Es ist Zeit unseren alten Mythos-Gola-Faden mal wieder an die Oberfläche zu ziehen:
Kürzlich hatte ich die Gelegenheit, die ‚neue‘ GOLA anzuspielen.
Dabei war auch meine ‚Alte‘ aus 1961. Die beiden Instrumente sind mal gerade 60 Jahre auseinander.
Der erste Eindruck: die ‚Neue‘ sieht aus wie eine GOLA. Sowohl das umrahmte Emblem in der Mitte als auch das ‚Haifischmaul‘, findet sich stark modernisiert wieder. Die doch stark in die Jahre gekommenen Zierstäbchenästeik der 50er Jahre wurde kräftig entrümpelt ohne den Wiedererkennungswert der GOLA zu beeinflussen.
Der zweite Eindruck beim Aufnehmen: Ups - ist die leicht, sind da alle Stimmstöcke drin, oder fehlt da etwas? Das Instrument ist rund 2 kg Leichter als seine Vorgänger. Damit wird dem Trend Rechnung getragen, die Instrumente zu leichtern. Die Gewichtsreduktion wirkt sich ausschließlich positiv aus.
Die Registerdrücker wurden optisch ebenfalls dem aktuellen Zeitgeschmack angepasst. Es wird ja heftig diskutiert – zu schräg zu schwarz, zu flach zu sonstwas. Das ist mir alles egal. Mir geht es darum, dass alles gescheit funktioniert und gut erreichbar ist. Und das tut es.
Der erste Eindruck beim Spielen: ja, das ist eine GOLA: Der Klang, die Klaviatur, die Haptik. Die Klaviatur sehr exakt, leichtgängig. So wie man das von einer GOLA erwartet.
Das Instrument ist sehr präsent und gibt, wie ich das gerne ausdrücke, die Töne freiwillig her, ohne herausgequetscht werden zu müssen, wie das leider bei den allermeisten anderen Instrumenten der Fall ist.
Für die Jalousie gibt es nicht mehr den Knebel, sondern die beiden äußeren Register schließen und öffnen die Jalousie, wie das vor Jahren schon bei der Goletta/Golina umgesetzt wurde Da bin ich leidenschaftslos, das eine funktioniert so gut wie das andere.
Die Registeranordnung ist identisch zu den Vorgängermodellen. Für mich als alten Golisten ist das schön. lch empfinde es immer störend, wenn die Register anders belegt sind. Seit Jahrzehnten stören mich die Unterschiede zwischen der MORINO und der GOLA. Diese sind zwar klein, aber leider vorhanden. Man stelle sich vor, jeder Autoproduzent würde Gas-Kupplung-Bremse in einer beliebigen Reihenfolge anordnen. Das hat mich bei der neuen Gola gefreut. zumindest innerhalb der Modelllinie besteht eine Kontinuität.
Vielfach wird hier im Forum diskutiert, dass die 11 Register nicht ausreichen und man unbedingt 14 oder mehr Register haben müsse. Ich gehöre nun zu der Fraktion, die die 11 Register als völlig ausreichend erachten.
Das Thema kommt immer wieder auf, meine Morino VS habe ich entsprechend erweitert. Das würde ich heute nicht wieder machen:
https://www.musiker-board.de/threads/register-umbau-hohner-morino.435464/
Bei der alten GOLA wird schon seit Jahrzehnten der zarte Bass bemängelt. Das wurde bei der neuen GOLA in gelungener Weise angepasst.
Ja, die neue GOLA, sie hat mich schon in Ihren Bann gezogen.
Ich bin immer noch vom Gewicht überwältigt. Ja es geht, Spitzenakkordoens zu bauen, bei denen auch auf das Gewicht geachtet wird.
Um hier vielleicht noch eine Anregung zu geben: Vielleicht wäre ja auch eine Senioren-GOLA mit ~37 Tasten für das entsprechende Klientel denkbar, so wie das z.B. Victoria mit ihrer Senioren-Poeta macht.
Vergleich: meine Hohner-GOLA Baujahr 1961 versus Hohner-GOLA Baujahr 2021.
Es fällt auf, dass die neue Gola höher ist, das ist hauptsächlich durch 2 zusätzliche Balgfalten begründet. Meine alte steht jedoch auch schon höher als im Original. Das kommt durch die Montage höherer Füße, die mir dankenswerterweise maxito aus Ebenholz angefertigt hat. Der originale Balgriemen, der damals bei der Gola als auch bei der Morino verwendet wurde, ist ungefüttert und daher wesentlich dünner. Durch den dickeren, gepolsterten Riemen hat das Instrument nun die Tendenz, auf weicherem Untergrund - dazu reicht schon eine Moosgummiplatte, wie sie gerne auf Arbeitstische gelegt wird - nach hinten wegzukippen.
Mit den originalen Füßen würde die alte nochmals 8 mm tiefer stehen.
Das heisst, die Alte ist kleiner als die neue, jedoch ~2 kg schwerer.
Und nun --- Tja äääähm. Ring frei:
Meine GOLA gehört zu den legendären, auf denen der Mythos-GOLA beruht, mit ihren altbekannten Stärken im 16“ und 8“. Da kommt die neue GOLA nicht mit und ich denke, das will und soll sie auch nicht.
Die anderen Register, Tremolo und die Mischungen sind bei der Neuen fein abgestimmt und haben mir sehr gut gefallen.
Ansonsten sind beides erstklassige Instrumente, jedes auf seine Art.
Es gibt also keinen Boxkampf mit gerissenen Riemen, gebrochenen Tasten, verbogenen Stimmzungen …
Resümee:
Die neue GOLA braucht den Vergleich mit der Alten nicht zu scheuen. Jede hat ihre Vorzüge, einziger richtiger Nachteil der Neuen ist der Preis, einziger richtiger Nachteil der Alten die Verfügbarkeit.
Bemerkenswert ist, dass ein 60 Jahre altes mechanisches Instrument immer noch in der Topliga mitspielt. Es ist äußerst beachtlich was in der sogenannten ‚Goldenen Zeitalter der Musikinstrumente‘ gefertigt wurde.
Wenn ich jetzt die Qual der Wahl hätte, mich für eines der beiden Instrumente entscheiden zu müssen, wäre dies schwierig, würde aber wohl doch zu Gunsten meiner alten ausfallen. Ich persönlich hänge halt sehr an dem gedeckten Cassottosound, wie er den alten Golas eigen ist.
Vielen Dank für die Spielprobe nach Pforzheim.
Kleiner Exkurs am Rande: die Mehrzahl von GOLA - meist wird ja von Golas oder Golen gesprochen:
Der italienische Begriff GOLA bedeutet Kehle und die Mehrzahl davon sind Kehlen, italienisch GOLE. Die korrekte Mehrzahl unserer GOLA wäre dann also GOLE (Das jetzt bitte nicht zu ernst nehmen).
In diesem Sinne wünsche ich frohes Musizieren, jeder auf seinem Trauminstrument, welches auch immer das ist. lch bin da recht tolerant und spiele auch immer mal wieder gerne ein 'Fremdfabrikat'.