Stimmbildung im Chor?

Tonja
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Da hier immer wieder der Chor als gute Alternative zum Singenlernen bei kleinem Budget erwähnt wurde: mit etwas Verspätung :) meine Erfahrung dazu (alles wie immer bei mir nur in Bezug auf klassischen Gesang).

In einem guten Chor kann man vieles lernen: Rhythmusgefühl, Gehörtraining/Intonation, bei genügend Sensibilität: auf einander hören, musikalische Terminologie, Kenntnisse zu Chorwerken, Blattlesen, etc.

Was aber leider nicht/kaum dazu gehört ist Gesangstechnik! Diese erlernt man in einem 1:1-Pingpong-System: Schüler singt-GL korrigiert-Schüler singt wieder und versucht Anweisungen umzusetzen-GL korrigiert erneut, etc. Und irgendwann nach Jahren oder Jahrzehnten "kann" man singen. Das "Können" - bei einem Schüler mit normaler Musikalität und Körperbewusstsein sowie einem gesunden Stimmapparat - ist abhängig von seinem Fleiss und Durchhaltevermögen sowie von der Qualität des GL und wie gut das Gespann zusammenpasst. Es kann so weit reichen, dass irgendwann durchaus am Profi-Niveau gekratzt wird, oft bleibt es aber halt auch nur bei gutem Laiengesang.

In einem Chor ist alles ganz anders: meist wird "Stimmbildung" nur in der Gruppe gemacht, der Stimmbildner kann kaum auf die einzelnen Sänger korrigierend einwirken. Auch Kleinstgruppen von 2-3 Leuten bringen nicht wahnsinnig viel, da dann die Abstände zwischen den Stimmbildungssequenzen für den einzelnen Chorsänger meist gross sind und während der Stimmbildung nur wenig Zeit für den Einzelnen zur Verfügung steht. Zudem ist es für einen soloungewohnten Chorsänger nicht selten stressig, bei Anwesenheit von Chorkollegen alleine zu singen! Erfahrene Chorstimmbildner wissen das und verlangen deshalb schon gar nicht, dass sich ein Einzelner exponiert.
Das alles ist völlig ok, denn bei dieser Chorstimmbildung geht es nicht darum aus den einzelnen Chormitgliedern Solisten zu machen, sondern darum, den Chorklang insgesamt zu verbessern. Und auch wenn sich beim einzelnen Sänger stimmtechnisch nur ganz wenig tut, hat das oft bereits einen positiven Effekt auf den Gesamtklang.

Viele machen ihre ersten gesanglichen Gehversuche ausserhalb der eigenen 4 Wände in einem Chor, auch bei mir war das der Fall. Und vielen genügt das Chorsingen als jahrzehntelanges ausfüllendes Hobby. Wenn man aber schon zu Beginn auch nur den leisen Wunsch hat, irgendwann einmal vernüftigt solistisch singen zu können, würde ich aus meiner Erfahrung heraus sehr anraten, anstatt (sofort) in einen Chor einzutreten, lieber noch etwas länger für GU zu sparen, zu jobben, auf anderse zu verzichten und dann mal 2-3 Jahre GU zu nehmen. Resp. einfach so lange, bis sich die wichtigsten Grundlagen der Gesangstechnik so automatisiert haben, dass man sie bei etwas unkontrollierterem Singen (was im Chor immer ein bisschen die Gefahr ist) nicht gleich wieder verliert. Wenn man aber mal soweit fortgeschritten ist, spricht nichts mehr dagegen, neben GU und ersten Soloauftritten auch noch in einem guten Chor zu singen - ganz im Gegenteil: der Chor kann dann eine super Bereicherung für die eigene Gesangsausbildung sein. Und andererseits profitiert auch der Chor von solchen stimmlich schon bis zu einem gewissen Niveau ausgebildeten Stimmen.
 
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Was aber leider nicht/kaum dazu gehört ist Gesangstechnik!
Ich persönlich habe da andere Erfahrungen gemacht. Zugegeben habe ich nur eine einzige Erfahrung 😅 Aber unser Kantor teilt immer auf Jungbläser, Jungsinger und so weiter. Diese kommen immer eine Stunde vor den Profis und lernen dort die absoluten Grundlagen. Erst wenn er davon überzeugt ist, dass man einen minimal stand hat kommt man in die normale Gruppe. Die ersten Male bleibt man dann länger und versucht mal wie es klappt.

Natürlich ist nicht jeder Chorleiter gut und vielleicht habe ich hier das seltene Glück einen guten Kantor zu haben. Von der Qualifikation ist er neben O rgelsachverständiger auch diplomiert Musiker und irgendwas staatlich anerkannte Diplom Stimm Entwicklungs Zeug. Frag mich nicht nach diesen ganzen Bezeichnungen 🤗 Leider ist die Realität in vielen Chören nicht so gut wie bei uns und da singen einfach welche die meinen es zu können und es ist eben ein Unterschied ob man in einem kleinen Gemeinde Chor lernt oder der Chorleiter auch einen großen professionellen Kammerchor führt.

Ob man wirklich alleine singen lernen kann weiß ich nicht. Einzelne Talente schaffen das vielleicht, aber die meisten werden in der eigenen Wahrnehmung genau wie ihr Idol singen und sehen sich als Meister des Gesangs und alle anderen sehen die Person dann wie die sich bei YouTube, DSDS oder anderen blamiert. Freunde und Familie sind da auch nicht hilfreich.
 
Was aber leider nicht/kaum dazu gehört ist Gesangstechnik!
Das möchte ich so nicht unterschreiben.
und es ist eben ein Unterschied ob man in einem kleinen Gemeinde Chor lernt oder der Chorleiter auch einen großen professionellen Kammerchor führt.
Auch das möchte ich so nicht unterschreiben.

Ich kenne durchaus "klein aber fein" und hatte/habe mehr als einen Chor, in dem auf Stimmbildung Wert gelegt wurde bzw. wird. Wo es z.T. auch Einzelstunden gab für die, die wollten, der Chor bezuschusste das dann, einen Teil zahlte man selber. Und was unsere Chorleiterin in dem einen Chor aus den SängerInnen beim normalen Einsingen und auch beim Singen rauslockt, finde ich phänomenal. Beim Einsingen spüre ich selber, wie die Stimme innerhalb kürzester Zeit aufmacht. Und wenn der Alt mal Pause hat und ich bei den anderen Stimmen zuhöre, höre ich die Verbesserung des Klangs, die auf ihre Anweisung hin meist sehr schnell kommt.
 
Ich kenne durchaus "klein aber fein" und hatte/habe mehr als einen Chor, in dem auf Stimmbildung Wert gelegt wurde bzw. wird.
Ja, pauschal kann man das selbstverständlich nicht sagen. Eine große Kantorei kann unfähige Kantoren haben und das kleine Dorf wo mehr Kühe als Menschen wohnen kann einen so fähigen Kantor haben den man sonst nirgendwo findet. Am besten ist es wirklich sich den Chor vor Ort anzuschauen oder anzuhören. Auf der anderen Seite kann man den besten Profi vor sich haben, wenn die Chemie nicht stimmt wird auch das nichts.
 
Diese kommen immer eine Stunde vor den Profis und lernen dort die absoluten Grundlagen. Erst wenn er davon überzeugt ist, dass man einen minimal stand hat kommt man in die normale Gruppe.

Das ist natürlich super! Ein Hinkommen in eine bestehende und funktionierende Chorgemeinschaft klappt dann vermutlich leichter, besonders als AnfängerIn und hoffentlich ohne das Gefühl zu bekommen, 'ich kann nicht singen'
 
und funktionierende Chorgemeinschaft klappt dann vermutlich leichter,
Ich finde ja. Der Vorteil ist das man immer noch in der Probe ist während fünf Minuten vorher schon die ersten kommen und man dann auch schon einmal die ersten Übungen macht während andere dabei sind und die anderen wissen eben auch dass man noch ganz am Anfang steht. Wobei singen war die ersten Monate eigentlich nie ein Thema, sondern erst mal nur Vokale und Töne treffen sowie sich vorstellen können. Wer natürlich schon ein anderes Instrument spielt ist ganz klar im Vorteil. Ohne Vorstellung wie Töne und Verläufe klingen sollen wird man es nicht hinbekommen. Daher bin ich immer sehr skeptisch wenn jemand von sich behauptet gut singen zu können, aber keine Ahnung von Notenlesen hat.

Ein anderer Vorteil wenn man in einer Gemeinde aktiv ist, ist ja auch das man die anderen bereits kennt. Da ist die Hemmschwelle noch einmal geringer als vor einen Haufen völlig Fremder zu stehen.
 
In einem Chor ist alles ganz anders: meist wird "Stimmbildung" nur in der Gruppe gemacht, der Stimmbildner kann kaum auf die einzelnen Sänger korrigierend einwirken. Auch Kleinstgruppen von 2-3 Leuten bringen nicht wahnsinnig
Sorry, das fiel mir noch ein...

Das sehe ich etwas anders, wobei wir hier vermutlich von völlig unterschiedlichen Voraussetzungen ausgehen. Wenn ich an AnfängerInnen denke, die prinzipiell keine allzugroßen Hemmungen haben, zu singen, dann mags gehen mit der Einzel-Stimmbildung. Aber sobald die Schüchternheit und die Hemmungen groß sind, kann eine Kleingruppe hilfreich sein, weil man nicht sofort ohne alles dasteht, eben nicht sooo viele Leute zuhören und die Athmosphäre (hoffentlich) unterstützend ist.
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Daher bin ich immer sehr skeptisch wenn jemand von sich behauptet gut singen zu können, aber keine Ahnung von Notenlesen hat.
Ich bin eine von denen ;) Notenlesen fällt mir unfassbar schwer, ich hab immer leicht nach Gehör gelernt, sowohl Melodie wie Text und als Kind dann nicht eingesehen, wieso ichs anders machen sollte. Wobei das als Sängerin nochmal anders ist als wenn ich ein Instrument gelernt hätte. Und natürlich denke ich oft 'hätte ich mal'. Ich hab es mir auch in Ansätzen selbst beigebracht, aber von 'Können' bin ich weit entfent und von Blatt ablesen klappt zwar bei sehr leichten Sachen wie Mantren immer mal, aber letztlich ist es intuitiv. Ein eklatanter Nachteil vom nicht Noten lesen können ist, für mich jedenfalls, das Angewiesensein auf das Vorgesungen-kriegen.
 
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Ein eklatanter Nachteil vom nicht Noten lesen können ist, für mich jedenfalls, das Angewiesensein auf das Vorgesungen-kriegen.
Ich denke eher der Hauptnachteil ist der dass du länger brauchst ein Stück zu lernen. Einfach auf das Blatt schauen und absingen ist sehr viel schneller als sich die Melodie erst einzuprägen und einzustudieren.

Ich persönlich würde dir raten es einmal anzugehen. Am Anfang ist es unheimlich schwer, aber nach einer gewissen Zeit hast du den Dreh raus. Am einfachsten nimmt man ein Gesangsbuch und ein Stimmgerät, dann mit Vokalen die Melodie nachsingen. Wenn das klappt dann auch die Wörter benutzen. Meiner Erfahrung klappt es mit Vokalen sehr schnell aber wenn man dann versucht Wörter auf den Ton zu bekommen... Naja du wirst es ja wissen was dann passiert... Dann kommen so lustige Sachen dabei raus das man z.B auf das Wort "Gnädiglich" welches eine Quinte höher liegt als das vorherige sich anhört wie eine Ziege der man auf den Fuß getreten ist und dann merkt das ein "Gnediglich" eher das ist was man singen sollte :giggle:
 
Hallo Christian,
ja, das kann schon sein mit dem länger dauern. Kann ich jetzt ja nicht beurteilen, da mir der Vergleich fehlt. Dein Vorschlag klingt interessant - wenn ich dich richtig verstehe, singe ich ein Lied, das ich natürlich noch nicht kennen sollte, vom Blatt ab mit dem Stimmgerät als Kontrolle, ob der Ton jeweils der richtige ist. Hm, das probiere ich mal aus :great: In der Band brauche ich das zwar nicht, aber es immer gut, etwas zu können!
 
Ich habe mir damals ein schönes Übungsbuch gekauft für wenige Euro. "Voice Basics: Deine Stimme - dein Instrument! Stimmbildung für Anfänger" vom Voggenreiter Verlag. Dort wird zum einen beschrieben wie die Tonerzeugung funktioniert, dann verschiedene Vokale, Umlaute und andere Töne behandelt inkl. Abbildungen wie die Zunge und Zähne am besten sind, der Unterschied zwischen Klassisch und Pop und dann ein Teil wo diverse Übungen mit Intervallen behandelt werden. Da lernt man natürlich keinen Gesang in der Endform, aber man bekommt technische Dinge an die Hand mit denen man weiter kommt. Das Buch kostet rund 10 Euro, gebraucht weniger als 5€. Für denn Fall das du es dir mal ansehen willst.
 
Super, vielen Dank! :) Mir geht es auch wirklich 'nur' um das Lernen der Noten. Unterricht hatte und habe ich schon lange und liege momentan sozusagen in den letzten Zügen des aktuellen Studiengangs in Lichtenberg. Die Stimme selbst ist es also nicht, nuuuuur die Theorie, um die ich mich bisher überaus erfolgreich herumgedrückt habe 😚
 
Die Stimme selbst ist es also nicht, nuuuuur die Theorie, um die ich mich bisher überaus erfolgreich herumgedrückt habe
Nene meine liebe, es ist deine Praxis :sneaky:

Wenn deine Stimme gut ist und du Stücke gut nachsingen kannst, dann hast du begriffen wie du Tonabstände singst und vieles andere auch. Vom Blatt singen ist keine Theorie sondern auch Praxis. Im Grunde ist eine kleine Terz das gleiche vorgesungen wie auch auf einem Notenblatt aufgeschrieben. Wenn du das eine kannst, dann gibt es keinen Grund warum du das andere nicht auch können solltest. Ich lese auch beim Blattsingen keine Noten in dem Sinne. Ich sehe auf das Blatt und erkenne sofort der erste Ton ist ein C und der Abstand nur nächsten Note ist eine Quinte. Dann muss ich nicht lange nachdenken welcher Ton das nun ist und wie ich dort hinkomme, sondern ich kann ja eine Quinte singen :)
 
Jajajaja ;) auf dem Blatt zu erkennen 'es ist ein a' oder was auch immer und dieses 'a' und kein anderes zu treffen usw. Dass du das sofort erkennst liegt, hmmm woran könnte das liegen... an der Übung? ;)
Ich lese auch beim Blattsingen keine Noten in dem Sinne.
Das ist ähnlich zu was ich oben mit 'intuitiv' meinte. Nur, dass es bei dir vom 'richtig' mal gelernt haben kommt und bei mir aus der Praxis erwachsen ist (und sich, wie geschrieben, auf 's einfachste beschränkt)
Aber jetzt hab ich ja gleich 2 Anregungen - Stimmgerät und VoiceBasics 🎼
:)
 
Alternative wenn du ein Smartphone hast, dann schaue dir mal diese App hier an https://play.google.com/store/apps/details?id=com.learntomaster.vtlts

Ich selbst nutze sie gerne weil es einen freien Modus gibt und dir die App genau anzeigt welchen Ton du gerade wie genau singst. Der Vorteil ist eben dass sie dir zeigt ob du ein C3 oder ein C4 singst während das Stimmgerät meist nur ein C anzeigt. Es gibt auch diverse Modi wie im eigenen Stimmumfang zufällige Tonfolgen zu singen und den Ton immer eine Zeit zu halten. Aber auch Intervalle kannst du dort üben und hast auch gleich ein Klavier um die Töne einmal zu hören. Klar die App wirkt altmodisch vom Aufbau, aber sie tut was sie soll.

Leider sind diese Apps und Stimmgeräte im tiefen Bereich eher unbrauchbar. Mein Stimmgerät und auch App machen beim A2 irgendwann Schluss. Wobei das bei dir als Frau wohl nicht so relevant sein sollte. Wie es im hohen Bereich aussieht weiß ich nicht :)
 
Hey cool, vielen Dank. Über Apps hatte ich eben nachgedacht und schwups...
Stimmt, im tieferen Bereich der Männer werde ich wohl eher nicht landen. Ich werde es testen :)
 
Ich denke eher der Hauptnachteil ist der dass du länger brauchst ein Stück zu lernen. Einfach auf das Blatt schauen und absingen ist sehr viel schneller als sich die Melodie erst einzuprägen und einzustudieren.
Eh, nein. Ich kann vom Blatt spielen, solange die Finger mitmachen, aber vom Blatt singen ist eine andere Hausnummer. Ich bin wesentlich schneller, wenn ich mir das Stück einmal (oder mehrmals) vorspiele, gerne auch dabei auf das Blatt schaue, und dann singe.

Übrigens kenne ich einige wirklich gute Instrumentalisten, die von Noten nicht die kleinste Idee haben. Die machen das über das Gehör und Gedächtnis.

@VocAngel Noten lesen lernen lohnt trotzdem. Vom Blatt singen habe ich gelernt, indem ich Intervallübungen bei Vocalisen gemacht (1 2 1 3 1 4 etc.) und mir die Intervallnummer unter die jeweilige Note geschrieben habe. Bei Instrumenten finde ich es leichter, aber Noten sind eine gute Gedankenstütze, bis man ein Lied auswendig kann.
 
Ich bin wesentlich schneller, wenn ich mir das Stück einmal (oder mehrmals) vorspiele, gerne auch dabei auf das Blatt schaue, und dann singe.
Je nach Lied mag das durchaus gehen, aber wie will man eine Kantate die 15 Minuten länge hat mit komplexen Verläufen so sich merken? Ich persönlich sehe es wenig praktisch wenn wir im Chor jemanden seine 8 Minuten Stelle erst dreimal vorsingen müssen, dann wäre die Probe ja schon vorbei :)

Im Grunde ist das Singen vom Blatt wie das Spielen vom Blatt. Man muss es üben. Bis du vom Blatt spielen konntest sind vermutlich auch viele Monate und bei komplexeren Stücke vermutlich viele Jahre vergangen.

Ich denke man muss beide Fähigkeiten haben, aus dem Kopf singen können gehört auch dazu. Wenn ich wunderbar vom Blatt jeden Ton treffe, dann nützt mir dies ja auch wenig wenn das Gesangsbuch umgeblättert ist und die Noten zu dem Text auf der Rückseite stehen :) Wobei die wöchentliche Erfahrung doch ganz klar zeigt dass jemand der meint sich daran zu erinnern ohne Noten gerne mal daneben liegt :)
 
Ich persönlich sehe es wenig praktisch wenn wir im Chor jemanden seine 8 Minuten Stelle erst dreimal vorsingen müssen,
Bei der ersten Probe eines neuen Stückes? Und 8 Minuten beim ersten Wurf am Stück? Interessant.

Natürlich sind die Noten eine Gedankenstütze, das hatte ich ja aber auch geschrieben. Aber die komplizierte Kantate, die hätte ich doch gern von Dir auf Anhieb richtig gesungen vom Blatt gehört :) Vielleicht haben wir aber auch nur ein Definitionsproblem.

"Vom Blatt singen" heißt bei mir, man schaut auf die Noten eines unbekannten Stückes und singt es zumindest mal den Noten nach so, wie es dort steht; Dynamik und Verzierungen lassen wir hierbei wegen meiner noch außen vor. Bei Instrumenten (ich spiele keine Geige, sondern z.B. Zither, falls das einen Einfluss hat) und nicht all zu komplizierten Stücken, die man nicht üben muss, geht das. Beim Singen müssen die Stücke ziemlich einfach sein. Ich habe viele Treffer, aber komplizierte Kantate mit ungewöhnlichen Läufen - nada.
Wenn ich wunderbar vom Blatt jeden Ton treffe, dann nützt mir dies ja auch wenig wenn das Gesangsbuch umgeblättert ist und die Noten zu dem Text auf der Rückseite stehen
Die drei Noten sollte man sich merken können. Btw, bei Stücken, die ich beherrsche, blättere ich durchaus auch auswendig um ;)
 
Aber die komplizierte Kantate, die hätte ich doch gern von Dir auf Anhieb richtig gesungen vom Blatt gehört :) Vielleicht haben wir aber auch nur ein Definitionsproblem.
Ich glaube auch. Also eine komplexe Kantate singt wohl kaum ein Laienmusiker einfach mal so vom Blatt. Wobei es natürlich darauf ankommt. Wir haben im Kammerchor die Kantaten von Schütz durchgearbeitet und wenn du von einem Komponisten 10 Stücke geübt hast, dann singst du Nummer 11 und 12 quasi vom Blatt weil es die gleiche Art ist und du das alles schon einmal gesehen hast. Kommt dann dazwischen aber ein Bach, dann ist es wieder was anderes.

Es ist ja allgemein so das man meist das gut kann was man viel übt. Ich würde von mir behaupten ein guter Orgelspieler zu sein, spiele Bach und co ohne Mühe vom Blatt. Habe mich vor einiger Zeit mal an ein Wagner Stück gewagt was komplett anders ist und ich saß da wie jemand der die ersten Stunden an der Orgel verbringt :)
 
Natürlich ist nicht jeder Chorleiter gut und vielleicht habe ich hier das seltene Glück einen guten Kantor zu haben.
Ich glaube wir waren da in meinem (Ex-)Chor auch ganz gut aufgestellt. Der Chorleiter war ein diplomierter sehr musikalischer Kirchenmusiker (Pianist, Organist und Chorleitung) und hatte im Rahmen seiner Berufsausbildung auch Gesangsunterricht. Trotzdem hat selbstverständlich nicht er die Stimmbildung gemacht, dafür hatten wir 2 diplomierte Sängerinnen/Gesangslehrerinnen. Finanziell stand unser Chor sehr gut, da, die Stimmbildung wurde mehrheitlich durch den Verein getragen. Die Stimmbildung fand ganzjährlich z.T. in den erwähnten Kleingruppen (2-3 Leute aus dem jeweils gleichen Register) statt, wo dann v.a stimmtechnisch mit Übungen gearbeitet wurde, bis hin zu Registerstimmbildung wo schwierige Stellen aus den aufzuführenden Werken dran kamen. Einmal pro Jahr gab es zusätzlich ein Stimmbildungs-WE, wo auch spielerisch z.B. mit Impro, singen und bewegen, etc. gearbeitet wurde.

Trotzdem bleibe ich dabei: wenn jemand seine Stimme ernsthaft klassisch und bis zur Solo-Reife ausbilden will, geht das nicht via Chor!

Wo es z.T. auch Einzelstunden gab für die, die wollten, der Chor bezuschusste das dann, einen Teil zahlte man selber.
Das ist natürlich super, gab es bei uns im Chor genau so auch mal. Aber sind wir ehrlich, das geht immer nur über eine rel kurze Zeit! Denn, welcher Chor mit sagen wir 30-40 Sängern könnte es sich leisten, auch nur zB. bei einem Viertel der Mitglieder über zB. 5 Jahre wöchentlichen privaten GU ernsthaft mitzufinanzieren ;)

Beim Einsingen spüre ich selber, wie die Stimme innerhalb kürzester Zeit aufmacht.
Ja, aber du hast daneben ja Gesangsunterricht, deine Stimme ist also bereits auf einem ganz anderen Niveau als die eines durchschnittlichen Laienchorsängers. Du weisst im Prinzip schon wie man singt, da reicht schon ein kleiner Input beim einsingen, dich auf die gute Spur zu bringen.

Und wenn der Alt mal Pause hat und ich bei den anderen Stimmen zuhöre, höre ich die Verbesserung des Klangs, die auf ihre Anweisung hin meist sehr schnell kommt.
Klar, Verbesserung des Gesamtklanges (des ganzen Chores oder der einzelnen Register). Genau darauf hin zielt die chorische Stimmbildung zusammen mit einem guten Einsingen ab. Aber lass mal Chorsänger die neben dem Chor keine Stimmausbildung machen alleine irgendein klassisches Solo-Stück singen: nichts kompliziertes, ein einfaches Kunstlied oder was aus den Arie Antiche: idR. möchte sich das niemand allzu lange anhören, weil es von einer unausgebildeten Stimme einfach nicht genügend gut tönt (bei Frauenstimmen so gut wie nie, bei Männern habe ich es 2x erlebt, dass jemand ohne oder mit ganz wenig GU einen erstaunlich schönen Klang mit einer frei schwingenden Stimme erzeugte).

Wenn ich an AnfängerInnen denke, die prinzipiell keine allzugroßen Hemmungen haben, zu singen, dann mags gehen mit der Einzel-Stimmbildung. Aber sobald die Schüchternheit und die Hemmungen groß sind, kann eine Kleingruppe hilfreich sein, weil man nicht sofort ohne alles dasteht, eben nicht sooo viele Leute zuhören und die Athmosphäre (hoffentlich) unterstützend ist.
Ich sehe das umgekehrt: alleine mit dem, irgendwann auch sehr vertrauten, GL trauen sich Schüchterne meist viel mehr! v.a. wenn der GL sensibel genug ist (was er immer sein sollte) und zu Beginn einen noch etwas gehemmten Anfänger langsam ans Singen ranführt. Sind aber noch weitere allenfalls kritische Ohren vorhanden (und gerade unter Chormitgliedern gibt es leider auch mal Neid und Untoleranz) geht bei Sängern die sonst nur in der relativen Sicherheit einer Gruppe singen und dann plötzlich alleine müssten, oft grad gar nichts mehr. Ich kann mich erinnern: als bei uns im Chor zum ersten Mal Stimmbildung in Kleingruppen stattfand kam von vielen zT. erfahrenen Choristen die bange Frage: "Hilfe, muss ich dann vor den andern ganz alleine singen?" :eek: und die Beruhigung war gross, als sie merkten, das durfte wer wollte, aber niemand musste! und dies obwohl bei uns im Chor zum Glück ein sehr gutes freundliches Klima herrschte, es gab keinen Neid und keine Intoleranz Schwächeren gegenüber.
 

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