Viel aufschlußreicher ist ja die Einlassung von Lobomix. Ganz grundsätzlich gilt da festzuhalten, daß mit der Instrumentaltechnischen Entwicklung hin zu mehr Dynamik, mehr Brillanz, ja auch immer etwas verloren geht. Ich persönlich spiele zum Beispiel auf den Vorkriegsklavieren deutlich lieber als auf den modernen Instrumenten und weiß mich mit dieser Vorliebe nicht allein. Und ein Streichinstrument klingt mit einer Darmsaite natürlich auch viel "wärmer, natürlicher, einfacher." Und da entsteht dann die Sehnsucht, den modernen Klangentwicklungen zu entsagen und auf einen als "ursprünglich" gedachten Klang zurückzugreifen, weswegen die Idee, einen Grundton auf 432 Hz als "natürlich" zu bezeichnen, auf einmal sehr plausibel wirkt - einfach aus der Sehnsucht heraus, den Klang wieder downzugraden, sozusagen. Und es ist ja in der Tat fraglich, ob moderne Instrumente überhaupt in der Lage dazu sind, alte Musik adäquat wiederzugeben ....
Mit der Vorliebe für alte Klaviere bist Du in der Tat nicht allein. Es gibt von Paul Badura-Skoda eine CD mit Klavierwerken von C. Debussy, die er auf einem im originalen und hervorragenden Zustand erhaltenen Bösendorfer-Flügel aus dem Jahr 1910 spielt, also aus der Zeit, als diese Stücke entstanden sind. Ich selber habe mal eine Aufnahme mit einem Pianisten gemacht, wo er ebenfalls Stücke aus dieser Zeit auf einem ebenfalls (fast) so alten Bösendorfer-Flügel spielt. Diese Instrumente klingen dunkler, weicher, grundtöniger, das stimmt. Aber das war eine bevorzugte Klangästhetik dieser Zeit und das kann man anhand vieler baulicher Details dingfest machen, z.B. an dem verwendeten Stahl für die Saiten, der Kupferlegierung der umsponnenen Saiten, deren Mensuren.
Die Stimmung ist nur ein
Teilaspekt der Klanglichkeit der Instrumente, und manchmal mehr, manchmal weniger von Bedeutung.
Wenn ich mich recht erinnere, war der Bösendorfer in meiner Aufnahme auf 440 Hz gestimmt (werde ich demnächst gerne noch mal checken), da er auch für Kammermusik genutzt wurde.
Auch bei den historischen Instrumenten ist das nicht anders. Eine moderne Kopie einer frühen Klarinette aus Buchsbaum mit ihren nur wenigen Tonlöchern und vor allem der deutlich engeren Mensur (ein besonders wichtiger Aspekt im Zusammenhang mit dem Klang der Blasinstrumente) liegt auch dann klanglich immer noch deutlich näher an ihrem originalen, aber tiefer gestimmten Vorbild als an einer modernen Klarinette, wenn man sie in 440 Hz Grundstimmung baut - was man gelegentlich bei Kopien macht um sie für die Kammermusik besser nutzbar zu machen.
Das gilt auch für Streicher: wenn man die Stahlsaiten durch Darmsaiten ersetzt, dann klingen sie logischerweise anders und weniger obertönig/brillant, auch wenn man sie hoch zieht auf 442 Hz. Wenn ich sie herunter stimme auf z.B. 430 Hz verstärkt sich dieser Effekt ebenso logischerweise.
Ich jedenfalls fand, als ich von der Idee des "natürlichen Grundtons auf 432 Hz" gehört habe, diese Idee sofort einleuchtend, wahrscheinlich einfach, weil ich den Klang meines alten Klavieres, das irgendwo in der Gegend gestimmt wird, den modernen Klavieren vorziehe. Das diese behauptete "Natürlichkeit" allerdings nur postuliert wird, ohne die dazugehörigen Rechnungen wenigstens ansatzweise darzustellen, finde ich persönlich enttäuschend.
Warum dieses fast schon zwanghafte Klammern an einer nur postulierbaren "Natürlichkeit"?
Warum sollte meine moderne Voll-Oehler-Klarinette weniger "natürlich" sein als die 5-Klappen-Instrumente der Mozart-Zeit oder weniger natürlich als die Baermann-Ottensteiner-Klarinette um 1860 mit ihren 17 Klappen?
Meine Wurlitzer-Instrumente können kalt mit der längsten Birne durchaus bei 438 Hz stehen, ganz warm gespielt mit der kürzesten Birne und ggf. einem etwas strammeren Blatt können sie 445 Hz Grundstimmung erreichen. Wird sie dann mit jeden Grad Celsius, dass sie wärmer wird um soundsoviel Prozent "unnatürlicher"???
Bei Saxophonen, die ja aus Metall gebaut sind, können diese Schwankungen noch viel ausgeprägter sein (es ist deshalb auch eine echte Herausforderung, auf einem Saxophon mit exakter und sauberer Intonation über den gesamten Tonumfang zu spielen). Wann ist das Saxophon "natürlich", wann "unnatürlich"? Oder gibt es gar keine "natürlichen" Saxophone, weil diese, da erst ab ca. 1845 produziert, nie in 430/432-Stimmung gebaut wurden?
Fragen über Fragen ... die alle ins Nirgendwo führen.
... das heißt, daß es Frequenzen gibt, die im Einklang mit der Welt schwingen, und andere, die sich diesem Einklang eher entgegensetzen.
Und wer legt das fest, wie ließe sich das beweisen?
Es gibt so viele Schwingungen in der Umwelt, auf der Erde und im Kosmos und da sie alle existieren ohne menschliches Zutun, sollten sie doch alle natürlich sein?
An den Schallschwingungen können wir uns erfreuen (na ja, an mancherlei Schall mag ich mich überhaupt nicht erfreuen, zum Beispiel an solchen, mit denen Helene im Popmarkt herum fischert, auch wenn sie noch so "harmonisch" daher kommen). An den Schwingungen des Lichtes erfreuen wir uns auch im allgemeinen. Manche erfreuen sich besonders an den hochfrequenten Schwingungen des Lichtes, indem sie sich am Strand den UV-Strahlen aussetzen. Diese sind ganz gewiss natürlich, aber viele holen sich davon Sonnenbrand, mache sogar Hautkrebs. Sind das dann "böse" Schwingungen, die nicht im Einklang der Welt schwingen???
Auch die sehr niederfrequenten Erdbebenwellen sind ganz natürlich, ebenso wie die extrem hochfrequenten radioaktiven Gammastrahlen. Von beidem halte mich mich lieber sehr, sehr fern.
Wie dem auch sei, mit derart Vokabular und diesen Betrachtungswinkeln kommt man den Phänomenen unserer Welt nicht näher und erlangt keinerlei Erkenntnisgewinn.
Ohne weitere wissenschaftliche Fundierung bleibt das allerdings eine reine Glaubenssache.
So ist es, den Wissenschaft ist per se keine Glaubenssache. Hier geht es um Verifikation oder Falsifikation und sonst nichts.
Gemeint ist das Phänomen, das du hörst, wenn du bei einem verstimmten Klavier eine Oktave anschlägst: Die Dissonanz aufgrund der Verstimmung hält sich nicht lange, sondern der Ton gleicht sich an. Die dissonante Schwingung ist weniger stabil als die konsonante..
Das Klavier möchte ich sehen!
Wenn der Ton sich - scheinbar - angleicht, dann handelt es sich ganz bestimmt um das folgende Phänomen:
Reale Objekte verhalten sich selten so optimal, wie man sie in der Theorie beschreiben und berechnen kann. Wenn die Oktave in ihren Grundtönen verstimmt ist (z.B. 100 Hz - 199,5 Hz), dann werden sich die Töne niemals angleichen. Was Du hörst, findet im Obertonbereich statt. Reale Klaviersaiten schwingen in ihrer Obertonstruktur mitunter nicht exakt in den mathematisch korrekten, ganzzahligen Frequenzverhältnissen. Das hat viele Gründe, z.B. Unsauberkeiten im Material der Stahlsaiten selber, aber vor allem die Tatsache, dass die Saitenlängen aus konstruktiven Gründen meistens gar nicht ihrer mathematisch korrekten Länge entsprechen können, da sie sonst viel länger sein müssten und die Klaviere/Flügel unpraktikable Ausmaße erreichen würden. Deshalb sind die Saiten der unteren Oktaven und im Bass mit Kupferdraht umsponnen, damit sie doch in der richtigen Frequenz schwingen und schön und voll klingen obwohl sie erheblich zu kurz sind.
Diese Unsauberkeiten sind bei billigen oder alten, abgespielten Klavieren deutlich ausgeprägter als bei guten, neuen Instrumenten. Klavierbau ist nicht umsonst eine Kunst und richtig gute Instrumente sind nicht umsonst so teuer!
Die hohen Frequenzen der Obertöne klingen nun aber stets schneller ab als die tieferen mitschwingenden Frequenzen und der eigentliche Grundton verklingt normalerweise zuletzt. Da diese Unsauberkeiten im beschriebenen Fall nur die Obertöne betreffen, verschwinden diese Unsauberkeiten im Klang allmählich und die Grundtöne bleiben schließlich übrig. So scheint es, dass die Töne sich angleichen, was sie aber nicht täten, wenn ihre Grundfrequenzen verstimmt wären.
Ich verstehe diese ganze 432-Hz-Sehnsucht nicht. Instrumente klingen oder klingen nicht, Musik klingt oder klingt nicht - wobei letzteres normalerweise ein durch und durch subjektives Urteil ist und auch nichts anderes sein kann. Was einem gefällt oder nicht gefällt, mag jeder für sich selbst entscheiden und so machen es ja auch alle. Es gibt sicher genug Kriterien, detailliert über die Qualität von Musik zu diskutieren, über Kunstfertigkeit, Originalität, Können (oder Nicht-Können), und vieles andere mehr. Aber dieses Fass will ich hier gar nicht aufmachen, das würde erheblich zu weit führen.
Die Grundstimmung ist aber sicher ein Kriterium, dass in den meisten Fällen unter ´ferner liefen´ rangiert.
Erfreue dich an deinem Klavier, stimme es wie Du magst und mache Dir nicht so einen Kopf über irgendwelche Welt-Harmonien.
Es wäre schön, wenn die Welt, die Menschheit harmonischer und respektvoller im Umgang miteinander wäre - woran es gerade aktuell sehr mangelt!
Wenn man aber schon über einen vergleichsweise unbedeutenden und nur rein spekulativen Firlefanz wie eine angebliche Welt-Grundfrequenz unversöhnlich streiten würde, dann müsste ich jede Hoffnung fahren lassen ...