes Maß) zur Bestimmung der zeitlichen Verschieung eines Signals (dann wirklich näherungsweise delay).

Was man da tut ist den Phasengang in einem Punkt (und einem schmalen Spektralbereich drum rum) als "näherungsweise linear" anzunehmen. Ein linearer Phasengang entspricht aber einem Delay also dann WIRKLICH einer näherungsweisen Verzögerung auf der Zeitachse.

Die ganze Näherung kann man aber nur dann sinnvoll verwenden wenn man als Eingangssignal ein spektral sehr kompaktes Signal verwendet. Das ist bei dir nicht der Fall. daher bekommt man eben deutlich mehr als eine zeitliche Verschiebung, nämlich einfach "irgendwas" das man nicht näher definieren kann.

Ich werd da nochmal n Beispiel in Matlab machen!
Ich werd da wohl auch n Beispiel machen können wo ein Filter vermeintlich "unkausal" ist also das Signal "optisch" sogar irgendwie vorzieht anstatt verzögert! Aber da muss ich nochmal mich ransetzen!


@Carl:

Jag mal nur diesen Sprung von 1 auf 0 durch dein Filter und schau was passiert. Multiplizier das mit dem invertierten Sinus und du bist da, identisches Ergebnis. Es ist die Reaktion des Filters auf den Sprung, nicht auf den Sinus!

Ne das stimmt so auch nicht...

damit würdest du folgendes tun:

sei a(t) die Hüllkurve, s(t) der sinus, g(t) das Ausgangssignal und h(t) die Impulsantwort des Filters.

Was wir ja tun ist folgendes:
Wir multiplizieren s(t) mit der Hüllkurve a(t) und schicken die durchs Filter. In Formeln also:

g(t)=[s(t)a(t)]*h(t) (wobei der * natürlich eine Faltung ist)

was du jetzt unterstellst ist, dass du beides einzeln drüber schicken kannst, dass also:

[s(t)a(t)]*h(t) = [s(t)*h(t)][a(t)*h(t)]

Das stimmt ja so erstmal nicht... oder hab ich dich falsch verstanden?
 
Zuletzt bearbeitet:
Selbstverständlich ist das die Gruppenlaufzeit. Aber egal. Wenn es dir möglich ist, erstell doch mal ein Filter, das über das gesamte Band die 180° macht und schick da "mein" Signal durch.
 
Kann ich gern tun.

Wobei das Filter schon n bisschen unsinnig ist ;):

Also hier ein "Allpassfilter", welches frequenzunabhängig um 180° (hier um pi)" dreht. und die entsprechende Systemantwort....

attachment.php




Eine Sache noch:

Wenn man Systeme in einem gewissen "schmalen" Frequenzbereich betrachten möchste macht es sinn so genannte "glatte" Hüllkurven zu verwenden.
Eine glatte Funktion ist dabei eine, die beliebig oft differenzierbar ist. Das heißt deren "Krümmung" beliebig stetig und "sauber" verläuft. Dies bedeutet für das Spektrum automatisch, dass dieses deutlich besser lokalisiert ist.
Jetzt sind "glatte" Funktionen erstmal beliebig weit ausgedehnt, was für die praxis nicht taugt also findet man dann irgendwann in der Mathematik den Raum der so genannten "Testfunktionen". Das sind glatte Funktionen mit kompaktem Träger, was so viel bedeutet wie:
"Ich habe eine Hüllkurve, die zu einen ab einem gewissen punkt wirklich 0 ist und beim übergang in diesen punkt keinerlei "eckigkeit" besitzt. also eigentlich das was man gern hätte.
Ich hab nochmal das Beispiel aufgerollt. Man sieht jetzt nochmal das Originalspektrum des sinus, dann nochmal das mit diesem "einschaltknackser" also die rechteckförmige Hüllkurve und ganz unten nochmal eine "glatte" Hüllkurve und man erkennt deutlich, dass das Spektrum duetlich enger und besser um die 100Hz rum lokalisiert ist. Will man also Systemeigenschaften im Zeitbereich für eine "bestimmte Frequenz" testen macht es sinn solche glatten Hüllkurven zu verwenden.

attachment.php
 

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Warum ist da jetzt keine Verzögerung bzw. Gruppenlaufzeit zu sehen?
 
Warum ist da jetzt keine Verzögerung bzw. Gruppenlaufzeit zu sehen?

Weil die Gruppenlaufzeit die Ableitung der Phase über Frequenz ist. Und da die Phase konstant 180° ist, ist die Ableitung null... Eine Gruppenlaufzeit kommt dann zustande, wenn die Phase mit der Frequenz ansteigt, wie bei einem Tiefpass im Übergangsbereich.
 
Siehe carl.. es definitionsbedingt der fall.. wenn ich sage konstante phase heisst das per definition:gruppenlaufzeit 0
 
Ne das stimmt so auch nicht...

damit würdest du folgendes tun:

sei a(t) die Hüllkurve, s(t) der sinus, g(t) das Ausgangssignal und h(t) die Impulsantwort des Filters.

Was wir ja tun ist folgendes:
Wir multiplizieren s(t) mit der Hüllkurve a(t) und schicken die durchs Filter. In Formeln also:

g(t)=[s(t)a(t)]*h(t) (wobei der * natürlich eine Faltung ist)

was du jetzt unterstellst ist, dass du beides einzeln drüber schicken kannst, dass also:

[s(t)a(t)]*h(t) = [s(t)*h(t)][a(t)*h(t)]
Stimmt, da hast du recht...
 
Siehe carl.. es definitionsbedingt der fall.. wenn ich sage konstante phase heisst das per definition:gruppenlaufzeit 0
Auch wenn ein fester zeitlicher Bezugspunkt gesetzt wird, der für original und bearbeitets Signal gleich ist?

Demnach kann man aus Frequenz und Phasenlage bei der Frequenz keine Verzögerung errechnen?
 
Auch wenn ein fester zeitlicher Bezugspunkt gesetzt wird, der für original und bearbeitets Signal gleich ist?

Demnach kann man aus Frequenz und Phasenlage bei der Frequenz keine Verzögerung errechnen?

Jain ;) das geht nur für eine rein sinusförmige unendlich ausgedehnte schwingung und damit kann man im grunde keinen festen zeitbezug definieren... man hat sich mathematisch darauf geeinigt den begriff der phase auf -pi bis pi zu beschränken... wenn man also einen festen zeitbezug setzen will schiebt man nur um eine halbe periode nach hinten oder vorne...

Aber allgemein kannn man deine frage in der tat mit nein beantworten.

Wenn man nun im spektrum irgendwelche verzögerungen sehen möchte kann man wie gesagt eine grösse definieren die man gruppenlaufzeit nennt. Die ist eben die ableitung des phasengangs aber ist wie gesagt eine approximationsgrösse bzw. Ein maß... die kenntnis der phasenverschiebung in einem punkt (und so versteh ich deine frage) reicht definitiv nicht aus...
 
Auch wenn ein fester zeitlicher Bezugspunkt gesetzt wird, der für original und bearbeitets Signal gleich ist?
Bei dem Allpassbeispiel haben Originalsignal und Antwort das gleiche Bezugssystem, da wurde nicht verschoben.

Das kann man sich auch andersherum 'praktisch' vorstellen:
Der Allpass darf bei unendlich hohen Frequenzen nur 180° Phase machen. Also müssen die Integrationsglieder (C's) unendlich klein sein.
Effektiv kommt ein Inverter raus:D
Ein realer (analoger) Allpass hat diese Eigenschaften natürlich nicht, woraus dann wieder resultiert, dass er nicht 180° Phase über alle Frequenzen kann, sondern nur effektiv den Phasensprung den auch ein TP oder HP macht...

Demnach kann man aus Frequenz und Phasenlage bei der Frequenz keine Verzögerung errechnen?
Nein, definitiv nicht. Auch nicht bei normalen analogen Filtern. Das mit 180° bei Frequenz f gleich 1/2f delay funktioniert nur in einem sehr engen Frequenzbereich im Übergangsbereich, also da wo ein Filter 1. Ordnung die 45° hat.
Weil aber nur da ein HP und TP gleich laut sind und jeweils ein Signal drüber/drunter stark abfällt funktioniert das in der Praxis so halbwegs. Auch wenn die Mathe dahinter eine andere ist...
 
Wenn ich also bei 100Hz eine Phasenverschiebung von 180 Grad habe, kann ich beim nächsten Weg statt der Benutzung eines der Gruppenlaufzeit entsprechendem Delays auch einfach umpolen. Ist es das was ihr sagen wollt?
 
Ehh nein...
 
Gut. Dann sind wir ja einer Meinung.
 
wie bereits erwähnt: phase muss passen... volkommen egal ob mit allpass, delay oder sonstwas
 
Wenn ich also bei 100Hz eine Phasenverschiebung von 180 Grad habe, kann ich beim nächsten Weg statt der Benutzung eines der Gruppenlaufzeit entsprechendem Delays auch einfach umpolen. Ist es das was ihr sagen wollt?

Umpolen macht bei allen Frequenzen 180° Phase, Delay bei genau einer Frequenz.
Umpolen macht 180° Phase ohne Gruppenlaufzeit, Delay hat eine konstanten Gruppenlaufzeit über alle Frequenzen und bei einem TP/HP ist die Gruppenlaufzeit eine Funktion über der Frequenz die von vielen Faktoren abhängt (Ordnung, Güte, Typ etc.).
Siehe auch hier, 3. Beitrag von Hr. Nubert mit Plots dazu http://www.nubert-forum.de/nuforum/viewtopic.php?f=3&t=11282
 
Wenn ich also bei 100Hz eine Phasenverschiebung von 180 Grad habe, kann ich beim nächsten Weg statt der Benutzung eines der Gruppenlaufzeit entsprechendem Delays auch einfach umpolen. Ist es das was ihr sagen wollt?

Trotzdem hab ich das Gefühl, dass du da trotzdem was fehlinterpretierst oder ggf. falsche Schlüsse ziehst...

Je nach Filter kanns im Grunde tatsächlich sinnvoller sein zu verpolen anstatt zu delayen! Ich geb zu, dass das "wenig-audio-konforme" Filter wären aber denkbar ists eben ohne weiteres...

Wie gesagt: ich will da gar nicht die "praxisnähe" anzweifeln nur neigst du eventuell tatsächlich zu gewissen "missinterpretationen" und das wollt ich eigentlich ganz gern aufräumen...


...zumal dieses Thema ja furchtbar oft durchgelutscht wird und sogar bei "angesehenen Audiomenschen" a la sengpiel da durchaus fehler gemacht werden...
Ich könnte mal scherzhafterweise den dickreiter durchsuchen :D mal sehen was der sagt ;)
 
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