Ich spiel nun seit über 40 Jahren Gitarre. Meine erste E-Gitarre hab ich mit 14 von meinem Konfirmationsgeld neu gekauft, knapp 400DM, nicht mehr als ein stück Sperrholz, mit minderwertigen Pickups, schlechten Mechaniken und beschissener Spielbarkeit. Der Unterschied zu meiner nächsten, 2 Jahre später, einer Gisbson SG für 1100DM war ein extremer Qualitätssprung. Eine Ibanez Artist für 1800DM war ein weiterer großer Step, weil noch bessere Bespielbarkeit, enormer Sustain durch den durchgehenden Hals und mehr Klangoptionen durch die aufwendige aktive Elektronik.
Dann hab ich irgendwann mal eine weiße Strat-Verschnitt von Ibanez für 1100DM gekauft, das war nur ein kurzes Vergnügen, und hier hat man nach 2 Jahren eindeutig das Qualitätsdefizit erkannt: die meisten Schrauben halten nicht mehr (Gurtpins etc.), Floyd Rose angerostet, Mechaniken ausgeleiert, Bundstäbchen heruntergespielt etc. Also auch ein wichtiger Punkt, wenn man über Wert bei einer Gitarre redet, die Haltbarkeit!
Irgenwann ist mir mal durch Zufall eine alte pre-factory PRS Custom Electric in die Hände gefallen, Baujahr 86, also eigentlich nicht einmal Vintage (meine SG hatte ich 1980 neu gekauft!). Der PRS sieht man ihr Alter wirklich an, wurde halt viel gespielt. Aber da ist auch nach über 30 Jahren nichts verzogen, kein Rost, jede einzelne Schraube hält wie am ersten Tag. Nicht einmal die Potis kratzen. Ich weiß auch nicht, was die bei den Bundstäbchen als Material verwendet haben. Auch dort so gut wie kein Verschleiß erkennbar. Das einzige nicht-Original Teil ist der Pickupwahlschalter, urprünglich ein reiner Toggle, der die beiden Humbucker umgeschaltet hat, den ich durch einen - wie dann irgendwann mal von PRS üblich - 5Wege-Dreh-Schalter ersetzt.
Leider habe ich keine Ahnung, was diese Gitarre mal neu gekostet hat. Ich schätze mal irgendwas zwischen 2500 und 3500DM.
Wie's meiner noch 6 Jahre älteren SG heute geht, habe ich leider keine Ahnung, weil ich die dann doch irgendwann mal verkauft hab.
Was will ich jetzt damit sagen? Sicher kann ich heute gegenüber früher ab 150EUR eine brauchbare Gitarre neu bekommen. Und natürlich wird man in Bezug auf verwendete Pickups, Mechaniken, Bespielbarkeit für ein paar hundert Euronen mehr spürbaren Mehrwert bekommen. Persönlich würde ich mir wohl neu keine Gitarre mehr im Bereich zwischen 1000 und 2000 EUR kaufen, weil ich der Meinung bin, dass ich damit keinen großen Mehrwert zu einer Gitarre für 600-1000 bekomme, zumindest nicht, was den praktischen Nutzen angeht. Bewege ich mich nun deutlich über die 2000EUR Grenze hinaus, wird's wieder interessant. Das wird dann eine Gitarre für's Leben, und damit meine ich auch in erster Linie die Haltbarkeit, was allein schon daran liegt, dass hier höherwertigere Hölzer verarbeitet werden. Natürlich sind das auch die ausgelesenen Hölzer mit extrem geiler Optik, und es wird auch sonst viel Wert auf Optik gelegt, wie z.B. aufwertige Inlays und Spezial Lackierung.
Im Prinzip ist es doch wie mit Autos: Lieber einen 10 Jahre alten Mercedes fahren, als einen neuen Audi.
Noch ein Wort zu Akkustikgitarren: Ich hab mir letztes Jahr eine 12-saitige Taylor gekauft, die günstigste 12er von Taylor wohlgemerkt für 890EUR. Bleibe ich mal bei der Marke, ist jedes größere und teurere Modell für mich den Mehrpreis nicht wert gewesen. Natürlich ist die Spanne nach oben noch riesig, aber die Bespielbarkeit ist die selbe, sogar die Elektronik ist gleich. Nach oben werden sie natürlich um einiges schicker, z.B. durch aufwendigere Inlays und auch durch höherwertiges Holz, was sich definitiv auch im Klang auswirkt. Da ich die Klampfe aber auch nur auf der Bühne einsetze, also nur über das interne Pickup-System spiele, ist der Grundsound für mich nicht so ausschlaggebend.