Noch mal kurz hierzu:
dass Formanten das Resultat des Gesangsprozesses sind. Sie sind nicht "von vornherein" da und können dann "getroffen" werden
Ich denke die ganze zeit im "source-filter model" (glottis vs. verstellbarer vokaltrakt), da ist das schon so, aber auch das ist eher klinisch. Und ich habe auch schon papers gefunden, wo zumindest eingangs skeptisch die trennung zwischen quelle und formanten mit bezug auf mögliche wechselseitige abhängigkeiten beäugt wurde. Konklusion war aber, dass das schon so okay sei, salopp gesagt. Kann mich nicht mehr an den genauen titel erinnern, bestimmt schon 10 jahre alt.
Aber ich will gar nicht behaupten, dass das nicht teilweise nicht so exakt trennscharf sein könnte.
Auch will ich jetzt nicht so wirken, als wäre ich mir bzgl. dieses effektes bzw. seiners ausmaßes / relevanz bombensicher. Es mag so wirken, weil ich ein paar ganz bestimmte sänger, ganz bestimmte aufnahmen im kopf habe, und diese haben beim vibrato kaum vernehmbares gleichzeitiges tremolo (bei manchen sängern hört man dass es stärker vorhanden ist), und diese animation im spektrum im vibratotakt so stark wahrzunehmen meine
Ich bin hier zwar nur alle jubeljahre mal am rumstrolchen in den foren, aber dass du jemand bist, der sich sehr umfassend und detailliert, und mit ner verbindung zur praxis, mit all diesen dingen beschäftigt hast, habe ich schon noch in erinnerung,
Während meine letzten posts auf 2-monatiges projektgebastel und teilw. lesens eines phonetikbuchs (und allgemein etwas technischem wissen von audio software projekten) basieren.
Also ich will schon nicht klugscheißen hier
Nur sehe ich bisher nicht stichhaltig widerlegt, was ich hier herumtheoretisiere.
Ah, um das noch mal deutlicher zu machen:
Ich erwähnte die änderung der gesamtlautstärke nur, weil das in einem audioplayer an einer flinken levelanzeige direkt beobachtbar ist, wenn man so ein "klinisches" beispiel parat hat wie oben gepostet.
Aber das ist nicht das, was ich meine, das man besonders gut wahrnimmt durch das vibrato.
Ich meine, dass die formanten dadurch erst besonders hervortreten, da deren akzentuierung / deutlichkeit schwankt.
Eine spektral gleichmäßig verteilte schwankung der gesamtlautstärke wie z.b. durch änderung der atemstärke (klar, das quellenspektrum ändert sich auch *leicht* (im rahmen eines neben vibrato auch presenten tremolo) durch andersförmiges schwingen der stimmbänder),
ist nicht so prägnant wie das abflachen und wieder anschwellen der resonanz peaks durch hin und her schwingendes "vorbeileuchten" an den formantmitten.
Es ist eine spektrale auffälligkeit einer als zusammengehörig, als eine quelle auszumachenden sammlung an teiltönen.
In meiner vorstellung jedenfalls
Ich habe das mal grafisch darzustellen versucht, nicht die brillanteste illustration oder auswahl der parameter, aber man kann ein bisschen was erkennen.
Die grafik ist generiert aus folgener simulation (hoffentlich läuft die gif animation in jedem browser flüssig & ohne bidler auszulassen, scheint nicht 100% verlässlich zu sein...):
- Die quelle ist ein sägezahn (nicht exakt was aus der glottis kommt, aber für ne grobe demo nah dran genug, schätze ich).
- Dessen grundton ist 220 Hz.
- der schwankt mit einem vibrato von -100...+100 cents, und somit auch die dargestellten obertöne proportional mit
- Danach kommen formanten, in etwa ein "A" (mittl. männl. stimme) (aber eher wie hOt im amerikanischen, kommt aus ner tabelle von ner ami uni / phonetics dept).
- Noch pauschal 2 extra formanten:
- 1 bei ~ 2.8k, der macht den 2. etwas breiter,
- und einen bei 7.5k. Aus einem rel. neuen paper habe ich, dass es neben dem "sängerformanen" bei trainierten opernsängern auch bei ~ 8kHz noch mal nen peak gibt. In deren paper war der schwach, daher meiner hier auch - aber wie deren "trained opera singers", wenn sie heutige sänger sind, geklungen haben, würde ich erst noch gern wissen *g* Bei ordentlichen sängern habe ich auch vor dem paper schon auf sonogrammen bei 8k mächtig 'was gesehen... und genau solche habe ich im kopf, wenn ich mir diesen effekt vorstelle - mein geschreibsel in diesem thread basiert auf meiner erfahrung vom hören "richtiger opernsänger", nicht, was heute dafür verkauft wird.
- im paper sehen die Formanten breiter aus als meine und etwas weniger stark akzentuiert- aber das ist auch ein aggretat von 15 oderso Sängern. Ich habe meine formanten nach gehör eingestellt, aber ohne perfektionismus, eher "das muss jetzt reichen"
- Skalen im Bild: horizontal 100...8000 Hz, vertikal -80...-16 dB
- lineare darstellung statt log, da das sonst für mein empfinden zu sehr zusammengestaucht / weniger zu erkennen ist
Also nun hier erst mal die animation, dann meine interpretation:
Was ich hier zu sehen meine:
- es ist durchaus spektrale animation zu erkennen
- in einer weise, die mindestens als schwingende, im gesamteindruck leichte timbreänderung wahrnehmbar sein sollte, da sich die gewichtung vs. index der obertöne ändert (mal ist N lauter als N+1, mal andersrum, und das an mehreren stellen in der obertonreihe)
- der effekt ist stärker bei weniger breiten formanten bei weiter auseinanderstehenden, niederen index obertönen, zudem sind diese ohnehin lauter als zunehmend abfallende höheren index.
- wenn obertöne dichter zusammen stehen und formanten breiter sind, gibt's ein rasches "nachrücken" in das formantenzentrum, kaum dass ein voriger oberton ihn verlassen hat
- das müsste in den entspr. höheren frequenzbereichen durch eine schwächere spektrale animation sorgen als in niedrigeren, und deren frequenz ist auch höher als die grundfrequenz des vibrato - ich stelle mir das als ein leichtes "schillern" in den höhen vor, habe das aber noch nicht mit einem feiner aufgelösten sonogramm einer passenden aufnahme eines ordentlichen sängers abgeglichen
- bei dem grundton der glottis näher liegenden formanten müsste das schon eher hinkommen, mit "spektralem boxen" in die formantbeulen hinein direkt im vibratotakt, was akustisch auffällig sein sollte, zumal das hier einen hub von ~ 8 dB ergibt - wenn meine formanten etwas zu steil sind, lass es 6dB sein - wenn es sich mit einigen Hz bewegt, sollte das hörbar sein.
Ich bin aber auch nur ein hobby bastelfritze.
Wer hier fehler am testaufbau oder meiner gedankenführung ausmacht und diese klar artikulieren kann, immer her damit
Es wäre natürlich auch sehr interessant zu erfahren, woher die originale aussage kam, und wie verbreitet diese wahrnehmung ist:
Dass opernsänger "mit dem vibrato über das orchester hinweg" kämen.
Ich hab das vor diesem thread noch nicht gehört, aber als ich das las, hat's in meinem kopf geklingelt (vom vibrato? *g*) und ich hab mich an meine experimente erinnert.
Was meine klangvorstellungen angeht, hier noch ein spontan eingefallenes beispiel, mus nicht das beste sein.
Es gibt von dem herrn auch aufnahmen, wo deutlich parallel zum vibrato noch ein tremolo zu hören ist, seine technik war auch nicht exakt gleich im verlauf der karriere, ist auch ne sache von tagesform schätze ich. Aber hier ist es vergleichsweise gering, das vibrato dominiert haushoch, und schon in der ersten minute (z.b. 00:58, oder später 05:39, und alle paar sec dazwischen
) gibt es einige stellen, wo bei einem etwas längeren ton auf einem konstanten vokal (d.h.rel. starre formantenkonstellation) ein meines vernehmens nach gleichmäßigen atem hören kann, aber ein spektrales schwanken und ein schimmern zu hören sind.