Spontan fallen mir aber auch viele Gegenbeispiele ein, bei denen die Nachfrage nicht rational erklärbar ist.
Wieso geben heute noch so viele Leute Geld für teure Uhren aus, wo doch eine 10 €-Digitaluhr genauer ist?
Das ist ja nicht das gesamte Marktsegment für gebrauchte Uhren, sondern ein sehr spezielles. Und natürlich werden auch weiterhin irgendwelche Leute irgendwelchen Kram, den sie nicht unbedingt brauchen, für viel Geld kaufen, weil sie es können bzw. sich davon von anderen unterscheiden können. Aber das ist eben nicht der "ganze Gebrauchtmarkt für E-Gitarren", sondern volumenmäßig ein Bruchteil davon.
Ich bin Mitte 50 und habe die 70er nur als Kind erlebt, musikalisch habe ich erst die 80er voll mitbekommen. Trotzdem kenne ich alle bekannteren Gitarristen der 70er und größtenteils auch der 60er. Wer von uns hat schon die große Zeit der heute teuersten Gitarren von sagen wir 54 bis 61 aktiv als Musiker erlebt? Wer damals sagen wir 25 Jahre alt war, wäre heute 95 Jahre alt. Trotzdem ist der nachfragebedingte Marktwert dieser Gitarren höher als alles, was später kam und dann vielleicht aktiv miterlebt wurde. Daher geht die Formel "Gitarre aus nicht aktiv miterlebter Zeit = Preisverfall" nicht zwingend auf.
Mal von den ganzen Spekulationsobjekten (die alten Originale, davon gibt es aber nur sehr wenige) abgesehen: Typische Kunden sind ja nicht die Leute, die damals selbst auf der Bühne standen, sondern Leute, für die die alten Mucker Vorbilder waren, die selbst noch mal 10 Jahre älter waren. Peter Greens alte Paula war AFAIK schon ca. 10 Jahre alt, als Green damit bekannt wurde. Da ging das dann mit dem Rummel um alte Instrumente los. Vorher waren alte Instrumente einfach alte Instrumente. Und natürlich kann jemand, der 5 oder 10k€ übrig hat, sich ein CS-Instrument statt einer Radierung an die Wand hängen oder damit spielen. Das ist aber einfach nicht die Masse des Marktes.
Ich könnte mir vorstellen, dass es immer wieder verschiedene Wellen geben wird, die den Markt und die dortigen Preise stark beeinflussen.
Ja, auf jeden Fall. Vor 20 Jahren waren es mal alte deutsche Archtops und nachdem Pre-CBS oder Pre-Norlin einfach auf Grund der recht wenigen damals gebauten Instrumente ziemlich abgegrast sind, versucht man's mit CS-Kopien, denen ihrerseits Kultstatus zugeschrieben wird. Mal abgesehen von den Leuten hier im Forum - ich kenne keinen Musiker persönlich, der sich eine CS-Gibson oder Fender zugelegt hat. Ein paar Fender Signatures ja, aber die Leute - auch Anfang 60 - trennen sich gerade teilweise davon, weil sie es nicht brauchen und genug andere Instrumente haben (darunter auch eine Variax!).
In den 80s waren Paulas komplett out, da hat man für eine Norlin-Paula vielleicht 800-1000 DM bekommen. Superstrats und Metalbretter waren angesagt, die danach wieder etwas verschwanden, um wieder aufzutauchen.
Aber einen guten und sicheren Markt für E-Gitarren wird es aus meiner Sicht noch sehr lange geben.
Aus Käufersicht ja;-)
P.S.: Um uns mal allen die Angst vor dem Werteverlust zu nehmen: Jedes komische 4rädrige Gefährt mit Motor verliert in kurzer Zeit so viel an Wert, dass man sich um die Werte der Gitarresammlung beim normalen Musiker keine Gedanken machen muss. Und die werterhaltende potenzielle Aufbewahrung eines Autos über 3 Jahrzehnte kostet (Garage, ...) deutlich mehr Geld, als eine gute Gitarre.