zeitgemäß hin oder her...ein lebendiger dynamischer röhrensound eines handgebauten amps lässt sich vielleicht mit all dem digitalen computergenerierten "schnickschnack" inzwischen sehr passabel nachempfinden...allerdings fehlt mir dabei das feeling: da hinter mir steht ne fette schwere alte mit liebe gezimmerte holzkiste mit schöner alter technik drin. ich liebe allein schon das geräusch und den geruch der sich vorwärmenden röhren...dann das wunderschöne "glühen",...das rumdrehen an den alten potentiometern...
ohne all den (in einigen augen wahrscheinlich inzwischen unnötigen) nostalgischen scheiss hätte ich überhauptkeinen bock auf ner bühne zu stehen...
ich verteufel diese "liebe" zwar jedes mal wenn ich den 35 kg combo + box +... + ....+... aus dem 4. stock die treppen runter und am nächsten tag wieder hochschleppe...aber liebe ist leider nicht nur immer schön....und schmerzen gehören nunmal auch zu einer echten liebe dazu
Das ist so ein oft zitiertes nebulöses Argument wenn es darum geht, ob Röhrenamps noch zeitgemäß sind. Da heißt es dann plötzlich, dass das "Feeling" bei einem Röhrenamp einfach besser ist als bei einem Modeller. Modeller wären tot, das glühen der Röhren lebendig etc.
Ich denke das sind alles Sentimentalitäten. Was man hier momentan beobachten kann ist ein Paradigmen-Wechsel, der sich sehr langsam vollzieht. Als die ersten Digital-Kameras auf den Markt kamen, waren die Leute auch erst skeptisch. Gegen eine analoge Kamera hätten die Bilder keine Seele, das Feeling mit einer analogen Kamera, die noch richtig den Film belichtet sei ein ganz anderes, außerdem wäre die Qualität von digitaler Fotographie schlechter etc. Ich kann mich noch dran erinnern, dass es da große Vorbehalte gab! Fakt war jedoch, dass ab dem Zeitpunkt, an dem die digitale Qualität an die Qualität von analogen Bildern herankam, der ganze analoge Kram faktisch keine Chance mehr hatte, was sich auch bewahrheitet hat wie wir mittlerweile alle wissen.
Gründe:
1. Analog ist nicht so flexibel wie digital (man kann z.B. Bildqualität nicht vorher festlegen (ISO) und direkt schauen wie die Fotos geworden sind),
2. mit laufenden Kosten verbunden (Filmwechsel, Entwicklung)
3. Nachbearbeitung schwierig.
Wie sieht es bei "analogen" Röhrenverstärkern aus? Ziemlich genau gleich. Sie sind schwer und unhandlich, die Flexibilität wird mit komplizierten Schaltungen erkauft die den Preis in astronomische Höhen treiben, man hat laufende Kosten (Röhrenwechsel) und Aufnahmen/Abnahme gestaltet sich zuweilen als schwierig.
Modellingverstärker sind auf dem Vormarsch und zwar weil sie flexibler sind (verschiedene Amp-Modelle), sie sind nicht mit laufenden Kosten verbunden und man kann sie quasi durch Firmware-Updates "upgraden" und neue Sounds downloaden. Das heißt, mit einem Gerät wird man irgendwann unbeschränkt viele Möglichkeiten von "Werk" aus besitzen und muss nicht mal mehr in teure Effektpedale investieren. Kurz gesagt: Genau wie digitale Kameras im Vergleich zu analogen sind sie einfach praktischer als Röhrenverstärker!! Sobald die Soundqualität irgendwann an das Niveau eines Röhrenverstärkers rankommt (was irgendwann passieren wird), dann sieht es für Röhrenverstärker ganz schlecht aus. Keiner wird einsehen wieso er sich für 2000 Euro eine 20 Kg schwere analoge Kiste kaufen soll, die wartungsbedürftig ist und beschränkte Soundmöglichkeiten hat, wenn er sich einen Modelling-Amp für sagen wir 500 Euro (Chiptechnik ist günstig) kaufen kann, der das gleiche leistet, flexibler ist, nicht gewartet werden muss und auch noch kostenlos upgradefähig ist.
Der Kreis an Leuten die dann immer noch ihren Röhrenamps wegen dem "Feeling" treu bleiben wird in 20 Jahren genauso groß sein wie der Kreis von Leuten, die heutzutage mit Polaroidkameras knipsen. Meine Prognose.