Einige Hersteller gehen zumindest Wege zu (edel-)holzalternativen Werkstoffen (oder Composite-Materialen): z. B. Richtlite (Gibson), Resinator (Hagstrom). Unterstellt werden sie ähnliche Festigkeiten erreichen wie Palisander, Ebenholz, Ahorn usw. Ob die perkussiven Eigenschaften eines Einzelbauteils von Relevanz sind, wenn eine Verbindung mit einem anderen Bauteil durch Verleimung/Verschraubung hergestellt worden ist, was meiner Kenntnis nach zu einer Dämpfung führt (Erhöhnung der Masse, Veränderung Stabilität, E-Modul, Systemschwerpunkt, Zug-/Druckfestigkeit usw.), können ja sicherlich Experten beantworten.
Tradition vs. Innovation vs. Nachhaltigkeit/Ökologie vs. (Klang-)Erwartung sind bei der Betrachtung von im Gitarren-/Instrumentenbau verwendeter Materialien in meinen Augen die Momente, die das vermeintliche Dogma vom "Tonholz" in Frage stellen (Eine Tele klingt nur nach Tele, eine Les Paul nur nach Les Paul, eine Strat klingt nur nach Strat. Klingt eine RG nur nach RG? Ich bin damit durch, seit ich mich auf der Musikmesse bei 7ender durch das Telesortiment (Squier, Mexiko, Japan, USA) gespielt habe, DEN Teleton fand ich nicht. Viel ist Nimbus/Mythos.).
Und wenn ich nochmal den Fokus auf PRS lege, die - angeblich ohne es gewusst haben - Edelholz (Ahorn) aus unterschiedlosem Schwarzeinschlag bezogen hat und PRS gehört auch zu den Herstellern, die gerade für den US Markt auch Brazilian Rosewood verwenden (ohne CITES) und Kunden darauf schwören, es gebe nichts besseres als Riopalisander, liegt die Verantwortung auch am Kunden selber durch Mundpropaganda bestimmte Begehrlichkeiten und Erwartungen zu füttern (Ja, der Brazzi-Hals auf der 513 fühlte sich gut an, aber sie hatte dadurch kein anderes Attack/Sustain-Verhalten. Und die Maserung eines Palisanderhalses sieht besser aus als die Poren von Mahagoni ;-)).
Wenn ich aufgrund einer bestimmten gewünschten Materialsorte (weil der Rohstoff teuer ist) mehr auf den Tisch legen muss, ist das eine Zugangsbeschränkung für die Marktteilnahme. In bestimmten Preissegmenten ist es dem Kunden egal, ob die Gitarre aus Esche, Erle, Pappel, Mahagoni, One-Piece, Two-Piece etc. ist, hauptsache sie funktioniert als E-Gitarre mit Humbucker, P-90, Singlecoil (Und wir sind noch nicht darauf eingegangen, ob ein Piezopickup das Korpus-/Hals-/Griffbrett-Material der Gitarre für die Klangwiedergabe aufnimmt...). Und auch hier gibt es Beispiele, wo das durch visuelle Reize gebildete Vorurteil über das verwendete Instrument, durch das tatsächlich verwendete Instrument getäuscht wurden (Jimmy Page mit Danelectro/Tele auf einem Supro vs. Les Paul an Marshall).
PRS kann seine Core-Serie trotz Rohstoffbeschränkung (Ahorn der Sorte Wölkchenahorn) weiterhin in der Mische Mahagoni + Ahorn bauen und anbieten (bei Private Stock sind andere Holzsorten möglich), andere Hersteller nehmen andere Grundlagen.
Bezüglich Ahorn und PRS stellte ich hier auch nochmal die Infos ein, die ich vor einigen Wochen schon an anderer Stelle im Board darstellte:
(Info 1)
An dieser Stelle gebührt zuallererst Frau Gisela Naujoks vom Thünen-Institut für Forstgenetik großer Dank für schnelle und hervorragende Unterstützung.
"
Sehr geehrter Herr [Mr.513],
es freut uns natürlich sehr, dass Sie Interesse an einem Holz bzw. an einer Baumart haben, die auch uns am Herzen liegt. Die Ursachen dieser besonderen Holzstrukturen, die in ähnlicher Weise bei einer Reihe von Laubbaumarten auftritt, ist bis heute nicht geklärt. Wir wissen auch, dass das Phenomen auch bei Nadelbäumen auftreten kann.
Im Anhang schicke ich Ihnen zwei Artikel, aus denen Sie auch etwas über unsere Hypothese zu den Ursachen finden können. Wir sind auch der Meinung, dass mehrere Fakltoren eine Rolle spielen können.
Von einem Ahorn, bei dem gleich mehrere abnorme Holzstrukturen im selben Stamm zu finden waren, wie es in Ihrem Video [Anm: Werkbesuch bei Framus/Warwick durch das MB]
zu sein scheint, hatten wir bisher noch nicht gehört. Aber von Wissenschaftlern unseres Institutes wurde vor mehr als 30 Jahren eine Braunmaserbirke selektiert, die wir dann über Gewebekultur vermehrt haben. An einem Probebaum, den wir zu Furnieraufschneiden ließen, zeigte sich nun, dass neben der Braunmaserung auch eine zweite ungewöhnliche Holzstruktur zu sehen ist, ähnlich der "Wölkchen"-Struktur beim Ahorn. Wir bereiten gerade ein Manuskript über diesen Fall vor.
[...]
Eine Erklärung, weshalb die US-Firma PRS das gewünschte Ahornholz kaum noch anbieten kann, hat mein Kollege Dr. Ewald beim Recherchieren an der folgenden Stelle gefunden:
http://nwpr.org/post/music-wood-poaching-case-targets-mill-owner-who-sold-prs-guitars
[...]
Hier bei uns wird höchstwahrscheinlich weiter am Thema Riegelahorn geforscht. Falls sich Ihrerseits noch weitere Fragen ergeben sollten, so können Sie sich gern noch mal melden.
Mit freundlichen Grüßen
Gisela Naujoks"
Mit den richtigen Schlagworten findet man den Artikel auch selber im Netz. Einer der sehr aktiven Mitglieder im US PRS-Forum kennt ihn zumindest auch durch eine Kommentierung in einem anderen Forum. Eine Diskussion fand meiner Erinnerung nach aber nicht im PRS-Forum statt. Zumindest scheint der geschilderte Sachverhalt erheblichen Einfluss auf die aktuelle "Kollektion" bei PRS zu haben.
"
Sehr geehrter Herr [Mr.513],
vielen Dank für Ihre ausführliche Antwort. Die speziellen Informationen zur Deklaration der Gitarren sind für uns als Nicht-Gitarristen natürlich Neuland.
Meinem Kollegen fiel ein, dass in einem anderen Teil unseres großen Thünen-Instituts bereits Musikinstrumente begutachtet wurden. Informationen dazu, siehe:
http://www.ti.bund.de/de/infothek/p...3/wenn-alte-gitarren-ploetzlich-illegal-sind/
In unserem eigenen Institut laufen am Standort Großhansdorf seit mehreren Jahren Untersuchungen zur Holzherkunftsidentifizierung:
https://www.ti.bund.de/de/infrastru...zzentrum-holzherkuenfte/beteiligte-institute/
https://www.ti.bund.de/de/fg/
Weiterhin viel Spaß beim Recherchieren, aber vor allem beim Musizieren!
Mit freundlichen Grüßen
Gisela Naujoks"
Frau Naujoks hat mir noch zwei Dokumente zur Verfügung gestellt, die in der
Dropbox liegen.
(Info 2)
Ein paar weitere Artikel aus den USA dazu:
http://m.seattlepi.com/local/article/Feds-Music-wood-poachers-targeted-6427888.php
http://nwnewsnetwork.org/post/critic-guitar-makers-slow-respond-thefts-rare-wood
http://nwnewsnetwork.org/post/massive-big-leaf-maple-theft-washington-state-parks-land
http://hereandnow.wbur.org/2015/08/06/guitars-poached-wood
(Info 3)
"Riegelahorn
Andere Namen: Geriegelter Ahorn, Flamed Maple
Der Riegelahorn ist keine eigene Art sondern eine gesuchte Besonderheit der Maserung des Ahorns, die nur ca. 0,5 % des Bestandes ausmacht. Die Maserung entsteht durch einen wellenförmigen Verlauf der Holzfaser in Längsrichtung.
Er wird seit vielen Jahrhunderten besonders von Musikinstrumentenbauern sehr geschätzt, da er auch sehr gute Klangeigenschaften besitzt. Gerne wird er auch zu [...] Gitarren verarbeitet.
Vogelaugenahorn
Andere Namen: Birdseye Maple
Der Vogelaugenahorn ist keine eigene Art sondern eine besondere Wuchsform des Ahorns, die nur ca. 0,5 % des Bestandes ausmacht.
[...] Die namengebende Vogelaugen-Musterung entsteht durch eine seltene Wachstumsstörung der Wachstumsschicht (Kambium) zwischen Rinde und
Splintholz.
Muschelahorn
Andere Namen: Quilted Maple
Der Muschelahorn ist keine eigene Art sondern eine besondere Wuchsform des Ahorns, die nur ca. 0,1 % des Bestandes ausmacht und am Stammfuß des Baumes entsteht. "
Quelle:
http://www.lederkram.de/category.php?cat_ID=904
"Splint / Splintholz
Alle Baumstämme enthalten Splintholz. Es ist das junge, physiologisch aktive Holz unterhalb der Wachstumsschicht die direkt unter der Rinde liegt und leitet Wasser und Nährsalze in die Baumkrone. Mit zunehmendem Alter verliert das Splintholz an Lebenskraft und wandelt sich bei bestimmten Baumarten in Kernholz um. Entgegen weit verbreiteter Meinungen unterscheiden sich Kern- und Splintholz kaum in Dichte und Festigkeit. Ist also für die meisten Anwendungen im Hobby- & Bastelbereich nicht von Bedeutung. Lediglich die Anfälligkeit für Pilz- und Insektenbefall ist, vor allem im feuchten Zustand, höher.
Für Holz im Außeneinsatz wie z.B. Bauholz wird der Splint daher bei der Verarbeitung entweder entfernt oder durch Verwendung chemischer Holzschutzmittel geschützt. Bei den meisten Arten bildet es eine ca. 3-5 cm breite, hellerfarbige Ummantelung des Kernholzes. Je nach Holzart, Alter und Wachstumsbedingungen ist der Anteil unterschiedlich.
Splintholzbäume sind Bäume mit verzögerter Kernholzbildung, es bestehen keine Farb- und Feuchteunterschiede zwischen Kern- und Splintholz. Hierzu gehören z.B. Birke, Erle und Ahorn. Ihr Holz hat über den gesamten Querschnitt Splintcharakter."
Quelle:
http://www.lederkram.de/category.ph...120e2057e2bf#f1f485b532be392dd7964f94dbd0562a
Hier hätte ich noch was:
Stand und Perspektiven der Forschung beim Riegelahorn
(Info 4)
Laut PRS-Katalogen 2014 und 2015 gab es aber die Alternative zwischen flame und quilt auch bei Core-Modellen (
Eben im US-Forum kam mir eine PS Starla unter die Glupschies...).
"
Quilted Maple is far more rare than flame Maple, so yes it is more expensive even if moderately plentiful at best. Factor in that one in 3000 trees are flamed, and of all the flamed maple trees, two to five percent of the flamed trees reveal or generate good quilt, that drives the price and demand higher. I am hearing it is further increased by the buyers paying super high rates to procure quilted maple because they will make their money back at least threefold by veneering it. That makes a solid block, or book matched pair nearly impossible if not obsolete for many guitars and manufacturers based on selling price points."
Unter Gesichtspunkten des Marktes hätten Quilted Tops teurer verkauft werden können als Flamed Tops (Zudem ist ja auch die Nachfrage auf Quilted nicht so hoch.)
Vielleicht auch mal was zur Preisgestaltung bei PRS (Quelle: unsichtbare Metadaten einer offiziellen PRS-Preisliste), der ja sehr viel Wert auf Rule of Tone und (Ton-)Holzqualität legt.
Es gibt seit einiger Zeit nur noch die US-Preisliste als Grundlage, aufgrund des USD-EUR Wechselkurses kann man die Nominalsumme belassen (da ja noch EUSt + Zoll draufkommt).
PRS selbst gibt in der Liste den Retailpreis an, sozusagen die in Deutschland bekannte UVP. Der Preis ist so angesetzt, dass der Händler seine Umsatz-/Gewinnspanne hat.
PRS gibt aber auch vor, zu welchem Preis die Gitarre minimal durch den Endkunden beim Händler gekauft werden soll (Minimum advertised pricing = MAP)
Und PRS hat für jedes Modell und jedes Extra auch den Kostenpreis (ein Einkaufspreis würde also minimal auf diesem Niveau liegen, aber grundsätzlich zwischen Cost und MAP).
Zu den Verhältnissen:
Das MAP ist im Mittel das (aufgerundet) ca. 1,4-fache des Cost-Preises, der Retailpreis ist ca. 2,3 mal höher als der Costpreis und der Retailpreis ist ca. 1,6 mal höher als MAP.
Und man darf nicht vergessen, hier geht es bei allein ca. 12.000 Gitarren mit Set-neck pro Jahr auch nicht um eine Kleinserie.
Ein kleiner Gitarrenbauer kann vielleicht damit einfacher experimentieren (Stein als Decke (wobei das eine Akustikgitarre ist, Helliver hat zu seinem Jubiläum eine E-Gitarre mit Metalldecke gebaut) und traditionelle Wege verlassen, weil er keine Maschinenauslastung und Gemeinkosten zu kalkulieren hat.