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Dummer Sack
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Du bringst also deinen Schülern direkt das "Diagonalspiel" bei? Sind das "blutige" Anfänger oder welche, die schon gewisse Grundlagen gelegt haben? Denn gerade in Bezug auf dein Zitat oben, weiß ich ehrlich nicht, ob deine Variante leichter ist? Letztlich gehst du damit sowohl über mehrere Saiten, als auch mehrere Lagen. Das wäre mir (als Anfänger) nun nicht gerade als erstes eingefallen, wenn ich die Orientierung auf dem Griffbrett lernen will...
Vorab: Derzeit unterrichte ich keine Anfänger, habe das aber sehr lange gemacht. Und ja, an sich habe ich denen ziemlich schnell das "Diagonalspiel" nahegelegt. Wenn du dir die von mir gezeigte "Rutsch-Pentatonik" anschaust, dann ist das auch gar nicht so schwer. Es muss ja auch nicht gleich über die komplette Range gehen, ganz im Gegenteil.
Nicht, um mich selber zu loben, nur als Ding, wie es mir damals ging: Ja, mir ist das als Anfänger so eingefallen. Also nicht direkt. Aber nachdem ich dann der Am-5-Lage-Penta ein wenig leid war, wollte ich höher kommen und bin, anfangs nur auf hoher E-Saite, dann aber auch auf der H-Saite mal einfach 2 Kästchen nach rechts gerutscht. Klang gut. Und auf der G-Saite klappte das dann auch noch.
Dann schreibst du, dass sie viele der von mir genannten Grundlagen-Übungen (Beitrag #93) auch ohne Lagenspiel verwirklichen lassen... Sicher, warum nicht, aber wie beginnst du das dann konkret, wenn du Schüler hast? (Ist es da nicht auch schwieriger, sich zu merken, welche Bünde man auf welcher Saite spielen muss?) Ich hoffe, du verstehst was ich meine; ich will natürlich keine ausführliche, lückenlose Aufzählung...
Ich benutze tatsächlich oft Lagen für Grundlagenübungen. Aber niemals komplette Lagen, denn das macht ja eben meiner Meinung nach keinen großen Sinn. Ich versuche das auf die Ausschnitte zu beschränken, die vermutlich auch später noch relevant sein mögen. Da versuche ich dann tatsächlich lieber, vorher Lagenwechsel einfließen zu lassen.
Und zu guter Letzt noch eine ganz, ganz grundlegende Frage... Du hast oben irgendwo geschrieben, dass manche der "Lehrbuch-Pentatonik-Pattern" nicht lagentreu wären... Ich habe mal gelernt, dass die Lage durch den Bund, der einen tiefer ist als der Bund der durch den Mittelfinger belegt ist (1 Finger pro Bund) bestimmt wird. Somit wäre die Überstreckung des Zeigefingers (genau wie die Überstreckung des kleinen Fingers) keine Änderung der Lage. Ist das nicht so?
Ganz vorab mal so viel: SUPER! Und das meine ich ganz, ganz ernsthaft! Es gibt wirklich erschreckend wenige Leute, die wissen, dass sich Lagenspiel genau so definiert! Sprich: Mittel- und Ringfinger bleiben an Ort und Stelle, Zeigefinger und Kleiner dürfen rausspreizen.
So, jetzt aber zur Pentatonik. Da wird es leider haarig.
Eine Pentatonik ist ja ein "Subset" (also ein Unterfach) einer kompletten Tonleiter, es werden halt zwei Töne weggelassen.
Schauen wir uns dazu mal die Am-Pentatonik in quasi 10. Lage an. Die sieht dann ja so aus:
e--10-12
h--10-13
g--9-12
d--10-12
A--10-12
E--10-12
Gehen wir jetzt mal davon aus, dass die Am-Pentatonik ein Subset von Am-äolisch ist (also natürlich moll). Kann auch dorisch sein, das spielt kaum eine Rolle.
Am-äolisch in 10. Lage würde so aussehen:
e--10-12-13
h--10-12-13
g--10-12
d--10-12-14
A--10-12-14
E--10-12-13
Auffällig ist die G-Saite. Der 9. Bund ist hier nicht drin, denn auch wenn eine Spreizung per Definition des Lagenspiels möglich ist, so ist eine weitere "Regel", dass keine zwei aufeinanderfolgenden Töne mit nur einem Finger gespielt werden. Somit ist die "typische" Pentatonik nicht Teil dieses Lagenfingersatzes. Würde man sie als Teil davon spielen, sähe das ganz seltsam aus, nämlich so:
e--10-12
h--10-13
g--12
d--10-12-14
A--10-12
E--10-12
Das will natürlich niemand. Aber dennoch macht es deutlich, dass diese Pentatonik, so wie oben angegeben, nicht Teil eines echten Lagenfingersatzes sein kann.
Aber ok, lassen wir uns für jetzt mal gerne auf eine "Misch-Definition" ein. Man darf also, wenn man nicht die komplette Tonleiter sondern nur die Pentatonik spielt, auf der G-Saite aus der Lage spreizen. Da stellt sich mir dann aber durchaus die Frage, ob es auf der G-Saite, wenn man da eh schon rumhantieren muss, nicht sinnvoller ist, gleich den Fingersatz 1-4 anzuwenden, anstatt 1-3 mit Spreizung. Das dürften viele Leute so handhaben. Und in dem Fall ist die Pentatonik nicht mehr lagentreu.
Noch prekärer wird's mit der Am-Pentatonik eine Lage unter dem "Hauptfingersatz". Das wäre dann in 2. bzw. 3. Lage. Bundtechnisch sähe das so aus:
e--3-5
h--3-5
g--2-5
d--2-5
A--3-5
E--3-5
Wenn man das in 3. Lage spielen würde (also immer fein der Lagendefinition folgend), dann hätte man auf D und G-Saite den Fingersatz 1-3 mit Spreizung. Macht das jemand? Ich lieber nicht, aber kann ja immerhin sein...
Und in 2. Lage hätten wir auf e, h, A und E-Saite den Fingersatz 2-4. Auch nicht gerade das, was man als sonderlich komfortabel empfindet, oder? Besonders für Anfänger hielte ich das für ziemlichen Unsinn, denn diese Kombination ist zwar für jeden erfahrenen Spieler locker machbar, aber anfänglich sehr "unstabil". Und die Spreizung zwischen 1 und 3 (auf g und d) würde man auch nicht empfehlen, sondern eher 1-4. Damit wäre aber die Lagentreue erneut futsch.
Fazit: Richtig flüssig *und* in einer Lage lassen sich an sich nur zwei der typischen Pentatonik-Fingersätze spielen. Im Falle von Am wären das 5. und 12. Lage. Und seien wir ehrlich, selbst in 12. Lage ist man doch auf der H-Saite oftmals gerne versucht, anstelle von 2-4 lieber 1-3 zu greifen (alleine schon, um das D im 15. Bund zum E zu ziehen und dann noch das G auf der E-Saite drüber mit rumquietschen zu lassen)
Deutlich einfacher wird die Sache extrem häufig dann, wenn man eben gleich rumrutscht. Und ja, ich bin absolut der Meinung, dass das auch zumindest Beinahe-Anfängern relativ gut zu vermitteln ist.
Außerdem, wie ich schon erwähnte: Auf anderen Saiteninstrumenten kann man gar nicht erst sinnvollen Kram in nur einer Lage spielen. Und diese Instrumente werden ja auch irgendwann von Anfängern erlernt.
- Der Sack
---------- Post hinzugefügt um 01:47:25 ---------- Letzter Beitrag war um 01:14:29 ----------
Äh ja - danke.
Liest sich auf jeden Fall sehr interessant. Ob's was für mich ist, werde ich bei Gelegenheit mal ausprobieren.
Das Lustige daran ist, dass Kampfkünste eigentlich genauso ablaufen.
Man lernt am Anfang völlig sinnlose Bewegungslehre mit Stellungen, Bewegungen und Techniken, die man niemals im Kampf so anwenden würde.
Ach du liebe Zeit!
Ich hatte die ganze Zeit auch mal an Parallelen zu sowas gedacht. Und warum? Weil ich in der Vergangenheit mal über 6 Jahre Karate gemacht habe, 3-4 davon wirklich sehr intensiv (3-5 Mal die Woche Training). Hab's da sogar beinahe bis zum ersten Braun gebracht (bin bei der Braun-Prüfung das erste Mal durchgefallen und wollte danach, allerdings aus ganz speziellen Gründen, nicht mehr).
Aber:
Wenn es dann nach einiger Zeit zum Freikampf oder an die Selbstverteidigung geht, muss man die komplette Grundschule von Bord werfen. Trotzdem wird die Bewegungslehre unverändert weitertrainiert auch weit nach dem Schwarzgurt.
Ich habe nie an Kampf-Wettbewerben teilgenommen. Wettkämpfe gab's immer nur als Teil der "Kata" Mannschaft (für die nicht Kampfsportler: Das ist so eine Art einstudierter virtueller Kampfablauf in dem symbolische Techniken möglichst exakt, und in der Mannschaft dann eben auch möglichst synchron vorgeführt werden. So 'ne Art Ballet/Tanz).
Viele Kampfsportler hören dann an der Stelle auch frustriert auf, wenn sie merken, dass die Grundschule im Kampf nichts bringt.
Mir hat das durchaus was "gebracht"... nur dass ich eben, als ich sehen musste, was es mir gebracht hat, damit aufhören musste. Details erspare ich euch an dieser Stelle. Nur so viel: Eigentlich halte ich mich für einen Pazifisten.
Der Sinn dieser Bewegungslehre und der Zen- Gedanke dahinter offentbart sich einem erst nach Jahren.
An sich war's das, was mir das Karate gegeben hat, oder was ich davon haben wollte. Aber das Dojo (der Verein) war wohl nicht ganz so richtig. Hatte halt in der Provinz keine Wahl.
Ich könnt da jetzt seitenweise drüber schreiben und den Zusammenhang zu den Pentatonikpattern ziehen, aber ich lass es lieber einfach bleiben.
Beizeiten können wir diese Diskussion gerne mal anzetteln. Aber dann immerhin in einem eigens angelegtem Thread.
Vor allem, weil ich nicht weiß, ob das vom Kampfsport auf die Gitarre übertragbar ist.
Der Zen-Gedanke per se? Mit Sicherheit ja. Aber da sind wir dann immer noch meilenweit von Standard-Pentatonik-Patterns entfernt.
Es gab mal eine sehr interessante Kollumne im Guitar Player, verfasst von Steve Vai. Da ging's dann um sowas wie "musical meditation".
Mit Standard-Patterns hatte das aber wie gesagt rein gar nichts am Hut.
Das waren dann eher so Dinge a la: Nimm dir genau EINEN Ton. Und jetzt schau, was du damit auf der Gitarre so anstellen kannst. Fand ich äußerst interessant. Denn es geht da dann doch mehr, als man anfänglich denkt - selbst wenn man an sich schon mehr oder minder Herr des Instruments ist. Nach einer gewissen Weile werden die Möglichkeiten, die man eben als Spieler so hat, langweilig. Und dann fängt man an, weitere Sachen zu suchen. Das kann zu ganz interessanten Resultaten führen.
Desweiteren kann man sich aber genau so gut in nur eine Sache vertiefen. "Ich spiele diesen Ton jetzt eine Stunde lang GENAU so!". Heftig! Aber u.U. eben auch mal ganz interessant. Danach weiß man zumindest, dass man diesen einen Ton sein Leben lang garantiert immer GENAU so spielen kann.
Im Übrigen hört man meiner Meinung nach diese Herangehensweise bei Steve Vai sehr oft heraus. Ich kenne wirklich ganz wenige Spieler, die so eine derartige Kontrolle über die tonale Entfaltung auf ihrem Instrument haben. Und nee, ich stehe überhaupt nicht auf viele Vai-Sachen. Aber dieser Aspekt seines Spiels ist extrem beachtlich. Und sorgt dafür, dass er ganz berechtigterweise die Art Ikone ist, die er nun mal ist.
Ja, vielleicht sollte man diese Diskussion wirklich mal irgendwo führen.
- Der Sack