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Was macht denn eine hochwertige Gitarre aus, was kann sie denn besser?
"Besser" ist ja, wie es sich im MB immer im Kreis dreht, ein subjektives Ding. Bei einer Beratung in einen Laden ist es meist eine Sache des Verwendungszweckes und der individuellen Fähigkeiten. Und daß Spielfertigkeiten eine viel höhere Priorität einzuräumen ist, ist auch Gemeingut. Das hilft aber niemanden, der wirklich wissen will, was brauchbare Wertigkeitsmerkmale sind. Meine subjektive Einschätzung:
1. Zufall wegen Streuung:
"Besser" fängt schon innerhalb eines Modells an. Die eine Ausführung deckt das Frequenzspektrum besser ab als die andere, die eine Gitarre ist etwas dünn, spitz, oder zu wenig obertonreich. Das Sustain kann verschieden sein, versteckte Mängel wie Dead Spots u.s.w. Hier darf man im Laden nicht unbedingt auf korrekte Beratung hoffen. In einem Laden wollte man einen Vergleich sogar mal verhindern. Da geh ich nie wieder rein. Nicht völlig unbegründet ist die Hoffnung, daß höherpreisige Intrumente nicht ganz so Pappenheimer dazwischen haben. Bei den beiden renommiertesten Markenherstellern muß man bis zur Preisklasse um die 1000 EUR immer noch aufpassen wie ein Luchs. Oberhalb dieser Preisklasse weiß ich es nicht genau. Hatte drei Fender Elite in der Hand, die alle sehr gleich klangen.
2. Verwendungszweck:
Sucht man sich aus dem niedrigpreisigen Segment eine "bessere" raus, kann man oft sehr gut bestehen. Das hängt aber vom Genre ab. Für Clean oder leicht angezerrte Sounds wird man wohl leichter fündig, als wenn die Gitarre bei größerer Zerre noch gut auflösen soll.
Hier mal der Unterschied zwischen einer Gibson Studio und Standard:
Die Studio kommt laut "Oli" mittiger daher, die Standard "offener" und "breitbeiniger". So höre ich das auch. Und die Auflösung scheint mir im Zerrbetrieb klarer.
Vielleicht will man es nicht immer offen und breitbeinig. Der mittigere Sound der Studio taugt dem ein oder anderen vielleicht "besser" als die Standard, z.B. für Punkrock, oder whatever.
Jemand anderes will aber vielleicht den offenen und breitbeinigen Sound. Eine Standard wird man mittig eingestellt bekommen, aber eine Studio wohl schwerlich "breitbeiniger" und offener. Ein "Banause" wird den "Vorteil" der Standard durch ungünstige Einstellung vielleicht beseitigen und ein Kenner den "Nachteil" der Studio durch kluge Einstellung etwas aufheben.
Aber es stimmt natürlich. Spielt jemand kratzig und gefühllos, fällt im Einzelfall der Unterschied zwischen einer Martin D-28 und einer Sperrholzgitarre für nen Hunni gar nicht so grass auf. Ich lernte so jemanden kennen. Der spielte zwar komplex, verdrehte aber auf der Akustik immer das Pleck, kratzte, scharbte und malträtierte das Instrument gefühllos, daß es mir unerträglich schien. Aber sein rohes Spiel hatte Gründe. Im Kneipenlärm mußte er ohne Verstärkung bestehen. Und da nervte das kratzige Spiel nicht, sondern ging unter. Für den war Stabilität ein wichtiger Faktor, er lief mit einer günstigen Sperrholzklampfe rum, deren Hals auch mal an einer Kneipentheke aufschlagen kann. Könnte den trotzdem nicht mehr hören...
3. Verbaute Teile:
Die Verarbeitungsqualität mal beiseite. Es ist bekannt und logisch, daß billige Gitarren auch nur billige Komponenten verbaut haben können. Das muß sich nicht immer auf den Klang auswirken, tut es aber oft. Mal mehr und mal weniger. Bisweilen wirkt es sich eher auf die Haltbarkeit aus. Eine Gitarre kann jedenfalls viele Schwachstellen haben.
4. Erfahrung / Lebenseinstellung / Einkommen
Die meisten sind eben keine Gitarrenbauer und wissen nicht genau, welches Teil welchen Einfluß auf den Klang hat. Und viele trainieren ihr Gehör auch nicht darauf, Qualitätsunterschiede zu hören. Für den einen ist es einfach nur cool, seinen Jazz (whatever) auf jedem Instrument spielen zu können, er hält sich deshalb womöglich für ein Genie und alle andersdenkenden für Dummschwätzer.
Manche bestellen sich eine Gitarre im Versandhandel, freuen sich über ihr tolles Möbelstück, und befinden, daß das Teil super gut klingt. Die spielen dann ewig nur dieses Instrument, schießen sich drauf ein und meinen, es könne doch nichts besseres geben. Andere spielen Gitarren fast schon als durchlaufende Posten und sammeln Erfahrung. Zum Beispiel Verkäufer?
Seit "Geiz ist Geil" möchten viele Leute alles möglichst billig haben. Auch wenn sie Klangunterschiede hören, sind sie nicht bereit, dafür viel Geld auszugeben. Und die finden ja auch genug Beispiele dafür, wo Konzepte auf Billiggitarren funktionieren und es gut klingt. Daher nochmal der Hinweis, daß der Verwendungszweck immer zu berücksichtigen ist. Auch ist Effekthascherei vielleicht mal für einen Moment obercool, aber oft hören will man manches davon dann doch nicht.
Andere sagen sich, Qualität kann nicht billig sein. Und die können sich auch zu Recht darauf berufen, daß Instrumentenbau eben ein anspruchsvolles Handwerk ist, das nicht jeder Schreiner mal eben seriös ausüben kann. Gitarrenbauer selektieren Holz tatsächlich (!) nach ihrem Verwendungszweck u.s.w....Und wer viel Geld hat, wird eher geneigt sein, seine Neugierde bezüglich eines teuren Instrumentes mal zu befriedigen. Oder er denkt beim Kauf an ein Statussymbol und merkt dann den Klangunterschied...Andere finden es angenehm, mit einer eher günstigen Gitarre zu überzeugen, statt mit einem Markenhersteller.
Rechnet man die vorraussichtlichen Spielstunden zusammen, liegt der Unterschied zwischen einer ES Custom und einer Billigkopie im Centbereich pro Stunde.
Fazit:
Je nach individuellen Fähigkeiten, Verwendungszweck, Erfahrung, Lebenseinstellung etc. variert die Feststellung, was "besser" ist. Wer ein trainiertes Gehör hat und bestimmte Sounds sucht, ist glaubwürdig, wenn er behauptet, mehr ausgeben zu müssen. Für andere ist "besser" vielleicht, daß sie sich an der Optik freuen (Wölkchenahorn), oder daß ihr Instrument einer rüden Behandlung ausgesetzt werden kann. Objektiv kann Wertigkeit eigentlich nur an den verbauten Teilen und dem Herstellungsaufwand festgemacht werden, wobei auch hier subjektive Ausdeutungen jede Einigkeit abräumen können.
Für mich gilt tendenziell eine Untergrenze von 700 Euro. Ein gelungenes Teil von der Stange läßt sich raussuchen. Wenige gute (und für mich damit meist teurere) Instrumente sind mir mehr als zig Billigheimer, die ich ja auch noch aufbewahren muß. Allein wenn ich endlich eine ES Bauform möchte, könnte es sein, daß ich mir erst einen Billigheimer zum Einspielen vor dem Kauf einer besseren hole. Wird dann vermutlich schnell wieder veräußert. Jedenfalls reihe ich nicht viele Billigheimer nebeneinander. Da habe ich höchstwahrscheinlich zigmal ähnlichen, unspektakulären Sound.