Stimmplatteneffekte-Stimmplattendefekte

Wie man stimmt, so schallt es heraus…

Akkordeonstimmzungen haben nicht von Haus aus ihren „Ton“ - nein, den muss man denen erst mal beibringen. Und dazu muss man die Stimmzunge bearbeiten. Wie und womit man das macht, dazu gibt es für jede Methode jeweils Gründe dafür und dagegen – es kommt immer darauf an unter welchem Blickwinkel man das betrachtet.

Nun, bevor eine Stimmplatte auf den Stimmstock aufgebracht wird, wird die zunächst beim Hersteller grob in die zugedachte Richtung gebracht und vom Ton auch schon ungefähr gestimmt. Denn auf der ausgebauten Stimmplatte kann man wesentlich leichter dran arbeiten, als im eingebauten Zustand und auf die Art wird dem Stimmer dann schon mal ein erheblicher Zeitanteil erspart.

Dazu wird dann im entsprechenden Bereich entsprechend Material abgetragen. Bei guten Stimmplattenqualitäten wird das mittels Stimmfeile gemacht, oder auch mit einer Schmirgelfeile.

Hierzu wird dann auf der geschliffenen Außenseite bearbeitet. Die innenliegende Zungenseite wird hier nicht bearbeitet – braucht´s auch nicht, denn außen kommt man hier ja noch viel leichter dran.



Das sieht dann ungefähr so aus – im Bild zwei neue „A Mano“ Stimmplatten von Binci :

Binci-neu-IMGP0615.jpg


Hier wurde mittels Stimmfeile vorgestimmt. Und wie man sieht ist dies insgesamt sehr schonend durchgeführt worden.


Je nach Hersteller und Vorgabe wird mitunter auch mit einer Schmirgelfeile vorgestimmt. Das hat vor allem optische Gründe – man sieht halt keine zusätzlichen Bearbeitungsspuren und die Stimmplatte sieht eben „nagelneu“ und „fabrikfrisch“ aus. Im Detail kann man dann aber schon erkennen, dass die Stimmzunge an den Rändern stärker abgetragen wird als in der Mitte – die Stimmzunge erhält somit einen leicht balligen Querschnitt. Optimal ist das nicht, stört aber in aller Regel noch nicht .

Für größere Serien spielt der Preis schon eine wichtige Rolle und hierfür werden schon seit Jahrzehnten halb – oder vollautomatische Vorstimmmaschinen eingesetzt. Hier werden dann mittels rotierender Schleifsteine maschinell an den entsprechenden Bereichen mehr oder weniger viel abgeschliffen – meist ist es die Zungenspitze.



Das kann man hier bei den Artistezungen aus einer Atlantik gut sehen – das Instrument und die Stimmplatten wurden in großen Mengen hergestellt und war preislich ein attraktives Instrument dank (teil-)automatisierter Fertigung:

halbautomatisch vorgeschliffen-IMGP0620.jpg



Das geht fix und ist preiswert, hat aber den Nachteil, dass das Zungenprofil verändert wird, was sich in aller Regel auf die Tonhaltigkeit bei Lautstärkeänderungen auswirkt. Die Zungen zeigen in aller Regel ein etwas größeres Tondriftverhalten.


Man sieht also schon hier:

Je nach Qualitätsstufe wird entsprechend wirtschaftlich oder vorsichtig vorgearbeitet. Damit liegt aber auch schon vor dem Einbau die maximal mögliche Qualität der Stimmplatte fest. Die maschinell vorgestimmten Stimmplatten funktionieren nicht schlecht - die Hohner Atlantik und ähnliche Instrumente beweisen dies ja, aber über ein bestimmtes Qualitätsniveau hinaus kann mit diesen Stimmplatten nicht mehr kommen - egal, wie gut der Stimmer ist, der das Instrument fertig bearbeitet.

Wie die Stimmzungen bearbeitet werden, wenn se denn mal eingebaut sind - Fortsetzung folgt!

Gruß, maxito
 
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... Fortsetzung...:D


So! – die Stimmplatte ist eingebaut und feste in Betrieb… und irgendwann kommt die Notwendigkeit, dass mal nachgestimmt werden muss…


Und jetzt kommt die Frage – wie und womit?


Und hier gibt es zwei klare Fraktionen:


Auf der einen Seite die Befürworter moderner (Maschinen-)Technik :

Stimmen kostet Geld und soll schnell gehen, deshalb mit einem der modernen Gravierschleifer – zu Neudeutsch: “Dremel“

Mit so einem Schleifgerät geht die Sache recht fix und schnell vorwärts und man muss sich nicht abmühen. Allerdings hat man mit so einem Gerät naturgegeben kein direktes Fingerspitzengefühl und bei einer falschen Bewegung schleift der Dremel auch ohne Hemmungen weiter und es kommt hierbei eben relativ leicht vor, dass man aus versehen zu tief geschliffen hat, oder auch mal auf die Platte abrutscht und dort die Kanten mit anschleift.

Dies ist für die Funktion nicht gut.

Besonders problematisch wird es, wenn man nicht flächig arbeitet, sondern lokal eine kleine Mulde in die Stimmplatte schleift. Der Ton stimmt dann zwar bei einer bestimmten Lautstärke, aber Tonkonstanz ist damit nicht mehr zu erreichen.

Die Stimmplatte ist im Grunde damit ruiniert:

gedremelt-IMGP0618.jpg



Für feinere Anwendungen kann man so eine Stimmplatte nicht mehr gebrauchen. An diese Stimmplatte darf man keine hohen Erwartungen mehr stellen.


Wieso wird das aber dann trotzdem oft gemacht?

Bei einfachen Instrumenten ist die Stimmung nicht so sauber und die Anforderungen an die Tonhaltigkeit sind ebenfalls nicht so hoch, so dass im Rahmen der Genauigkeit in einfachen Instrumenten solche Stimmplatten trotzdem verwendet werden können.

Geht schon! Man darf von einem einfachen Instrument dann eben nicht Ansprüche wie an ein hochwertiges Konzertinstrument stellen.


Aber grundsätzlich gilt:


Je weniger man beim Stimmen an der Stimmzunge ändert, desto stabiler verhält die sich. Und je weniger man am Originalschleifprofil der Zunge ändert, desto weniger verändert man am Tonverhalten der Zunge.



Und das sind dann auch die Argumente für das Nachstimmen per hand mittels Stimmfeile und Stichel!

Deshalb wird bei hochwertigen Stimmplatten normalerweise nicht maschinell geschliffen, sondern nur mit der Hand gearbeitet. Und zwar, weil es effizient, präzise und zungenschonend ist, mit Hilfe eines Stimmstichels. Hierzu wird mit einem dünnen gehärteten Stift in Längsrichtung ein mehr oder weniger langer Kratzer in die Zunge gezogen – manchmal auch mehrere.:

gekratzt-IMGP0617.jpg




Je nachdem, wie genau man den Ton beim ersten mal schon getroffen hat. Das hat den Vorteil, dass man mit dem gleichen Werkzeug auf der Außenseite, wie auch auf der innenliegenden Zunge arbeiten kann. Man muss die Stimmplatte nicht ausbauen, und kann im Stimmstock nachstimmen.


Klarer Vorteil dieser Methode:

  • materialschonend
  • Die Tonstabilität wird hierbei nahezu nicht beeinflusst
  • Es kann im Stimmstock gearbeitet werden.
  • Für innen und außenliegende Zunge das gleiche Werkzeug.


Es gibt auch noch eine sehr selten anzutreffene Methode die Zunge nachzustimmen:


Die Zunge wird auf der ganzen Breite in Längsrichtung mit einem feinen Schleifstein nachgeschliffen. Klingt recht grob, ist aber in Wirklichkeit sehr materialschonend. Denn weil man auf der ganzen Breite Material abnimmt, muss man nur eine sehr dünne Schicht abtragen. Und zwar so wenig, dass in aller Regel nur die Spitzen der Originalschleifspuren abgetragen werden und das Kernmaterial nicht einmal angekratzt wird. Es wird der Zunge somit nichts von der Grundstruktur weggenommen und das Zungenprofil bleibt unverändert und somit auch die Tonstabilität!

Und noch ein Vorteil: Das Querschnittsprofil der Zunge bleibt erhalten. Es gibt keine Schleifrücken oder abgeschmirgelte kanten.


Wie so was aussieht, kann man auf dem Bild hier erkennen:

längsgeschliffen-IMGP0625.jpg


Hier wurde um 7 Cent höher gestimmt- Die sichtbaren querlaufenden Rillen sind die Originalschleifspuren des Stimmplattenherstellers!


Und warum macht das nicht jeder so?


Ganz einfach – die Methode ist sehr aufwändig. Und für die innenliegenden Zungen muss entweder die Stimmplatte ausgebaut oder mit einem Kratzer bearbeitet werden. Also entweder Platte ausbauen (Sehr viel Aufwand) oder Werkzeug wechseln.


… Aber bei der Gola wurden doch die Zungen zum Stimmen nur geschmirgelt.. Wie ist es denn nu damit?

Das wurde wirklich so gemacht und auf Wunsch auch heute noch so gefertigt! … Und ganz klar: sieht richtig schick aus, wenn man ins Akkordeon reinschaut und keinen Stimmspuren sieht. Optisch ganz klarer Sieger!


Geschmirgelte Stimmplatte aus einer Gola:


geschmirgelt-IMGP0621.jpg




Da hier flächig abgetragen wird besteht nahezu keine Gefahr, dass man lokal das Zungenprofil zerstört, da durch die flächige Arbeitsweise wie beim Längsschleifen nur minimal Material abgetragen werden muss.

Nachteil:

Die innenliegenden Zungen kann man so nicht bearbeiten, außer man baut die Stimmplatte aus. Wird aber so nicht gemacht. Selbst zu Golas Zeiten wurden nur die außenliegenden Zungen geschliffen. Die innenliegenden wurden seit je her mit dem Stimmstichel gekratzt! Drum also ganz klar: die Schmirgelei der außenleigendenZugnen ist nur der Optik wegen und für die innenliegende Zunge bleibts bei der Ritzmethode mittels Stimmstichel.

Außerem kommt es prinzipbedingt dazu, dass die Kanten immer etwas stärker abgetragen werden (auf dem obigen Bild ganz schwach erkennbar) und die Zunge einen erhöhten Rücken in der Mitte aufbaut. So lange dies nur in sehr geringem Maße passiert, ist das noch tolerierbar. Deshalb bedarf es bei der Methode auch der Übung und einer sorgfältigen Handführung - sonst wird es schnell zu viel und der Vorteil verkehrt sich in einen Mangel..


Resumee:

  • Die maschinelle Schleifmethode eignet sich eher für einfache bis maximal mittlere Qualitäten, weils schnell geht und damit kostenoptimiert ist. Der Qualität hochwertiger Stimmplatten wird man damit eher nicht gerecht und die Wahrscheinlichkeit ist hoch, hierbei mehr kaputt zu machen als gut zu machen.
  • Für hochwertige Stimmplatten ist nach wie vor die manuelle Nachstimmerei mittels Handstichel und Feile die beste, da materialschonend, präzise und bei eingebauten Stimmplatten beide Zungen bearbeitet werden können. Ist deshalb noch wirtschaftlich und für gute bis sehr gute Stimmplatten anzuraten.
  • Die Methode, mittels Schleifstein von Hand die ganze Zungenbreite zu beschleifen ist ebenfalls äußerst materialschonend, aber aufwändig bei konsequenter Anwendung und deshalb nur dort zu finden, wo man sich die Zeit dafür nehmen kann und will. Dafür aber äußerst präzise, da damit auch Tondrift mit behandelt werden kann.
  • Das Schmirgeln der außenliegenden Zungen funktioniert gut, funtioniert aber nur außen und hat den Nachteil dass die Kantenbereiche stärker abgetragen werden. Ist also eigentlich eher in die Rubrik Liebhaberei zu rechnen!
Alles klar ? :D


Gruß, maxito
 
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Es ist nicht alles Gold was glänzt... und es kommt immer drauf an, was man draus macht!

In einer anderem Thema ging es unlängst ganz am Rande um die "Artiste Stimmplatten und wie es sich denn nun um die verhält.

Nun bekannt sind die ja, weil das eine hohnereigene Produktion war, die qualitativ ganz und gar nicht schlecht war und die in der Atlantik früher verbaut wurde ... und aber auch in der Morino M Serie zumindest zum Teil. Und wenn man von Artistestimmplatten spricht, meint man im allgemeinen die "goldfarbenen". Denn die, so ist wiederum auch wieder allgemein bekannt, die waren nicht schlecht und haben seinerzeit ( und auch bis heute) recht gut und stimmstabil funktioniert. Warum das so ist, haben wir ja schon ein paar Beiträge weiter oben geklärt.


Und weil diese Stimmplattensorte in beiden Typen von Akkordeon verbaut sind - und die Atlantik allgemein als Mittelklasse Instrument und die Morrino als gehobene Klasse gilt, ist nun häufig die Diskussion:

  • Hat die Atlantik die "Superplatten" der Morino drin, oder hatte die Morino die "mittlere" Qualität der Atlantik drin ... kurz: war die Morino der M Serie mit den Artistestimmplatten eine Mogelpackung?
  • Und was sind da dann für Stimmplatten, die ebenfalls (im Bass ) verbaut sind, die nicht golddfarbig sind?


Fangen wir vielleicht mit der "Farbe" an:

Aluminium rostet zwar nicht, kann aber trotzdem korrodieren, was man dann so als weißen pulvrigen Belag sieht. Und speziell bei den kleinen Stimmzungen stört das dann doch ziemlich , wenn da so ein Pulverkrümel in den Spalt kommt. Aus dem Grund werden die Stimmplattenrohlinge gerne mit einem chemischen Schutz versehen - das Aluminium wird in einem speziellen Bad mit einer Oxidschicht versehen, das die Korrossion verhindert. Und je nach Material und Badzusammensetzung ist das dann ein farbloser über leicht gelblicher Überzug. Den kann man auch leicht noch zu richtigen goldfarbenem Farbton steigern.

Sieht hübsch aus und vor allem kann man auf den ersten Blick erkennen, ob die Platte bereits chemisch geschützt wurde, oder noch blank ist.
- Ans dekorative hat man dabei sicher nicht gedacht, denn zu der Zeit (und auch heute noch sehr oft) schaut in das Akkordeon außer dem Fachmann niemand hinein. Ich kenne sehr viele Spieler, die schon Jahrzehnte lang spielen und bis heute noch nie in ihr Instrument hineingeschaut haben!

Also:

Das goldfarbene Aussehen war nur sehr nebensächlich dekorativ - zu allererst ings hier um fertigungstechnische Abläufe, warum das so gemacht wurde.

Aber klar - schön anzusehen ist das schon! Macht was her! (war aber eben nicht der eigentliche Grund, warum das so gemacht wurde)


Zum Vergleich hier nun links die Artisteplatten einer "Atlantik IV de luxe" und rechts die Artisteplatten in einer "Morino VIM" :

Artiste-Atlantik-diskant.JPG Artiste-Morino-VIM.jpg

Von der grundsätzlichen Machart sieht man, sind die gleich aufgebaut. -> Unterscheiden tun sie sich aber sehr stark in der Art, wie die weiterbearbeitet wurden!

Die Artisteplatte der Atlantik war auf große Stückzahlen getrimmt...

... und wurde in Vorschleifautomaten durch mehr oder weiniger starkes dünnes einschleifen von der Zugnenspitze her mehr oder weniger nahe an die Endfrequenz gestimmt. Und wurde auch mit einem elektrischen Schleifgerät fertiggetrimmt. Das geht fix, gibt Stückzahl und ist preiswert. Allerdings ist die Profilkurve der Stimmzunge durch die Schleifkuhlen unterbrochen und das geht zu Lasten der Stimmstabilität und Tonkonstanz - senkt also die maximal mögliche Qualität der Stimmplatte. Aber wie gesagt - die Atlantik war als Mittelklasseinstrument gedacht und da stand der Preis auch stark mit im Blickfeld!

Anders sieht es hier bei der Morino aus...

... die Ausgangsstimmplatte ist die gleiche, aber hier wurde nicht einfach radikal mit der Maschine die Spitze dünn geschliffen, sondern das wurde wesentlich schonender von Hand gemacht. Die Profilkurve ist praktisch erhalten und ungestört. Damit schwingt die Stimmzunge sauberer und gleichmäßiger über den gesamten Bereich und auch das Ansprechverhalten der Zunge ist konstanter von Zunge zu Zunge. Sprich: Die Stimmplatte lässt sich gleichmäßiger und damit feinfühliger spielen!

Das ist auch gut so, denn die Morino sollte ja sehr wohl schon gehobenen Ansprüchen genügen und da ist gutes Lauf- und Ansprechverhalten Pflicht!


Soweit so gut ...aber wenn man in den Bass schaut, dann sind da auch Stimmplatten drin, die nicht so goldfarbig sind! ... was ist dann mit denen?

Artiste-Atlantik-Grundbass.JPG Artiste-MorinoIVM Bass.JPG

links die Grundbassplatten der "Atlantik IV de luxe" und rechts die "Morino VIM"

Bei der Atlantikstimmplatte der Grundbassreihe sieht man recht gut, dass auch diese von der Machart her Artiste Bauweise sind. Bei der Morino hab ich grad kein besseres Bild, aber man sieht auch hier recht gut, dass die "dicken " Dinger der Grund- und Beibassreihe naturfarben sind und die kleineren wieder die typischen goldfarbigen Ausführungen der Artisteplatten sind.

Wieso jetzt das?

Nun, so wirklich bis ins letzte Detail lässt sich das heute wohl nicht mehr klären. An den Kosten lags sicher nicht - eher an pragmatischen Gründen. Zum einen lässt sich nicht jedes Aluminium in jeder Dicke gleich gut auf Maß stanzen. Ich vermute dass für die dicken Bleche der Grundbässe ein etwas anderes Material verwendet wurde um die vernünftig und sauber stanzen zu können.
Und so wie manche Alu-Legierungen beim eloxieren einen angenehmen gelb bis Goldgelbton annehmen, gibt es auch Legierungen, die dabei eher ins mausgraue gehen und mitunter zur Fleckenbildung neigen. Sowas sieht nicht gut aus und wer s nicht weiß würde immer gleich erst einen Fehler vermuten - und um lästige Rückfragen gleich zu vermeiden, wurden die dann blank gelassen. Bei den großen Stimmzungen klemmt so leicht auch kein Brösel im Plattenspalt - da fällt selbst gröberes einfach durch!

Von der Bearbeitung sieht man bei den großen Grundbasszungen keinen großen Unterscheid zwischen Morino und Atlantik . Da gibt sich auch nicht viel, zumal man hier zum Stimmen eh and en Gewichten abschleift (und da stört s nicht). bei den kleineren Stimmplatten ists wie oben beschrieben : Atlantik mit der Maschine grob und zügig geschliffen - auf preiseffizient getrimmt; und bei der Morino von Hand gestimmt mit Zielsetzung sauberer gleichmäßiger Klang.


Resultat:


Die Ausgangsbasis ist das eine - aber das andere ist, was man draus macht!

Die Basis muss gut sein. Und die Artistestimmplatte ist von der Grundkonstruktion recht gut - aber die weiteren Arbeiten daran müssen auch entsprechend sorgfältig sein, damit man die gute Grundqualität erhalten und optimal nutzen kann.

Und das kann man auch als Spieler feststellen:

  • Die Atlantik läuft recht gut und für die Qualitätsstufe erstaunlich. Nicht umsonst war das Instrument so beliebt.
  • Aber bei richtiger Verarbeitung kann die Stimmplatte noch deutlich mehr - und das merkt man, wenn man dann im Vergleich dazu die Morino nimmt. Die lässt sich noch wesentlich feinfühliger spielen. In der Bearbeitungsart wie bei der Morino braucht die Artistestimmplatte den Vergleich zu einer italienischen "tipo a mano" nicht zu scheuen. In der Bearbeitungsart wie bei der Atlantik erreicht die Stimmplatte gute mittlere Qualität, aber in die besseren Regionen reichts nicht! Erst mit entsprechend schonender feinfühliger Bearbeitung wie bei der Morino kann man die Qualität der Artiste Stimmplatte voll ausnutzen.
Fazit:

  • Die Stimmplatte ist das eine, aber was man draus macht, ist nochmals was anderes - es kommt auch ganz stark drauf an, wie sorgfältig das Ausgangsmaterial weiterverarbeitet wird!
  • Und : Mit Pauschalaussagen kommt man nicht weit, denn es hängt immer vom Detail ab!


... es ist eben nicht alles (das gleiche )Gold, was glänzt!


Gruß, maxito
 
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Akkordeon hält die Stimmung nicht, obwohl alle Stimmplatten gut aussehen...


Wie sagt man so schön : ... aus gegebenem Anlass...

Weil ich meine olle Verdi II grad mal wieder in den Fingern hatte und dabei ein paar Punkte entdeckt hatte, denen ich auf den Grund gehen wollte, bin ich nebenbei auf ein paar andere Details gestoßen, die man hier sehr gut sehen und darstellen kann. Drum nehm ich das als Anlass, mal wieder den Faden weiterzuführen.


Das Objekt ist in diesem Fall eine Verdi II die dem Aufbau nach irgendwann in den 40-ern gebaut worden ist:

Verdi II.JPG

So sieht das "gute Stück" von außen aus - schmale Tasten, also mit sog. "Damentastatur" wie man das damals auch genannt hat. 2-Chörig ohne Registerschalter, 80 Bässe.

Und so sieht der Diskant von Innen aus:

Verdi II  Diskant Innenansicht.jpg

... also hübsch aufgeräumt und übersichtlich. Die zwei Stimmstöcke sind gut zu erkennen. Und was man hier auch sehr gut erkennen kann, ist, wie die Stimmstöcke eingebaut sind.

Im Verlauf dieses Fadens wurde schon öfter angesprochen, dass die Stimmplatten nicht alleine dafür verantwortlich sind, wie stabil die Stimmung ist - Die Lagerung ist genauso wichtig! Man kann salopp sagen: Wie man sich bettet, so schallt es heraus! Sprich - die beste Stimmplatte läuft nicht optimal , wenn der Stimmstock kein stabiles Fundament bietet. Logisch sagt man sich, das ist doch wohl das mindeste, was man erwarten kann!

Und um den Stimmstöcken das Schwingen abzugewöhnen, werden die untereinander mit Blechstegen verbunden um eine gegenseitige Stütze zu erhalten, dass die Stimmstöcke nicht quer schwingen können. Diesen Querriegel kann man ganz gut erkennen.

SVerdi II Stimmsock Querriegel.jpg

Sinnvollerweise wird der in der Hälfte angebracht, wo die Stimmstöcke am höchsten sind - Wenn er wirkt, dann ist dort die Wirkung am größten, wo der Stimmstock den Größten Abstand von der Bodenplatte hat. ... Wenn er wirkt!...


Und wenn man das Bild genauer anschaut, kann man auch die Lagerung erkennen, in der die Stimmstöcke gehalten werden ... und beim genaueren Hinschauen entdeckt man diverse Pappstreifen und denkt:

Nanu, wie sieht denn das aus!


...Nun aus meiner Sicht sieht das erstmal gar nicht schlecht aus, sondern sogar ziemlich gut, denn es zeigt, dass der Stimmer seine Arbeit ordentlich gemacht hat und nicht einfach bloß mal geschwind durchgestimmt hat, sondern zuerst dafür gesorgt hat, dass seine Arbeit auch eine Weile hält und stabil bleibt!

Man erwartet, dass die Stimmstöcke normalerweise alle sorgfältig eingepasst sind und richtig sitzen. Aber das ist leider mitnichten immer so - selbst bei hochwertigen Akkordeons kommt es immer wieder vor, dass die Stimmstöcke nicht sauber eingepasst worden sind, oder im Laufe der Zeit durch Trocknungsprozesse oder sonstige Umwelteinflüsse ihren korrekten Passsitz verloren haben. Dann sitzen die Stimmstöcke nicht mehr satt und spielfrei in ihrem Lager und haben mehr oder weniger Spiel. Und damit können die Stimmstöcke mitvibrieren wodurch die saubere Stimmung verloren geht.

Hier hat der Stimmer also, obwohl es sich bei dieser Verdi nun wirklich um ein einfaches Instrument handelt trotzdem sehr ordentlich gearbeitet und vor dem Stimmen zuerst die Stimmstöcke wieder spielfrei eingepasst und die Stimmstöcke am Lagerzapfen aufgefüttert, bis das korrekte Passmaß erreicht war und auch seitlich die Anschlagleiste mit Pappeinlagen spielfrei gemacht. Somit haben die Stimmstöcke weder in der Höhe noch zur Seite "Luft" und sitzen richtig satt.

Verdi II Stimmstock Riegel.jpg

Und nicht nur das - der Stimmer hat hier sogar noch dafür gesorgt, dass die Stimmstöcke auch in der Längsrichtung nicht verrutschen können:

Versi II Stimmstock Gegenlager.jpg

Somit sind die Stimmstöcke in allen Richtungen spielfrei eingepasst. Das ist für lange stabile Stimmung eine Grundvorraussetzung. Leider kontrolliert mitnichten jeder Stimmer von Haus aus den korrekten Sitz der Stimmstöcke. Was schade ist, denn die gute Stimmung hält nur kurz, wenn die Stimmstöcke nicht richtig sitzen.

Das muss noch natürlich nicht bei jedem Akkordeon so aussehen - die meisten passen schon richtig!

Aber wenn die Stimmung nicht recht halten will und nach kurzer Zeit schon wieder davonläuft, so lohnt es sich sehr wohl mal die Stimmstöcke und deren Einbau genauer unter die Lupe zu nehmen. Insbesondere wenn sich das Instrument in weiten Bereichen in kurzer Zeit wieder verstimmt. Dann sind in aller Regel nicht die Stimmplatten daran schuld ( auch wenn es da je nach Fertigungszeitpunkt auch unterschiedliche Qualitäten innerhalb der gleichen Klasse gibt) - da liegt die Ursache dann meist an den Stimmstöcken und deren Lagerung!

Fazit:

Die Stimmplatte ist schon wichtig, aber beileibe nicht alles auf was man Wert legen sollte, um einen guten Klang zu erhalten:

Das Gesamtsystem macht den Unterschied aus!
 
Grund: Aussagekräftige Überschrift eingefügt
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Der gemeine Feind der Stimmplatten


Das Problem beim Akkordeon, ist ja , dass man es außen sehr gut pflegen kann, aber die Teile, auf die´s wirklich ankommt, die stecken innen drin und sind gar nicht so einfach zugänglich.... und die sieht man meistens nicht. Wundert sich aber bisweilen, dass das Ding nicht mehr so klingt, wie es sollte.: "Dabei hat ´s noch einwandfrei gestimmt, als ich es auf den Dachboden hochgestellt hatte! und jetzt stimmt gar nix mehr, obwohl ´s bloß gestanden hat"


Preisfrage: Was haben diese beiden Stimmstöcke gemeinsam?

Stimmstock sauber.JPG Stimmstock Diskant verrostet.jpg

... naaa? ...

.........

-> bei beiden meinte der jeweilige Besitzer des Instruments: " Das sieht eigentlich noch ganz gut aus!" :D :great:


Beim linken siehts wirklich gut aus - so sollten die Stimmzungen idealerweise im Akkordeon aussehen. Beim rechten ist allerdings eine Grundsanierung notwendig. Abgesehen davon das die Ventile fröhlich in alle Richtungen ziemlich abstehen (auf dem Bildausschnitt nicht zu sehen) , haben die Stimmzungen schon ziemlich Rostbefall. Und weil Rost schwerer ist als blanker Stahl stimmt die Balance der Stimmzunge nicht mehr und entsprechend ist die verstimmt.

Na - könnte man sagen, ist doch schnuppe, dann stimmt man halt wieder nach und gut iss - Wenn der Rost schon da ist, kann er ja nicht nochmal kommen :rolleyes:

Nur Der Rost ist nicht einfach da und auf immer und ewig mit der Stimmzunge verbunden. Gerade anfangs fängt das ganz leicht an, in Form von ganz leichtem Besatz, dem "Flugrost". Und wenn er dann länger drauf ist und durch wechselnde Witterungsbedingungen ab und an auch mal feuchte Luft mitbekommt, dann breitet der sich auch noch aus und setzt sich fest. Aber gemeinerweise sitzt der Rost halt nicht so fest verbunden auf der Zunge drauf, weil Rost , wenn er sich bildet ein größeres Volumen annimmt, als der blanke Stahl hat der die Neigung zum abbröseln. ...

...Und verteilt sich, durch die Schwingung der Zunge schön unterstützt, in der Umgebung:

Stimmplatten rostig.jpg

Und das hat einerseits die Folge, dass der Rost somit leicht auf benachbarte Stimmplatten gelangen kann und die ebenfalls mit Rost impfen kann und anderseits ist so vor allem das Gewicht und somit die Stimmung der Stimmzunge nicht stabil zu halten. Und damit kann man praktisch keine vernünftige haltbare Stimmung herstellen.

Das heißt, wenn man solche Stimmplatten wieder mit einer vernünftigen, haltbaren Stimmung versehen will, muss zuallererst der Rost runter! Mit Lösungsmittel geht da leider gar nichts und mit Rostumwandler meist auch nicht so richtig, weil die einerseits die Aluminiumgrundplatte gerne angreifen, oder sich in Spalten festsetzen und später wieder von dort ausblühen anfangen. Drum ist hier der sicherste , aber auch aufwändigste Weg, den Rost rein mechanisch herunter zu radieren.

Der sicherste Weg ist hier auch der anstrengendste: Mit Schleifradierern blankschleifen:

Stimmzunge sauber radieren.jpg

Feines Unterlegblech drunterschieben und mit dem Radierer den Rost abradieren. Nimmt den Rost zuverlässig weg und trägt sonst an der Zunge praktisch kein Material ab, so dass die Stimmung nicht allzusehr verändert wird.

Wichtig:
-> immer auch die Gegenseite der Zunge anschauen! Die ist zwar gebläut und von daher nicht ganz so rostempfindlich, aber kann auch da Rost haben - Der muss auch weg!

Das kann man mit einem feinen Stück Schmirgelpaper (Körnung 320 bis 400) machen, das man unter die Zunge schiebt und die Zunge so von der Rückseite her ebenfalls sauber macht.

Hier sieht man einen vorher-nacher Zustand:

Stimmzunge sauber vorher nachher.jpg

Hinterher sollten die Zungen wieder wie die rechte Stimmplatte aussehen.

Und wenn alle wieder in sauberen Zustand versetzt worden sind, dann brauchen die Stimmplatten noch ein Bad. Denn die ganzen Schmirgelpartikel und Schleif- (und Rost-) Stäube müssen noch weg. Und das geht am einfachsten, wenn man die Stimmplatten in ein Azetonbad schmeißt und mit einem Pinsel kräftig abbürstet. (unbedingt im Freien machen - Azeton macht sehr schnell benebelt und schnell ne ziemlich dicke Birne!!!)

Und das ist der Grund, warum manchmal das "Stimmen" von alten Akkordeons mitunter einen ziemlich respektablen Betrag kosten. Das hat gar nichts damit zu tun, dass sich der Fachmann einen goldene Nase dran verdienen will -> Den Rost zu entfernen ist ein ziemlich aufwändiges Geschäft da gehen etliche Stunden dafür drauf! Und dann müssen erst wieder neue Ventile draufgeklebt und die Stimmplatten wieder auf die Stimmstöcke aufgewachst werden!
Wenn also die Reparatur des günstig erworbenen alten Schätzchens zum Stimmen einen betrag kostet, der mitunter die tausender Marke deutlich übersteigt - das ist nicht, weil der Fachmann hier keinen Bock hat, das Teil zu richten, sondern ganz einfach deshalb, weil er hierfür einfach sehr viel Zeit braucht.

Und kann man das bei jedem Akko machen?

... wenn die Stimmplatten so aussehen, wie in den Bildern oben, dann geht das schon noch und es ist nur eine Frage ob einem das Instrument noch das Geld wert ist.

Wenn der Rostbefall allerdings dann schon so aussieht:

rostige Zunge.jpg :( :bad:

Dann hat die Stimmplatte ihr Lebensende erreicht - hier geht nix mehr. Wenn solche Stimmzugne im Akko rauskommen, dann sind das nicht nur wenige , sondern in der Regel sehr viele ... und dann ist das Instrument schlicht und ergreifend reif für die Tonne!

Drum:

Das Instrument immer in Wohnräumen lagern. Dachböden und Kellerräume sind Gift für die Stimmzungen. Und wenn man mal draußen bei Kälte oder Nebel oder feuchter Luft gespielt hat - das Instrument hinterher erstmal ne Weile offen im Raum akklimatisieren lassen und vor dem einpacken noch ein paar mal im (trockenen) Raum mit gedrücktem Luftknopf kräftig durchblasen.

Wenn man das beherzigt, dann ist es nicht naturgegeben dass die Stimmzungen rosten. Mit sorgfältiger Behandlung kann eine Stimmzungen auch nach mehreren Jahrzehnten noch so aussehen:

Stimmstock sauber.JPG :great::)
 
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Wie man s macht, isses nix! - jetzt nur nicht hyperventilieren!


Weil ich grad n bissl Zeit hatte und eh schon lange mal schauen wollte, wie sich verschiedene Ventile im direkten Vergleich verhalten hab ich auf die Schnelle n bissl experimentiert...und habe mal eine Stimmplatte mit verschiedenen Ventilausführungen, die ich grad zur Hand hatte, getestet.

Teststimmplatte war eine A-Manostimmplatte (Ton g), die dann der Reihe nach erst ohne Ventil, dann mit Kunststoffventilen und mit Viledaventilen mit unterschiedlichen Lagen getestet wurde.
Das Ganze wurde auf einer druckregelbaren Testkanzelle montiert und die Tonhöhe mittels der Software Strobosoft kontrolliert.

Der Testaufbau sah dann so aus:

Prüfaufbau.jpg

Und die Stimmplatte sah jeweils so aus:


ohne Ventil.jpg Kunststoffventil 3-lagig.jpg Viledaventil 3 lg.jpg

Von links nach rechts: Erst ohne Ventile, mit 3-lagigem Kunststoffventil und mit 3-lagigem Viledaventil


Ohne Ventil:

Spricht bereits bei 30 Pascal Druck sehr fein an, braucht aber natürlich etwas mehr Luft.
Dafür vibriert die Stimmzunge , die grad nicht aktiv ist, aber auch mit! Und stoppt man die mitvibrierende Stimmzunge, dann ändert sich die Tonhöhe um ein paar Cent.
... und ist bei 300 Pascal Druck schon sehr unangenehm laut.


mit Kunststoffventil:


Spricht bei 40 Pascal Druck an, Luftverbrauch gering, da die Gegenzunge ja mit einem Ventil abgeschlossen ist.
Gegenzunge vibriert nicht mit. ... und bei 300 Pascal Druck schon unangenehm laut.


Mit 3-lagigem Viledaventil:

spricht erst bei 80 Pascal Druck an ... und ist über den gesamten Druckbereich recht leise.

Drum habe ich dem Viledaventil zuerst eine Federlage abgeschnitten und dann noch die zweite, so dass nur noch das reine Viledaleder übrigblieb:

-> Ansprechverhalten verbesserte sich deutlich und die Lautstärke nahm auch zu.


Das sieht man auch am Öffnungsverhalten der Ventile, bei 300 Pascal Druck:

Kunststoffventil bei 300PA.jpg Vilead 3lg 300PA.jpg Vileda 2lg 300PA.jpg Vileda 1lg 300PA.jpg

Der Unterschied zwischen der Ventilöffnung beim Viledaventil mit 3 Lagen und mit nur 1 Lage ist sehr deutlich.
Das Kunststoffventil und das einlagige Viledaventil öffnen ungefähr gleich bei gleichem Druck.

  • Beim Ansprechdruck hatte sogar das einlagige Viledaventil gegenüber dem Kunststoffventil leicht die Nase vorn. Allerdings kann man den Vorteil in der Praxis so nicht ausnutzen, denn die Viledaventile, ebenso wie echte Lederventile brauchen eine "Spannfeder" die das Leder glatt andrückt, sonst würde das Leder recht bald die Form verlieren und abstehen. Also brauchts bei Lederventilen schon irgendeien Art vn Spannfeder und die Ventile sprechen dann nicht mehr ganz so fein an. Der Unterscheid ist im Spielbetrieballerdings recht gering und vermutlich nicht wirklich feststellbar.
  • Was hier aber sehr wohl deutlich feststellbar war, ist der Lautstärkeunterschied bei höherem Spieldruck.
  • Das Kunststoffventil erzeugt schon bei wesentlich weniger Druck mehr Lautstärke als das Viledaventil - lässt sich also insgesamt leichter spielen.
  • Wenn das Akkordeon einem zu leise ist, dann liegts also mitunter nicht nur an dessen Bauweise oder den Stimmplatten, sondern vielleicht nur an den Ventilen, die verwendet wurden!

Und was hier auch noch dazukommt, ist, dass sich die Stimmung der Stimmplatte ändert, je nach dem welches Ventil drauf ist (und wiedas festgeklebt wird)

Stimmungsabweichung.jpg
waagrechte Achse Druck in Pascal, senkrechte Achse Tonabweichung in Cent

Gemessen hatte ich in verschidenene Stufen zwischen 80 Pascal und 400 Pascal und dabei geschaut, wie sich die Tonabweichung verhält. Und es zeigt sich ganz klar:

  • Die Stimmplatte wird sehr wohl vom Ventil beeinflusst! Je nach dem, welches Ventil drauf ist, verändert sich auch die Stimmung.. Wenn man also ein Ventil austauscht gegen ein ganz anderes, dann muss man eigentlich die Stimmzunge nachstimmen. Sonst passt der Ton nicht mehr.
  • Wenn man genau hinschaut, dann ergibt die Stimmplatte mit dem 3-lagigen Viledaventil die geringste Stimmungsdrift... aber da kam ja auch fast kein Ton raus, weil sich das Ventil auch kaum öffnete.
  • Und man kann hier auch klar erkennen, wenn sich das Ventil weiter öffnet, dann ergibt das meist auch eine größere Stimmungsdrift. Im Umkehrschluss kann man dann auch folgern, wenn ein Ventil schön anliegt und dann im Lauf der Zeit anfängt abzustehen, dann ist das wie eine andere Ventilöffnung ... und die Stimmung des Tons verändert sich!
Fazit:

  • Das Akkordeon kann oftmals nix dafür, wenn es selbst bei größerem Druck nur sehr leise klingt.
  • Und das Ventil hat einen starken Einfluss auf die Stimmzunge und kann da sehr viel verändern.

Drum:


Ein Akkordeon ist eigentlich ein Instrument, bei dem sich fast schon alles gegenseitig beeinflusst und manchmal wundert man sich, dass das trotz aller Unzulänglichkeiten trotzdem so gut funktioniert. Aber absolute Genauigkeit in der Stimmung darf man nicht fordern - das lässt sich über den gesamten Bereich und auf Dauer nicht erzeugen.
 
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"Eigentlich alles tip-Top in Schuss!...

...nur ein, zwei Töne machen so merkwürdige Geräusche, da klirrt irgendwas... Was kann n das sein?"



So oder so ähnlich laufen meist die Einleitungen wenn ein günstiges Schnäppchen das man ergattert hat angekündigt wird.

Mutigere schauen dann auch schon mal rein:

"Habs angeschaut - sieht alles super gut aus - sogar die Ventile liegen noch super an":

altes Wachs .jpg
altes Wachs 1.jpg

".. gut ok, ein Ventil fehlt - aber das kann bei deeeeem Alter ja schon mal vorkommen, das ist kein Problem, das ersetzen wir halt und dann gut!... nur das komische Klirren..."


So kann man mehrere Jahrzehnte alte Akkordeons vorfinden. Wenn die halbwegs gut gepflegt wurden, dann haben die erstmal keine erkennbaren Betriebsschäden. Auch die Stimmplatten sind rostfrei - da gibts nix zu meckern.
Und trotzdem haben ein paar Töne die Eigenschaft, dass se, wenn man spielt, mitunter merkwürdig klirren, wie wenn die Stimmzunge an der Platte schrappeln würde. Aber wenn man dann die Töne lokalisiert und dann mal den Zungenspalt anschaut, dann ist der perfekt und die Zunge läuft anstandslos durch den Spalt, ohne irgendwo zu berühren.

Die Ursache erkennt man dann erst, wenn man mal ganz genau hinschaut und kleine Hinweise konsequent weiterverfolgt.

Denn wenn man sich das Wachs anschaut kann man hier ein paar kleine Risse im Wachs entdecken:

altes Wachs 2.jpg In dem Bereich erkennt man die meist am einfachsten.

Und dann lohnt es sich mal weiter am Rand der Stimmplatten entlang zu suchen und wird in der Regel auch meist schnell weiter fündig. Wie z.B. hier direkt an der Stimmplattenseite:

altes Wachs 3.jpg Da ist das Wachs auf großer Länge gerissen.

Ist das Wachs neu, dann ist die Wachsmischung zähhart und elastisch und gleicht Bewegungen, die durch durch Wärmedehnung, Schwingung etc. entstehen,locker aus. Irgendwann wird das Wachs aber alt , hart und spröde. Wann das passiert , hängt von der Wachsmischung ab, die verwendet wurde und von den Umgebungsbedingungen. Man kann also nicht pauschal sagen, das Wachs das die Firma xy verwendet, hält so und so lang, oder deutlich länger als das der Firma wz.

Das kann man nicht pauschal sagen. Man kann lediglich sagen:

Neues Wachs ist elastisch und hat große Klebekraft und hält die Stimmplatte sicher und fest am Stimmstock
Altes Wachs wird hart und spräde und verliert die Haftkraft zum benachbarten Teil

Und genau das ist hier der Fall. Das Wachs ist so alt wie das Akkordeon - geschätzt ca. 35 Jahre und einfach hart und spröde geworden. Das passiert, weil leichter flüchtige Inhaltsstoffe der Wachsmischung im Laufe der Jahre "verdampft" sind und weil weniger drin ist ändert sich auch das Volumen und damit kommt es dann zu Schrumpfungsrissen. Weil das Wachs nebenbei auch die Haftkraft verliert es gleichzeitig den Kontakt zur Stimmplatte. Und eine eingewachste Stimmplatte, die vom Wachs nicht mehr festgehalten wird, die klappert dann in ihrem Wachsbett rum.

Und weil die Stimmplatten alle noch zusätzlich von einem Nagel gehalten wurden, fällt die nicht einfach raus, und klappert gegen den Nagel. ... Und weil der auch nicht gerade gewaltig fest im Stimmstock sitzt, lockert der sich auch etwas und dann kommt dieses metallische Klirren zustande, wenn die Stimmplatte gegen den Nagelkopf vibriert.


..Und was kann man dann da machen?


langfristig ist die einzig sinnvolle Reparatur: Stimmplatten alle runter, und mit frischem Wachs neu einwachsen!
Und wenn man das tut, dann am besten auch gleich die Ventile runter und gleich neu belegen. Dann hat man wieder für n paar Jahrzehnte Ruhe

- Dass das im vorliegenden Fall auch angesagt ist, kann man schon daran erkennen, dass schon die ersten Ventile abfallen - sprich: der Kleber ist auch schon alt und hält nicht mehr richtig. Und beim obigen Stimmstock sind auch gleich etliche weitere Ventile abgefallen, als das Leder mal kräftig angehoben wurde - beim nächsten Fortissimo Spiel wäre dann vermutlich im Akko der Ventilherbst ausgebrochen und die Ventile reihenweise abgefallen.


Drum:

Auch wenn die Ventile erstmal noch sehr gut anliegen, die Stimmzungen sauber sind und das Wachs gut aussieht - das kann täuschen. Man muss etwas genauer hinschauen wenn man erkennen will ob noch alles gut ist oder eine Überholung angesagt ist.

-> Nachtrag: Neu eingewachst und ventiliert und das komische Klirren ist weg!



Da sagen dann die, die von Haus aus genagelte Stimmplatten haben: Kann uns nicht passieren!


daneben.jpg Uuups! :eek:... daneeeben!:D

... da gibts dann wieder andere Sauereien, die passieren und auftreten...Kurzum: die perfekte Lösung gibts nicht!;)
 
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Hallo @maxito,

habe deine Artikelserie mit großem Interesse gelesen. Ich finde es toll, wenn sich jemand so gewissenhaft mit einem Thema beschäftigt und seine Erfahrungen und Gedanken teilt.

Eine Frage kommt mir dazu in den Sinn:

Wenn ich alles richtig verstanden habe, werden die Zug-Stimmzungen in der Regel auf der Unterseite bearbeitet. Das scheint mir erstmal ziemlich brachial, weil man damit eine Fläche zerkratzt, an der Luft mit hoher Geschwindigkeit vorbeiströmt, und letztlich ist es ja der Luftstrom, der den Klang erzeugt. Ich könnte mir vorstellen, dass dadurch Turbulenzen entstehen, die Auswirkungen auf den Klang und evtl. auch die Stimmstabilität haben. Gibt es dazu unter den Fachleuten fundierte Meinungen oder Erfahrungen?

Viele Grüße,

Daniel
 
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Salut Daniel,
das hast Du richtig verstanden daß in der Regel zum Fein/Nachstimmen die Saug-Stimmzungen auf der "Unterseite" bearbeitet werden. Wenn die Stimmzungen, vor dem Einwachsen, erst extern vorgestimmt werden bearbeitet man die Oberseite, also die Seite welche auch beim Einschleifen des Profils in die Zunge bearbeitet wurde. Die Unterseite ist ja in der Regel noch gebläut. Nach dem Einwachsen hat man kaum die Wahl wo beim Herunterstimmen gekratzt werden kann. Es gibt kaum jemanden der rückwärts durch die Kanzellenöffnung die Oberseite der Saug-Stimmzungen bearbeitet. Es ist halt viel schlechter zugänglich. Das Stimmen eines Instrumentes ist schon aufwändig genug. Doch teile ich Deine Bedenken auch teilweise, denn beim Höherstimmen ist es meist, bis auf bei den ganz kleinen Stimmzungen, möglich diese von der Unterseite her zu bearbeiten. Man kann sie wie üblich mit der deutschen brachialen Methode, oder mit der in anderen Ländern schonenderen praktizierter Methode mittels eines Hakens über die Druckzungenseite herausangeln und dann von der dann unten liegenden "Oberseite" aus befeilen oder schleifen. Dies hat m.E. Vorteile, da man dadurch nämlich in der Regel den vorher mühsam eingestellten Luftspalt und damit die Ansprache nicht beeinflußt. Daher praktiziere ich das auch da wo es geht.
Ich habe mir genau aus dem von Dir angesprochenen Problem vor ein paar Wochen eine Vorrrichtung gebaut um die Stimmzungen im ausgebauten Zustand justieren und vorstimmen zu können. Ein kleiner Balg mit zwei verschiedenen Aufnahmeplatten welche einstellbar sind um alle Größen von Stimmplatten aufnehmen zu können. Da ich regelmäßig die Schwebetonreihen in mäßigere Gefilde bringen möchte, d.h. brutal herunterstimmen muß, hinterlässt das in der Regel erhebliche Kratzspuren auf der Innenseite der Saugzungen. Dies ist unbefriedigend. Ich bearbeite die demontierten Stimmzungen nun extern erst mal vor und dies mit einem Proxxon Mini Bandschleifer, praktisch genauso wie es auch vom Stimmzungenhersteller praktiziert wird - nur halt etwas weniger automatisiert.




Bei der auf der Vorrichtung montieren Stimmplatte erkannt man gut im 1. Drittel vom Niet aus das gleichmäßige schonende Abschleifen der Zunge.
Doch so lässt sich natürlich nur die aus dem Stimmstock entnommene Platte bearbeiten im Rahmen einer kompletten Stimmstockrenovierung. Das letzte Feinstimmen muß selbstverständlich dann im eingebauten Zustand im Instrument erfolgen. So Schleifen kann man selbstredend auch nur bei dünnen Plast-Ventilen, oder wenn diese (Leder/Vileda) noch nicht montiert sind. Daher benutze ich in diesem Fall eine Stück Leder welches ich beim Vorstimmen auf den Gegenüberliegenden Zungenkanal lege. Denn dieses fehlende Ventil beeinflusst am meisten die Stimmung der Partnerzunge.
Roland
 
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Ich könnte mir vorstellen, dass dadurch Turbulenzen entstehen, die Auswirkungen auf den Klang und evtl. auch die Stimmstabilität haben.

Interessante Betrachtung, das mal von der Seite aus zu sehen!

Das würde bedeuten, dass die Luft in Schwingung ist und die Stimmzunge der Schwingung folgt. Bei der Stimmzunge ist es aber so, dass die nicht durch eine Schwingung zum Schwingen angeregt wird, sondern durch die vorbeiströmende Luft ausgelenkt wird (und zum Plattenspalt hingesaugt wird). Die Luft selber strömt bloß vorbei und hat zunächst mal keine eingeprägte Schwingung. Aber durch die minimale Auslenkung wird die Stimmzunge wie eine Feder gespannt und durch die Federspannung will die auch wieder zurückfedern. Was se denn auch tut .. um dann da in der Ausgangslage ja kein Ansshlag vorhanden ist, schießt die übers Ziel hinaus, federt in die andere Richtung aus, bis se wieder durch die Federkraft und die saugende Luft zurückgeholt wird.

Die Saugwirkung hängt vom Zungenspalt ab und verändert sich mit der Auslenkung der Zunge, weil der Spalt da größer und kleiner wird, je nach aktueller Lage der Zunge. Der Luftstrom reguliert sich also auch ein bisschen - und zwar genau der Zunge folgend. Und weil das hin und herschwingen der Zunge genau mit der Frequenz erfolgt, die die in ihrem Einbauverhältnis machen kann, kommt hier unter unterstützung durch den Luftstrom die Schwingung zustande.

Und erst jetzt entsteht durch das hin und Hergefuchtel der Stimmzunge eine rhythmische Bewegung der Luft und damit einen Schwingung. Die Strömungsgeschwindigkeit der Luft mit der die durch den Spalt zischt ist dabei auf jeden Fall schon turbulent und kümmert sich dabei wenig um die Oberfläche über die se hinwegzischt.

-> Die Oberfläche der Stimmzunge hat also keine direkte Interaktion mit der Luft die vorbeiläuft und somit keinen direkten Einfluss auf die Schwingung. Die entsteht ja durch die Zunge selbst.

Es gibt aber durch aus einen Zusammenhang zwischen Einkerbungen auf der Stimmplatte und dem Frequenzspektrum das die Zunge abstrahlt. Vor ein paar Jahren habe ich einen Artikel über eine wissenschaftliche Arbeit gelesen, in der ein theoretischer Nachweis gelungen ist zwischen dem abgestrahlten Frequenzspektrum einer Akkordeonstimmzunge und auf der Zunge eingebrachten Kerben!

Dabei wurden auf der Stimmzunge in bestimmten Abständen Kerben eingeritzt, womit man die Stimmzunge dazu bringen konnte neben der Grundfrequenz auch bestimmte Oberschwingungen verstärkt abzustrahlen. Und dieses Verhalten konnte man im Rahmen dieser Arbeit auch über FEM-Berechnungen nachweisen.

Es wäre somit theoritisch möglich durch gezieltes Einritzen der Zunge z.B. eine obertonreichere Frequenz zu erzeugen (also z.B. 16´+4´in einer Zunge). Der praktische Nutzen hielt sich hier jedoch in Grenzen, da die Kerben quer zur Zunge eingebracht wurden und die Zunge damit bruchempfindlich wurde...welche konsequenterweise auch nach einer gewissen Zeit gebrochen ist.

Somit kann auf jeden Fall grundsätzlich gesagt werden, dass Kerben auf der Stimmzunge einen Einfluss auf die Frequenzen haben, die erzeugt werden. Inwieweit sich allerdings Längskerben auf die Frequenzen auswirken wurde in der Arbeit nicht untersucht. Aber auf jeden Fall war es aber die Stimmzunge , die durch die Kerben die Schwingungen erzeugt hat und dann auf die Luft übertragen hat. Die Luft ihrerseits wurde hierbei nicht direkt durch die Kerbe zu der Schwingung angeregt, sondern nur mittelbar über die Schwingungen der Zunge zu Luftschwingungen angeregt.

-> Somit kann man wieder zum Schluss sagen, dass der Luft an an sich egal ist wie die Oberfläche aussieht an der sie vorbeizischt. Die macht da erstmal nix - es sei denn sie wird von einem äußeren Objekt in Schwingung versetzt. Also durch eine schwingende Zunge, oder z.B, durch eine geeignet lange Röhre, die einer bestimmten Schwingungsfrequenz entspricht. Letzeres wird beim Akkordeon aber normal nicht gezielt genutzt - was das Akkordeon in dem Punkt ja dann auch deutlich von der Orgel unterscheidet.
 
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->Zitat Maxito:
-> Somit kann man wieder zum Schluss sagen, dass der Luft an an sich egal ist wie die Oberfläche aussieht an der sie vorbeizischt. Die macht da erstmal nix - es sei denn sie wird von einem äußeren Objekt in Schwingung versetzt. Also durch eine schwingende Zunge, oder z.B, durch eine geeignet lange Röhre, die einer bestimmten Schwingungsfrequenz entspricht. Letzeres wird beim Akkordeon aber normal nicht gezielt genutzt - was das Akkordeon in dem Punkt ja dann auch deutlich von der Orgel unterscheidet.


Ich kann mir schon vorstellen, daß die Oberflächenbeschaffenheit der Zunge am Auslösespalt (also vom Höherstimmen) Einfluß auf die Sogwirkung des Venturi-Effektes, und damit auf die Ansprache hat. Wobei sich dann die Frage stellt, ob eine rauhe Oberfläche die Sogwirkung unterstützt oder eher eine glatte?
Daß das Tieferstimmen und dessen Kratzer in Längsrichtung im ersten Drittel vom Niet aus Auswirkungen auf die Luftströmung haben vermute ich auch nicht.

Roland
 
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Hallöchen,

es ist sicher richtig, dass der Luftstrom durch den Spalt vor allem im Moment des Abreißens ohnehin Turbulenzen erfährt. Die Frage ist: Entstehen durch eine aufgerauhte Zungenoberfläche nennenswerte zusätzliche Turbulenzen und welchen Einfluss haben die eventuell auf Tonhöhe und Lautstärke?

-> Die Oberfläche der Stimmzunge hat also keine direkte Interaktion mit der Luft die vorbeiläuft und somit keinen direkten Einfluss auf die Schwingung. Die entsteht ja durch die Zunge selbst...

-> Somit kann man wieder zum Schluss sagen, dass der Luft an an sich egal ist wie die Oberfläche aussieht an der sie vorbeizischt. Die macht da erstmal nix - es sei denn sie wird von einem äußeren Objekt in Schwingung versetzt.

Nein nein, das kann ich nicht glauben. Wie soll die Zunge denn ohne Interaktion mit der Luft schwingen? Die Zunge selbst diktiert zwar weitgehend die Frequenz, aber sie schwingt nur deshalb, weil ihr vom Luftstrom periodisch Energie zugeführt wird - durch eine phasenversetzte Rückkopplung, mit der sie dafür sorgt, dass sie im richtigen Moment einen Schubs in die richtige Richtung bekommt. Die Zunge wird von der vorbeiströmenden Luft in Bewegung versetzt, aber sie steuert diesen Luftstrom so, dass er mit ihrer Eigenfrequenz oszilliert. Ein geniales System.

Die Stärke der Rückkopplung hängt vom dynamischen Druck und damit vom Quadrat der Strömungsgeschwindigkeit ab (Bernoulli-Gleichung), und das Ganze funktioniert nur in einer laminaren Strömung. Die Strömung kann also nicht allzu turbulent sein, sonst könnte sie gar keinen Sog erzeugen und der Zunge keine Energie zuführen (außer durch den Staudruck, der aber von der Lage der Zunge unabhängig ist und höchstens eine minimale Vorspannung in Richtung Strömungskanal bewirkt). Insbesondere dürfte sie in der Phase zwischen maximaler Öffnung und Verschließen des Strömungskanals weitgehend laminar sein.

Nehmen wir an, durch eine sehr rauhe Oberfläche entstehen zusätzliche Turbulenzen während dieser Phase.

Wobei sich dann die Frage stellt, ob eine rauhe Oberfläche die Sogwirkung unterstützt oder eher eine glatte?

Turbulenzen verringern auf jeden Fall die Strömungsgeschwindigkeit und damit den Sog, die Rückkopplung würde schwächer, was m.E. den gleichen Effekt hätte wie ein geringerer Spieldruck: der Ton würde leiser und evtl. etwas höher oder tiefer, je nach absolutem Spieldruck.

Liegen solche Turbulenzen in Größenordnungen, wo sie einen nennenswerten Einfluss auf den Wirkungsgrad der Zunge haben? Ich weiß es nicht. Die Unterkante der Zungenspitze erzeugt sicher auch Turbulenzen, wahrscheinlich sind die viel stärker.

Das mit den Kerben erscheint mir einleuchtend. Dann müsste auch das Zungenprofil einen maßgeblichen Einfluss auf das Teiltonspektrum haben. Weiß jemand, ob das von den Herstellern gezielt eingesetzt wird? Die 16' und 8'-Reihen in meinem Akkordeon unterscheiden sich durchaus im Klang (16' klingt wärmer), vielleicht deshalb? Sonst sehen die Stimmplatten gleicher Tonhöhe nämlich gleich aus.
 
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Wenn man sich die Auslenkung einer Stimmzunge im Betrieb vorstellt ist klar, daß je näher am Niet um so geringer die Auslenkung. Ist ja offensichtlich. Zudem ist, wenn man das Schleifprofil einer Stimmzunge anschaut, es im letzten Drittel zum Niet hin stetig ansteigend und die Zunge viel steifer als in der oberen Zungenhälfte. Zudem ist dort noch das Ventil aufgeklebt und bewirkt daß das letzte Ende des Zungenkanals Richtung Niet wie ein Sackloch ist - da wird nicht mehr viel an Luft strömen. Beim Herunterstimmen wird aber gerade genau da wo das Zungenprofil sehr steif ist und zudem noch eher wenig von Luft umströmt eingeritzt. Daher meine Vermutung daß dort Änderungen der Oberfläche auf die Strömung kaum Einflüsse haben dürften. Wie Versuche belegten hat es einen deutlichen Einfluß auf die Lautstärke und Klangfarbe einer Zunge wie weit herunter die Verklebung eines Ventils reicht (mit Loch relativ kurze Klebestelle - ohne Loch lange Klebestelle und damit verlängerung des "Sackloches").
Wie schon weiter oben erläutert halte ich dies jedoch für das obere Drittel der Zunge für Nachvollziehbar aufgrund des Einflusses auf den Venturi Effekt. Was jedoch enormen Einfluß auf die Stimmung bei variablem Spieldruck als auch auf das Obertonspektrum der Stimmzunge hat, ist daß sie penibel genau ausgerichtet ist. Üblicherweise, selbst bei italienischen oberen Mittelklasse Stimmzungen, sind die Zungen durch das Vernieten und auch durch das nachträgliche Schleifen fast immer so gebogen, daß sie leicht (vom Niet ausgehend) in den Schingungskanal hineinbuchten um dann mittels Aufbiegung dann wieder aus ihm aufzutauchen und den Zungenspalt erwirken. Selbst wenn so eine Stimmzunge aufgrund der halbwegs vernünftig eingestellten Auslösung eingermaßen gut anspricht trägt sie eine andere Klangfarbe als wenn sie korrekt ausgerichtet wäre. Sie klingen dann etwas stumpfer, obertonärmer. Eine Stimmzunge muß gerade, parallel zur Stimmplatte ausgerichtet sein und dann je nach Lage und Größe der Zunge ein wenig aufgebogen sein, nicht wie eine Kurve sondern gerade. Stimmzungen welche eine starke Tondrift zeigen sind oft im letzten Drittel des Zungenendes kurvig aufgebogen. Die kleinsten Zungen im 4" haben sogar praktisch keine Aufbiegung sie tauchen nur gerade so nicht in den Zungenkanal ein. Da entscheidet ein Hauch von zuviel/zuwenig darüber ob sie funktioniert und wie sie funktioniert und auch welche Klangfarbe sie hat.

Roland
 
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Die Frage ist: Entstehen durch eine aufgerauhte Zungenoberfläche nennenswerte zusätzliche Turbulenzen und welchen Einfluss haben die eventuell auf Tonhöhe und Lautstärke?

Strömungstechnisch verhält es sich so, dass Fluide (also auch Gase) immer an Grenzflächen eine relative Geschwindigkeit zu dieser Grenze von 0 aufweisen
und erst mit zunehmendem Abstand von dieser Fläche bildet sich ein Strömungsprofil aus. Die Rauhigkeit dieser Oberfläche spielt schon eine Rolle bezüglich des Strömungswiderstandes. Je rauer, desto größer der Widerstand.

Die Stimmungskerben sind aber auf der Flachseite der Stimmzunge - die Luft strömt aber an den Schmalseiten der Zunge durch den Spalt - und ist drum erstmal unabhängig von der Kerbe auf der Flachseite. Die flache Seite der Stimmzunge schaufelt die Luft hin und her ... und diese Luft die da weggeschoben wird hat zur flachen Oberfläche der Zunge keine Relative Geschwindigkeit also 0 somit stören die Kerben an der Stelle erstmal auch nicht weiter.


Die Stärke der Rückkopplung hängt vom dynamischen Druck und damit vom Quadrat der Strömungsgeschwindigkeit ab (Bernoulli-Gleichung), und das Ganze funktioniert nur in einer laminaren Strömung.

Da bin ich jetzt ehrlich gesagt zu faul um den Sachverhalt genau nachzulesen ... und bin auch im Moment zu faul um die Strömungsgeschwindigkeit im Zungenspalt zu überschlagen (um dann zu bestimmen, ob die Strömung laminar oder turbulent ist)... aber Bernoulli-Düsen - und um eine solche handelt es ich ja grob verallgemeinert beim Stimmzungenspalt - hab ich bislang bei Luftanwendungen bis ca. zur Schallgeschwindigkeit als funktionierend betrachtet.

Ob die Strömung nun laminar oder turbulent ist, ist aus meiner Sicht eh wurscht, denn einen besonders guten Wirkungsgrad haben die Stimmzungen sehr wahrscheinlich nicht, was vermutlich auch ganz gut ist, denn sonst würden die sehr viel feinfühliger reagieren und den menschlichem Muskelapparat wohl schnell überfordern, weil der Mensch dann das schwächste Glied in der Kette wäre und unsere Muskeln dann nciht mehr feinfühlig genug reagieren könnten.


die Rückkopplung würde schwächer, was m.E. den gleichen Effekt hätte wie ein geringerer Spieldruck: der Ton würde leiser und evtl. etwas höher oder tiefer, je nach absolutem Spieldruck.

Hmm... Die Strömung beeinflusst den lokalen Luftdruck - aber die Tonhöhe ist nahezu unabhängig vom Luftdruck, was ganz gut ist, sonst müsste man ständig nachstimmen, je nachdem auf welcher Höhe man grad spielt.
Dass die Stimmzungen über den Lautstärkebereich eine Tondrift aufweseist hat andere Ursachen und erstmal nix mit der Luftströmung zu tun. Das hab ich ein paar Beiträge weiter obenschon mal ausführlicher beschrieben.


Das mit den Kerben erscheint mir einleuchtend. Dann müsste auch das Zungenprofil einen maßgeblichen Einfluss auf das Teiltonspektrum haben. Weiß jemand, ob das von den Herstellern gezielt eingesetzt wird?

Nein wird nicht gezielt eingesetzt, weil diese Kerben gleichzeitig Bruchkanten darstellen und die Dauerschwingfestigkeit deutlich reduzieren. Die Freude an so einer Stimmzunge würde sich sehr in Grenzen halten, wen man alle paar Monate die Platten tauschen müsste, weil die Zunge mal wieder abgebrochen ist.


Die 16' und 8'-Reihen in meinem Akkordeon unterscheiden sich durchaus im Klang (16' klingt wärmer), vielleicht deshalb? Sonst sehen die Stimmplatten gleicher Tonhöhe nämlich gleich aus.

Wenn du ein Cassotto Instrument hast dann ist das normal, denn die Stimmzungen des 8´und 16´Chores sitzen auf verschiedenen Seiten des Stimmstocks der im Casotto steckt. Und somit muss bei der Inneliegenden Seite der Klang erstmal noch umgelenkt werden, bevor er zum Schacht rauskommt. Und dabei gibt es Reflektionen und Absorptionen, was den Klang beeinflusst.
 
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Stimmzungen welche eine starke Tondrift zeigen sind oft im letzten Drittel des Zungenendes kurvig aufgebogen.

Nach meinen Erfahrungen liegt die Tondrift vor allem und fast ausschließlich an einem unzulänglichen Dickenverlauf der Stimmzunge. Für Stimmzungen die im Mittenbereich noch nicht dünner ausgeschliffen sind, kann man die Tondrift in aller Regel komplett egalisieren in dem man die Zungendicke in den entsprechenden Bereichen anpasst und das Schliffprofil korrigieren. Allerdings versaut einem das Ventil die erreichte Tonkonstanz, weil sich das Ventil leider nicht ganz so konstant verhält und auch einen leichten (nicht wirklich kontrollierbaren) Einfluss auf die Tonhöhe hat.

Das Egalisieren der Tondrift kann man wenn man will für das ganze Akko ausführen (solange die zunge noch keine Mttelabschwächugn haben) - ist allerdings eine Heidenarbeit und wie gesagt, gilt dann nur für die Stimmplatte in Verbindung mit genau dem Ventil drauf!

Wie weit verbogene Stimmungen die Tondrift beeinflussen hab ich noch nicht untersucht, weil normalerweise die verbogene Zunge andere Sauereien macht, die stärker stören.. und wenn man dann die Ursache beseitigt hat, ist der Rest meist auch wieder ok...Wundern würde es mich aber nicht, denn wenn die Zungenform verbogen ist, stimmen die Strömungsverhältnisse nicht mehr und es werden andere Bereiche der Zunge bei bestimmten Lautstärken beansprucht, die unter normalen Umständen zu einem anderen Zeitpunkt an der Tonerzeugung beteiligt wären.

Aber die Todrift einer "normalen " Zunge kann man schon korrigieren. Dazu braucht man allerdings ein Gebläse um den eingestellten Druck für eine längere Zeit konstant zu halten (ausgemusterte Staubsaugermotoren über einen Stelltrafo angesteuert eignen sich hierfür hervorragend! Hervorragender Tip von unserem User balg:great:)


Nachtrag:

Wie mir scheint bin ich auf das Thema der Tondriftkorrektur noch gar nicht eingegangen... wie und wo man da korrigieren kann ... werd ich vielleicht nachholen, wenn ich wieder mal n bissl Zeit habe.:)
 
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Hallo, Maxito, Roland, Daniel,

wow, meine tiefe Hochachtung! Super Thema, tolle Beiträge. Hut ab! Kann ich eine kleine Frage stellen? Durch meine Hände haben viele Instrumente mit unterschiedlicher Stimmzungenqualität gegangen. Mir ist aufgefallen, dass bei gebrochenen Zungen immer die Orientierung zum Zug (Öffnen) vorherrschte. Das Verhältnis zwischen Zug/Druck betrug etwa 5: 1. Ist das nur ein Zufall? Ist die Belastung der Stimmzungen in Richtung „Zug“ von wirklich höher? Wenn ja, hängt es von der Dimension und des gesamten internen Volumens der Tonkanzelle ab? …. Wenn meine Frage dumm ist, entschuldige ich mich im Voraus (In einem solchen Fall schlage ich auch vor, diesen Beitrag zu löschen...).

Gruß, Vladimir
 
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Wenn meine Frage dumm ist,

... wieso sollte deine Frage dumm sein?... Der Sachverhalt steht nirgends auf der Tielseite nachzulesen, also darf man nicht davon ausgehen, dass dase jeder weiß und drum darf man auch danach fragen.

...Abgesehen davon weiß ich es auch nicht so ganz genau und kann hier nur vermuten!

Wir hatten an anderer Stelle schon mal ne Debatte dass vor allem die g1 Stimmzunge im Diskant abbrechen und drüber diskutiert, ob und warum das denn so sei ich hatte seinerzeit angezweifelt dass es eine solche Häufung gibt udn dass es mit den Spielgewohnheiten zusammenhängen kann.
Inzwischen habe ich einige Instrumente mehr zur Reparatur dagehabt... und muss feststellen, dass sich auch bei den Instrumenten, die zu mir gelangt sind eine Häufung gibt, bei gebrochenen g1 Stimmplatten im Diskant. (insgesamt ca. 10 gebrochene Stimmplatten davon alleine 5 Stück g1 ! der Rest war mehr im Piccolo Bereich)

  • Die Stimmzungen, wenn die richtig eingestellt sind sprechen ungefähr auf Zug und Druck bei gleichem Differenzdruck an. Von daher haben die in etwa die gleiche Belastung durch das Spiel zu ertragen -> also alleine von den Druckverhältnissen, würd ich mal ausschließen, dass das die Ursache ist.
  • Klangbutter hat schon mehrfach auf den Effekt aufmerksam gemacht, dass die Tonklappen auf Zug schneller aufspringen. Das kommt daher, dass auf Druck der Tastendruck vom Balgdruck unterstütz wird und die klappe deshalb schon eher aufgedrückt wird und drum "etwas sanfter" öffnet. Auf Zug wird die Klappe eher noch weiter dicht gezogen und die Taste muss gegen den Saugdruck arbeiten, weshalb die dann, wenn die öffnet, relativ schnell öffnet. - Dieser Drucksprung macht eine minmal höhere Belastung auf die Zunge. Weil man das aber nicht immer im fff Bereich spielt, sondern meist im gemäßigten Lautstärkebereich, würde ich mal behaupten, dass die Stimmzunge somit in der Regel festigkeitsmäßig nicht extrem belastet ist und das somit auch wegstecken können muss. - >halte ich also nun auch nicht für einen Auslöser oder gar für die Ursache.
  • Interessanter scheint mir eher der Aspekt zu sein, wie denn das Akkordeongestimmt wird. An die außenliegenden Zungen kommt man sehr gut ran - da kann man gleich loswerkeln. bei den innenliegendenZugen muss man in der Regel die zugen erst mal hervorholen. Das macht man üblicherweise mit einem Stück Federbronzeblech, das bei der Zungenspitze in den Plattenspalt gesteckt wird , unter die Zunge greift und wenn man dann an dem Blech drückt, wird die Zunge nach oben gehebelt und kann bearbeitet werden. Jetzt ist aber der Spalt zwischen zunge und Plattenkanal recht klein - auch vorne an der Spitze. Das hat zur Folge, dass dei zugne nciht einfach nach oben herausrutscht, wenn man mit dem Hebelbleech drückt, sodnern die klemmt sich erstmal ein, weil ja das Blech im Weg ist. Drückt man weiter macht die zugne eien Bauch, weil die ja dem Hindernis ausweichen muss und schnellt dann nach oben. bei der Aktion kommt es häufiger vor, dass die Zungen nciht einfach nach oben schapen, sodnern sich dabei auch dauerhaft verbiegen. (Den Effekt hab ich in einem der Eingangsposts beschrieben und wie man die wieder gerade richten kann). Normalerweise wird beim Stimmen jetzt die Stimmplatte nicht ausgebaut , sondern die Zunge wird im eingebauten Zustand wieder zurückgebogen. Damit wird der Zungenstahl also schon zwei mal plastisch verformt und über die Streckggrenze belastet! Das ist aber eine Extrembelastung und das "merkt" sich der Stahl. Die Anzahl der Schwingungen die eine Zunge mitmacht ist nämlich eine Summe aus allen Schwingungen und deren jeweiligen Einzelbelastungen. Je mehr extreme Belastungen jetzt in diese Summe auftreten, desto gerigner ist die Gesamtzahl der möglichen Schwingungen. Und in der Folge wir so eine Stimmzunge auch statistisch eher ausfallen.
-> Bei den außenliegenden Zungen kommt dies nicht vor - die erhalten somit keine potentielle Lebensdauerverkürzung durch solche Fehlprozesse.
-> somit könnte die Ursache für gehäufte Zungebrüche bei den auf "Zug belasteten" also die "innenliegenden" Zunge möglicherweise die Ursache darin haben, dass die ab und zu mal verbogen werden beim "hebeln" und somit eine Dauerfestigkeitseinbuße haben und damit statistisch eher brechen.

Anmerkung:

Egal wie man die innenliegenden Zungen hervorholt - die werden praktisch immer ein Stück weit gebogen. Mit der richtigen Sorgfalt passiert eigentlich bei keiner dieser Methoden besonder häufig was - aber das Risiko ist einfach immer da. Und wenn man sich ausrechnet wieviel hundert Stimmzungen ein Stimmer in relativ kurzer Zeit angehen muss, um ein Akkordeon zu stimmen, dann kann es ganz einfach auch mal passieren, egal wie sorgfältig man zu Werke geht, dass eine Stimzunge aus Versehen verbogen wird. Ein Akkordeon ist in dieser Hinsicht leider ein baulich schlechter Kompromiss...:nix:
 
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Das leuchtet ein !!!
Deshalb heble ich z.B. beim Stimmen die inneren Zunge durch das Kanzellenloch (Stimmstock logischerweise ausgebaut) mit selbstgebautem Werkzeug schonend nach oben und schiebe – damit sich die Zunge nicht zu stark durchbiegt bzw. auch verdrehen könnte - zur Unterstützung und Führung dieser, noch ein dünnes Federbronzeblech dazwischen.
Dies kann einstweilen dann so verbleiben (habe ja nur zwei Hände).
Nun sind diese wieder frei und so kann das Ventil von oben vorsichtig hochgehalten, und die darunter befindliche Innenzunge entsprechend bearbeitet werden.
Habe mir angewöhnt die dabei abgetragenen Metallteilchen penibel zu entfernen.
Der Stimmstock sollte dabei gegen Kippen oder Verrutschen gesichert (z.B. am Stimmbänkchen) liegen, da es ansonsten ev. zu Schäden an der Stimmplatte/-Zungen kommen könnte.
Klappt bisher prima.
Gruß Stoager
PS: Danke Maxito, für deine interessanten und umfangreichen Ausführungen !
 
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Habe mir angewöhnt die dabei abgetragenen Metallteilchen penibel zu entfernen.

Das macht definitiv Sinn! Denn jeder Brösel, das auf der Stimmzunge zurückbleibt verändert die Stimmung... und wenn der dann später beim Spielen wieder wegfliegt... Tja: Stimmung Ade!

Soweit ich hinkomme bürste mit einem kurzen Borstenpinsel drüber, zupfe meist die Stimmzunge nochmals an und klopfe (bzw eher ein hartes aufsetzen) den Stimmstock auf den Stimmtisch (sofern der Stimmstock ausgebaut ist) um Brösel rauszuklopfen. Das hat noch einen Nebeneffekt - Die Stimmzungen "springen" mitunter nach dem Stimmen nochmals von der Stimmung weg, weil sich irgendwelche Spannungen freimachen. Auf die Art wird der Stahl gleich dazu animiert, das bitteschön doch sofort zu machen - dann ist die Wahrscheinlichkeit schon mal n bissl größer, dass die Stimmung auch besser steht.

Und was das fixieren der innenliegenden Zungen angeht. Ich drück die Zungen durch das Kanzellenloch hoch und fixier s dann auch mit unterlegten Fehlerlehren. Wobei ich festgestellt habe, dass die Stimmung in der Regel nach oben hin wegwandert. Und wenn man s dann etwas vorsichtig angeht, dann reichts wenn man nur tiefer stimmt... und das geht bei den meisten Zungen mit einem scharfen Stimmstichel auch ohne die Stimmzunge irgendwie heben oder fixieren zu müssen. Aber der Stimmstichel muss wirklich scharf sein!

Dazu reichts wenn man mit dem Stimmstichel unter das Ventil fährt und dann in Richtung Zungenfuß schabt. Mal von den ganz kleinen Stimmzungen abgesehen (da muss man n bissl vorsichtiger zu Werke gehen!!!) beten die meisten Stimmzungen da schon soviel mechanischen Widerstand, dass man auf die Art trotznicht fixierter Stimmzunge tiefer stimmen kann.

Als Stimmstichel hab ich einen Hartmetallstift (nicht zu verwechseln mit gehärtetem Stahlstift!) von 0,8 mm Durchmesser, den ich auf einer Diamantscheibe an der Spitze scharfkantig rechtwinklig schleife. Mit dem gehts dann ganz gut. Aber ganz wichtig : muss definitiv scharfkantig sein... deshalb regelmäßig vor der Arbeit nachschauen oder nachschärfen.

... Gibt viele Methoden - das ist so ungefähr meine...:nix:
 
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Guten Abend!

insgesamt ca. 10 gebrochene Stimmplatten davon alleine 5 Stück g1

Ich habe heute über die Informationen nachgedacht und versucht, meine Eindrücke und wirklichen Fakten voneinander sachlich zu trennen. Vor der Überholung im letzten Jahr war die Situation meiner beiden kleineren Kisten wie folgt:

Die 96-Bässige hat gebrochene Stimmzungen (Z= Zug, D= Druck):
8´-Stimme: (Z); d´´´ (Z); e´´´(D)
8°-Stimme: b´´ (Z)
16´-Stimme: f (Z); g (Z und auch D!)

Das 80-Bass Instrument hat folgenden Schäden:
8´-Stimme: keine
8°-Stimme: keine
16´-Stimme: e (Z) und b (Z)

Also insgesamt neun gebrochene Zungen, davon sieben innere (auf Zug) und zwei äußere (Druck). Ganz übliche mechanisch genietete "Dural“-Stimmzungen. Die meisten befinden sich in den Grundregistern 16´ und 8´. Der kleinste Schaden wurde im Tremolo gefunden. In beiden Fällen befanden sich keine beschädigten Zungen im Bass. Ich muss jetzt eigentlich zugeben, dass gebrochene Bass-Zungen finde ich eher nur als Rarität.

Ist die unterschiedliche (d. H. "unvollständig harmonische") Schwingungsfrequenz der Tremolo-Zungen ein "Schutzfaktor" gegen Beschädigung? (...natürlich unter der Annahme des gleichen Stimmungsverfahrens wie für die 16´ und 8´Register)

Die logische Erklärung für Bass ist für mich ein akkordisches Spiel mit einer höheren Anzahl an klingenden Zungen und damit bisschen reduziertem Drucksprung. Und natürlich (schätze ich) auch ihre robustere Mensur.

Viele Grüße, Vladimir
 
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