Ich habe zum Beispiel einen durchgebrannten Fender Deluxe Reverb Ausgangstrafo aus den 60'ern und einen Reissue (aus Dummheit) zerlegt und war beeindruckt, wie sehr der Reissue in Aufbau und Material dem Original gleicht ... Blech und Pappkern ist da dasselbe soweit ich beurteilen kann (ich hab jetzt keine Röntgenstruktur- und chem. Analyse von der Eisenlegierung gemacht).
Auch wenn sich die grossen Hersteller der Reissues inzwischen darauf besonnen haben, sich bei den Bauweisen der Transformatoren entgegen früherer Einsichten doch nun so nahe wie möglich an den alten Originalen zu orientieren, so bekamen sie drei entscheidende Faktoren bis heute noch nicht auf die Reihe:
Den doppelt lackisolierten Kupferdraht von anno domini zu verwenden, der geringfügig grössere Abstände der einzelnen Windungen zueinander automatisch erzwingt.
Das damalige, leicht und komplex in die Sättigung fahrende Transformatorenblech (das heutige HiTech-Physiker gerne schmunzelnd als 'Schrottblech' bezeichnen) wieder nach den alten Fertigungsverfahren nachfertigen zu lassen - oder sich ihre Trafos von Firmen fertigen zu lassen, die sich auf 'sowas' spezialisiert haben.
Und den Trafo-Tauchlack von anno domini zu verwenden, der ausgehärtet eine andere Dielektrizitätskonstante hat, als das 'moderne' Counterpart und somit zu veränderten Kapazitäten zwischen den einzelnen Windungslagen führt.
Ausserdem sollten sie eine andere Grundregel der alten 'Gusseisernen' der Trafowicklerzunft beherzigen, die besagt, dass man Netztrafos durchaus vacuumtränken sollte, um sie vibrationsarm zu machen - Ausgangsübertrager hingegen sollten nur getaucht werden, um sie intern nicht mit Querkapazitäten zu überfluten.
Was die Versorgungsspannungen betrifft, ist da auch unter den Originalen die Streuung groß, der Schaltplan des (pre-CBS) Originals sagt ja "Voltages read to ground with VTVM + or - 20%).
"with VTVM + or - 20%" würde z.B. bei einer nominellen B+ von 400V bedeuten, dass alle Spannungen von 320V bis zu 480V 'im grünen Bereich' lägen. Selbst ein Nichtfachmann würde auf Anhieb erkennen, dass 'das' nicht sein kann und dass dieser Zusatz den Hersteller nur vor zu vielen Reklamationen wegen 'unkorrekter' Versorgungsspannungen bewahren sollte.
In Reality sind die Toleranzen viel enger und differieren nach meinen bisherigen Erfahrungen/Messungen max. ca. 25V zueinander.
Jedoch sind die Differenzen zwischen Originalen und Reissues erheblich höher! Bei Deluxes hatte ich noch nicht zu viele in GHänden, um hierzu eine eidsichere Aussage machen zu können. Jedoch möchte ich es am Beispiel Tweed Bassman 4x10" verdeutlichen, wo die Originale (US-Modelle mit era-korrekten 117V gespeist) über eine B+ von 430...445V verfügen, wogegen die Reissues über eine B+ von 490...505V verfügen.
Ein Spannungsunterschied, der bei ansonsten auf den Punkt genau gleichen Amp einen brachialen Soundunterschied zur Folge hat!
Hinzu kommt noch das unterschiedliche Sag-Verhalten durch die erheblich unterschiedliche 'Steifigkeit' der Netztransformatoren, der das Original nicht nur wegen der niedrigeren Spannung viel angenehmer und weicher komprimieren lässt, sondern diesen auch schöner, länger und süsser sustainieren (singen) lässt.
Larry