Stringgod schrieb:
Das Problem mit extremen Soli ist, dass sie sehr schlecht einzusetzen sind. Die passen einfach bei den meisten Musikrichtungen nicht. Bei Metal kann man das machen, vielleicht noch bei nem Fusionfunksound, aber das war's doch schon.
Und Paul Gilbert selber rät ja nicht dazu, so Zeuch zu üben, da man es eh nur schlecht einsetzen kann.
Das mit der eingeschränkten Vielfältigkeit des Shreds stimmt schon. Wie ich bereits sagte...ein Shredding-Solo ist in meinen Augen nutzlos, wenn die Riffs und die Rhythmen nicht stimmen. Trotzdem finde ich es merkwürdig, dass ausgerechnet Paul Gilbert sagt, man solle solches Zeug nicht üben, wo er ja kaum etwas anderes in seinen Soli spielt.
Stringgod schrieb:
Tatsache ist zB, wenn man Profi ist, interessiert es keine Sau, wie schnell du bist. Es interessriert, ob du ein guter Musiker bist, gut zuhören kannst, n guten Sound hast, dich auf Stücke schnell einstellen kannst, flexibel bist etc. . Wobei das Solieren bei Profis eh gar nicht so im Vordergrund steht. Von Gitarristen wird natürlich verlangt ein Solo zu spielen, aber dann eins, dass wirklich was sagt.
Dann wundert es mich aber, dass es so viele Gitarristen gibt, die mehr durch ihre Technik bekannt geworden sind und allgemein sehr hoch angesehen sind.
Und wer weiß schon, ab wann man ein guter Musiker ist? Kann mir das hier irgendeiner beantworten? Bin ich ein schlechterer Musiker als jemand, der im Gegensatz zu mir, der ja nur schnelle Läufe spielt, klasse Bendings und Vibratos und Phrasierungen draufhat? Ich höre mir ja selbst sehr gerne viele Gitarristen an, die mir nur durch ihre Phrasierungen und Bendings gefallen (Vai, Satriani und Friedman), aber ich würde niemals behaupten, dass so etwas musikalisch gesehen wertvoller ist als ein Shred von Francesco Fareri. Musik ist so ziemlich das einzige, wo man meines Erachtens unmöglich sagen kann, wer ein allgemein anerkannt guter Musiker ist und wer nicht. Musikalische Güte zu verallgemeinern ist meiner Meinung nach das dümmste, was viele Musiker auf aller Welt gerne zu tun pflegen. Für mich ist ein blutiger Gitarrenanfänger genauso Profi wie ein Gitarrist, der seit 30 Jahren spielt.
Stringgod schrieb:
Nehmen wir mal an, es wird ein Gitarrist für Star Light Express gesucht. Meint ihr tatsächlich, der wird danach ausgesucht, ob er Shredden kann oder nicht ?
Shredder sind Randgruppe und das ist IMHO auch gut so. Von mir aus können die sich den Arsch abschredden, aber bitte nicht in meiner Nähe.
Was mir schon oft bei Laien, die nicht viel von Gitarrespielen verstehen, auffiel, ist, dass es nur wenige gibt, die wirklich eine eigene Einschätzung zu der Güte eines Sologitarristen haben. Wenn ich ein paar Kumpels von mir ein Video von BB King oder Rusty Cooley oder wem auch immer zeigen würde, wäre die erste Frage danach: "Ist der gut?". Zu Songs und ihren Melodien können sie sich eine eigene Meinung bilden, was sie nun als gut empfinden und was nicht, aber ich hatte schon oft das Erlebnis, dass die Komplexität eines jeden Solos die Auffassungsgabe von Laien übersteigt. Die wissen in 99% aller Fälle ein exotisches Bending mit einem absolut geilen Vibrato oder einen hyperschnellen Lauf nicht zu schätzen und zu verarbeiten (vielleicht sind ordentliche Phrasierungen da noch eine Ausnahme). Und aus meiner Erfahrung heraus weiß ich, dass die Güte eines Sologitarristen danach bemessen wird, wie spektakulär und wie kompliziert seine Soli AUSSEHEN und in welcher Band er spielt. Ich könnte mir deshalb gut vorstellen, dass sich , wenn ein Rusty Cooley und ein Mark Knopfler zusammen auf der Bühne stehen und beide ihre eigenen Soli spielen würden, der Großteil aller Zuhörer (oder besser gesagt Zuschauer) eher von Rusty Fingerbrecherlicks als von Knopflers geilem Sound beeindrucken lassen. Klar gibt es unter den Laien Ausnahmen. Mein Vater beispielsweise weiß, was er hören will, und hat seine ganz eigenen Vorstellungen von einem guten Gitarristen, aber das ist wirklich die Ausnahme. Und daher wäre ich persönlich vorsichtig, anzunehmen, dass die bei Starlight Express keinen Shredder haben wollen. Ich denke, dass kein Shredder passen würde....wohl eher ein Joe Satriani mit seinen atmosphärischen Klängen.
Stringgod schrieb:
Es ist toll, dass sich Kiddies für Technik interessiere, aber es wird einfach nicht benötigt und es gibt genug andere Dinge, die wesentlich wichtiger sind, die geübt werden müssen, die aber oft durch zuviel technisches Geübe vernachlässigt werden.
Es spielt aber nicht jeder immer nur für andere Leute oder versucht groß rauszukommen. Wenn sich ein Gitarrist danach richtet, was benötigt wird und was alle Zuhörer hören wollen, hat er in meinen Augen als Musiker schon längst verloren. Ich denke, man sollte das spielen, was einem selbst als notwendig erscheint, sonst macht Musik keinen Spaß mehr und letztlich kennt man sich in Dingen, die einen motivieren, besser aus als mit Dingen, die einen überhaupt nicht interessieren. Außerdem kommt der Anstoß von dem, was gehört wird, immer zuerst von Revolutionären unter Musikern. Würden alle Gitarristen glauben, sie müssten das spielen, was alle anderen hören wollten, würden wir heute immer noch zu Volksmusik tanzen, und Elvis, Hendrix, Page und Malmsteen hätte es wahrscheinlich nie gegeben.
Daher mein Tipp an alle: Spielt, was IHR wollt, damit die Musikwelt nicht stagniert und die Musik ihren Sinn beibehält.